Kann nicht trauern.Was stimmt nicht mit mir?

Hallo zusammen

Ich versuche es mal so kurz wie möglich zu machen.
Meinen leiblichen Vater verlor ich mit fast 18(2002).Von heute auf morgen. Dieses Jahr im Januar ist mein Stiefvater ,nach einem Jahr Kampf gegen den Lungenkrebs ,verstorben. 4 Wochen später meine Mama,ebenfalls Lungenkrebs(1 1/2 Wochen vor ihrem Tod festgestellt).Bei ihrem Sterbeprozess war ich dabei,bis zum Ende.

Mein Problem ist das ich zwar traurig darüber bin und auch für einen Moment weine,aber das das alles viel zu schnell abgehakt ist für mich.
Meine Arbeitskolleginnen bewunden mich für meine "Stärke",weil ich weiterhin arbeiten komme und nicht wie ein Zombie rumlaufe und jedesmal in Tränen ausbreche oder mich krank schreiben lasse. Aber ich finde mich so gefühlskalt.
So nach dem Motto "Was bringt mir rumheulen und traurig sein,sie kommen ja eh nicht zurück".
Ich kann darüber reden wie über das Wetter und das stört mich so dermaßen.
Das ist doch nicht normal,oder? Oder gehe ich damit nur anders um? Ich verstehe mich selber nicht,ihr villeicht?

Lg stierchen

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Hallo Stierchen,

mein herzliches Beileid.

Du hast innerhalb sehr kurzer Zeit zwei sehr wichtige Menschen verloren. Das ist schwer zu ertragen. Es gibt keine falsche oder richtige Trauer. Jeder Mensch geht anders mit so einem Verlust um, der ja eigentlich kaum zu ertragen ist.

Vielleicht schützt du dich aber auch (unbewusst!), indem du die Trauer nicht richtig an dich ran lässt. Ich weiß gerade nicht, wie ich das richtig beschreiben soll. Vielleicht kommt eine richtig tiefe Trauer erst viel viel später - und das darf auch so sein! Egal was andere dazu sagen.
Vielleicht hilft es dir, Kontakt zu einer Trauerbegleiterin aufzunehmen, die dich in dieser Zeit unterstützt. Vor allem, wenn du selber ddas Gefühl hast, dass es so für dich "nicht stimmt".

Ich selber musste bisher keinen so schweren Verlust ertragen. In den letzten Monaten habe ich jedoch eine gute Freundin eng begleitet, deren Partner durch eine Krebserkrankung innerhalb relativ kurzer Zeit gestorben ist. Auch ihr erster Mann ist jung ganz plötzlich verstorben. Sie sagte, dass sie damals auch einfach weitergemacht hat und erst viele Jahre später konnte sie durch ein Gespräch (in ihrem Fall mit einem Seelsorger) den Verlust erst richtig begreifen und eine Trauerzeit "zulassen". Danach konnte sie wirklich damit umgehen und sprach dann immer mit viel Liebe mit ihrem ersten Mann, überwiegend die schönen Erlebnisse, die sie mit ihm hatte.

Ich wünsche dir alles Gute und lieben Menschen an deiner Seite, die dich unterstützen, wenn du es brauchst!
LG Silvia

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Hallo, eigentlich ist es ganz einfach.

Jeder Mensch trauert anders und niemand kann einem vorschreiben wie das abläuft. Du bist genauso normal wie jemand, der nach einem Trauerfall wochenlang keinen klaren Gedanken fassen kann.
Du denkst das du gefühlskalt bist? Quatsch, das wird dir doch durch dein Umfeld quasi "eingetrichtert". Für dich selber kannst du "abhaken" und dann kommen Leute und wundern sich warum du nicht "am Boden" liegst. Und genau an dem Punkt wird es kompliziert, es gibt Menschen die einfach die eigene Trauerweise komplett auf andere übertragen und sich nicht vorstellen können das eine andere Person nicht genauso handelt.
Trauer hat so viele Gesichter, da sollte man sich auf keinen Fall in eine Schublade stecken lassen.
Mir ging es ähnlich wie dir, mein Umfeld hat sich auch immer gewundert warum ich nicht zum Zombie mutiere. Man wollte mir Gespräche aufzwingen, wobei dann eigentlich rauskam, das die Personen selber ihre eigene Trauer nicht verarbeitet haben. Natürlich trauere ich, aber halt anders. Einfach in dem ich darüber locker spreche...wenn ich will, mit wem ich will, wann ich will. Man kann sogar lachend trauern, man erzählt Anekdoten über die Verstorbenen. Fängt an zu träumen wenn man bestimmte Lieder hört, manchmal auch mit Tränen in den Augen. Aber meine Grundstimmung bleibt: Ich kann es nicht ändern und mein Leben geht weiter, zwar ohne den Verstorbenen aber dafür mit einem Haufen schöner Erinnerungen. Sogar die Sterbegleitung ist für mich eine schöne Erinnerung.
Mich stört meine Art zu trauern überhaupt nicht, was mich aber ungemein stört ist das urteilen darüber.
Geh einmal in dich und frage dich wirklich, ob du dich nur gefühlskalt findest oder dir dein Umfeld das so einredet.

