Fehlende Verwandschaft /Kampf mit sich selbst

Was macht man wenn der Zug der Vergangenheit einen wieder überrollt?
Wenn das Gefühl der Einsamkeit und der inneren Leere in einem wieder wächst?
Wochenlang ging es mir jetzt gut .
Seit drei Tagen ist das Gefühl wieder sehr schlimm .
Ich bin ich so dankbar meine Kinder und meinen Mann und meine Schwiegereltern zu haben .
Doch tief in mir sind immer noch Ängste.
Die größte Angst, ist die einmal ganz alleine zu sein .
Was auf der anderen Seite völliger Quatsch ist ,weil ich meine eigene Familie habe .
Die andere Angst ist immer das ich meinen Kindern das nicht geben kann was sie verdienen .
Und dann kommen wieder Schuldgefühle, weil meine Herkunftsfamilie so dysfunktional ist und ich es einfach nicht geschafft habe ,das man sich halbwegs versteht .
Eigentlich sollte ich froh sein ,den Absprung geschafft zu haben denn meine Kindheit war geprägt von körperlicher und psyschicher Gewalt ,trotzdem ist die Sehnsucht nach einer intakten, liebevollen Herkunftsfamilie sehr groß .
Ich stelle mir heute immer vor ,wie es ist wenn die Schwiegereltern gar nicht mehr sind .
Das Gefühl kann ich nicht ertragen .
Warum ich das schreibe ,keine Ahnung anscheinend wollte ich es einfach mal loswerden .
Danke fürs Lesen 🌻

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Hallo Du #tasse

ich habe mal gesagt bekommen:
"Manchmal scheint das Leben für einen die Karten recht unfait zu mischen. Aber es liegt an einem selbst, was er/sie daraus macht!"

Denn wir haben auch diese Situation.

Beide Familien, die meines Mannes und meine, sind sehr dysfunktional.
Schon als wir Kinder waren, waren die Familien derart verzankt, verstritten, es ging teilweise ums Erbe, es ging um Eifersüchteleien aus denen ihrer Kindheit und teilweise wirklich unnötige Zankereien wie z.B. dass die eine Tante warum-auch-immer sich bei einem Stadtfest keine Bratwurst geholt hat sondern eine Butterbrezel, weil sie eben kein Fleisch ist usw.
Es wird dem anderen nicht der Dreck unterm Fingernagel gegönnt obwohl alle wirklich gut situiert sind. Über alles wird gelästert, wird gezankt - die hat einen dicken Hintern, der hat eine Affäre, die hat das Haus nicht schön eingerichtet, einfach schlimm!
Und unsere Kindheiten waren auch nicht imemr schön, es gab viel psychische Gewalt, Ungerechtigkeiten, Bosheiten, usw.
Kontrolle, Prinzipienreiterei und wir haben zu Beginn immer noch versucht, es allen recht zu machen. Mit dem Ergebnis, dass trotz allem irgendwo irgendwas schon wieder falsch gemacht wurde bzw. nicht den Erwartungen entsprach und prompt entstand ein neuer Schwelbrand.

Sehr, sehr anstrengend.

Und auch mein Mann und ich hatten eine Weile sehr zu kämpfen.

Es wurde schnell und gerne ein Streit aufgebauscht, der eine Teil elterlicherseits kam z.B. nicht zu unserer Hochzeit, einfach aus reiner Prinzipienreiterei, Boshaftigkeit und Bockbeinigkeit, wegen Kleinigkeiten.
Ein Geschwisterteil wurde beim Hausbau finanziell richtig übervorteilt, weil er das "Lieblingskind" ist und beim gemeinsamen Essen wurde uns dann von einem Elternteil richtig boshaft-freundlich und hinterhältig vorgeschwärmt, wie toll doch das Haus wird, wie toll das Bad aussieht, wieviel die teuren Möbel gekostet haben und dass die Küche maßgeschreinert ist und ein Landschaftsarchitekt den Garten anlegt. und das kostet so und so viel.
Und was ist mit Eeeeuuuuch...? Wann macht Ihr denn mal den Garten sooooo schön?? Kauft Ihr Euch auch mal so tooooolle Stühle für den Garten?...

