Langzeit: Unterschied pflegeleicht und fordernde Babys/Kinder

Hallo zusammen,

Sorry, mir ist kein besserer Titel eingefallen.

Und zwar würde mich interessieren:

Hat jemand von euch mehrer Kinder (am besten schon älter), von denen eines pflegeleicht und eines fordernd/anstrengend war und habt ihr das Gefühl, dass dadurch die Beziehung zu den jeweiligen Kindern anders ist? Unabhängig vom Typ.

Die Frage beschäftigt mich insofern, dass ein forderndes/anstrengendes Baby (zwangsläufig) mehr Aufmerksamkeit bekommt und die Eltern sich somit mehr damit beschäftigen und es dadurch dann auch besser kennen oder? Und wenn man z. B. über ein paar Jahre direkt neben dem Kind schläft oder eben nicht, das muss doch andere Auswirkungen haben oder?

Auf die Frage komme ich, weil mir eine Freundin genau das anvertraut hat. Sie hat zwei Kinder und sie bemerkt eine intensivere Beziehung zu dem anstrengenden (sehr nähebedürftigen) Kind, da sie, ihre Meinung, sich viel mehr darauf einlassen MUSSTE und es in- und auswendig kennt. Das andere Kind konnte sozusagen leicht „abgestellt“ werden und wollte kaum Beschäftigung oder Körperkontakt. Hat früh im eigenen Zimmer geschlafen. Während das andere lang im Elternbett schlief.

Ich kann mir das gut vorstellen, aber eben nicht wirklich, da ich selbst (leider) keine Kinder habe.

Wie sind denn eure Erfahrungen dazu?

Vielen Dank euch allen

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Hallo,

ich weiss nicht, ob du da verschiedene Aspekte von "pflegeleicht" und "anstrengend" vermischt, die eigentlich auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden. Und je nach Alter ist eine andere Ebene dann im Vordergrund. Was ich damit meine an unserem Beispiel:

Unserer erstes Kind war in dem Sinne anspruchsvoll, dass es ständig getragen und gestillt werden wollte und extrem reizempfindlich war, und schlecht schlief. Hat man diese Bedürfnisse berücksichtigt (und das kann man durchaus als anstrengend und isolierend betrachten), war es eigentlich ganz umgänglich. Kitaeingewöhnung sehr schwierig. Kind 2 war auch sehr anhänglich, aber nicht reizempfindlich, dafür hatte es in den ersten drei Monaten ausgeprägte Schreiphasen, gegen die nix half. Seither weint es extrem wenig. Dh wir haben beide Kinder sehr bedürfnisorientiert behandelt, Familienbett ist immer noch, und wir schlafen so alle gut.

Aber unsere Kinder sind beide in ihrem Wesen und Temperament sehr "pflegeleicht" und ausgeglichen. Sie sind eher sanft und umgänglich und sehr harmonisch und können sich sehr gut selbst beschäftigen.

Ich kenne auch kinder, die in dem Sinne "pflegeleicht" sind, dass sie schon früh durchgeschlafen haben im eigenen bett, immer ihren Brei gegessen und gerne im Kinderwagen waren, super mit Fremdbetreuung klarkamen etc. Aber die chronisch unzufrieden sind, sich nicht selbst beschäftigen können und extreme Wutanfälle haben. Das würde mir viel mehr an die Substanz gehen.

Ich denke, es ist ein weites Feld - und die Eigenschaften, die ein Kind als Baby vielleicht "pflegeleicht" machen, können es als Kleinkind u. U. vielleicht "anstrengend" machen. Und umgekehrt.
Ich denke übrigens, dass ein Kind schon sehr vieles an Charakteranlagen mitbringt und es sehr begrenzt die "Schuld" oder der "Verdienst" der Eltern ist, wie es sich in den ersten Jahren verhält.

Liebe Grüße, c

2

Ach ja, zur Beziehung: die ist zu beiden Kindern sehr eng, wir waren immer nahe an ihnen dran. Denke aber nicht, dass man daraus schließen kann, sie im umgekehrten Fall weniger eng wäre - es gibt nun Mal Kinder, die wollen einfach alleine schlafen und nicht so viel Körperkontakt. Daraus zu schließen, die Eltern hätten eine weniger enge Beziehung zum Kind, finde ich falsch. Sehr kritisch hingegen sehe ich fragwürdige Konditionierungsmethoden wie ferbern und generell das verweigern von Nähe bei einem Kind, das sie einfordert.

