Angst, dass unsere Familie wieder unter meiner Psyche leidet

Hallo,
ich weiß nicht, ob ich hier richtig bin, falls nicht, dann bitte verschieben!
Achtung, langer Text!

Wir haben vor 3 Jahren unser absolutes Wunschkind bekommen. Alles war supi, bis zur Geburt. Nichts lief, wie man sich eine Geburt vorstellt, Not-OP, es war traumatisch für mich. Das Baby war zum Glück gesund. Danach war nichts mehr wie vorher. Es ging mir sehr schlecht, ich habe jeden Tag mehrfach geweint, war depressiv. Es ging soweit, dass ich darüber nachdachte unser Wunschkind einer anderen Mama zu geben, wo es ihm besser geht als bei mir. Einfach schrecklich und beschämend wenn ich heute daran denke. Unsere Ehe ging im ersten Lebensjahr unseres Kindes fast in die Brüche. Ich machte meinem Mann schwere Vorwürfe, dass er mich mit dem Kind zuhause alleine lässt, dabei war er einfach nur arbeiten und sorgte für uns. Ich fühlte mich schrecklich einsam und alleingelassen, meine Sozialkontakte waren weg sobald meine Schwangerschaft bekannt war (wir waren die ersten im Freundeskreis mit Kind). Ich ging innerlich kaputt und meine Familie auch. Am Ende des 1. Lebensjahres war mein Mann 2 Monate zuhause. Wir lebten als Familie endlich auf. Ich schaffte es neue Sozialkontakte aufzubauen und suchte mir auch therapeutische Hilfe. Von da an ging es bergauf.
Heute geht es mir und uns als Familie sehr viel besser. Ich liebe mein Kind und würde es um nichts in der Welt missen wollen. Ich liebe meinen Mann, dass er so stark und immer da war. Aber die Zeit hat Narben auf meiner Seele hinterlassen. Ich habe lange, lange gebraucht, mich auf eine 2. Schwangerschaft einzulassen. Meine größte Angst ist es, alleine zu sein. Der Gedanke löst Panik bei mir aus. Daher werde ich keine lange Elternzeit nehmen, mein Mann bleibt zuhause bei unserem neuen Familienmitglied. Aufgrund der aktuellen Situation mit Corona und der Kinderbetreuung fühle ich mich zurückversetzt in die Zeit als ich allein zuhause war mit meinem 1. Baby. Ich merke, dass mich das sehr belastet. Hinzu kommt, dass ich von meinem AG mit hoher Wahrscheinlichkeit ein BV bekommen werde, wenn die Kinderbetreuung durch die Kita wieder steht und ich wieder arbeite (werde wg Corona wohl raus sein). Die Vorstellung, jetzt doch wieder länger zuhause bleiben zu müssen, macht mich jetzt schon nervös. Ich will nicht wieder in ein schwarzes Loch fallen. Ich will mich auf mein Baby freuen und für meine Familie da sein können. Ich habe im Moment einfach nur Angst, dass alles von vorne los geht.
Sorry für den langen Text, das musste einfach mal alles raus. Ich hoffe, ihr verurteilt mich nicht!

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Hi, deine Ängste sind durchaus nachvollziehbar. Eben weil du es schon erlebt hast und Angst vor Wiederholung hast. Weil du versuchst mit Perspektiven gegenzu steuern, aber nicht weißt, wie es wirklich wird.

Hast du noch Kontakt zu der therapeutischen Hilfe?
Wenn ja, kannst du da Termine bekommen? Und wenn es "nur" telefonisch ist.

Hast du eine Hebamme? Kann sie dir emotional beistehen?


Auch wenn es heftig klingt und dir im Moment nicht hilft, vielleicht ein kleiner Lichtblick:
da du es schon hattest, kannst du evtl. dein Umfeld eher vorbereiten. Also therapeutische Hilfe re-aktivieren, weißt, dass es dir DAS gut getan hat und hast die Chance schneller zu handeln (beim ersten Mal ist ja noch viel Unsicherheit dabei),
auch mit der Hebamme und dem FA sprechen. Dass nicht nur auf das Körperliche geachtet wird, sondern auch deine Gefühle mehr Beachtung bekommen und evtl. schneller reagiert werden kann.

Hast du Strategien aus der Therapie, die dir geholfen haben? Die dir während der Schwangerschaft schon gut tun könnten?

Ich wünsche dir viel Kraft
und den Mut mit den Menschen zu sprechen, die dir geholfen haben bzw. auch jetzt mit Gesprächen beistehen können.