LG

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Hallo,
Der Text (der Teil in dem es um deine Trauer geht) könnte eins zu eins von mir sein.

Ich selbst habe meinen Vater an Krebs verloren und nach der ersten Schock-Woche

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Hallo,
Der Text (der Teil in dem es um deine Trauer geht) könnte eins zu eins von mir sein.

Ich selbst habe meinen Vater an Krebs verloren und nach der ersten Schock-Woche alles ganz gut verdauen können.

Ich habe mir auch so meine Gedanken gemacht aber im Endeffekt denke ich einfach dass ich Frieden damit geschlossen habe. Es gab nichts unausgesprochenes zwischen mir und meinen Vater und er hat am Ende sehr gelitten, sodass sein Ende für ihn eine Art Erlösung war.

Vielleicht führt diese Erkenntnis bei mir dazu, dass ich das so "gut wegstecke"

Viele Grüße und mein herzliches Beileid!

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>>Mein Problem ist das ich zwar traurig darüber bin und auch für einen Moment weine,aber das das alles viel zu schnell abgehakt ist für mich.<<
wieso glaubst du, dass du das zu schnell ab gehakt hast? Wie und wie lange jemand trauert, dafür gibts keine offizellen Vorschriften od. Regeln. Nur inoffizielle, unausgesprochene, von der Umgebung/Gesellschaft "auf erlegte".

Deinem Empfinden nach, das von so viel geprägt wurde, trauern andere intensiver.

Nimm selbst deine persönliche Trauer an, so wie sie ist, denn genau so ist es gut.

Beim Trauern gibts kein richtig od. falsch.
Alles Gute dir

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Ich glaube auch nicht, dass es hier Fristen gibt.

Wenn jemand eher vernunftmäßig ist, kann er vielleicht eher abschließen, als jemand, der eher emotional ist. Vielleicht kannst du das "gute" sehen. Bei entsprechenden Krankheiten kann das Leid ja sehr groß sein. Dein Stiefvater hat das wohl erlebt und deiner Mutter blieb wohl zumindest ein gewisser Teil erspart.
Darüber hinaus ist unser aller Leben endlich.

Ich war mal auf einem Vortrag in einem Hospiz zum Thema Humor und sterben.
Der vortragende hatte Krebs und in seiner Selbsthilfegruppen waren leider auch todkranke. Er ist Clown und eine, die krebs im Endstadium hatte, bat ihn zu kommen, wenn es soweit wäre. Sie wollte sich wenigstens totlachen, wenn sie schon sterben musste.

Es gibt beim tot und trauern kein falsch und richtig.

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Hallo ihr lieben

Danke erstmal für eure Worte. Fühle mich schon besser.

Bei meinem Stiefvater war es so das er fast 1 Jahr abwechselnd Zuhause oder im Kh war. Abgesehen von der Chemo. Aber wir wussten das es nicht mehr lange geht,also konnten wir uns in gewisser Weise darauf vorbereiten.

Nicht so bei meiner Mama.

Ich dachte ich habe noch so viele Jahre mit ihr und das sie irgendwann ihre Enkel aufwachsen sehen würde,wenn ich mal Kinder habe.
Sie war auch meine beste Freundin. Immer für mich da,auch wenn es ihr selbst schlecht ging und sie ihre Probleme und Sorgen hatte. Und sie wusste ob es mir schlecht ging,selbst wenn sie nicht in meiner Nähe war(Mutterinstinkt).

Aber von jetzt auf gleich wird einem diese Vorstellung genommen. Man muss sich mit dem Tod dieses geliebten Menschen auseinander setzen.Alle Pläne,Wünsche Zukunftsvorstellungen sind mit einem Schlag zunichte gemacht.

Ich habe sie jeden Tag im Kh besucht und mit ihr gesprochen.Aber sie sagte selbst,dass sie nicht mehr will,dass sie nicht mehr kann.

All meine Hoffnung hatte ich in die Chemo gesteckt,aber gegen ihren Willen wollte ich es nicht.Ich wollte nicht das sie leidet ,nur weil es mein Wunsch war.

Also saß ich solange bei ihr,bis sie ihre Reise antrat.

Und danach fühlte ich mich gut,weil ich sie gehen ließ. Weil ich wusste das ich das richtige getan habe. Sie musste nicht leiden und das war das wichtigste für mich.

Trotz allem fällt es mir schwer zu akzeptieren das sie nicht mehr da ist,körperlich.
In meinem Herzen und in meinen Erinnerungen werden meine Eltern weiterleben.

LG stierchen

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Das klingt nach Trauer.

Ich glaube auch nicht, dass Deine Eltern sich gewünscht hätten, dass Du jetzt in einer bodenlosen Depression landest. Sie wollten bestimmt, dass Du Dich an sie liebevoll erinnerst.

Genau das tust Du.

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