Ende des Familienbetts

Wie kriege ich mein Kind ins eigene Bett?

Babys und kleine Kinder genießen es, wenn sie im Elternbett schlafen dürfen. Doch für viele Eltern kommt der Punkt, an dem sie ihr Bett gerne wieder für sich hätten. Wie macht man Kindern den Umzug aus dem Familienbett ins eigene Bett schmackhaft?

Autor: Gabriele Möller

Wenn die Bedürfnisse auseinander gehen

Familienbett: Kind mit Eltern
Foto: © iStock, PeopleImages

Beinahe 430 Threads, oder besser: Hilferufe von Eltern gibt es in den urbia-Foren zu der Frage, wie man sein Kind ins eigene Bett oder eigene Zimmer bekommt, nachdem es vorher im Familienbett bei den Eltern geschlafen hat. Zahlreiche Mütter und Väter möchten gern wieder die Zweisamkeit im Ehebett oder ungestörte Nächte genießen - wenn der Nachwuchs nur mitspielen würde. "Momentan verzweifle ich. Mein Krümmel ist nun 18 Monate und schläft schon immer im Bett mit mir. Es war eigentlich nie so gewollt, sondern wir sind da mit Einschlafstillen so 'reingeschlittert. Aber ich hatte seit 18 Monaten kaum Schlaf! Ich möchte, dass unser Keks in ihrem Bettchen schläft!", postet eine urbia-Userin und steht damit für viele andere.

Warum Babys das "Familiennest" lieben

Warum aber fällt es Babys und kleinen Kindern so schwer, sich vom Elternbett zu lösen? Wissenschaftler sagen, dass das gemeinsame Schlafen offenbar von der Natur vorgesehen ist. So ist der Spiegel des Hormons Prolaktin bei Müttern, die neben ihrem Baby schlafen, höher. Das kommt dem Baby nicht nur beim Stillen zugute. Prolaktin ist zugleich auch ein "Emotions-Hormon". Es stärkt die Bindung zum Kind, indem es die Intuition verbessert: Mütter, die neben dem Kind liegen, merken auch im Schlaf, wenn es ihm plötzlich nicht gut geht, und wachen auf. Sie nehmen auch unterschwellige Signale ihres Babys wahr. 

Das Bedürfnis der Kleinsten nach Nähe zu den Eltern ist aber sogar in den Genen verankert. Denn diese Nähe war in der Menschheitsgeschichte überlebenswichtig: Ein Baby oder Kleinkind, das früher abseits der Familiengruppe hätte schlafen müssen, wäre rasch unterkühlt oder von einem Raubtier weggeschleppt worden. Zwar gibt es hierzulande solche Gefahren nicht mehr, aber das weiß der Instinkt eines Babys nicht. Bis heute schlafen ganz kleine Kinder deshalb besser und wachen im Durchschnitt seltener auf, wenn sie bei den Eltern liegen. Für ältere Kinder gilt dies nicht mehr: Sie schlafen im Elternbett eher unruhig.

Expertenvideo: Wie bringe ich mein Kind dazu, im eigenen Bett zu schlafen? 

Jan-Uwe Rogge gibt in diesem Video Antwort auf eine der brennendsten Elternfragen:

In kleinen Schritten ans Ziel!

Eine so bewährte Verbindung zu lockern, ist natürlich nicht leicht. Vom Elternbett aus sofort ins eigene Bett und ins eigene Zimmer umzuziehen, ist deshalb ein zu großer Schritt für die meisten Babys und Kleinkinder. Schon der Wechsel in ein Kinderbett, das noch im Elternschlafzimmer steht, kann da eine zu hohe Hürde sein: "Mein Sohn ist 15 Monate und hat bis jetzt bei mir geschlafen. Nun habe ich das Gefühl, dass es Zeit für das eigene Bett ist. Er braucht aber [im eigenen Bett] immer ca. zwei Stunden, um endlich in den Schlaf zu kommen. Vorher [im Elternbett] höchstens 15 Minuten", berichtet eine urbia-Userin, die das Kinderbett nur drei Meter vom Elternbett entfernt aufgestellt hat. 

Mit wenigen Zentimetern fängt alles an

Damit der Umzug besser klappt, sind daher oft noch kleinere Schritte nötig. Die erste Etappe kann der Umzug in ein Beistellbett oder auf eine Kindermatratze sein, die direkt neben dem elterlichen Bett platziert sind. Anfangs kann man warten, bis das Kind abends im Elternbett fest eingeschlafen ist und es erst dann vorsichtig ins Beibett heben. 

Beim nächsten Mini-Schritt wird der Nachwuchs dann wach ins neue Schlaflager gelegt. An den ersten Tagen müssen Mutter oder Vater jetzt oft etwas länger im Schlafzimmer bleiben, bis ihr junger Schläfer sich umgewöhnt hat. Auch ein Kuscheltier, ein Nachtlicht oder ein vertrauter Gegenstand können helfen: "Schenken Sie Ihrem Kind ein Kleidungsstück von sich, mit dem es kuscheln kann, dann hat es in der Nacht immer etwas von Ihnen bei sich", rät Dipl.-Sozialpädagogin Sylvia Ubbens in ihrem Beratungsforum. Das (getragene) Kleidungsstück riecht gut nach Mama, beruhigt und vermittelt Sicherheit.