3

Kommt wohl auf die Mutter an.
Mein großer 8j, war ein schreikind, schlief bis 5 Jahren bei uns im Bett und wurde bis 6 j in den Schlaf begleitet. Ebenso der jüngste, der aber erst 10 Monate alt ist. Meine mittlere 3j, schlief von Anfang an alleine in ihrem Bett ein und mit 1,5 Jahren im Kinderzimmer und war ein einfaches Baby. Ich habe Gefühlstechnisch keinen Unterschied nur das ich meiner mittleren öfters innerlich dankbar dafür bin, das sie abends nie Theater macht und immer artig ins Bett geht, im Gegensatz zur ihren Brüdern 😅

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Hallo, nein, das kann ich überhaupt nicht unterschreiben. Das würde ja bedeuten, dass man zu den Erstgeborenen immer eine bessere Bindung hätte, weil man ihnen ja die ersten Jahre uneingeschränkte Aufmerksamkeit geben kann, während die Nächstgeborenen dies nie so in der Form erleben.

Ich habe 2 Jungs von 10 und 6 und nein, ich kenne beide in- und auswendig :-) und liebe beide für ihre Einzigartigkeit und dass sie so verschieden sind. Ich kann mich in beiden erkennen :-)

Man sollte sich selbst einfach nicht so viel einreden oder ständig irgendwelche Verhaltensweisen interpretieren. Es gibt auch Menschen, die behaupten, dass die Bindung durch das Geburtserlebnis beeinflusst wird (Kaiserschnitt oder natürliche Geburt) .... auch dem kann ich nichts abgewinnen - ich hatte beides und konnte keinen Unterschied feststellen. Vielleicht bin ich einfach auch nur pragmatisch - wie es kommt kommt es, was muss das muss, was ist das ist :-)

VG
B

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Meine 14 jährige war immer ein sehr ruhiges und pflegeleichtes kind....Ist auch heut sehr verlässlich und vernünftig.

Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander. Ich war nie genervt von ihr. Sie war Einzelkind. Bei 2 kleinen Kindern die sehr unterschiedlich sind, kann ich mir vorstellen das es Unterschiede im Verhältnisse zu den Kindern gibt. Wenn ein kind sehr fordern ist, braucht man natürlich viel Aufmerksamkeit und Energie dafür....Ist aber bestimmt schneller gernervt und froh mal "ruhe" zu haben

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Hallo, meine Kinder sind noch zu klein, um Schlüsse zu ziehen. Aber ja, ich habe es von einer Freundin gehört, die 3 Kinder hat, einen extremen jungen und 2 pflegeleichte Mädchen. Der junge war schreikind, hat nicht geschlafen, hat ADHS. Er ist mittlerweile 14 und die Mutter sagt, ja, die Bindung ist eine besondere weil man soooo viel zusammen erlebt und durchgestanden hat.

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Hallo,
ich kann das aus meiner eigenen Erfahrung nicht bestätigen.
Ich habe bisher 3 Kinder; die erste Tochter war gerade im ersten Lebensjahr sehr unkompliziert, hat gerne alleine auf der Krabbeldecke herumgelegen und sich mit sich selbst beschäftigt, ist abends im Handumdrehen ohne Begleitung eingeschlafen...
Der Zweitgeborene war da wesentlich anspruchsvoller, wollte immer herumgetragen werden und ich saß sehr oft länger abends singend und streichelnd an seinem Bettchen, weil er sich sonst in Rage geschrien hätte. Er ist auch heute mit 5 Jahren noch der "anstrengendste" der Kinder.
Nr.3 war dann wieder ein recht pflegeleichtes Mädchen, lebhaft, aber leicht zufriedenzustellen und einfach glücklich, wenn sie mittendrin war.
Nach dieser Logik müsste ich zum Sohn eine engere Bindung haben als zu den zwei Töchtern, weil ich mich am meisten um ihn kümmern musste. Das kann ich aber so nicht feststellen...
Ich denke, man hat evt nicht zu allen Kindern die exakt gleiche Bindung (auch wenn man alle gleich stark liebt), aber das kommt mehr auf den Charakter der Kinder an. Manche Kinder suchen von sich aus mehr Nähe (mein Sohn zB sucht jetzt mit 5 mehr die Reibung als innige Nähe, während die Kleinste immer schon sehr kuschelig war), oder ich als Mutter kann mich in ein Kind aufgrund meines eigenen Charakters besser einfühlen. Aber das muss ja nicht zwingend das Kind sein, das in den ersten Jahren am forderndsten war...
LG

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Da es ein sehr sehr heikles Thema ist schreibe ich lieber anonym.