#augen

Kontakt halten im Moment eher wir - die wenigen Anrufe seitens der Eltern kann man sich an einer Hand abzählen.

Und ich war früher auch schon traurig - eine Bekannte hat Bilder von ihrem 30. gepostet, die Mutter hat einen tollen Kuchen gebacken als Überraschung, liebevoll dekoriert und die Party mitorganisiert.
Lauter fröhliche, lachende Gesichter in der Verwandschaft.

Eine andere hat geheiratet und es gab auch ein Bild, wo sie sich strahlend und lachend mit ihrer Mutter im Arm liegt. Von sowas können wir nur träumen.

Darüber habe ich auch mal mit einem eng befreundeten Paar, unseren Taufpaten, geredet, ihnen auch mal das Herz ausgeschüttet.
Die haben auch viel Käse in der Verwanschaft auszuhalten.

FAZIT:

Ich kann die Vergangenheit nicht ändern, ich kann auch meine Verwandschaft/Eltern nicht mehr ändern.
Und ich kann keine Zankereien lösen, die schon seit Jahrzehnten bestehen und an denen ich nicht mal schuld bin.
Wenn es ein Haufen Erwachsener nicht schafft, sich in all den Jahren mal zusammenzusetzen und das eine oder andere Problem zu lösen oder mal zu vergessen und nach vorne zu schauen, dann ist es am Schluss nicht mein Job das zu lösen.

Meine Freunde sagten auch wortwörtlich:
"Dann hat Deine Mutter Dich an Deiner Hochzeit eben nicht fröhlich umarmt, sondern zog zuhause einen beleidigten Fluntsch, weil ihr was nicht gepasst hat.
Dann sei DU die Mutter, die in 20-25 Jahren ihr Kind strahlend umarmt, wenn es heiratet.
Dann hast Du von Deiner Mutter eben keinen hübschen Überraschungskuchen bekommen am 30. Geburtstag - dann sei DU diejenige, die sowas für ihre Kinder und ihren Mann oder eine gute Freundin macht und so ein gutes Verhältnis in alle Richtungen aufbaut. Mit ein bisschen Glück kriegst Du dann von Deinen Kindern einen tollen Kuchen zum 40. oder 50. Geburtstag!

Ich soll als Pionierin in der Familie vorangehen und das leben und lehren, was ich mir unter einer funktionierenden Familie vorstelle. Miteinander, Füreinander, kein unnötiger Neid, kein unnötiges Gelästere, kein unnötiger Zank.
Keiner verlangt, dass ich diese dysfunktionalen Muster weiterführen muss. Es ist an mir, hier den Cut zu machen, und die Weichen in eine andere Richtung zu stellen.

Genau das Gleiche wurde meinem Mann gesagt.
Auch er soll sich nicht darum scheren, ob sein Bruder sich ein schickes Bad von den Eltern bezahlen lässt - dann passiert bei uns sowas eben erst später, wenn man mal Geld gespart hat, aber man hat es aus eigener Kraft geschafft und kann darauf stolz sein.

Es ist manchmal etwas schwierig aber ich muss selber sagen, dass dieses "blöde Gefühl" mehr und mehr nachlässt.
Wir sind stolz auf das, was wir schaffen und gehen weiter nach vorne.
Wir müssen nicht "dankbar" vor den Eltern katzbuckeln wie z.B. mein Schwager und seine Frau und dauernd nach deren Pfeife tanzen.

Du musst das genauso sehen.
Und wenn Deine Schwiegereltern mal nicht mehr sind - bau Dir alles bis dahin auf.
Freunde, Taufpaten, Deine Kinder werden größer, Nachbarn, ...Deine Kinder werden auch mal Freunde haben, manche dieser Freunde werden irgendwann selber halb zum "Inventar".

