An uns Suizidhinterbliebenen...

Wie geht's euch nach dem Selbstmord eines geliebten Menschen,wie kommt ihr klar?Habt ihr euch sehr verändert?
Meine Schwester hat sich Ende 2013 am Geburtstag meines Sohnes plötzlich und ohne Vorwarnung auf dem Dachboden erhängt mit 37 Jahren.
Kurze Zeit später verbrannte noch ein Familienmitglied bei einem Autounfall und jetzt vor kurzem wurde ein Familienmitglied meines Mannes vom LKW überfahren.Kurz nach der Beerdigung bekam ich Panikattacken und extreme Unruhezustände.Neurologe,Heilpraktiker und Psychologe folgten und nachdem ich vor kurzem noch dachte irgendwie geht's momentan,holten diese Menschen mich wieder in die Realität zurück und erklärten mir das mein Körper sich nur geschützt und abgekapselt hat- mit Emotionslosigkeit und jetzt sei das Mas voll.Die Seele schreit ich kann nicht mehr und macht den Körper verrückt. Ich konnte nicht mal mehr länger Auto fahren weil diese Panikattacken mir immer das Gefühl gaben die Kontrolle über meinen Körper zu verlieren. Durch die Heilmethode (Pse) stellte sich tatsächlich eine Besserung ein nach 4 wochen Einnahme von Globulis- keine PA mehr und ich kann wieder länger Auto fahren.dennoch bin ich psychisch total ausgelutscht,dieses traurig sein ist anstrengend und macht mürbe.Man übersteht einen Tag und hofft am nächsten wirds besser- wirds aber nicht. Ich vermisse sie, sie fehlt mir so unglaublich,ich kann nicht mehr fröhlich sein.Ich fühle mich wie ein Trauerklos.Wenn jemand mich als 'verbitterte frustrierte Kuh' beschimpfen würde- hätte er sogar Recht;-(

Wie sieht das bei euch aus?
lg

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Hallo,

ich habe gottseidank keinen solchen Schicksalsschlag erlebt und kann dir deshalb auch keine Antworten auf deine Fragen geben, ich möchte dir dennoch antworten.

Vor fast 5 Jahren stand in unserer Tageszeitung eine Todesanzeige von einem jungen Mädchen, welches freiwillig aus dem Leben schied. Es war ein Bild dabei, sie war 16 Jahre jung und wunderschön. Sie hinterließ wohl einen Abschiedsbrief, aus welchem die Mutter einen Auszug veröffentlichte:

"Wir Menschen halten uns für so wichtig
und intelligent, dabei wissen wir noch nicht
einmal den Grund unserer eigenen Existenz.
Meine Seele ist in diesem Körper gefangen
und ich spüre das Verlangen zurück zu
gehen, nach Hause."

Auszug aus Melindas Abschiedsbrief

Ich war damals und auch heute noch sehr berührt und konnte die Anzeige nicht in den Müll werfen. Deshalb schnitt ich sie aus und gestern fiel sie mir seit Jahren wieder in die Hand. Das ist wohl der Grund, warum ich dir schreibe. Vielleicht tröstet dich der Glaube daran, dass der Tod nicht das Ende ist und deine Schwester und auch die anderen Familienmitglieder nur "Heim gegangen" sind. Es gibt von Laotse einen Spruch, den ich als sehr tröstend empfinde:

"Ich bin von euch gegangen, nur für einen kurzen Augenblick und gar nicht weit.
Wenn ihr dahin kommt, wohin ich gegangen bin,
werdet ihr euch fragen, warum ihr geweint habt"

Wir werden geboren mit der Gewissheit, dass wir sterben werden. Wann und wie wissen wir nicht, aber jeder Augenblick im Leben ist ein Schritt zum Tode hin. Das Leben ist von Anfang an darauf gerichtet, das wir das Loslassen lernen. Das soll nicht heißen, dass wir die Vergangenheit nicht wie einen wertvollen Schatz im Herzen tragen dürfen, aber sie sollte uns nicht gefangen halten - das Leben geht vorwerts! Ich wünsche dir ganz viel Kraft, dass du das Erlebte loslassen kannst und die unzähligen schönen und glücklichen Momente des Lebens wieder mit offenem Herzen aufnehmen kannst!

Alles Gute!

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du hast sehr schöne Worte gefunden!

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Ich bin davon überzeugt, nichts reißt unsere Psyche so sehr von den Beinen, wie wenn ein geliebter Mensch den Weg des "Freitods" wählt.

Bei Krankheit oder einem Unfall kannst du die Schuld immer noch ans Schicksal oder den bösen unbarmherzigen Gott abschieben.

Aber wenn ein Familienangehöriger Suizid begeht, dann stehen viele Fragen im Raum. Schuldzuweisungen, schlechtes Gewissen, hätte man es verhindern können.

Die zeit heilt die wunden, die Fragen aber werden bleiben!

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Hi,

eine sehr gute Freundin von mir hat ihren Lebensgefährten nach seinem Freitod gefunden.

Er war depressiv, trotzdem schien es für alle so dass es ihm sehr gut ginge, sie haben einen gemeinsamen Urlaub geplant usw, nichts wies darauf hin dass es ihm schlecht ging.

