Meine geliebte Mama liegt im Sterben, Erfahrung mit Amineurin

In den letzten Wochen zeichnete es sich ab, dass meine Mama nicht mehr lange leben wird.
Nun ist es leider fast so weit.
Sie isst und trinkt so gut wie gar nichts mehr. Einmal am Tag erhält sie 500 ml Kochsalzlösung.

Seit 3 Tagen flüstert sie oft, dass sie nicht mehr leben möchte. Mehr sagt sie nicht mehr.

Nun bekommt sie seit vorgestern Morphium, denn sie ist furchtbar unruhig, und wir glauben, dass sie auch leichte Schmerzen hat.
Sie ist aber meistens wach, sodass sie noch vieles mitbekommt.
Ich habe leider keine Geschwister, sodass nun alles an mir liegt. Ich bin jeden Tag bei ihr.

Meine Kräfte neigen sich aber langsam auch dem Ende zu. Ich bin ständig am Weinen. Auch wenn ich bei ihr bin. Das möchte ich eigentlich nicht, weil ich glaube, dass sie meinen Schmerz spürt und es ihr so noch schwerer fällt zu gehen.

Mein Arzt hat mir gestern ein Medikament zur Beruhigung verschrieben. Es heißt Amineurin 25. Ich nehme wirklich ganz wenig Medikamente und habe auch ein bisschen Angst, dieses zu nehmen.

Hat jemand Erfahrung damit? Ich soll es abends nehmen. Ich denke, damit ich besser schlafen kann. Aber mir geht es tagsüber richtig schlecht. Hält die Wirkung tagsüber dann auch noch an? Andererseits soll man es ja nicht morgens nehmen, da man wohl anfangs sehr müde wird?
Ich wäre wirklich sehr dankbar für eine Antwort, da ich für meine Mama da sein und ihr helfen möchte.

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Hallo!

Amineurin ist ein Antidepressivum. Ich bin kein Spezialist dafür, aber so weit ich weiß, muss das erst einen Spiegel aufbauen ehe es seine Wirkung entfaltet. Deshalb ist es vollkommen egal, ob du das abends oder morgens nimmst. Es macht aber Sinn, es abends zu nehmen, um die Nebenwirkung "Müdigkeit" durch den Nachtschlaf abzufangen.

Wichtig ist, dass du dieses Medikament unter ärztlicher Aufsicht nimmst und wenn es nicht eigenmächtig absetzt. Es muss ausgeschlichen werden.

Das war der medizinisch wertvolle Teil.

Jetzt kommt der mit der Lebenserfahrung:

Es ist schon legitim und sinnvoll, ein solches Medikament als "Krücke" in schweren Zeiten einzusetzen. Wichtig fände ich aber, dass du nebenbei noch eine andere Art der Therapie oder Begleitung bekommst. Dein Problem ist ja klar, du kannst nur allein nicht lösen. Die Tabletten lösen das auch nicht, sie helfen dir eine Zeit lang beim Ertragen. Langfristig brauchst du aber eine bessere Lösung. Eine, bei der du das Erlebte auch bearbeitest und nicht nur betäubst.

Wo ist denn deine Mutter? Wie ist sie versorgt? Wer unterstützt euch?

Es ist okay, wenn du an ihrem Bett weinst und hilflos bist. Deine Mutter kennt dich nicht erst seit gestern. die kann das einsortieren. Wichtig ist nur, dass auch mal jemand reinguckt, der den Überblick bewahrt, der professionell damit umgeht, der ruhig bleiben kann.

Alles Gute!

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Vielen Dank für deine Antwort.
Meine Mama ist in einem Pflegeheim. Schon seit ein paar Jahren. Sie wird dort, soweit ich das beurteilen kann gut und liebevoll versorgt. Sie hat sich dort auch wohlgefühlt.

Unterstützung habe ich nur von meinem Mann. Mein Papa ist auch schon ein Engel.

Hin und wieder besucht sie eine Freundin, aber da ist leider niemand, der mich, ich weiss nicht genau, wie ich es ausdrücken kann, emotional unterstützt. Oder mir mal sagen kann, so machen wir es jetzt.

Heute hatte ich das Gefühl, sie ist "böse" mit mir, weil ich ihr nicht helfe, zu sterben.

Ich habe ihr gesagt, dass das nicht in meiner Macht liegt und der liebe Gott (sie ist recht gläubig), entscheidet, wann sie zu ihm darf.