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Danke für deine lieben Worte und guten Ideen!
Wir sind vor anderthalb Jahren 300 km weit weggezogen (der Ortswechsel hat auch gut getan). Daher habe ich leider keinen Kontakt mehr zu der damaligen Therapeutin, es wäre aufgrund der Entfernung auch sehr schwierig. Eine Hebamme habe ich. Allerdings hatten wir bisher nur Kontakt über Mailbox und SMS, ich kenne sie aufgrund von Corona noch nicht persönlich. Bin mir auch nicht sicher, was ich von ihr halten soll, sie ist nie erreichbar wenn ich anrufe und ruft auch nicht zurück. Das kenne ich von meiner alten Hebi anders.
Ich habe hier am neuen Wohnort neue Kontakte geknüpft, die jetzt auch unter Corona (es ist wirklich ätzend) leiden. Aber ich habe eine sehr gute Freundin, die ich mal anrufen könnte, Gespräche mit ihr tun mir immer gut. Ich denke, das werde ich machen! :)
Mein Mann weiß natürlich auch Bescheid, er macht sich schon Sorgen um mich, aber ich möchte das auch nicht alles wieder auf ihn wälzen. Er hat genug getan damals und soll mal Ruhe haben.

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"Aber ich habe eine sehr gute Freundin, die ich mal anrufen könnte, Gespräche mit ihr tun mir immer gut. Ich denke, das werde ich machen! :)"

Das ist eine gute Idee :-)

Bei der Therapeutin könntest du evtl. trotzdem mal anrufen in der Praxis.
Fragen, welche Möglichkeiten es gibt.
Ich meine, sie kennt dich ja. ;-)

Vielleicht hat die Praxis z.B. Tipps für Kollegen/Kolleginnen in deiner jetzigen Umgebung
Ein Arzt hat da mal einen anderen Arzt bei einer Fortbildung kennen gelernt, guten Kontakt, weiß, dass der da praktiziert oder ein früherer Kollege ist umgezogen und zufällig in der Nähe... ;-)

Auch Tipps welche Art von Therapie sinnvoll ist, worauf du achten könntest,
welche Möglichkeiten es vor / während / nach der Geburt gibt,
was du bei deiner Krankenkasse beantragen kannst - oder dir eine Liste mit Fachleuten zuschicken lassen kannst.

Wo du erfragen kannst, was es in der Umgebung für Möglichkeiten gibt.

Manche Praxen haben da echt tolle Ideen.
Manche nicht. aber dann habe ich es wenigstens versucht ;-)

Mit der Hebamme ist schade.
Wechseln ist vermutlich schwierig?

Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Kraft und Mut :-)

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Guten Abend,
Ich hatte nach der Geburt meines ersten Kindes eine schwere postpartale Depression. Leider hat die Beziehung zu dem Vater meines Kindes dieser Belastung nicht stand gehalten.

Als ich meinen jetzigen Partner kennen lernte wollte ich keine Kinder mehr. Es hat Jahre gedauert bis ich das Vertrauen in mich und meine Beziehung gefunden habe und wir uns für ein weiteres Kind entschieden haben.

Aber ich hatte die gleichen Ängste wie du. Ich habe mir schon nach der Entscheidung für ein weiteres Kind erneut therapeutische Hilfe gesucht. Bei unserer Uniklinik gab es ein Programm für Schwangere und Mütter ie mit psychischen Problemen zu kämpfen haben, das nannte sich "psychisch gesund für zwei ".
Die haben mir mit regelmäßigen Treffen während und nach der Schwangerschaft zur Seite gestanden.

Ich habe tatsächlich auch beim zweiten Kind eine PPD entwickelt, aber bei weitem nicht so stark und mit Hilfe sind wir da super schnell und super gut durch gekommen.

Mein zweites Kind ist nun 3 Jahre alt und mein Patner und ich mittlerweile verlobt.
Also unsere Familie ist heil geblieben.

Such dir einen Therapeuten der dir bei steht und ich bin der Meinung, wenn ihr es einmal geschafft habt, schafft ihr es ein weiteres mal.

LG

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Danke, es tut gut zu hören, dass man nicht die Einzige ist, der es nach einer Geburt so ergeht. Für viele ist die Geburt des 1. Kindes etwas wunderbares und es wird viel und ausgiebig darüber erzählt. Für mich war das Thema Geburt lange tabu und das Wunderbare fing erst nach dem 1. Geburtstag meines Kindes an, die Geburt war lange Zeit einfach nur angstbesetzt. Mittlerweile hoffe ich einfach, dass die 2. Geburt anders verläuft.
Dieses Programm der Uniklinik hört sich sehr gut an, ich werde mich mal schlau machen ob bei uns auch so etwas angeboten wird, vielen Dank für den Tipp!
Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute für eure Zukunft, es macht Hoffnung, dass ihr auch den 2. Tiefpunkt zusammen überwinden konntet. LG