Spätabtreibung

Hallo Urbianer,
meine Schwester hat vor einigen Wochen einen Abbruch gehabt, in der 21. Woche.
Der Fetus litt unter sog. Trisomie 18 und hatte diverse Fehlbildungen.

Ich hab sie begleitet, da ihr Mann dazu nicht in der Lage war.
Wer entscheidet das eigentlich ob und wann das legal durchgeführt werden darf?
Eigentlich ist doch Abtreibung nur bis zur 14. Woche erlaubt.

Ich bin gar nicht gegen Abtreibung, hatte vor 20 Jahren selber eine, aber in der 10. Woche und auch ohne medizinische Indikation.
Ich sprach auf der Station mit dem behandelden Arzt und der meinte, daß sie Spätabbrüche regelmäßig hätten, mehrmals im Monat.
War wohl auch eine große Klinik.
Ist das schon immer legal gewesen oder eine Gesetzeslücke?

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"Ich sprach auf der Station mit dem behandelden Arzt und der meinte, daß sie Spätabbrüche regelmäßig hätten, mehrmals im Monat."

Zu dem Rechtlichen hast du ja schon Antworten bekommen.

Vorweg, es obliegt jeder Frau, jedem Paar das zu entscheiden. Aber ich nehme deinen Post dennoch zum Anlass, ewas dazu zu sagen, einfach als Gedankenanstoß.

Ich finde es erschreckend, dass bei "Gendefekten" von Ärzten fast selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass man nicht auf eine natürliche Fehlgeburt oder den natürlichen Tod wartet, sondern, dass die "Geburt" künstlich eingeleitet wird.

Unserer Tochter hatte auch einen Gendefekt und aufgrund des Ultraschallbefundes war es sehr wahrscheinlich, dass sie es nicht schaffen würde.

Wir haben uns aber dafür entschieden, auf die natürliche Fehlgeburt (die im 6.Monat eintrat) zu warten und unser Kidn entscheiden zu lassen. Es waren sehr belastende Monate, auf den sicheren Tod des Kindes zu warten.

Aber es war ein Weg, den wir immer wieder gehen würden. Und die Ärzte waren alle überrascht, dass wir nicht vorher eingreifen wollten.

Ich respektiere jede Entscheidung und kann es auch verstehen, dass Eltern dieses Warten auf den Tod nicht aushalten wollen oder können, aber diese Möglichkeit sollten Ärzte viel deutlicher ansprechen.

VG und alles Gute für deine Schwester

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So war es auch bei meiner Schwester.

Es ist ihr angeboten worden.

Ihr Gynaekologe hat es ihr erklärt und im Krankenhaus auch.
Ihre Hebamme hatte ihr auch angeboten sie zu begleiten.
Sie wollte das nicht, konnte sich diesen Weg für such nicht vorstellen.

Nachdem sie die Diagnose hatte, wollte sie den Abbruch.
Und das hat sie auch sehr klar kommuniziert.

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Uns ist das eben nicht angeboten worden. Und das ist kein Einzelfall. Das fand ich sehr erschreckend und finde es immer noch.

Wenn deine Schwester sich diesen belastenden Weg nicht vorstellen konnte, ist das ja für sie die richtige Entscheidung gewesen. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Wahlmöglichkeit nicht so eindeutig "beworben" wurde.

Wenn das bei deiner Schwester aber anders war, finde ich das sehr positiv.

VG

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Man darf legal in Deutschland abtreiben wenn der Mutter eine Fortführung nicht zuzumuten ist, entweder aus körperlichen oder auch psychischen Gründen. Ob das Kind behindert und oder Lebensfähig ist spielt keine Rolle.

Ob eine Indikation gegeben ist entscheidet im Endeffekt der Arzt, denn der muss die Abtreibung ja durchführen.
Formal kann man abtreiben bis die Wehen einsetzen.

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Abtreibungen generell sind nicht legal. Sind sind lediglich unter bestimmten Bedingungen straflos, wenn der Tatbestand nicht erfüllt ist.

Bei deiner Schwester kommt ihr dies zugute: §218a Abs. 2

Fristen und Indikationen werden üblicherweise zwischen den Politikern diskutiert, das Bundesverfassungsgericht hat aber auch ein Wörtchen mitzureden, wenn eine neue Gesetzesvorlage nicht der Verfassung entspricht.

Wünsche viel Kraft deiner Schwester und ihrem Mann.

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Ich habe neulich eine Doku auf Arte gesehen, da wurde von einem ähnlichen Fall berichtet. Ich glaube das sie auch erwähnt haben das diese Fälle von einer unabhängigen Medizinischen Kommission geprüft werden bevor es zum Abbruch kommt.
Leider ist das schon ein paar Wochen her sonst hättest du bei interresse mal in die Mediathek von Arte schauen können, dort sind die Sendungen immer eine gewisse Zeit verfügbar nach Ausstrahlung.

Die Doku drehte sich um die Vor und Nachteile der heutigen Praenataldiagnostik und ihre Auswirkungen. Sehr traurig aber Sehenswert.
Alles gute für deine Schwester ich wünsche keinem in diese Situation zu kommen.

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Hallo,

die Regelung bzgl. der gesetzlichen Regelungen zur Spätabtreibung ergeben sich aus §218a StGB. Dementsprechend ist die Abtreibung und auch die Spätabtreibung seit dem Jahr 1972 entsprechend der Voraussetzungen der einzelnen Paragrafen legal und straffrei.

Abgestellt wird bei der Spätabtreibung auf den Absatz 2 des § 218a StGB. Demnach ist ein Abbruch bei einer Vorhandensein einer medizinisch-sozialen Indikation zeitlich unbegrenzt möglich, d.h. theoretisch wäre auch ein Spätabbruch in der 37ssw erlaubt und straffrei solange dieser medizinisch begründet werden kann.

