Hausverkauf - wie Emotionen in den Griff bekommen?

Guten Abend.

Ich frage das für eine Freundin (daher auch schwarz), sie liest die Antworten selbst mit, ist hier aber nicht angemeldet. Es ist irgendwie eine Trennungsproblematik - meine Freundin und ihr Haus.

Meine Freundin ( heute 45) hat sich vor 20 Jahren für einen absoluten Spotpreis ein altes Leibgedinghäuschen gekauft. Nach heutigen Standards war es einfach und alt, aber meine Freundin hat mit Hingabe irgendwie immer saniert, hatte immer 1000 Projekte am Laufen und es war wirklich sehr öko und alternativ angehaucht und passte zu ihr, auch wenn es nie heutigen Wohnstandard erreicht hatte. Das Haus hat irgendwie die Gestalt der Persönlichkeit meiner Freundin angenommen. Es enthält 1000ende Erinnerungen - die Bleistiftmarkierungen der wachsenden Kinder, die Ecke, in der ein ihr sehr nahe stehender Verwandter verstorben ist und dort aufgebahrt war ...

Wettgemacht wurden die baulichen Defizite des Häuschens (z.B, dass man sich im Winter im Klo immer den Hintern abfror) durch die einzigartige Lage - das Haus liegt ziemlich ungewöhnlich inmitten einer großen Wiese ... bisher hat das zum Charme beigetragen, weil um das Haus herum Kühe grasten und sich mit Erlaubnis des Landwirt auch einen Gemüsegartenstreifen weiterführen durften (auf seiner Wiese), den hatte der Altbauer angelegt. Auch die Obstbäume durften von ihr genutzt werden. Es war so, dass zu dem Haus nur ein sehr kleiner Flecken Land gehört (daher war das Haus auch so billig), sich der Altbauer aber etwas "ausgebreitet" hatte und der Landwirt ihr einfach erlaubte, da alles weiterhin zu nutzen, in Erinnerung an seinen Vater. Die Pacht dafür war mehr symbolisch. Am Anfang fanden hier wilde Parties statt, die Kinder konnten toben, so laut sie wollten - es war Freiheit pur und das war das, was meine Freundin so schätzte.

So lebte man die letzten 20 Jahre vor sich hin, klar hatte sie im Hinterkopf, das ganz viel Land, das sie nutzte, nur "gepachtet" war und dass die Wiese nicht immer eine idyllische Futterwiese bleiben musste. Nun ist es so wie überall ... Landwirtschaft lohnt sich nicht mehr wirklich, die nahe Stadt braucht Raum, die Kinder des Landwirts wollen den Hof nicht und der Landwirt hat nun den Coup seines Lebens gemacht - den gesamten Hof verkauft und es wird ein riesiges Industriegelände daraus. Die Wiese meiner Freundin (minus der gefühlte handtuchgroße Fleck, der ihr gehört) wird daran glauben müssen.

Nun waren die Investoren da und haben ein Angebot auf den Tisch gelegt, das sehr fair war. Wenn meine Freundin das Feld bis September räumt (dann gehen die Arbeiten los), legen sie noch einen äußerst großzügigen Bonus mit drauf. Die Kinder meiner Freundin sind aus dem Alter, wo sie das Pony im Garten toll fanden, raus und würden selbst gerne viel näher an die Stadt und die Schulen ziehen, wenngleich sie auch sagen, dass sie natürlich traurig sein werden.

Meine Freundin hätte ein Haus direkt an der Schule der Kinder und in Laufnähe zu ihrem Arbeitsplatz in Aussicht .. Häuser sind auf dem Markt ziemlich rar und das würde rational inklusive Kaufpreis total gut passen. Kurz - rational spricht nichts dafür, das Haus, das im Falle des Nichtverkaufs mitten auf einem zubetonierten Firmengelände mit einem Drei-Schicht-Betrieb stehen wird zu behalten.

