Wichtige Fragen und Antworten

Schwanger mit Übergewicht

Geht eine Frau schon mit Übergewicht in eine Schwangerschaft, ist manches anders als bei Normalgewichtigen. Gibt es Risiken? Wie viel darf ich zunehmen? Wann spüre ich mein Kind? Wir geben Antworten auf die 10 wichtigsten Fragen von fülligen Schwangeren.

Autor: Gabriele Möller

Ernährung und Bewegung: Das hilft dem (Baby-)Bauch

Schwanger mit Übergewicht
Foto: © iStock, Drazen_

In Sachen Gewicht ist jetzt eh alles egal und zu spät - so denken viele übergewichtige Schwangere resigniert. Doch ganz gleich, wie eine Frau bisher gegessen hat - es zählt für ihr Baby im Bauch ebenso, was sie jetzt isst. Und egal, ob sie zuvor ein Bewegungsmuffel war - das Baby profitiert von jedem Spaziergang, den sie jetzt macht. Zwar haben Frauen mit hohem BMI ein größeres Risiko für Komplikationen in Schwangerschaft und Geburt. Doch die lassen sich schon mit einfachen Maßnahmen senken. Wie das geht, und wie du auch mit anderen Besonderheiten der Schwangerschaft gelassen umgehen kannst!

1. Werde ich in der Schwangerschaft mehr zunehmen?

"Ich bin in der 10. Schwangerschaftswoche und leider übergewichtig. Nun mach' ich mir Sorgen, dass ich voll dick werde", postet eine verunsicherte Forums-Userin. Doch füllige Schwangere nehmen nicht automatisch stärker zu als normalgewichtige. "Also, ich bin jetzt in der 26. SSW und habe bisher nur ein Kilo zugenommen. Ich denke mal, das kommt auch dadurch, dass man schon ein bisschen mehr darauf achtet, was man isst. Und dass man eher mal zum Apfel als zum Schokoriegel greift!", antwortet eine andere Frau auf das besorgte Posting, und eine weitere beruhigt: "Ich bin auch nicht die Schlankste und habe in meiner Schwangerschaft lediglich fünf Kilogramm zugenommen." Es gibt also keinen Grund zu der Befürchtung, das Gewicht würde sich quasi verselbständigen.

2. Wie viel darf ich in der Schwangerschaft zunehmen?

Wie viel eine übergewichtige Frau in der Schwangerschaft maximal zunehmen sollte, hängt von ihrem BMI (Body-Mass-Index) vor der Schwangerschaft ab. Fachleute geben folgende Empfehlungen:  

  • Bei einem BMI von 25 bis 29,9: 7 bis 11 Kilogramm.
  • Bei einem BMI ab 30: 5 bis 9 Kilogramm.

Die Sorge, das Baby könne da zu wenig Nahrung bekommen, ist unbegründet: Der Mehrbedarf an Kalorien beträgt bei einer Schwangeren nur 255 Kcal pro Tag, und dies auch erst ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel. Das entspricht einem einzigen Käsebrot oder einem Fruchtjoghurt. "Essen für zwei" ist out! 

Jetzt nur langsam zuzunehmen senkt eines der wichtigsten Risiken: das des Schwangerschafts-Diabetes, der für die Frau, aber auch für das Ungeborene schädlich sein kann. Er geht zwar nach der Entbindung wieder weg, aber die Hälfte der Betroffenen entwickelt acht bis zehn Jahre danach einen bleibenden Diabetes vom Typ 2, warnt die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG).

3. Darf ich noch essen, was mir schmeckt?

Darben muss auch eine "pummelige" Schwangere nicht. Es reicht, aufmerksamer zu essen: Vor allem schnell verdauliche Kohlehydrate (Nudeln, Brot, Brötchen, Süßes) wollen reduziert werden. Man sollte lieber "freundliche" Kohlehydrate wählen, wie Vollkornbrot, Naturreis, Hülsenfrüchte, Obst oder Kartoffeln. Denn hier sind die Kohlehydrate mit Ballaststoffen kombiniert - und das senkt den berühmten glykämischen Index, macht also länger satt. Den größten Anteil an Kohlehydraten, empfehlen Fachleute,  sollte frau dabei mittags zu sich nehmen.