LG

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Ja so meinte ich das. Konnte das nur nicht so gut ausdrücken wie Du. Danke!

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Theoretisch und praktisch darf man noch in der 40. SSW Abtreiben bis zum beginn der Eröffnungswehen ist es unter bestimmten Umständen gestattet.

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Eine Bekannte hatte in der 20sten SSW abgetrieben- weil ihr Freund sie verlassen hat.

Sie hat sich nen Schein von einem Hausarzt(!) ausstellen lassen, dass die Schwangerschaft eine zu große psychische Belastung ist und dann den Abbruch vorgenommen.

Und ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass es ne Trotzreaktion war.

Nun Ja

Seitdem weiss ich dass das Leben hier weniger zählt, als wir uns gerne einreden. LG Wechselbalg #wolke

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Das ist natürlich krass und ein Extremfall.
Aber man wird nie verhindern können dass Frauen es schaffen ein ungwolltes Kind abzutreiben.
Selbst in Ländern, wo das unter Strafe steht wird es gemacht.
Meine Großmutter musste noch zu einer Art Engelmacherin und meine Mutter in die Niederlande.

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Nimm es mir nicht persönlich übel aber bei so einer Bekannten hätte ich das Kotzen bekommen aber ehrlich. Wenn das Kind nicht gesund ist und das Leben sehr quälend ist für dsa Kind kann ich dafür absolut Verständnis haben! Aber nur weil der Freund sie verließ und das Kind selbst völlig gesund ist nenne ich es MORD aus hirnlosen Gründen. Klar ist es nicht einfach das Kind auszutragen von jemand der einen verlassen hat aber das sind keine gesundheitlichen Gründe. _Und ein Arzt der sowas unterstützt gehört in den Knast!

Ela

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Hi!

Du kannst im Prinzip bis zur Geburt abtreiben, mußt nur den richtigen Arzt und den passenden Grund finden.... Dass das Kind eigentlich lebensfähig ist wird da ignoriert.
Sobald das Kind aber "normal" geboren wurde (egal ob als Frühchen oder reif / KS oder spontan) darf man nichtsmehr unternehmen was ein elendiges Leben erleichtern oder beenden würde. Widersrpüchlicher gehts echt nicht!!!

Ich hoff für Deine Schwester und ihren Mann, das sie damit gut umgehen könne. Leicht wird es bestimmt nicht.

Falls es DICH interessiert http://www.meinkleineskind.de/film.html

Deine Schwester sollte diesen Film aber besser erstmal (oder nie) nicht sehen.

Schön, das Du für Deine Schwester da warst!!!

LG,

Hermiene

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Was mir noch eingefallen ist: Hat(te) Deine Schwester Betreuung durch eine Hebamme? Es gibt extra ausgebildete Hebammen und man hat z.B. auch nach "nur" einer FG Anspruch auf eine Hebamme. Leider wird einem das nur sehr selten gesagt.

Vielleicht wäre das was für sie und ihren Mann, denn der wird vermutlich genauso daran arbeiten wenn er auch nicht bei der Geburt dabei sein wollte.

LG,
Hermiene

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Es fällt mir immer etwas schwer zu glauben, dass man einen Spätabbruch auch ohne medizinische Indikation durchbekommt..

Bei mir gab es eine medizinische Indikation. Vor und nach der FWU gab es Pflichtveranstaltungen bei der Humangenetik. Mehrere Tage Pflichtwartezeit und nochmalige Bekräftigung der Entscheidung.

Bevor der Eingriff vorgenommen wurde, benötigten wir das endgültige Ergebnis der FWU. Wir hatten einen Fish-Test machen lassen, eine Art vorläufiges Ergebnis, was man nach 1-2 Tagen auf dem Tisch hat, während die große Auswertung 1-2 Wochen dauert. Der Fish-Test war NICHT ausreichend.

Für die Einleitung benötigte ich einen ausführlichen Bericht meiner Gynäkolgin, einen ausführlichen Bericht der Humangenetikerin, das ausführliche Ergebnis der FWU sowie den Schein von Pro Familia (die völlig überfordert waren und mir den nicht ohne medizinische Indikation ausgestellt hätten). Ein Krankenhaus zu finden war auch nicht leicht und ohne meine dicke Akte mit allen Nachweisen auf ein krankes Kind, hätten die mich wieder nach Hause geschickt.

Natürlich sagen die deutlich, dass ein krankes Kind kein Grund für einen Abbruch ist, sondern es mit der psychischen Belastung der Mutter begründet wird. Aber keiner der Ärzte hätte diese Begründung angegeben, wenn das Kind gesund gewesen wäre. Das kam ganz deutlich rüber.

Ich muss hier auch mal dagegen halten, dass die Ärzte einen angeblich immer zum Spätabbruch drängen. Dieses Gefühl hatte ich nicht. Im Gegenteil, die Humangenetikerin war bis kurz vor Abreise ins Krankenhaus sogar etwas piesig, weil unsere Entscheidung fest stand und weil wir weitere Info-Angebote ablehnten. Ich fühlte mich also vor dem Eingriff nicht allein gelassen, zu wenig informiert oder gar in eine Richtung gedrängt.

Allein gelassen wird man nur danach.

Schön, dass du deine Schwester unterstützt hast, schlimm genug, dass es ihr Mann nicht konnte. Wäre mein Mann in dieser Zeit nicht bei mir gewesen, hätte das sicher einen Knacks in unsere Beziehung hinterlassen.

Alles Gute für deine Schwester.