Kinder ritzen sich - soll ich reden oder schweigen?

Gerne zu "Jugendliche" oder "Familienleben" verschieben, möchte aber schwarz schreiben und wenn möglich auch so antworten....

Da sich meine Grosse (14) seit mehreren Monaten ritzt und auch schon mit Suizidgedanken gespielt hat, habe ich mich sehr gründlich über das Thema informiert und in den letzten Monaten viele Erfahrungen mit Psychiatern und Psychologen gesammelt. Wir sind noch weit davon entfernt das im Griff zu haben, sie ist aber in Behandlung.

Nun hat mir gestern meine Jüngere (11) erzählt, 2 Mädchen in ihrer Klasse würden das auch tun. Ich kenne die Mädchen und auch die Eltern aber der Kontakt ist jetzt nicht irgendwie eng oder so. Das eine Mädchen passt vom ganzen Verhalten her genau in die "Kategorie" meiner Grossen.

Ich weiss, wie schwer diese Situation ist und ich bin nicht sicher, ob die Eltern wissen, wo sie sich hinwenden können. Ich habe auch einige Verhaltenstipps bekommen von Psychologen, die ich weitergeben könnte und die einen sehr entlasten können in dieser Lage, die man aber nicht unbedingt im Inet finden kann. Ich weiss aber auch, dass man sich in dieser Situation gerne zurück zieht und am liebsten mit niemandem reden möchte, weil man sich als Eltern auch in der Schuldrolle/Versagerrolle sieht (die habe ich bereits hinter mir lassen können). Andererseits hat man auch Angst, wenn das bekannt wird, dass das Kind (oder die ganze Familie) stigmatisiert wird. Wir wohnen in einem 4000Seelen Dorf...

Ich bin unsicher, ob ich die Eltern anrufen soll um Hilfe anzubieten... Eigentlich doof, oder? Aber Hilfe anbieten ist manchmal gar nicht so einfach...

Wie seht Ihr das?

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Wende dich an die Eltern und teile ihnen mit was dir zu Ohren gekommen ist.

Es sei ein Gerücht was dran wäre wüsstest Du (außer Du weißt das es stimmt) und Du wolltest die Eltern nur informieren, weil Du umgekehrt auch wünschen würdest dass dich jemand informiert.

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*Es sei ein Gerücht was dran wäre wüsstest Du (außer Du weißt das es stimmt) und Du wolltest die Eltern nur informieren, weil Du umgekehrt auch wünschen würdest dass dich jemand informiert.*

Genau so sollte das ablaufen!

Weggucken kann jeder.

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Es fehlt noch ein "nicht". ....Was dran wäre wüsstest Du nicht....

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Ich würde hingehen und sagen du würdest gern mit Ihnen reden, und sagen was meine Tochter mir berichtet hat. Ich wöllte soetwas wissen, und Jugendliche können ja ungewünschtes oftmals gut verstecken vor den eigenen Eltern.

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gerade ritzen ist bei manchen jugendlichen zur mode geworden und hat nicht immer was zu bedeuten.
ich habe dies selbst in der familie erlebt, deshalb halte dich raus. vor allem wenn du das nur gehört hast und die eltern nichtmal gut kennst.

wenn dann kann sich dein Kind an die Lehrer wenden und die können es mit den eltern besprechen.

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"Das Kind soll sich an den Lehrer wenden"?

Warum nicht die Eltern? Du willst das Kind vorschicken? So etwas nimmt man selbst in die Hand!

Und weshalb sollen die Eltern das nicht den anderen Eltern mitteilen?

Weil es eine Modeerscheinung ist? Sollen das nicht die Eltern des ritzenden Kinders entscheiden?

Du bagatellisierst das ganze. Wer sich ritzt hat ein Problem. Man ritzt sich doch nicht aus Mode. Und wenn das wirklich stimmt liegt doch auch ein Problem vor. Weil ein "normaler" Mensch das nicht aus Mode machen würde.

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Du glaubst allen Ernstes meine Tochter ritzt sich weil es Mode ist?

Dann kann ich mir ja den teuren Psychologen sparen!!! #klatsch

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Ich selbst hab das auch getan und tus heute noch aber nur noch selten. Aber nicht weils cool ist sondern weil ich mich da mehr spüre. Das passiert nur noch wenn die Probleme wirklich mal über mir zusammen brechen und es mir eigentlich zuviel wird. Wie jemand anderes schrieb manche machen es aus Coolheit und das würde ich abwägen. Vielleicht kommt man zuerst mal zu einem GEspräch an die Mädchen ran. Denn wenn es mehr ist sollten es auf Dauer zwar die eltern wissen vielleicht haben die Mädchen aber auch Probleme und trauen sich nicht das zu sagen. Sonst finde ich den Gedanken zu den eltern zu gehen nicht falsch.
Gruß Ela

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*Denn wenn es mehr ist sollten es auf Dauer zwar die eltern wissen vielleicht haben die Mädchen aber auch Probleme und trauen sich nicht das zu sagen.*

Und genau da sollte man doch ansetzen. Die Eltern müssen davon wissen um sich mit diesem Thema und den Problemen der Kinder auseinander zu setzen, um gemeinsam eine Lösung zu finden.