Schau nach vorne und Du wirst daran wachsen.

LG

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Was für eine tolle Antwort!

Vielen vielen lieben Dank dafür!!!

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Hallo,

sei nicht so hart zu dir selbst!

Ich rate dir wirklich zu einer Therapie, damit du mit einigen Themen abschließen kannst und mit weniger Angst in die Zukunft gehst.

LG 🍀

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Schau Mal, deine Familie wird ja sicher wieder wachsen. Deine Kinder werden Partner haben und die wiederum Familie. Bei einem gesunden Selbstbewusstsein und einer freundlichen,offenen Art kann sich da wieder ganz viel neues entwickeln.
Ich denke wenn man Kinder hat ist die Gefahr nicht groß einsam zu enden, es sei denn man legt sich selbst Steine in den Weg, erwartet zu viel von anderen und stellt sich und seine Bedürfnisse in den Vordergrund.
Ich bin schon gespannt auf die Zeit wo meine Kinder Mal einen Partner finden mit dem sie ihr Leben teilen wollen, es wird Tränen geben aber sicher nicht nur die des Verlustes sondern auch der Freude für meine Kinder.
Loslassen bedeutet eines Tages vielleicht einfach nur im Leben zu gewinnen....eine nette Schwiegermutter zu sein, eine liebevolle Oma die nicht besserwisserisch ins Leben der eigenen Kinder reinredet und immer eine offene Tür zu haben!

Die Familie die hinter einem liegt hat nichts mit der Familie zu tun die sich mit den Jahren entwickelt!

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Mir geht es genauso wie dir. Meine Kindheit war alles andere als rosig, meine Mutter ist eine tyrannin wie aus dem Bilderbuch und das hat sie mich immer spüren lassen, vorallem psychische Misshandlung war bei ihr ganz hoch im Kurs, aber auch körperlich hat sie nicht zurückgeschreckt. Und es ging nur gegen mich, nicht gegen meine Brüder. Ich hab vieles versucht, aber es hat nichts gebracht, egal wie ich das Thema anging, ich war die egoistische Tochter, die lügenmärchen verbreitet. Ich bin in Therapie gegangen und habe mich von ihr komplett losgesagt. Habe den Kontakt abgebrochen, danach hatte ich nur noch meinen großen Bruder. Der verstarb aber vor drei Jahren. Nun habe ich nur noch meinen Vater, aber dadurch, das sie mich während meiner ganzen Kindheit und Jugend von ihm abgeschirmt hat, habe ich kein so enges Verhältnis zu ihm, wenn ansonsten such ein gutes. Aber er wohnt 500 km entfernt und ist nicht so der Kontaktmensch, ohne das er es böswillig meint.

Es macht einen sehr traurig, wenn man so alleine ohne Familie dasteht. Die Familie meines Mannes ist sehr groß. Als wir geheiratet haben, waren die meisten Gäste seine Familie. Bei mir familiär sah es natürlich sehr bitter aus, ich habe das mit Freunden kompensiert. Ich sage für mich auch, meine Freunde kennen mich besser, sie wissen mich mehr zu schätzen und zu lieben, als es meine eigene Mutter tut. Und das tröstet mich etwas. Es sind Menschen, denen ich wirklich etwas bedeute.
Der Wunsch nach einer Mutter bleibt natürlich. Und das wirst du auch niemals los. Aber du kannst lernen, damit umzugehen. Ich lege dir eine Therapie ans Herz, das hilft so sehr, mit dem ganzen umzugehen und es ein Stück weit auch zu akzeptieren, das es nunmal so ist.

Man kann sich seine Familie leider nicht aussuchen. Aber du kannst als Erwachsener entscheiden, ob dir der Umgang gut tut oder ob es wie ein Messer ist, in das du immer wieder reinläufst und dich selbst verletzt. Letztendlich bist du selbst dafür verantwortlich, das es dir gut geht und das du glücklich sein kannst.