Ja, ich kann das nachvollziehen. Ich habe 3 Kinder im Alter von 1-6 Jahre. Mein ältester Sohn war schon immer sehr selbstständig, vernünftig und pflegeleicht. Er hat eine sehr innige Beziehung zu seinem Opa und hängt quasi an ihm. Mein mittlerer dagegen ist sehr anstrengend. Laut, oft zornig, möchte ungern wo anders sein. Ich merke oft selbst das ich mit ihm zwar an meine Grenzen komme, aber eben eine innigere Beziehung zu ihm habe als zu meinem großen Sohn. Ich weiß nicht ob es daran liegt das mein großer eben so sehr Opa bezogen ist und meine liebe dadurch nicht einfordert. Ich kann es schlecht erklären. Natürlich liebe ich alle meine drei Kinder sehr, wollte keines davon je missen, aber ja, die Beziehungen sind anders.

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Spannendes Thema!
Der Begriff "Lieblingskinder" ist Tabu, Tatsache ist aber, daß ganz viele Eltern (mich eingeschlossen) zu einem der Kinder eine tiefere Bindung empfinden.
Das ist einfach so. Deswegen hab ich mich mit dieser Thematik intensiv auseinander gesetzt. Dazu gibt es zahlreiche Artikel und Interviews.
Meine Große konnte ich leider nur drei Monate stillen, reiner Horror - immer Milchstau, Schmerzen, Abbumpen. Bereits in der SS hatte ich viel Stress mit ihrem Vater, was diese schöne Zeit und die Vorfreude spürbar trübte. Sie war dementsprechend als Kleinkind und Teenie ziemlich unausgeglichen und ich brauchte Unmengen an Geduld und Energie um den Alltag mit ihr zu meistern. Kuscheln mochte sie komischerweise schon als Kleinkind nicht. Das fehlt mir heute noch. Ausserdem übertrug ich unbewusst den Ärger mit dem Vater auf sie, sie hat auch genau die Charakterzüge von ihm vererbt, die mir viele Nerven kosteten. Zum Glück hab ich es schnell erkannt und abgestellt. Denn für meiner komplizierte Beziehung zu ihrem Vater kann sie nichts. Heute haben wir eine sehr gutes und vertrauensvolles Verhältnis mit ihr. Mit 17 ist sie für mich wie eine kleine Schwester mit der wir über alles reden können und gemeinsam viel lachen.
Mit dem Kleinen kuscheln wir täglich stundenlang, er liebt es und kommt meist von allein, obwohl er schon fast 7 ist. Das liegt sicher daran, daß ich ihn bis 15 Monate gestillt hab und auch die SS (mit einem anderen Mann) war traumhaft: der Papa schlief immer mit der Hand auf meinem Bauch ein, bevor er ihn liebevoll einölte.
Früher belastete mich die Tatsache, daß ich zu meinen Kindern unterschiedlich intensives Verhältnis hab, heute sag ich dazu: es ist nicht besser oder schlechter, sondern anders. Die Große wurde von mir nie benachteiligt oder hinten dran gestellt. Wir lieben uns über alles - das zeigen und sagen wir uns regelmäßig.

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Und ja, meine beiden sich fast gegensätzlich vom Charakter her. Liegt auch sicherlich daran, daß sie verschiedene Väter haben.
Wenn ich mich an Situationen erinnere wo die Große als Kleinkind einen hysterischen Anfall bekam (da reichte es schon wenn die Sausse auf der falschen Seite der Wurst war), bleibt mein Sohn tiefenenspannt sogar wenn wir nach einer Stunde Anfahrt vom geschlossenen Legoladen stehen (wg Umbau), wie es vorgestern der Fall war.
Das prägt natürlich die Beziehung. Manchmal denk ich: das kann doch nicht sein daß mein Sohn so pflegeleicht ist, da muss doch irgendwo der Hacken sein. Naja, warten wir es mal ab bis mit 11-12 Jahren seine Hormone verrückt spielen :-)

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Spannendes Thema!

Den Erzählungen unserer Eltern nach war ich ein relativ einfaches Kind, hab mich immer schon viel alleine beschäftigt. Mein jüngerer Bruder war ein schwieriges Kind und benötigte während seines Aufwachsens sehr viel Aufmerksamkeit. Wir haben auch heute alle ein sehr gutes Verhältnis zueinander, aber mein Bruder war unseren Eltern (besonders unserer Mutter) immer viel näher als ich. Es hat sich halt so eingespielt.

Emotional/partnerschaftlich/... bin ich leider nicht so... zugänglich. Aber was Henne und was Ei ist, kann ich nicht beurteilen.

Das widerspricht der Erstgeborenen-Theorie ;-)