"antiautoritäre Erziehung ?" - 2 Alltagsgeschichten

Hallo Ihr,
ich muss euch mal 2 Storys erzählen. Die eine ist von meiner Freundin, die andere habe ich selbst erlebt.

Also:

Letztens fuhr meine Freundin (Erzieherin von Beruf) mit der Straßenbahn zur Arbeit. Auf der anderen 4er-Sitzgruppe gegenüber saßen eine Mutter und ihr ca. 4 jähriger Sohn, sowie dem Jungen gegenüber eine ältere Dame. Dem Jungen wurde bei der Fahrt wohl langweilig, denn er fing an mit den Beinen zu schwingen und dabei kontinuirlich gegen die Beine der älteren Dame zu stoßen. Dabei sah er sie auch noch an und grinste.
Die ältere Frau, wartete eine Weile ab, räusperte sich dann aber und bat den Jungen höflich, er solle doch mal aufhören gegen ihre Beine zu treten, das würde ihr weh tun. Der Junge guckte sie jedoch nur weiter grinsend an und pochte provozierend weiter gegen ihre Beine. Mittlerweile schaute schon die ganze S-Bahn zu. Schließlich wendete sich die ältere Dame an die Mutter: "Können sie ihrem Jungen nicht mal bitte sagen, er soll das sein lassen, das tut wirklich weh und meine Sachen werden schmutzig." Daraufhin rümpft die Mutter ihre Nase in die Höh und antwortet: "Mein Sohn wird antiautoritär erzogen. Er kann selber entscheiden was er tun und lassen möchte." Empörtes Getuschel bricht in der S-Bahn aus. Der Junge macht von seiner Mutter bestätigt fleißig weiter. Vom hinteren Wagon kommt plötzlich ein großgewachsener junger Mann mit langen Haaren und langem schwarzen Mantel im Gothic/ Rock-Style aus der Menge, holt lässig seinen Kaugummi aus dem Mund, geht zur Mutter und klebt ihr das Ding vor den Augen aller mitten an die Stirn und sagt: "Ich bin auch antiautoritär erzogen." Die Mutter will sich gerade wütend aufplustern, da dreht sich der Gothic einfach um und verlässt die gerade haltende S-Bahn. In der S-Bahn bricht nach einer Schrecksekunde tosender Beifall aus.
Und das Ende vom Lied?
Die Mutter, die gerade noch zur Diskussion ansetzte, wird plötzlich hochrot, schnappt sich ihren Sproß und verlässt fluchtartig und ganz ohne ihren Sohn zu fragen, ob es das auch möchte, die S-Bahn. *grins*


Die 2. Geschichte:
Letztens wurde ich beim Einkaufen auf eine Familie aufmerksam. Da war ein kleines Mädchen, in den allerfeinsten Klamotten, die vorneweg ging und den Wagen schob und vielleicht so 4-5 Jahre alt war und ihre Eltern, die hinter ihr hertrapten wie das Hofgefolge. Das Mädchen also Vorneweg, beschloß, nachdem es mit dem Wagen in Schlangenlinien durch das Geschäft gefahren war und mehrere Leute zum Ausweichen gezwungen hatte, am Gemüsestand anzuhalten. Sofort schoß die Mutter zu ihr: Chantal, möchtest Du einen leckeren Salat zum Abendbrot. Das Kind, das offensichtlich gerade gefallen an einer Gurke gefunden hat, nickt und lässt sich die Gurke vom Vater in den Korb legen. Das Spiel wiederholt sich beim Salatkopf, jedoch möchte Chantal weder den Salat noch die Paprika oder Tomaten kaufen. Die Sachen bleiben also liegen. Der angekündige Salat zum Abendbrot entscheidet Chatal, besteht eben aus einer Salatgurke. Die Eltern nehmen dies wie selbstverständlich hin. Das Kind fährt weiter, bei jeder Sache die das Kind möchte, halten die Eltern an und packen es in den Korb, alles was Chantal nicht für notwendig hält, wird auch nicht gekauft. Auch findet Chantal das man nicht den normalen Weg durch den Supermarkt nehmen muss, sondern fährt mit ihren Eltern mal zur hintersten mal zur vordersten Reihe und wieder zurück. Die Eltern traben hinter ihr her. Nachdem Chantal sämtliche Süßigkeiten im Einkaufskorb verstaut hat, kommen sie zum Wurstregal, während Chantal gerade den Familieneinkauf managed, schaut die Mutter in eine Tasche und fragt ihren Mann. "Hast du dein Portemoney eigentlich mit?" Der Mann denkt nach und antwortet: "Das muss wohl noch im Auto liegen, ich geh und hol es." Er durchsucht seine Taschen, dann geht ihm etwas auf und er fragt seine Tochter: "Chantal wo hast du meinen Autoschlüssel. Die Kleine die gerade eine Packung Bärchenwurst begutachtet, antwortet mit hoher Stimme: "Im Auto ??" An dieser Stelle, musste ich dann loslachen. Der Vater geriet ins Schwitzen, durchsuchte nochmal seine Taschen, stellte abermals fest das der Schlüssel nicht dort war und rannte verschitzt aus dem Laden. Ob er den Schlüssel und sein Auto dort noch gefunden hat, weiß ich nicht. Was mir jedoch aufgefallen ist, ist das die Kleine keineswegs so glücklich darüber war, dass sie alles einkaufen konnte was sie wollte. Im Gegenteil, sie schien eher so, als sei dies eine lästige Aufgabe. Eigentlich erschien sie mir sogar unglücklich. Mir ging dort durch den Kopf, dass es wohl doch nicht so schön für ein Kind ist, wenn es alles machen darf und dabei die Rolle eines Erwachsenen übernehmen muss, der dauernd Entscheidungen zu fällen hat. Sie tat mir Leid. Warum bloß bekamen die Eltern nicht mit, dass ihr Kind nicht nur überhaupt nicht so aussah wie ein Kind, sonder eher wie ein Laufstegmodel, sondern sich auch gar nicht mehr so verhalten konnte?