Nur die Emotionen meiner Freundin, die Erinnerungen an Zeit, als ihre Kinder klein waren, die emotionale Verbundenheit zum Haus ... all das steht ihr im Weg. Sie sagt selbst, es war ihr absoluter Traumort, den sie nun aufgibt. Alles andere wird ein rationaler Kompromiss, ihr Herz wird immer in diesem Häuschen auf der Wiese sein. Sie ist sehr unsicher, ob sie verkaufen soll ... Wie kommt man über so etwas "weg"? Erst mal behalten und schauen geht nicht, weil sie den Bonus verliert und weil sie das Geld zum Gegenfinanzieren braucht.

Hat jemand Tipps, wie man das emotional in den Griff bekommt?

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Wenn kein Weg daran vorbei führt, natürlich verkaufen. Aber dann was ländlich suchen. In der Stadt wird sie niemals glücklich. Die Kinder können später immer noch in die Stadt ziehen.

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Hallo,

ich kann deine Freundin verstehen, wohne so ähnlich und käme ich in die Lage - wow, das würde mir mehr als eine schlaflose Nacht bereiten. Allerdings bin ich letztenendes doch ein Mensch, der in einer solchen Situation rational entscheidet.

Sie darf und muss die Erinnerungen behalten. Ich könnte nicht direkt in der Stadt wohnen - wenn der Häusermarkt jedoch rar ist, dann ist wohl nicht viel mit Alternative suchen...

Da hilft wirklich nur den Verstand einschalten...

Meine Mutter hat ihr Haus letztes Jahr auch verkauft nach 25 Jahren - ja,es ist wie eine Trennung. Für die war es dann gut, als sie umgezogen war.

Alles Gute!

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Sie hängt ja an dem "Häuschen mit Wiese", wie es war. Das wird es aber nicht mehr geben, auch wenn sie nicht verkauft. Von daher wäre es nur dumm, das Angebot nicht anzunehmen. So weh es auch tun mag.

P.s.: warum schreibst du im Partnerschaftsforum und warum in schwarz? Wenn du eh nicht die Person bist, um die es geht und großartig intim ist das Thema ja jetzt auch nicht...

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Rein rechtlich gesehen hat sie auf das was sie nutzt auch ein gewohnheitsmäßiges recht. Wenn sie dafür pacht gezahlt hat, dann mus der neue Besitzer diesen Pachtvertrag (wenn auch mündlich) erstmal übernehmen.
Von daher würde ich nicht auf das erste Angebot eingehen.

Die Trennung von meinem Traum würde ich mir doch etwas teuer bezahlen lassen.

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Zu dem wenn ich so drüber nachdenke:

Man darf ja auch nicht aus dem nichts ein Industriegebiet hinbauen.

Da haben die Anwohner ja auch ein Wort mitzureden ( Stichwort: lärm und Verkehrsbelastung).
Also ich denke das interesse des käufers ist hier viel höher als das des Verkäufers.

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Hallo!

bei aller Emotionalität (die ich gut verstehen kann da es für mich auch ein Stich war als mein Elternhaus vor drei Jahren verkauft wurde) muss man sich dennoch immer daran erinnern, dass ein Haus ein Ding, eine Sache ist, und nichts weiter.
Die Erinnerungen bleiben und werden nie vergehen. All das Schöne, was deine Freundin erlebt hat, bleibt, da sie es sowieso für immer im Herzen tragen wird.
Ich denke, alles hat irgendwann mal ein Ende, nichts währt ewig. Vielleicht würde sich deine Freundin nach der "Trennung" sogar weiterentwickeln, ein neues Projekt anfangen, eine neue berufliche Herausforderung annehmen. Durch den Umzug lernt sie sicher neue Leute kennen, schließt neue Freundschaften, knüpft neue Kontakte.
Veränderungen halten jung, Veränderungen zwingen uns, uns wieder neu kennen zu lernen, neu zu erfinden und zu erfahren.
Deine Freundin sollte das Angebot annehmen, auch wenn es jetzt weh tut.

Alles Liebe!