Auch Fett ist erlaubt, es sollte aber - beim Braten oder im Salat - wertvolles pflanzliches Öl sein (z. B. Maiskeim-, Distel-, Rapsöl). Ein Fünftel der Nahrungsmenge darf aus Eiweiß bestehen: Fleisch und Wurst dürfen also genossen werden, aber in fettarmer Form, wie bei Hähnchen- oder Putenbrust, Kochschinken, kaltem Braten. Auch bei Milch- und Milchprodukten (Quark, Naturjoghurt) muss man sich nicht zurückhalten, sie sollten aber ebenfalls fettarm sein. Zweimal in der Woche gehört magerer Seefisch wie Kabeljau, Seelachs oder Schellfisch auf den Teller, der besonders hochwertiges Eiweiß bietet. 

Schon diese kleinen Veränderungen bewirken viel: "Die Ernährungsweise während der Schwangerschaft scheint (beim Ungeborenen) die Nahrungsaufnahme, die Fettgewebsentwicklung und eine Veranlagung für Übergewicht im späteren Leben zu programmieren", betonte Ernährungsfachfrau Dr. rer. nat. Ulrike Amann-Gassner in einer Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Heißt: Füllige Schwangere, die jetzt Wertvolles essen, ermöglichen ihrem Baby den Start in ein gesünderes Leben. Stark übergewichtige Frauen sollten eine Ernährungsberatung oder einen Ernährungskurs nutzen, denn so fällt es leichter, die Essweise zu finden, die jetzt zu einem passt.

4. Kann ich in der Schwangerschaft eine Diät machen?

Bei starkem Übergewicht, vor allem aber wenn ein Schwangerschaftsdiabetes vorliegt, darf eine Schwangere ihre bisherige Kalorienzufuhr reduzieren - jedoch nur durch eine Umstellung auf vollwertigere Kost, das Reduzieren toter Kalorien (Süßes, Weißmehlprodukte, tierisches Fett) und ein Plus an Bewegung. Diese Umstellung sollte bei großem Übergewicht oder Diabetes in Begleitung eines Arztes oder einer Ernährungsberaterin geschehen.

Durch eine solche Veränderung der Essgewohnheiten und mehr Bewegung kann es sein, dass eine Frau in den ersten Schwangerschaftsmonaten etwas  abnimmt. Dieser Nebeneffekt ist okay, aber nicht das Ziel der Ernährungsumstellung. Alle Diäten aber (auch die als ausgewogen geltenden) sind auch bei Übergewicht tabu, denn hier droht eine Unterversorgung des Ungeborenen mit wichtigen Nährstoffen.

5. Wie macht der Arzt bei Übergewicht den Ultraschall?

Bei adipösen Schwangeren liefert der Ultraschall weniger aussagekräftige Bilder. Darauf weist die  Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) hin. Der Grund: Die Ultraschallsignale können nicht tief genug in den Bauch eindringen. Manchmal wechselt der Arzt daher schon früher als bei anderen Schwangeren vom Vaginal- zum Bauchultraschall, denn der bietet ein größeres Blickfeld. Es kann auch sein, dass er die Frau dabei bittet, sich zu setzen oder sich auf die Seite zu legen, damit er das Kind besser sehen kann.

6. Wie kann ich mich bei Übergewicht mehr bewegen?

Schon ein kleines Plus an Bewegung bewirkt jetzt viel: "Gehen Sie morgens und abends eine halbe Stunde flott spazieren. Und alle Ausdauersportarten sind gut: Schwimmen, Laufen, Radfahren. Generell gilt: Kleine Schritte machen den Anfang, sonst ist man überfordert und bricht ab", rät Ernährungsmediziner Professor Dr. Hans Hauner in einem Interview der Zeitschrift ELTERN. Ein erster Schritt kann es sein, zu Fuß zu kleineren Einkäufen zu gehen oder keinen Fahrstuhl mehr zu besteigen.

7. Wann spüre ich mit Übergewicht mein Baby?

Rundliche Schwangere spüren ihr Kind meist erst später, denn die Gebärmutter ist schlichtweg besser gepolstert. Oft kann das Baby sich deshalb erst um die 24. Schwangerschaftswoche herum durch seine Klopfsignale bemerkbar machen.