Auch ich dachte (!!!) damals ich kann nicht mit meiner Mutter sprechen. Habe es aber nichtmal versucht. Muss man wirklich erst als Elternteil irgendwann sein Kind bewusstlos und/ oder blutüberströmt auffinden um zu handeln? Nein! Fakt ist, die Eltern MÜSSEN ihrer Kinder zu liebe bereits JETZT informiert werden.

Sollten die Eltern kein Erfolg haben und nicht an die Kinder "rankommen" kann man immer noch schauen, wie man anderweitig helfen kann. Aber der erste Versuch sollte durch die Eltern geschehen. Davon bin ich fest überzeugt!

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Ich dachte halt wenn es keine ernsthafte Sache wäre und die nur als Spiel das ganze sähen ( weiß ja jetzt keiner) dann würde ich keinen Aufriß machen. Aber besser wäre es eigentlich trotzdem, denn dann begriffen diese Kids auch das man eben mit sowas nicht spielt.
Ela
PS: Meine eltern ( habe seit 9 Jahren nun keinen Kontakt mehr) wissen es bis heute nicht

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Danke für alle Meinungen zum Thema. Ich habe die eine Mutter gestern abend angerufen. Sie war sehr dankbar für den Hinweis. Ihre Tochter hat seit längerem Probleme mit Depressionen und Suizidgedanken und ist in Therapie deswegen. Dass sie sich ritzen könnte war ihr aber nicht bewusst und sie wird mal versuchen ein Auge darauf zu halten.

Wir haben sehr lange gesprochen, auch über die Auswahl des Therapeuten und sie war dann sehr dankbar, dass ich ihr gesagt habe, sie müsse den RICHTIGEN Therapeuten für ihr Kind finden und nicht einfach den erst Besten. Da ich in diesem Bereich über private Kontakte sehr gute Verbindungen habe, konnte ich ihr mit einer Liste von Therapeuten aushelfen. Sie war auch froh mit jemandem über die Machtlosigkeit zu sprechen und darüber, wie vielleicht meine Tochter helfen kann ihre Tochter aus der Isolation zu holen. Dazu muss man sagen, dass sich die beiden schon immer gut verstanden haben und hier nicht zwangsweise ein Kontakt hergestellt würde, der nicht gewünscht ist.

Ich hoffe, ich kann damit anderen Menschen Mut machen Hilfe anzubieten. Mich hat am Anfang ausgebremst, dass ich befürchtete man könnte mein Angebot als Einmischung auffassen. Aber ich denke heute, dass man sich manchmal einmischen muss, sonst bleibt jeder mit seinen Problemen alleine und das muss man nämlich nicht.

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Chapeau!

Ich ziehe den Hut vor Dir und wünsche dir zeitgleich ganz viel Kraft! #liebdrueck

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Das Bauchgefühl ist doch immer wieder das Beste!

In diesem Fall finde ich es super, dass du es der Mutter gesagt hast. Eben weil sie sich für das Wohlergehen ihres Kindes interessiert!!!

Und ich bin froh zu lesen, dass sie das Problem ernst nimmt und ihrem Kind helfen will!
(gibt wie beschrieben leider auch andere Eltern :-( ).

Ich denke, du wirst mit der Zeit ein Gespür dafür entwickeln, WEN aus dem Umkreis du ansprechen kannst.
Ernst nehmen auf jeden Fall! #pro aber auch genau hinschauen, welche Bezugsperson der betroffenen Person man dafür aufmerksam macht.

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Ich hab mich als Kind geritzt. Meine Mutter hat immer gesagt ich mache eben Drama. Heute weiß ich, es war nackte Verzweiflung.

Ich wäre dankbar gewesen wenn es mal irgendjemand getraut hätte hinzusehen und zu fragen warum.

Gruß

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ich als ehemalige, jahrelange selbstverletzerin... selbstschädigende Verhaltensweisen, seit ich denken kann... schneiden mit 12... lapidar... nichts großes.. hier ien krazter dort einer... mit 20 rum dann so heftig, dass ich oft mehrmals die woche im kkh zum nähen war.. meine eltern erfuhren es von mir, weil ich ihnen donnertsags mal sgte, nächste mittwoch fahr ich in ne klinik.

