Ich habe Angst, dass mein Sohn Depressionen hat

Hallo,

ich weiß gar nicht, ob ich hier im richtigen Forum bin, weil mein Sohn ist ja schon 18. Aber ich schreibe es einfach mal hier auf:

Mein Sohn lebt seit August letzten Jahres 500 km weit weg von mir in Frankfurt am Main, weil er dort eine Ausbildung begonnen hat. Es ist sein absoluter Traumberuf, den er schon immer erlernen wollte und er war auch sehr glücklich, dass es geklappt hat. Im August ist er - wie gesagt - dahin gezogen in eine kleine Wohnung und er war auch sehr glücklich, endlich auf eigenen Füßen zu stehen (Hintergrund ist auch, dass meine Eltern mit im Haus hier wohnen und sehr kontrollierend sind und er auch deshalb froh war, endlich ausziehen zu können).

Seit August war er schon einige Male zu Besuch da. Über Weihnachten jetzt war er etwas länger da (2 Wochen) und ist jetzt am Sonntag wieder nach Frankfurt gefahren. Noch am Wochenende sagte er zu mir, dass er eigentlich lieber hier bleiben möchte und er irgendwie zu lange hier war und sich wieder zu sehr an hier gewöhnt hätte. Ich habe ihm gesagt, das sei normal und ist ja auch oft so, wenn man irgendwo im Urlaub ist, dass man dann auch nicht so gern wieder heim will.

Heute Nachmittag hat er mir nun eine Nachricht geschickt, dass er immer noch nach Hause (also nach hier) will. Ich war mir erst nicht sicher, ob es vielleicht mit einem Augenzwinkern gemeint war, habe ihn dann aber doch angerufen und wir haben lange geredet. Er meinte dann, dass ihm dort plötzlich alles ganz fremd vorkommt. Ich habe ihm dann versucht Mut zu machen, dass es auch am trüben Wetter mit liegen könnte und er mal versuchen soll, gerade am Wochenende bisschen draußen was zu machen, auch wenn das Wetter nicht unbedingt hergibt. Und dass er sich um Kontakte kümmern soll, was er dann aber auch bejaht hat. Er würde sich jetzt am Wochenende mit einem anderen Azubi treffen und sie wollen da was zusammen unternehmen.
Ich habe ihm dann erzählt, dass ich auch mal so eine Phase hatte, wo ich das Gefühl hatte, in einem Glashaus zu sitzen, alles um mich herum beobachten zu können, aber kein Teil davon zu sein. Vorhin schrieb er mir dann, dass es sich in der Tat genauso anfühlt.

Nun mache ich mir echt Sorgen. Erstens weil ich eben auch schon solche Phasen hatte (zum Glück nie extrem und auch nie lange), aber sein Vater hatte dafür schwere Depressionen (inkl. Selbstmordversuch mit 17 Jahren). Er hat auch heute noch welche.
Ich habe Angst, dass er das irgendwie geerbt hat. Bislang hatte er sowas noch nie, scheint jetzt wirklich das erste Mal zu sein.
Aber ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich bin ja so weit weg und aus der Ferne kann man auch schlecht "Diagnosen" stellen. Ich habe ihm jetzt erst mal geraten, zu einem Arzt zu gehen und ein Blutbild machen zu lassen. Wenn ich solche Stimmungstiefs hatte, lag das oft an irgendwelchen Mangelerscheinungen.

Was meint ihr? Was könnte ich noch tun? Wie kann ich ihm helfen? Das treibt mich gerade total um. :-(

LG Hapso

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Hallo,
Ich finde es auch toll dass du so eine Basis geschaffen hast dass dein Sohn sich dir anvertraut.

Meine Idee wäre jetzt, dass du ihm nicht versuchst irgend eine Lösung vorzuschlagen „mach doch mal am Wochenende dies, such dir doch mal jenes“
Sondern ihn fragst was sich ändern müsste dass er wieder zufriedener ist. An der Antwort kannst du dann ansetzen.
Wenn er zb sagt:
- wenn ich hier einen engen Freund hätte —> versuchen mit ihm eine Lösung zu erarbeiten wie er zu so einem Freund kommt
- die Ausbildung müsste besser laufen —> herausfinden was dort blöd ist (anders als vorgestellt, mobbing)
- die Familie müsste in der Nähe sein —> mit ihm abwägen ob er wirklich glücklicher wäre wenn er wieder bei euch wäre, dafür dann aber eine andere Ausbildung machen müsste

Ich würde auf jeden Fall versuchen dass ER SELBST die Lösung für sich findet damit sie nicht übergestülpt wird. Wenn er dann laut denkt kannst du auch noch eher rausfinden wo der Schuh genau drückt.

Liebe Grüße und alles gute!

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Ich finde es KLASSE, dass dein Sohn sich dir anvertraut.

Ein früherer Schulkamerad tat es nicht und nahm sich das Leben, ohne, dass irgendjemand vorher etwas wusste.
Wir hatten nicht viel miteinander zu tun, aber selbst wir haben Rotz und Wasser geheult und uns Vorwürfe gemacht. Wie es den Eltern ging, muss ich wohl nicht sagen.

Deshalb bin ich bei so etwas sehr vorsichtig und kann dich nur darin bestärken, deinen Sohn weiterhin ernst zu nehmen!