 

8. Brauche ich mit Übergewicht mehr Schwangerschafts-Vorsorge?

Bei hohem BMI gilt man als Risikoschwangere, hier stehen einem deshalb zusätzliche Vorsorge-Untersuchungen oder auch Tests zu, die von der Krankenkasse übernommen werden. Es werden vielleicht mehr Ultraschalluntersuchungen gemacht als bei anderen Frauen, um die Entwicklung des Kindes zu kontrollieren. Und auch Blut- und Urinuntersuchungen sowie ein Check des Blutdrucks werden öfter vorgenommen, um Diabetes, Präeklampsie und andere Erkrankungen frühzeitig zu bemerken.

Meist wird auch ein Glukose-Toleranztest gemacht, der zeigt, ob der Körper auf eine hohe Kohlehydratzufuhr (Zuckerlösung) normal reagiert, also kein Diabetes vorliegt. Eine Schwangere mit viel Übergewicht kann mit ihrem Arzt auch besprechen, ob sie ihren Blutzuckerspiegel zusätzlich selbst kontrollieren sollte. "Studien haben gezeigt, dass eine Ernährungstherapie in Kombination mit körperlicher Aktivität und regelmäßigen Blutzuckerselbstkontrollen eine sinnvolle Maßnahme zur Vermeidung des Schwangerschafts-Diabetes darstellt", erläutert Dr. Ulrike Amann-Gassner.

9. Was tun gegen geschwollene Beine?

Passt kein Schuh mehr, sollte eine Schwangere zunächst zum Arzt gehen. Denn starke Wassereinlagerungen können auf einen zu hoch angestiegenen Blutdruck oder eine drohende  Gestose (schwere Stoffwechselstörung) hindeuten. Gibt der Arzt Entwarnung, hilft jetzt paradoxerweise reichliches Trinken! Mindestens zwei Liter Wasser täglich regen die Nierentätigkeit an - und die schaffen es dann leichter, auch überschüssiges Wasser aus dem Gewebe abzubauen. Zudem sollten Speisen relativ stark gesalzen werden (ein bis vier Teelöffel Salz täglich), empfehlen Hebammen. Denn Salz bindet das Wasser im Blutplasma und es "versackt" dann nicht mehr so leicht im Gewebe. Die Empfehlung, bei Wassereinlagerungen salzarm zu essen, gilt als überholt.

Bei schweren und geschwollenen Beinen kann sich eine Schwangere vom Phlebologen oder Hausarzt auch Stützstrümpfe verschreiben lassen. Denn oft ist es neben Wasser auch das Blut, das in die Beine sackt, weil die Beinvenen in der Schwangerschaft erweitert sind. Hat sie Beinschmerzen oder Spannungsgefühle im Bein, sollte eine Frau auch an eine mögliche Venenentzündung oder Thrombose (Venenverschluss) denken und sofort zum Arzt gehen, das Risiko für Thrombosen ist bei Übergewicht erhöht.

10. Werde ich trotz Übergewicht normal entbinden können?

Die meisten Frauen bringen auch mit zusätzlichen Kilos ihr Kind ganz normal zur Welt. War die Ernährung während der Schwangerschaft ungünstig und hatte die Frau deswegen einen hohen Insulinspiegel im Blut, kann ihr Kind überdurchschnittlich groß sein. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit für einen  Kaiserschnitt. Das gilt auch, wenn sich bereits ein Schwangerschafts-Diabetes entwickelt hat. Gegen Ende der Schwangerschaft kann der Arzt per Ultraschall das Geburtsgewicht schätzen und die Frau beraten. 

Die Schmerzbehandlung bei einer spontanen Entbindung kann mit viel Körperfett kniffliger sein. Zum Beispiel ist es schwieriger, den richtigen Punkt für eine PDA (Peridural-Anästhesie) zu finden. Ein Termin zum Vorgespräch in der Entbindungsklinik kann klären, ob eine PDA anatomisch voraussichtlich gut machbar ist oder nicht.

Recht schwere Frauen haben ein höheres Risiko, ihr Kind zu übertragen, es also deutlich jenseits der vollendeten 40. Woche zu bekommen. Setzen auch Tage nach dem ET keine Wehen ein, kann es manchmal nötig sein, die Geburt künstlich per Wehentropf einzuleiten oder einen geplanten Kaiserschnitt zu machen. 

Service: 

Viele gesetzliche Krankenkassen übernehmen bis zu 75 Prozent der Kosten für eine Ernährungsberatung oder einen Ernährungskurs, einige bieten auch selbst solche Kurse an. Einfach bei der eigenen Kasse anrufen und nachfragen.