Ich denke übrigens, dass ein guter Mittelweg zwischen antiautoritärer Erziehung autoritärer gewählt werden sollte. Klar soll das Kind nicht geschlagen werden und vor Erfurcht den strengen Vater anschmachten, aber klare Regeln, Konsequenz und Werte sollte es trotzdem in einer liebevollen Eriehung kennen lernen. Im übrigen würde ich auch eher behaupten, dass diese Kinder nicht antiautoritär sondern gar nicht erzogen wurden.

Was sagt ihr zu den Alltagsgeschichten und wie seht ihr das mit der Erziehung?

Lg Mysty

1

Hallo,

von dieser: mein kind kann selber entscheiden was es tun und lassen will Erziehung halte ich gar nichts. Ein Kind ist in dem Alter mit einigen Dingen schlichtweg überfordert. Verbote müssen ganz deutlich ausgesprochen und erklärt werden.

Die erste Geschichte find ich einfach nur geil.Hab mich hier wirklch fast vom Stuhl gelacht.

LG denise

2

Deine erste Geschichte ist eine urbane Legende, die in ähnlicher Form, mit leichten Abwandlungen schon seit Jahren immer wieder erzählt wird.
Ob sie irgendjemand mal tatsächlich selbst so erlebt hat bezweifle ich.

Bei der zweiten habe ich irgendwann aufgehört zu lesen.


Wie auch immer, mit antiautoritärer Erziehung haben beide Geschichten nichts zu tun. Diese Art der Erziehung, so wie sie eigentlich gedacht war, ist für Eltern und Kinder gleichermaßen sehr sehr anstrengend, weil Grenzen (die es durchaus gibt) gemeinsam erarbeitet werden.

Was Du da beschreibst ist einfaches laissez-faire. Aus Faulheit und Angst dass das Kind einen vielleicht zu wenig liebt, darf es alles machen was es will. Das ist natürlich Blödsinn und weder Eltern noch Kind dienlich.

6

Danke!!!

Ich hab doch gewußt, da ich die erste Geschichte irgendwie kenne. Nun, scheinbar erleben viele "Freundinnen" sowas. Auch wenn sie natürlich immer wieder lustig ist.

Schönes WE, Katrin!!!

10

also da muss ich mich mal einmischen, so eine geschichte habe ich schon bei mir selbst erlebt und ich konnte es nicht glauben, dass es sowas gibt. ein junge hat mir gegen die schienbeine gebaumelt und der vater hat in aller ruhe zu gesehen.
ist echt ein alte geschichte, die immer wieder vorkommt!!

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3

Hi,
ja ich denke auch, das ein gesunder Mittelweg das richtige ist.
Und die erste Geschichte werd ich wohl in nächster Zeit noch einigen Leuten erzählen, damit die sich auch so weglachen können wie mein Mann und ich grade.
Einfach herrlich!!!
Vielen Dank für diese tolle Story!!!

Kathi

4

Hallo du,

Bitte nicht verwechseln:

Laissez-faire und antiautoritär:

http://de.wikipedia.org/wiki/Antiautorit%C3%A4re_Erziehung

http://de.wikipedia.org/wiki/Laissez-faire

Das erste Beispiel, wie schon erwähnt ist eine urban legend und das ist laissez-faire.

Und das zweite Beispiel ist für mich (k)eine Erziehung, wie sie häufiger zu sehen ist. Hat aber auch nichts mit antiautoritär zu tun.