Per "Wanderbett" in die Selbständigkeit!

Der Umzug ins eigene Bett ist aber auch eine tolle Gelegenheit, ein Einschlaf-Ritual einzuführen, wenn es bisher keines gab. Das muss nichts Aufwändiges sein. Babys lieben es, vorgesungen zu bekommen. Besonders schön sind hier Klassiker wie "Die Blümelein, sie schlafen" oder "Weißt du, wie viel Sternlein stehen?", in die sich Eltern meist auch selbst wieder verlieben, wenn sie die lang vergessenen Strophen einmal nachschlagen. Auch wenn Mama und Papa für ein Kleinkind eine Mini-Geschichte selbst erfinden oder vorlesen, wird der Wechsel ins neue Bett mit etwas Schönem verbunden.

Ist dieser Auszug aus dem Elternbett geschafft, kann man nach ein bis zwei Wochen beginnen, das Kinderbett oder die Matratze allmählich vom Elternbett wegzurücken. Älteren Kleinkindern kann man erklären: "Wenn wir hier eine Lücke machen, passt auch noch dein Puppenwagen hin, und der Teddy/die Puppe kann neben dir schlafen!" Notfalls rückt man das Bett auch erst dann ein wenig weg, wenn das Kind eingeschlafen ist. Dieses "Wanderbett" kann sich im Laufe der Wochen unmerklich bis an eine gegenüber liegende Wand bewegen. 

Der Umzug ins eigene Zimmer

Möchten Eltern, dass ihr Kind jetzt auch im eigenen Zimmer schläft, können sie im nächsten Schritt sein Bett ins Kinderzimmer bringen. Diese Etappe ist wesentlich größer als die bisherigen, deshalb ist es oft nötig, die erste Zeit mit im Zimmer zu bleiben, bis Sohn oder Tochter eingeschlafen sind. Mama oder Papa sollten sich dabei (nach Ende des üblichen Einschlafrituals) nicht mehr aufs Kind fokussieren, sondern sich mit etwas Anderem beschäftigen. So gewöhnt es sich nicht daran, beim Einschlafen "Programm" zu bekommen. Eine schwache Lampe macht für die Eltern z. B. das Lesen möglich und beruhigt zugleich das Kind. Zwischendurch kann man auch hinausgehen, um "etwas zu holen", damit der Nachwuchs lernt, es einige Augenblicke lang allein auszuhalten. Diese Abwesenheitszeiten kann man unmerklich verlängern. 

Auch ein neues Kuscheltier, das seinen jungen Besitzer "bewacht" (und z. B. gegen "Monster" hilft), kann Ängste lindern. Tut sich das Kind mit diesem Schritt trotzdem noch schwer, kann es besser sein, es zunächst auf einer Matratze im Elternschlafzimmer einschlafen zu lassen und später ins eigene Zimmer zu tragen. Ein weiterer möglicher Zwischenschritt bei sehr kleinen oder ängstlichen Kindern: Mama oder Papa ziehen eine Zeitlang mit ins Kinderzimmer (Matratze), um im Laufe der Nacht zurück ins Elternschlafzimmer zu wechseln.

Hartnäckige Gäste am Elternbett

Was aber tun bei Kindern, die im eigenen Zimmer schlafen, aber trotzdem allnächtlich auf dem Bettvorleger stehen und ins Elternbett wollen? Ist ein Kind krank oder hatte einen Alptraum, sollte man dies ausnahmsweise zulassen. Ist aber alles in Ordnung, rät Ärztin Dr. med. Andrea Schmelz: "Wenn ein Kind ins Schlafzimmer kommt, sollte man es ruhig, aber bestimmt bei der Hand nehmen und zu seinem eigenen Bett zurück bringen. Dort können Mutter oder Vater es zudecken, ihm noch einen Gute-Nacht-Kuss geben und sich wieder ins Elternschlafzimmer zurückziehen." Dabei könne es sein, dass man eine Zeitlang alle fünf Minuten mit dem Nachwuchs zurück wandere. Die Fachfrau ermutigt Eltern aber: "Man sollte nicht sofort aufgeben - die Lage entspannt sich rasch wieder."

Geborgenheit im Geschwisterzimmer 

Während ältere Geschwister meist ihr Reich für sich allein beanspruchen, schlafen jüngere Kinder oft noch ganz gern zusammen. Oft hat das größere Geschwister daher nichts dagegen, wenn das jüngere nachts bei ihm einzieht (z. B. ins Doppelstockbett oder auf eine Kindermatratze). Das jüngere Kind kann sich auf diese Weise nachts von den Eltern lösen, muss aber trotzdem nicht allein schlafen. Über diesen Umweg ist auch der Schritt ins eigene Zimmer irgendwann meist gut zu schaffen.