Sie macht sich solche Vorwürfe, dass sie nichts gemerkt hat, dass sie zu spät kam, hat ihn nach dem Suizid gefunden......

Sie war lange in Therapie.

LG

Tattel

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Nach dem Suizid eines nahen Verwandten hatten wir lange Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe für Angehörige. Was uns sehr geholfen hat, war die Erkenntnis, dass es immer die eigene Entscheidung eines jeden Selbsttöters ist, aus dem Leben zu scheiden.

Es ist sein/ihr Weg, den er/sie gehen will, auch wenn dieser Weg für Hinterbliebene sehr schwer nachzuvollziehen ist.

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Hallo,

schwierige Frage. Ich kann es Dir nicht beantworten.

Für mich ist es schwieriger damit umzugehen, wenn ein Mensch "unschuldig" aus dem Leben gerissen wird. Sei es durch einen Geisterfahrer, Unfall oder Krankheit.

Nimmt sich ein Mensch sein Leben, empfinde ich es als sehr egoistisch. Er denkt in dem Moment nur an sich.

Ich habe in den letzten Monaten / Jahren leider sehr viele Menschen gehen sehen. Ein Freund von uns hat sich vor 2 Monaten vom 20. Stock eines Hauses geworfen. Drei andere haben sich mit einem Medikamentencocktail das Leben genommen. Ein Verwandter (gut betucht) hat sich auf bestialische Weise im Mai das Leben genommen. Von meinem Onkel der Vater hat sich vor vielen, vielen Jahren erhängt. Unser Nachbar hat sich vor den Güterzug geschmissen, wo wir sogar den Aufprall gehört haben... Das alles waren aber selbstbestimmte Ende, die sich die Menschen gesetzt haben. Muss Dir ehrlich sagen, finde ich einfach nur traurig, dass ein erwachsener Mensch mit Problemen, die immer und überall auftauchen werden, nicht umzugehen weiß.

Die andere Seite trifft mich viel mehr. Vor zwei Wochen ist eine nahe Verwandet binnen 12 Wochen an Lungenkrebs verstorben. Sie wollte nicht sterben - hat eine Tochter, die querschnittsgelähmt ist, durch einen tragischen Unfall. Sie musste ihr Leben lassen. Meine Oma ist damals an Unterleibskrebs verstorben, auch sie wollte nicht. Mein Opa hatte einen schweren Schlaganfall, er wollte sterben, konnte aber nicht und musste noch viele Monate so vor sich hinleben. Das geht mir viel, viel mehr an die Nieren als wenn ein Mensch meint, er muss sich jetzt umbringen.

Dass ich durch einen Tod "krankwerde" kann ich mir schon vorstellen. Allerdings darf man sich nicht gänzlich mitnehmen lassen. Man sollte stark sein. Für sich und für alle anderen in der Familie. Mein Mann war auch sehr, sehr krank. Ich bin bald daran zerbrochen, habe unser ungeborenes Kind verloren. Es war eine Zeit, die will ich nie, nie mehr erleben müssen. Dennoch hat sich mich auch unglaublich stark gemacht und ich habe angefangen zu kämpfen. Kämpfen für mich selbst, damit ich nicht krank werde. Habe mir Dinge ganz egoistisch gesucht, die nur mir gefallen, woran ich Spaß habe.

Was mich z. B. vollkommen aus der Bahn geworfen hat, als mir ein Radfahrer ins Auto gerauscht ist und über die Motorhaube flog. Das ist jetzt über 3 Jahre her. Damit kann ich noch immer nicht umgehen. Er war verletzt, aber nicht lebensgefährlich. Niemand hat mir geholfen, obwohl wir an einer Hauptverkehrsstraße standen. Ich war total überfordert in der Situation obwohl ich im Notfall ausgebildet sein sollte. Ich konnte noch nicht mal am Notruf die Straße buchstabieren wo sie uns finden. Ich war am Ende. Noch heute krieg ich feuchte Hände, wenn irgendwo Radler unterwegs sind und ich mit dem Auto.... Auch fahre ich z. B. nur noch sehr, sehr ungern Auto. Keine Ahnung ob sich das jemals wieder ändert. Psychologisch betreut wurde ich damals auch, gebracht hat es nicht sehr viel. Er meinte auch nur, ich soll es abprallen lassen, zumal ich nichts dafür konnte. Prima! Würde ich ja auch, aber ich kann es (noch) nicht.

LG
Caro

7

Du schreibst: "Muss Dir ehrlich sagen, finde ich einfach nur traurig, dass ein erwachsener Mensch mit Problemen, die immer und überall auftauchen werden, nicht umzugehen weiß"

Okay, das ist Deine Meinung, die steht Dir zu, aber eine Depression ist nicht mit Problemen, die immer und überall auftauchen werden, zu vergleichen. Eine depression ist eine schwere Krankheit und wenn man an einer richtig schweren Depression leidet, kann es durchaus sein, dass Medikamente und Therapie nicht anschlagen. Man denkt dann auch nicht mehr rational.

Von daher finde ich nicht, dass man hier von Egoismus sprechen kann. Man kann nichts für eine Krankheit.

Liebe Grüße