Dennoch gelacht habe ich beim lesen...
LG friendly

5

Das hab ich immer besonders gern. Nicht mal die Begriffe sortieren können, aber eine Diskussion eröffnen wollen. Die von dir geschilderten Erziehungsstile haben nichts mit antiautoritär zu tun, es handelt sich um laissez faire.

Vorab zwei Definitionen:

laissez faire
_________

"In der Pädagogik bzw. Erziehung die Bezeichnung für einen Erziehungsstil, bei dem man das Kind sich selbst überlässt, es "machen lässt". Erziehung wird hier als eine nicht legitime Maßnahme gegenüber Kindern aufgefasst und dementsprechend unterbleiben zielgerichtete Erziehungsmaßnahmen"

Antiautoritär
__________

"Antiautoritäre Erziehung ist eine möglichst zwangfreie Form der Erziehung von Kindern. Die Bewegung ist in den 1960er Jahren während der Studentenbewegung entstanden und wird in Kinderläden und freien Schulen gelebt. Sie steht im Gegensatz zur "traditionellen und staatlichen repressiven Erziehung", unterscheidet sich aber auch grundsätzlich von Laissez-faire. "Antiautoritär" beschreibt einen speziellen Weg (und entsprechende Methoden, Haltungen, Settings). Kinder sollen sich zu selbstbewussten kreativen gemeinschafts- und konfliktfähigen Persönlichkeiten entwickeln. Sowohl das Ziel als auch der Weg haben die heutige Erziehung nachhaltig geprägt. Antiautoritäre Erziehung richtet sich nicht gegen Autorität, sondern nur gegen die unnötige Unterdrückung der Selbstentfaltung des Kindes, also gegen autoritäre Personen und Systeme."

Quelle ist wikipedia.

Meine Kinder werden überwiegend antiautoritär erzogen. Natürlich hab ich auch mal einen schlechten Tag an dem ich mein System auch Bequemlichkeit zusammenbrechen lasse und dem Mainstremerziehungsstil folge ("du machst das weil ich das sage bla bla blubb"). Es entspricht aber generell nicht meinem Ideal Kinder als unmündige Haustiere zu behandeln.

8

"Das hab ich immer besonders gern. Nicht mal die Begriffe sortieren können, aber eine Diskussion eröffnen wollen."


Na, na, na... aber einfach aus Wiki kopieren ist besser? ;-)
Wenn du so gut informiert bist, dann fehlt mir der Hinweis auf A.S.Neills Idee der selbstregulativen Erziehung, in meinen Augen der Vorläufer der antiautoritären Bewegung.

Grüßle,
jelly

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Das würde den Rahmen hier sprengen :-p

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Die erste Geschichte habe ich so oder so ähnlich schon öfter gehört ...

Zur zweiten Geschichte: Da musst du dich aber ganz schön penetrant an diese Familie gehängt haben, um all das mitzukriegen. Auf mich wirkt das alles sehr konstruiert und ausgeschmückt, nicht sehr glaubwürdig.


Deinem Fazit kann ich dennoch zustimmen.

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Hallo!
Von antiautoritärer Erziehung halte ich gar nichts.
Jedes Kind braucht gewisse Regeln und Rahmen, sonst wird es unsicher und kann sich nicht wohlfühlen oder entwickeln bzw. ist überfordert und das heißt unglücklich.
LG
Sandra

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>>>Von antiautoritärer Erziehung halte ich gar nichts.<<<

Du scheinst nicht nicht zu wissen, was das ist, aber bist dagegen?

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Hallo erstmal!
Wie, bitte, kommst Du darauf, daß ich nicht weiß, was antiautoritäre Erziehung ist???? Und warum "prangerst" Du meine Antwort an? Weil ich einfach nur kurz und knapp geantwortet habe?
Grüße
Sandra

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Diese Geschichten finden sich schon ewig im Netz. Schwach, das auch noch als die eigenen auszugeben.

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Ächz, jajajaaaaa. Chantal wollte nur ne gurke und bekam auch nur ne gurke. Das arme kind. Es kann einem leid tun.

Ich finde es schrecklich, wenn leute nach äußerem urteilen (*huuuh, wie das kind schon angezogen war, das aaaarme kiiiiind*) und dann noch wenig aussagekräftige geschichtchen wie diese auftischen.
Ein bisschen heruminterpretiert, schließlich gewinnt man ja direkt mit der geburt eines kindes genügend mütterlichen instinkt, um die ganze welt von jeglichen kindheitstraumata befreien zu können (*und wie traurig das armöööö reichöööö mädchen guckte*) - und schon ist die simple kleine welt in ordnung...

Nervig finde ich das eigentlich nur.

Grüße
Alex