Musik im Vorschulalter

Soll mein Kind ein Instrument lernen?

Wie vermittelt man Kindern Spaß an der Musik? Soll mein Kind ein Instrument erlernen? Wenn ja, welches? Und was tun, wenn es nicht mehr üben mag?

Autor: Petra Fleckenstein

Erst keine Lust – später Bedauern

Maedchen spielt Geige
Foto: © iStockphoto.com/ Serega

Kinder mit Musikinstrument: Nicht immer eine Story mit Happy End. Viele Kinder haben sie durchlitten – die lästigen Klavierstunden bei einem todlangweiligen Lehrer oder den verhassten Blockflöten-Unterricht im ersten Schuljahr. Später dann machte die frühere Unlust häufig dem Bedauern Platz, nun als Erwachsener leider kein einziges Musikinstrument zu beherrschen.

"Mein Kind soll diesen Fehler nicht machen", sagen sich viele Eltern und wünschen sich, dass ihr Sprössling ein Musikinstrument lernt. Und dies am besten möglichst früh. Wie aber können Kinder den Spaß an der Musik entdecken, wenn in ihrer eigenen Familie nicht musiziert wird? Wann kann und sollte ein Kind ein Musikinstrument lernen und welches eignet sich für den Anfang?

Musikalische Früherziehung in einer Musikschule

Für Kinder ab vier Jahren bieten die Musikschulen Kurse zur musikalischen Früherziehung. Inhalt dieser meist 60minütigen Angebote sind Bewegungsspiele, Singen, Malen und erste einfache Versuche auf einem rhythmusbetonten Instrumentarium. Die Kinder werden dafür sensibilisiert, hinzuhören, was zum Beispiel die anderen Kinder machen, ob die Töne hoch oder tief sind, sich laut oder leise, schnell oder langsam anhören. An den Instrumenten (Glockenspiele, Trommeln, Rasseln) erfahren sie erste Möglichkeiten des Zusammenspiels. "Nur immer darauf rumhämmern wird schnell langweilig", erklärt Hella Neumann, Fachbereichsleiterin Grundstufe der Rheinischen Musikschule in Köln. "Kinder wünschen sich, klare Formen auszuprobieren." So erhalten sie das Rüstzeug, um ihre Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern.

Für alle Sinne

Da die Musikschulen bei der Früherziehung einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, wird in den Kursen auch getanzt und gemalt. "Denken und Tun sind in diesem Alter noch nah beieinander", sagt Hella Neumann, und durch Bewegungen können sich Kinder ebenso spontan ausdrücken wie im Singen. Malen hingegen holt sie zu sich selbst zurück und gibt ihnen immer wieder die Möglichkeit - beispielsweise nach einer Fantasiereise - zu reflektieren, was sie soeben gemacht haben und die dabei entstandenen inneren Bilder auf Papier zu bannen.

Nicht nur für "Begabte"

"Musikalische Früherziehung ist für alle da", sagt Hella Neumann. Sie möchte die Kurse keinesfalls als spezielle Hochbegabtenförderung verstanden wissen. Egal, ob Kinder eine Begabung für Musik entwickeln oder nicht, Musik tut allen Kindern gut. Sie fördert Konzentration, Gedächtnis, soziale Wachheit und Sensibilität und gibt Kindern Möglichkeiten an die Hand, mit Gefühlen umzugehen. Bei aller Anregung von außen bleibt dabei jedoch das Singen im Elternhaus "wichtigstes Fundament fürs Leben", so die Musikpädagogin.

Welches Instrument?

"Das Instrument, das das Kind lernen will, ist meistens das richtige", erklärt Hella Neumann. Auch wenn Kinder sich bereits entschieden haben, macht es Sinn, zunächst ein paar Probestunden zu nehmen, ohne gleich ein eigenes Instrument anzuschaffen. Die Musikschulen bieten Kindern ab sechs Jahren Schnupperkurse, während denen sie verschiedene Instrumente testen können. Sie erhalten jeweils für zwei Stunden Anfängerunterricht auf dem Instrument.

Orientierungshilfe kann es auch sein, mit dem Kind einmal ein Anfängerkonzert zu besuchen, das Lernende der Musikklassen an den Musikschulen häufig veranstalten. Kinder sehen hier andere Kinder, die bereits etwas auf einem Instrument vorführen können. Hella Neumann rät jedoch, Kinder, die keinen Wunsch äußern, ein Instrument zu lernen, erst einmal in Ruhe zu lassen. "Vielleicht kommt der Wunsch dann plötzlich nach zwei Jahren."