Während ich das hier schreibe, laufen mir die ganze Zeit Tränen übers Gesicht,...
Aber irgendwie tut es gut, so anonym darüber zu reden. Ohne dass ich mich ständig für meine Tränen (z.B. vor Freunden und Bekannten) schämen muss. Ich weiss, dass ich das auch gar nicht muss. Ich habe wirklich liebe Freunde, die mir das auch sagen, aber trotzdem ist es mir so peinlich und ich habe fast schon Angst vor dem nächsten Treffen mit ohnen.

Ich habe so große Angst vor dem Anruf, wenn es soweit ist. Einerseits bin ich bestimmt erleichtert, dass meine Mama es dann geschafft hat und dann irgendwo ist, wo es ihr besser geht. Aber dann ist da doch diese große Trauer. Das kenne ich von meinem Papa. Auch er war schwer krank und der Tod bestimmt eine Erlösung, aber auch noch dieser langen Zeit ist der Schmerz immer noch da. Ab und zu kann ich an ihn denken, ohne zu weinen.

Meine Kinder leiden auch unter der Situation. Sie wissen, dass Oma bald sterben wird. Das ist für sie irgendwie nicht so "schlimm". Klar, sie sind traurig, aber es macht ihnen glaube ich, mehr zu schaffen, dass ich so traurig bin. Und dadurch, dass ich jetzt jeden Tag bei meiner Mama bin, müssen sie natürlich stark zurückstecken. (Was Zeit mit mir und andere Freizeitaktivitäten betrifft) Ich versuche, das so gut wie möglich zu erklären und hoffe, dass sie es verstehen.

Danke für's Lesen.

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Hallo!

Ich glaube nicht, dass anonyme Hilfe dir lange weiter helfen wird.

Ein Tipp wäre, dass du dich gleich sofort nach einen ambulanten Hospizdienst in deiner Stadt schlau machst, da anrufst und die Lage schilderst. Dort arbeiten Ehrenamtliche, die schon öfter Sterbebegleitung und damit auch Angehörigenbegleitung gemacht haben. Das ist für dich kostenlos, wobei Spenden natürlich immer gern genommen werden.

Für Freunde, Bekannte und Familienangehörige ist es schwierig, wenn jemand in Tränen aufgelöst immer wieder dieselbe Geschichte erzählt. Sie sind ja dann selber hilflos. Jemand vom Hospizdienst ist zum einen kein Betroffener, zum anderen hat er einen ganz anderen Blick von außen auf die Geschichte und er/sie ist darauf geschult, zuzuhören und an den richtigen Stellen das Richtige zu sagen. Wenn diese Helfer sich zu sehr belastet fühlen, haben die wiederum Hilfe in Form von Supervision, so dass du da niemals ein schlechtes Gewissen haben musst. Musst du sowieso nicht, aber du denkst offenbar viel darüber nach.

Hier ein bisschen Information:
http://www.dhpv.de/themen_hospize.html

LG

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Ich wünsche Dir viel Kraft für die kommende Zeit. #liebdrueck
Kenne das Medikament, habe es aufgrund einiger persönlicher Schicksalsschläge auch ein halbes Jahr genommen, als ich nicht mehr konnte - und ich kann sagen, es hat mir wirklich geholfen, wieder klarer zu sehen und nicht mehr soviel zu weinen. Ich habe es problemlos wieder abgesetzt, ohne jegliche Nebenwirkungen. Hatte auch vorher keine, es ist ja auch keine hohe Dosierung.
Brauchst keine Angst haben, nimm es aber unbedingt abends, sonst ist man den halben Vormittag ziemlich müde.

Alles Gute für Dich. Wenn Du noch Fragen hast, gerne auch per PN.
Liebe Grüße von Moni

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Vielen Dank für deine Antwort und das Angebot, mich bei dir zu melden.
Ich habe die Tabletten jetzt 2 Abende genommen. Ich habe in der ersten Nacht soviel wie seit Wochen nicht mehr geschlafen. Meine Angst und Unruhe ist tagsüber aber noch da. Ich fühle mich insgesamt etwas "gedämpfter"
Der Zustand meiner Mama ist unverändert. Sie wir nur immer unruhiger. Eine Pflegefachkraft aus dem Pflegeheim sagte mir, dass es oft so ist, bevor Menschen endgültig einschlafen.

Sie tut mir so leid. Sie ist so verwirrt (Demenz). Sie möchte immerzu nach Hause. Dabei lebt sie ja schon einige Jahre dort und hat auch immer gesagt, dass sie sich dort wohlfühlt.
Kann es schrecklich sein, wenn das Leben endet ...