Arzt ist eine gute Anlaufstelle. Meinst du, er nimmt deinen Vorschlag an?


Und ich sage mal so : Mal ein bisschen Heimweh ist okay, da muss man durch.
Aber wenn dein Sohn wirklich eine Depression haben sollte, wäre es keine Schande, wenn er die Ausbildung abbricht oder pausiert oä. Auch wenn es sich für ihn vielleicht erstmal wie ein Versagen vorkommt. Aber er ist noch jung und es gibt so viele Möglichkeiten für ihn.
Er muss nur wissen, dass diese Möglichkeiten bestehen, ohne, dass es ein Weltuntergang ist. Und dass du zu ihm hältst,egal, ob er glücklich ist oder unglücklich oder depressiv, weit weg oder nah dran ist usw.

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Herrje. Du arme. Dein armer Sohn. Diese verfluchten depris.

Ich schließe mich dem mommelchen an.
Und morgen kriegt er ein carepaket mit hochdosiertem Vitamin d und Sachen die er mag...ansonsten positiv bleiben und genau auf Schwingungen achten. Keine selffullfingprophecy betreiben. Alles wird gut...

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Vielleicht ist er mit der Ausbildung nicht zufrieden? Oder jemand macht ihn dort zu schaffen? Ein Mitarbeiter kann auch sehr grausam zu dem Azubi sein.dein Mutterinstinkt sagt dir schon ,dass es etwas nicht stimmt,dann hole ihn ab.Mit 18 ist man doch noch nicht so erwachsen und man hat Angst eigene Fehler oder Fehlentscheidung zu gestehen.
Er braucht dich und wendet sich auch an dich!

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Er hat Heimweh, das ist doch nicht ungewöhnlich und durchaus verständlich.

Ich finde es gut, dass du für ihn da bist und ihm zuhörst, aber jetzt gleich mit Depressionen und Arzt zu kommen ist doch ein bisschen viel, findest du nicht?

In seiner Situation ist Heimweh ja wirklich normal, auch wenn es sich natürlich nicht schön anfühlt. Wenn er es schafft, diese neue Situation zu meistern, wird er viel für sein Leben gelernt haben und selbstbewusst daraus hervorgehen.
Und er ist ja auf dem besten Weg dahin, er trifft sich mit andern und er plant Unternehmungen. Das wird schon werden.

Ich kann mir giut vorstellen, dass das alles für dich auch schlimm ist, man will ja immer, dass es den Kinder gut geht. Ich würde ihn aber nicht zu sehr auf die Krankheitsschiene schubsen, sondern eher schauen, ob du ihn nicht von daheim unterstützen kannst, damit er in seiner neuen Heimat Kontakte knüpfen kann und unter Leute kommt, allerdings ohne, dabei all zu aufdringlich zu werden;-).
Vielleicht gibt es einen Verein, der zu ihm passt, oder ein Ausflusziel, das ihn interessiert.
Ansonsten würde ich mich weitgehend zurücknehmen. Sicher wirst du immer ein offenes Ohr haben, wenn er Kontakt sucht, aber es ist sicher nicht gut ständig zu telefonieren, skypen oder schreiben. Das macht erst recht heimweh und hält davon ab, neue Kontakte zu knüpfen.

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Ich denke auch, dass dein Sohn einfach Heimweh hat. Die erste eigene Wohnung. Sie ist klein und wenn man die Haustüre zu macht, ist man allein. Das ist in der Tat manchmal deprimierend, auch ohne Depressionen zu haben.
Als ich in meine erste eigene Wohnung gezogen bin, fiel es mir immer nach längeren Besuchen sehr schwer, mich in der Wohnung wieder wohl zu fühlen. Der Zauber der eigenen Wohnung ist schnell vorbei und selbst wenn man was mit Freunden unternimmt, ist niemand zuhause, mit dem man darüber reden kann. Mir hat es geholfen, einfach vor die Türe zu gehen oder Freunde zum Kaffee oder Abendessen einzuladen.
Vielleicht wäre es auch hilfreich, wenn er sich nach einer AG umschaut und eventuell dann nochmal umzieht?

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Ich bin bei so was, wie gesagt, sehr vorsichtig. Seit der frühere Klassenkamerad von zu Hause weg zog zum studieren und sich nach nicht mal einem Jahr einfach umgebracht hat.

Lieber vorsichtiger als, Naja.

Bin aber, wie gesagt, vorgeschädigt. War für uns alle damals ein Schock und ich denke heute noch mehrmals wöchentlich an ihn und seine zurück gebliebenen Eltern 😣

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Vielen Dank für Eure Antworten :-)

Das beruhigt mich, dass die Mehrheit von euch denkt, dass es "nur" Heimweh ist. Ich denke jetzt auch, dass es so ist, aber eben noch gepaart mit einer "Winterdepression". Da war er schon immer etwas empfindlich.
Das mit dem Vitamin D habe ich ihm auch schon empfohlen (zumindest hilft das bei mir auch sehr gut).
Nächsten Freitag kommt er zum Glück schon wieder heim übers Wochenende. Da werde ich ihn mir mal "genauer ansehen" ;-)

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Vielleicht könntest du ja mal zu ihm fahren und ein paar Tage bei ihm Übernachten.
So hat er weniger Heimweh, weil eine vertraute Person da ist. Zeitgleich findet dennoch sein “neues Leben“ statt.