Erfahrung mit Erschöpfungsdepression/Burnout?

Hallo ihr Lieben,

an alle, die mit einer Erschöpfungsdepression/Burnout zutun haben/hatten, wie hat sich das bei euch gezeigt? Welche Symptome hattet ihr? Und am wichtigsten, was hat euch geholfen wieder gesund zu werden?

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Ich stehe noch ganz am Anfang des Weges. Bei mir gibt es gerade erst eine Diagnosevermutung, aber ich habe noch nicht die Kraft Hilfe wirklich anzunehmen.

Ich habe vor einigen Jahren gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Ich konnte nach Stressphasen nicht mehr richtig runterkommen und war permanent in einem Anspannungsmodus. Abends konnte/kann ich nicht einschlafen, da ich ständig über die Arbeit nachdenke. Obwohl ich meinen Job gerne mache (gemacht habe) und eigentlich auch gut darin bin, habe ich immer Angst Fehler zu machen oder etwas zu vergessen. Im Büro bin ich mittlerweile total unkonzentriert. Fange 1000 Dinge an und mache nichts fertig. Ich bin reizbar und muss ständig weinen, weil ich mich so überfordert fühle.
Anfangs waren das nur Phasen von 3-4 Tagen. Dann war es wieder 2-3 Wochen gut. Die guten Phasen sind mit den Monaten immer kürzer geworden, die schlimmen dafür länger. Mittlerweile treibt mich mein Pflichtbewusstsein zwar nach wie vor jeden Tag ins Büro, aber am effektives Arbeiten ist nicht zu denken. Erstaunlicherweise fällt mein Zustand im Büro bisher aber nicht wirklich auf.
Es ist verrückt, dass ich irgendwie trotzdem einfach immer weiter laufe, obwohl alles in mir Stopp schreit. Aber anhalten geht gerade irgendwie auch nicht. Ehrlich gesagt warte ich Moment auf den großen Knall, der mich dazu zwingt innezuhalten, damit ich endlich die Kraft finde mich der Problematik zu stellen.

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Ich an deiner Stelle würde mir diesen Text nochmals durchlesen und mir dabei vorstellen, dass es um eine Freundin geht. Was würde ich ihr hierzu empfehlen?

Alles Gute für dich 🙂

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Ich kann deine Situation gut nachfühlen. Was du beschreibst, habe ich auch erlebt. Ich hatte 2016 ein sehr belastendes Erlebnis, das meinen Stresspegel für Monate auf einem Maximum gehalten hat. Danach bin ich einfach nicht mehr zur Ruhe gekommen. Besonders im Büro habe ich immer 150% gegeben, aber auch im Privatleben habe ich es nicht geschafft Grenzen zu setzen. Die guten Phasen sind mit der Zeit immer kürzer geworden.

Ende 2019 habe ich gemerkt, dass ich auf einen Crash zusteuer. Ich habe ständig geheult, obwohl es dafür keinen objektiven Grund gab. Ich konnte nicht einschlafen und habe jede Nacht von der Arbeit geträumt. Morgens bin ich wie in Trance ins Büro gefahren. Hier habe ich funktioniert. Hatte ein offenes Ohr für die Probleme der Kollegen, ständig Überstunden, den Jahresurlaub nur zur Hälfte genommen. Dabei immer ein Lächeln im Gesicht. Ich hatte die ganze Zeit panische Angst einen Fehler zu machen oder das Kollegen "herausfinden", dass ich eigentlich gar nicht gut bin und meinem Job nicht im Griff habe. Im Privaten lief es ähnlich. Obwohl ich abends komplett fertig war, habe ich zusätzlich sehr viel Zeit in mein Ehrenamt und eine zusätzliche Ausbildung hierfür gesteckt. Freie Wochenenden gab es über Monate nicht mehr.

Ich habe mich wie im freien Fall gefühlt und auf den Aufschlag gewartet. Trotz Dauerkopfschmerzen, Magenschleimhautentzündung und Heulkrämpfen bin ich jeden Tag ins Büro, jedes Wochenende zur Ausbildung, habe eingekauft, den Haushalt gemacht und für eine Freundin die Hochzeit organisiert. Nebenbei habe ich mit meinem Mann sogar das erste Kind geplant, was natürlich (und rückblickend zum Glück) nicht geklappt hat. Weder mein Mann noch meine engen Freunde haben gesehen, wie schlecht es mir geht und ich habe nichts gesagt, da ich Angst hatte, dass jemand dafür sorgt, dass ich "aufgebe". Es ist paradox, aber einerseits habe ich die ganze Zeit darauf gehofft, dass mich jemand "stoppt" und sieht wie es mir wirklich geht und andererseits habe ich alles getan, damit genau das nicht passiert, weil ich so große Angst davor hatte, was passiert, wenn ich aufhöre durchzuhalten. Ich war in der Zeit eine absolut perfekte Schauspielerin.

Ende 2020 kam der Knall, auf den ich irgendwie gewartet hatte. Hörsturz, Lähmungserscheinungen, Magenblutungen. Es war so heftig, dass ich nicht mehr anders konnte als zum Arzt zu gehen. Von hier erstmal in die Klinik.