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Ja, schön ist das nicht. Ich habe zwei liebe Menschen sterben erlebt, meine über viele Jahre beste Freundin und meinen Mann. Dazu noch andere dicke familiäre Probleme und ich dachte, ich schaff das alles alleine.....bis ich endlich soweit war, zu meiner Hausärztin zu gehen und um Hilfe zu bitten. Das war meine beste Idee - und diese Tabletten halfen mir wirklich auch.
Du kannst jetzt mehr oder weniger nur noch die Hand Deiner Mutter halten und auch mit ihr reden, einfach den Tagesablauf erzählen oder ähnliches. Bekommt sie es mit, beruhigt es sie vielleicht, wenn nicht - so gesehen auch egal.
Schön, dass Du gut geschlafen hast. Ich glaube, diese Tabletten wirken recht schnell, die brauchen keine Wochen, um einen Spiegel aufzubauen. Ich hab nämlich auch sehr schnell schlafen können damit - wie ein Bär. Und genau das hab ich sooo gebraucht.
Ohne Schlaf kommst Du ja sehr schnell an Deine Grenzen. Und das "Gedämpfte" ist auch in Ordnung, denn es ist auch nicht schön, ständig innerlich auf Hochtouren zu fahren - mein Blutdruck war zeitweise auf fast 200......hatte schon ein Notfallkit dabei, falls es mir schwummrig wird.

Du schaffst das, Deiner Mama zuliebe. Es bleibt ja keine Alternative und wenn sie in dem Heim gut begleitet wird, ist alles in Ordnung.
Liebe Grüße von Moni

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Es tut mir so leid. Wenn ich nur dran denke, dass meine Mama stirbt, muss ich weinen. Es tut mir leid, dass sie sich offensichtlich so quält. Das wünscht man niemandem. Und für die Angehörigen ist das ganz schlimm.
Ich war damals nicht die Angehörige. Ich war die jenige, um die getrauert wurde. Keiner hat geglaubt, dass ich überleben würde. Und lass dir gesagt sein: es ist völlig ok, wenn du am Bett deiner Mama weinst. Was willst du auch sonst tun? Es ist verdammt traurig.. da kann man ruhig weinen. Und mir hat es gezeigt, wie sehr ich geliebt werde. Deine Mama weiß das schon einzuordnen. Und sie weiß mit Sicherheit auch, wie sehr du leidest.

Nun zu den Tabletten. Nimm sie ruhig. Du brauchst deine Kraft. Für deine Mama und deine Kinder. Es ist natürlich keine Dauerlösung. Ich hab verschiedene Präparate genommen. Amineurin wirkte wirklich ganz gut. Du bist trotzdem traurig. Aber nicht mehr so ohnmächtig. Es wird nicht sofort wirken. Da musst du etwas geduldig sein, weil es sich erst anreichern muss. Wegen der Müdigkeit würde ich es auch abends nehmen. Aber keine Sorge. Es hält den ganzen Tag.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft.

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Vielen lieben Dank für deine Antwort.
Schön, dass es so ein Forum und so nette Menschen hier gibt.

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Ich kann dir nur sagen wie es bei meinem Vater war.

Er hat auch gesagt, dass er sterben möchte und ich weiß, dass er meinen Schmerz gespürt hat aber ich habe ihm auch gesagt, dass er gehen darf. Dass er nicht mehr kämpfen muss und dass ich es verstehe, dass er gehen will.

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Genau das habe ich ihr auch gesagt.

Auch wenn es einem das Herz zerreißt, aber es ist ja auch genau das, was ich ihr wünsche.

Komme gerade aus dem Heim wieder. Man kann ihr Leid (keine Schmerzen, aber eine große Verwirrtheit, Angst und Unruhe) kaum ertragen.

Ich sitze einfach da und halte ihre Hand, wenn sie es zulässt.

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Hallo,ich habe “nur“ aus beruflicher Erfahrung im Pflegeheim Erfahrung mit sterbenden u dem tod. Und kann dir auch wenn man zwangsläufig gläubig,katholisch oder evangelisch ist, die Möglichkeit auf einen Seelsorger hat.bei uns ist sie immer greifbar u solchen Situationen wie bei dir auch immer erreichbar...sie kann deine mama “unterstützen“ aber auch dir einfach zu hören.
Alles liebe für euch