Abtreibung

Wer ungewollt schwanger wird und eine Abtreibung erwägt, steht vor einer schwierigen Entscheidung, die gut durchdacht sein will. Mehr zum Thema auf urbia.de.

Ungewollt schwanger

Eine Schwangerschaft wird fast immer als etwas Positives angesehen. Fast, denn nicht jede Frau freut sich über die Nachricht, schwanger zu sein. Die Gründe dafür sind ebenso unterschiedlich wie die Frauen, die sich für eine Abtreibung entscheiden. Manche fühlen sich zu jung, um Mutter zu werden, andere wollen ihre berufliche Laufbahn nicht gefährden oder haben keinen Partner und fühlen sich nicht in der Lage, allein ein Kind groß zu ziehen. In Deutschland entscheiden sich pro Jahr etwa 102.000 Frauen aus den verschiedensten Gründen für eine Abtreibung.

Wenn der positive Schwangerschaftstest keine Freude auslöst, ist es wichtig, erst einmal in sich zu gehen und die vielen Gedanken im Kopf zu ordnen oder sich jemandem anzuvertrauen, mit dem man über die ungewollte Schwangerschaft reden kann. Manche Frauen sind sich sofort sicher, das Kind nicht bekommen zu wollen, andere hingegen sind in ihrer Entscheidung hin- und hergerissen. Frauen, die sich lieber einer neutralen Person anvertrauen wollen, finden Hilfe in Einrichtungen wie „pro familia", in denen erfahrene Berater mit schwangeren Frauen über ihre Situation, ihre Ängste und Gefühle reden, ohne dabei eine Wertung abzugeben. Diese Beratungsgespräche sind Pflicht vor einem Schwangerschaftsabbruch. Den Frauen sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie sie ihr Leben auch mit einem Kind meistern können. Sie sollen ermutigt, aber nicht überredet werden, das Kind zu behalten. Die Entscheidung, ob eine Frau ihr Kind behält oder nicht, liegt allein bei ihr.

Das Recht einer Frau auf Selbstbestimmung

Das war nicht immer so. „Ich habe abgetrieben“, so lautet der Titel der Juniausgabe des Magazins „Stern“ von 1971. 374 Frauen erklärten hier öffentlich, einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen und somit gegen den Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches verstoßen zu haben. Sowohl diese Veröffentlichung als auch eine ähnlich geartete in der französischen Zeitschrift „Nouvel Observateur“, in der sich 343 französische Frauen auf die gleiche Weise äußerten, lösten eine öffentliche Debatte über das Thema Abtreibung aus. Die Zeiten waren andere: Die Anti-Baby-Pille war zwar schon auf dem Markt, die Frauen, die sie verschrieben haben wollten, mussten ihrem Arzt aber nachweisen, verheiratet zu sein, denn Geschlechtsverkehr hatte außerhalb der Ehe nichts zu suchen. Die Debatte über das Für und Wider wurde in den darauffolgenden Jahrzehnten weitergeführt. Den Paragrafen 218 gibt es zwar immer noch, er wurde inzwischen jedoch erweitert. So ist eine Abtreibung zwar rechtswidrig aber straffrei, wenn:

  • sie innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen stattfindet, wobei sich die Zeitmessung am Zeitpunkt der Empfängnis, also zwei Wochen nach der letzten Regelblutung orientiert. Die Dauer einer Schwangerschaft wird von Ärzten ab dem ersten Tag der letzten Regel berechnet.
  • die Frau einen Abbruch ihrer Schwangerschaft ausdrücklich will.
  • ein Besuch bei einer gesetzlich anerkannten Beratungsstelle vorgenommen wurde und ein schriftlicher Nachweis über diesen Besuch vorliegt.
  • nach der Beratung drei Tage Bedenkzeit vergangen sind (§219 StGB).

Ausnahmen werden in Paragraf 218a StGB festgelegt. So ist eine Abtreibung nicht rechtswidrig, wenn entweder eine kriminologische oder eine medizinische Indikation vorliegt. Bei einer kriminologischen Indikation handelt es sich um eine durch eine Straftat entstandene Schwangerschaft. Hier gilt allerdings auch die Regelung des Abbruchs bis zur 12. Schwangerschaftswoche. Bei einer medizinischen Indikation bedingt sich die Notwendigkeit einer Abtreibung durch Lebensgefahr oder eine schwere körperliche oder seelische Beeinträchtigung der schwangeren Frau. Ein Schwangerschaftsabbruch aufgrund einer medizinischen Indikation kann zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft vorgenommen werden. Eine medizinische Indikation liegt dann vor, wenn bei der pränatalen Diagnostik eine Behinderung oder schwere Erkrankung des Kindes festgestellt wird. Die Entscheidung liegt in einem solchen Fall bei der Schwangeren. Die Kosten einer Abtreibung trägt die schwangere Frau, wenn es sich nicht um eine medizinische oder kriminologische Indikation handelt.

Abtreibung nach medizinischer Indikation

Für die einen ist sie ein Fluch, für die anderen ein Segen, die pränatale Diagnostik. Einige der Tests werden vom behandelnden Gynäkologen angeordnet, wenn eine Anomalie beim ungeborenen Kind diagnostiziert wird. Sie sollen feststellen, ob beim Kind die Gefahr von Fehlbildungen oder Erkrankungen vorliegt. Stellt sich heraus, dass das Kind mit einer Krankheit oder einer Behinderung auf die Welt kommen wird, die zu schweren Entwicklungsstörungen führt, können die Eltern sich für einen Abbruch der Schwangerschaft entscheiden. Eine Abtreibung ist dann rechtens, wenn die körperliche und/oder seelische Gesundheit der werdenden Mutter gefährdet ist. Sofern keine Lebensgefahr für die Schwangere besteht, müssen ihr zwischen Diagnose und Ausstellung der Indikation, die den Schwangerschaftsabbruch erlaubt, drei Tage Bedenkzeit eingeräumt werden. Auch wird die Frau vom behandelnden Arzt über mögliche psychische Folgen aufgeklärt und ihr wird ein sozialpsychologisches Gespräch mit einer entsprechenden Beratungsstelle angeboten. Ein solches Gespräch ist jedoch freiwillig. Bei einer späten Abtreibung nach der zwölften Schwangerschaftswoche wird medikamentös eine Geburt eingeleitet. Nach einer solchen Spätabtreibung braucht es oft Zeit, diese seelisch und körperlich zu verarbeiten.

Eine Frau sollte sich bezüglich einer Abtreibung von niemandem zu einer Entscheidung für oder gegen das Baby drängen lassen. Die Entscheidung liegt einzig und allein bei ihr. In einer festen Partnerschaft ist es jedoch ratsam, den Partner mit einzubeziehen, da es schließlich auch um sein Kind geht. So ist eine Abtreibung aus Männersicht oft genauso schlimm. Die meisten Männer sind emotional mehr betroffen als viele Frauen denken, und oft sind sie wütend über die eigene Machtlosigkeit, gerade dann, wenn sie das Kind wollen. Ebenso wie bei Frauen können auch bei Männern Gefühle wie Enttäuschung und Trauer über den Verlust eines Kindes nach einer Abtreibung ausgelöst werden. Offenheit in der Partnerschaft und eine ausführliche, professionelle Beratung helfen in dieser schweren Zeit.