Das ist fast ein Jahr her. Ich fange gerade wieder langsam an in den Job einzusteigen. Ich habe 8 Wochen Kur gemacht, eine begleitende Psychotherapie, mache regelmäßig Sport, nehme mir bewusst Pausen und lerne Grenzen zu setzen. Dazu versuche ich mit Hilfe meiner Gynäkologin und einer Heilpraktikerin meinen vollkommenen entgleisten Hormonhaushalt wieder in Ordnung zu bringen um das Thema Kind irgendwann doch wieder angehen zu können. Es ist aber noch ein weiter Weg zurück zu einem "normalen" Alltag.

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Ich hatte überlastungssyndrom, was etwa wie Burnout ist. Das äußerte sich in dem ich richtigen Schwindel hatte, Wochen lang, dadurch war es mir übel und ich wäre ein Mal fast ohnmächtig. An einem Tag hatte ich das Gefühl, als würde ich Schlaganfall bekommen (hatte taube Seite im Gesicht und sehr, sehr, sehr schweren Kopf, benommen und nicht mehr klar im Kopf). Ich weiß nciht ob das wirklich Überlastungssyndrom war oder doch etwas anderes, ehrlich gesagt bin ich mir da nicht so sicher, obwohl die Diagnose auf dem Zettel stand. Irgendwie habe ich Schwierigkeiten Hausärzten in solchen Sachen zu vertrauen. Jedenfalls wurde es besser, weil ich einfach zu Hause war und nicht mehr arbeiten war. Allerdings habe ich manchmal diesen Schwindel immer noch, aber nur ganz kurz, der mehrere Sekunden anhält, wenn ein Missverständnis zwischen mir und der Kollegin entsteht. Ich bin mir fast sicher, dass es an der neuen Arbeit liegt, denn ich fühle mich da nicht so wohl wie ich es mir gewünscht hätte und solche Typ Frauen kenne ich nicht, mit der ich arbeite und komme damit einfach nicht klar. Das hört sich so blöd an, aber es geht mir tatsächlich so und ich denke mit der vergangenen Krankmeldung zu Hause ist die Sache bei mir noch nicht gegessen. Ich müsste eigentlich noch mal zum Arzt und das mit der Arbeit ansprechen. So einen Schwindel hatte ich noch nie im Leben. Habe leider aber keine andere Wahl woanders zu arbeiten aus mehreren Gründen.

Warum fragst du? Besteht bei dir Verdacht auf Burnout oder ähnliches?

Ich wünsche dir alles Gute.

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Hallo,

ich hatte ca. 2010 (mit Mitte 30) ein Burnout inkl. postnatale Depression. Meine Tochter war zu dem Zeitpunkt schon 5 Jahre alt. Die Geburt war ein Notkaiserschnitt aufgrund einer Schwangerschaftsvergiftung bei dem wir beide fast gestorben sind.
Ich war schon in der Schwangerschaft alleine, lebte 800 km entfernt von allen Verwandten und bin nach 9 Monaten stundenweise wieder arbeiten gegangen. Als meine Tochter in den Kindergarten kam, habe ich auf 20-25 Stunden aufgestockt.
Vor der Geburt habe ich viel und gerne gearbeitet, hatte große Projekte, bin durch ganz Europa geflogen. Nach der Geburt war das alles nicht mehr möglich. Ich bekam zugeteilt, was die anderen Kollegen nicht so gerne mochten und die Arbeit hat mir keinen Spaß mehr gemacht.
In Summe habe ich irgendwann nur noch funktioniert:
aufstehen, Kind in den Kindergarten, arbeiten, Kind abholen, Spielplatz... täglich
Mein soziales Leben außerhalb diesem Trott hat nicht mehr existiert, auch Hilfe konnte ich nicht annehmen.
Auch bei mir ist es den Kollegen nicht aufgefallen, dass meine Produktivität quasi 0 war. An den großen Knall kann ich mich gar nicht mehr erinnern.
Ich hatte jedoch Glück und habe von der Firma die Therapeutin bezahlt bekommen (über die Krankenkasse hätte ich sehr lange warten müssen) und war ca. 4 bis 5 Monate krank geschrieben. Ich habe mich gegen Medikamente entschieden.

Als Ergebnis der ganzen Therapie bin ich wieder zurück nach Deutschland gezogen und habe hier familiäre Rückendeckung. Beruflich habe ich mich umorientiert und bin sehr glücklich damit.

Das Ganze ist jetzt über 10 Jahre her, meine Tochter ist jetzt schon 16. Sie hat keine Erinnerung daran, dass es eine Zeit gab, in der ich nur funktioniert habe, sondern erinnert sich an eine schöne Kindheit in Österreich. Es ist alles gut geworden und ich habe sehr viel aus dieser Zeit für mich mitgenommen.
Ich habe mich selber wiedergefunden, bin stärker uns selbstbewusster als früher und kenne meine Bedürfnisse sehr genau.

In Summe hab ich also sehr viel an mir gearbeitet und habe Sachen verändert, die mir nicht gut getan haben. Es war kein leichter und kein schneller Weg, aber ein sehr lohnender :-)

Ich wünsche Dir alles Gute! Höre auf deinen Körper und deinen Bauch, es braucht Zeit - aber es gibt einen Weg da raus.