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Kenn ich. Mich plagen auch heute noch die schönen Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend in unserer Drei-Generationen-Stadtvilla, mit Oma und Opa, vielen Tieren und einem riesigen Grundstück. Nach dem Tod der Großeltern musste das Haus verkauft werden, da die Geschwister ausbezahlt werden wollten. Sie hatten sich längst etwas Eigenes gebaut.

Ich bin noch nicht darüber hinweg, obwohl der Verkauf bereits 20 Jahre her ist. Meiner Mutter geht es genauso. Es waren unvergessliche Jahre, die nicht ungetrübt waren, aber es war eben nicht nur ein Haus. Mir bleiben nur Träume, schlafend oder wachend, ein virtueller Besuch über Google Earth oder ganz selten fahre ich auch vorbei, wenn ich in der Nähe bin. Und ich habe die Hoffnung, dass ich irgendwann eine Bleibe finde, in der ich mich so geborgen und zu Hause fühlen kann, wie damals.

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Hallo!

Ein Haus ist letzten Endes nur eine Hülle für die Menschen, die darin leben, und die ändern sich eben. Die Kinder werden älter, und irgendwann werden sie ganz ausziehen, und niemand wird auf dem Parkplatz eines Industriegebietes spielen wollen.

Das Haus in der Nähe der Schule wird dagegen für die etwas älteren Kinder bedeuten, dass ihre Freunde sie da besuchen können, weil es so günstig liegt, und wenn die ersten Enkelkinder eintrudeln, wird die Nähe zur Schule auch Gold wert sein. Ganz im Gegensatz zu einem Haus weit draußen inmitten eines Industriegebietes.

Das Haus an der Schule wird langfristig mit mehr Leben angefüllt sein, einfach durch seine Lage. Auch wenn ihm ein wenig der Charme fehlt.

Letzten Endes ist es trotzdem nur ein Haus, nichts weiter. Und ohne die Menschen darin wird es auch weniger Spaß machen.

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Wir hatten hier im ländlicheren Ortsteil unserer Großstadt so einen Fall.

Ein Fachwerkhaus, umgeben von Wiesen und Bäumen und dennoch stadtnah. Eine kleine Idylle. Irgendwann kam ein Großhändler daher, der das Umland kaufte und dem Anwohner ein Angebot machte, weil sein Haus sehr nah an dem Betriebsgelände lag. Das Angebot wurde auch mehrmals erhöht, aber der Anwohner blieb stur und dachte, er könne vielleicht sogar verhindern, dass dort gebaut wird. Falsch gedacht. Heute steht sein Fachwerkhäuschen so nah wie es dem Neubau möglich war, er schaut auf zwei lange Hallenwände in malerischem steingrau. Sein Haus ist nichts mehr Wert, weil niemand so was kauft ein paar Meter neben einem Betriebsgelände.

Dein Freundin soll zusehen, dass sie so viel wie möglich rausschlägt und sich eine kinderfreundliche Behausung in der Zivilisation kauft, so dass ihre Kinder bequem alles erreichen können, was man als Teenager so braucht.

Es wird sicherlich auch bei ihr Wochenendhäuschen o. ä. geben (evtl. Auch zu pachten), die für sie in Frage kommen. Dann kann sie ein neues Projekt beginnen, renovieren etc. und sich dort am WE und in den Ferien vergnügen. Wenn ihre Kinder alt genug sind und selbständig, kann sie die Stadtbehausung noch immer verkaufen und sich wieder in die Einöde zurückziehen.

Die Erinnerungen nimmt ihr niemand. Aber es hilft ja nichts, an Vergangenem festzuhängen. Das Leben ist ein Wandel - es sei denn, man zieht vielleicht nach Kanada ganz weit draußen. Jetzt ist vielleicht mal die Zeit, mehr an die Kinder zu denken, denen Gemüsegarten und Einöde vermutlich völlig egal sind und lieber näher zur Schule mit guter Infrastruktur wohnen wollen.