Ich hab es immer geheim gehalten. bis zu dem punkt, wo es mir eh scheiß egal war was andere dachten und ob sie sich sorgen machten, bzw wo ich davon ausging, dass es den anderen eh egal ist, ob ich noch lebe tod bin, verstümmelt oder sonst was (scheiße... wie sehr kann man sich irren)

Sprich mit den Mädels... mach ich auch immer... wenn ich junge ämdels mit offensichtlichen SVV verletzungen sehe, spreche ich sie oft an... meine narben sind inzwischen sichtbar, weil ich sie schon lange nicht mehr verstecke... und ich frage nach.. bei den mädles.. nicht bei den Eltern... denn eltern können wenn sie es wollen, verdammt gut sein im Augen verschließen... Auch als ich 5x am Tag kotzte und Abführmittel aß wie andere leute smarites, haben sie davon nichts mitbekommen... Meine kleine heile welt eben ;)

ach ja.. es ging nie um aufmerksamkeit... vll zweitrangig.. es ging immer nur darum einen Weg zu finden um zu überleben.. auch wenn der im ersten moment gnadenlose zerstörung bedeutete

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Hi Du,

ich bin zwar Schwester einer ( ZUM GLÜCK) ehemaligen Betroffenen und das Thema hat uns knappe 4 Jahre begleitet.

Hilfe anbieten ist immer gut. Bestimmt weißt Du noch, wie hilflos und schuldig man sich, gerade am Anfang, als Angehöriger fühlt. Da tut es gut zu wissen, dass man nicht damit alleine ist.
Rechne trotzdem mit negativen Reaktionen der Eltern ("Mein Kind macht so etwas nicht!" "Das geht Sie nichts an!", etc.). Meine Eltern haben den Fehler gemacht, meine Schwester die erste Zeit nach der Entdeckung nicht für voll zu nehmen (Zitat mein Vater:"Hysterische Gans.") und unter Druck zu setzen. Hilfe von außen haben sie nicht angenommen. Mein Vater hat viel später gesagt, er habe sich wie ein Versager gefühlt, die Schuld bei sich gesucht (sein Verhalten war auch Mitauslöser) und sich selber zerfleischt. Wer lässt sich schon gerne seine "Fehler" zeigen?

Ich wünsche Dir auf dem weiteren Weg mit deiner Tochter viel Mut und Kraft. Ich kenne da ein gutes Forum für Angehörige. Wenn Du magst, kannst Du mich ja per PN anschreiben #liebdrueck

Lieben Gruß,
eurasia

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Hallo,

ich würde zuerst mit den Jugendlichen sprechen bzw. ihnen Hilfe anbieten.

Wenn die Probleme wirklich außerhalb der Familie liegen, könntest du den Eltern vielleicht eine Hilfe sein.

Wenn aber die Eltern die Auslöser des ganzen sind, kann dadurch alles noch viel schlimmer werden. Eine Bekannte wurde von ihren Eltern psychisch misshandelt. Körperlich nicht, aber eben psychisch. Da ihr fast niemand glaubte (was erzählst du denn da? Deine Eltern versorgen dich gut, gehen arbeiten, du bekommst eine gute Bildung etc.) und sie vom Jugendamt keine Hilfe fand - keine körperlich nachweisbaren Schäden, keine Hilfe... fing sie mit ritzen an.
Als die Eltern herausfanden, dass sie sich versucht hat Hilfe zu holen, bekam sie noch mehr Ärger. Ein paar wenige sehr gute Freunde, haben den Suizidversuch verhindert.

Zu den Eltern hat sie keinen Kontakt mehr, aber sie hat heute noch Angst, dass sie das mit dem Ritzen herausfinden könnten. Obwohl sie deswegen - wegen der Eltern - eine Therapie macht.

Ich kenne inzwischen einige, die sich geritzt haben.
Hilfe brauchen sie alle.
Aber bei manchen, kann es noch mehr schaden, wenn die Eltern davon wissen, bei anderen können die Eltern eine große Unterstützung sein.

Aber bevor ich den Eltern meine Hilfe anbiete und dadurch risikiere, dass die betroffene Person noch mehr Probleme dazu bekommt, würde ich versuchen herauszufinden, wer im direkten Umfeld helfen kann und als Begleitperson Hilfe braucht.

Eltern können die lebenswichtige Unterstützung sein, aber auch diejenigen, die alles nur noch schlimmer machen können.

Wie eng ist der Kontakt zu betroffenen?
wenn du Hilfe anbieten möchtest, dann den betroffenen Jugendlichen selbst oder in deren Absprache deren ECHTE Vertrauenspersonen!

Das können sein: Eltern, Lehrer, Großeltern, Tante/Onkel, größere Geschwister...