Flöte oder Klavier?

Welches Instrument sich für den Anfang eignet, ist nicht leicht zu entscheiden. Zumindest müssen natürlich die anatomischen Voraussetzungen gegeben sein: Sind die Hände groß genug, um beispielsweise Schalllöcher zu bedecken? Sind die bleibenden Zähne bereits alle da - Voraussetzung für Saxophon und Klarinette. Außerdem ist zu bedenken, dass es Instrumente gibt, die Kindern schnelle Erfolge bescheren – wie zum Beispiel verschiedene Perkussionsinstrumente oder auch das Klavier, da hier ohne Probleme sofort ein sauberer Ton erzeugt werden kann.

Instrumentengrößen sind hingegen selten ein Hinderungsgrund: Sowohl Gitarren, Geigen als auch Querflöten gibt es in Kindergrößen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Musikschulen bieten zudem die Möglichkeit, Instrumente zu leihen. Bei größeren Instrumenten bietet sich ein Mietkauf an: Klaviere kann man beispielsweise vorerst mieten und sich eventuell später für einen Kauf entscheiden, wobei die bereits gezahlten Beträge auf den Kaufpreis angerechnet werden.

Ein großes Musikhaus in Bonn bietet zum Beispiel neuwertige Klaviere ab 2500 Euro an. Beim Mietkauf zahlt der Kunde für sechs bis neun Monate monatlich zwei Prozent des Kaufpreises und muss sich dann entscheiden, ob er das Klavier kauft oder zurückgibt. Gebrauchte Klaviere gibt es im gleichen Geschäft ab 1800 Euro aufwärts. Eine Blockflöte kostet aus Kunststoff ab 10 Euro, aus reinem Holz ca.50 Euro. Eine akustische Gitarre in Kindergröße etwa 100 bis 150 Euro.

Wie viel muss man üben?

Musizieren soll Kindern in erster Linie Spaß machen. Zu viel Druck hinsichtlich der Übezeiten ist daher sicher unangebracht. Allerdings macht ein Instrument auf Dauer keinen Spaß, wenn es nicht vorwärts geht. Daher kommt man um das Üben nicht herum. Einzige Maxime: Tägliches Üben ist wichtig, auch wenn es nur kurz ist. Und: Gut sind mehrere kleine Portionen am Tag. Das können zum Beispiel anfangs zweimal täglich zehn Minuten sein.

Egal, was man lernt: Es gibt immer irgendwann Durststrecken, da es nicht mehr vorwärts zu gehen scheint, das Kind die Lust verliert, vielleicht an seiner Begabung zweifelt. Da macht das Erlernen eines Musikinstruments keine Ausnahme. Diese Phasen sind normal. Wie der einzelne damit umgeht, hängt zum Beispiel auch davon ab, wie Eltern solche Situationen vorleben: Bleiben sie an einer Sache dran, auch wenn sie mühsam wird, oder neigen sie dazu, sie dann eher abzubrechen und zu meiden?

Eine gute Möglichkeit, mit Durststrecken umzugehen, ist es, in dieser Zeit das Programm etwas zu verändern: Vielleicht ein anderes Repertoire zu spielen, technische Übungen einmal eine Zeit lang sein zu lassen, vielleicht einmal mit dem Lehrer darüber zu sprechen, wie er die Fortschritte einschätzt. Möglicherweise auch eine Chance, um herauszufinden, dass das Kind das falsche Instrument gewählt hat, und zu einem anderen zu wechseln.

Die Sache mit den Terminen

Die Liste der positiven Wirkungen von Musik und eigenem Musizieren ist lang. Musik trainiert und verbindet die beiden Gehirnhälften, das Erlernen eines Instruments fördert Intellekt, Emotionen und motorische Fähigkeiten, mit anderen Musik zu machen schafft Gruppenerlebnisse und –verbundenheit. Trotzdem ist es wichtig, abzuwägen, wie Musikunterricht in den Wochenplan des Kindes hineinpasst. Zu viele Termine schaden Kindern. "Wir raten, sich für eine Sache zu entscheiden", sagt Hella Neumann. Das wichtigste Kriterium bei der Frage, ob der geliebte Spross neben Sport auch noch Musik machen soll, formuliert die Musikpädagogin so: "Das Kind muss auch noch genügend Zeit haben, in Ruhe zu spielen."