Fehlendes Talent - sagen oder nicht?

Hallo ihr Lieben!
Bei meiner Schwester hängt der Haussegen schief und mich interessieren einfach mal fremde Meinungen. Einmischen werde ich mich da nicht, aber ich kann wirklich nicht einschätzen, welche Ansicht richtig ist oder ob beide Parteien recht haben.
Folgende Situation: meine Nichte (14 Jahre) singt seit Jahren im Chor. Gestern erzählte sie, das sie gerne Solo-Parts übernehmen möchte und dafür viel übt. Mein Vater (ihr Opa) sagte dann "lass mal was hören" und nach etwas Zieren hat sie uns dann was vorgesungen. Ich muss ehrlich sagen: es war nicht gut. Folgende Reaktionen: Klatschen von meiner Mutter, "ja schön" von meinem Vater, ungläubige Blicke von meinem Sohn und meinem Bruder, Lächeln von meiner Schwester, Grinsen von ihrem Mann und ihr Bruder (10 Jahre alt) sagte dann: "das solltest du aber besser nochmal üben!" Darüber war meine Nichte total sauer und es gab große Diskussionen und meine Nichte rannte beleidigt in ihr Zimmer. Mein Neffe verstand das alles nicht, meine Schwester erklärte ihm dann, das sowas verletzend sei, mein Schwager sagte "er hat doch recht, das war einfach nicht gut!" Meine Mutti fragte dann ob sie viel übt, ja, fast täglich. Mein Vater sagte dann, ihr fehlt vielleicht einfach das Talent und das müsste man ihr dann doch sagen, damit sie sich nicht blamiert. Mein Sohn erzählte dann von schrägen Castings im Fernsehen und wie da alle drüber lachen. Meine Mutter war dann auch der Meinung, man solle es besser ehrlich sagen. Meine Schwester und auch mein Bruder waren anderer Meinung, weil das Singen meiner Nichte so viel Freude bereitet und das solle man doch nicht kaputt machen. Meine Schwester sagte, das sie nur weiter üben müsste. Ihr Sohn: "dann fallen mir aber bald die Ohren ab!" Schwager lacht, Schwester sauer, geht zu Nichte um sie zu trösten, Abend war dann natürlich gelaufen. Auf dem Rückweg hab ich noch mit meinem Sohn darüber gesprochen, aber was richtig oder falsch ist in so einer Situation konnte ich auch nicht wirklich sagen. Wie seht ihr das?!

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Also ich finde es richtig ihr zu sagen was ihr denkt.
Ja, es ist vielleicht verletzend im ersten Moment und sie ist gekränkt. Aber es ist nunmal Kritik und diese sollte man lernen anzunehmen.

Besser ist es doch, konstruktive Kritik von der Familie zu bekommen als nachher von teilweise fremden "fertig gemacht" zu werden, weil sie sich blamiert.

Freude kann sie doch trotzdem am singen haben, nur sollte ihr bewusst sein dass sie kein Superstar wird 🤷‍♀️

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Hi,
Sagen! Wenn jemand völlig talentfrei ist, sollte man ihn schützen.

Übt sie vielleicht völlig falsch, und es reichen Gesangsstunden?

Dann mal sämtliches Geburtstagsgeld zusammenkratzen und es mit Gesangsstunden
Probieren. Ist es völlig aussichtslos, wurde es wenigstens probiert.

In dem Buch "Für jede Lösung ein Problem", traut sich auch keiner der gemeinsamen Freundin zu sagen, das sie nicht singen kann. Auch die ganzen DSDS Teilnehmer, Himmel, das sind die Menschen, die für jeden Pups von ihren Eltern zu Tode gelobt worden sind. 99%
Sind völlig talentfrei, und keiner traute sich, es ihnen zu sagen.

Ich kann nicht singen, und musikalisch bin ich auch nicht. Die 29 Instrumente in unserem Haus, sind meinem Mann, der fast alles spielen kann.

Die Eltern sollen mal ein Profi drüber hören lassen!

Gruß

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Ich finde man sollte es ihr schon sagen. Lieber von der Familie die es nur gut meint gesagt bekommen als von fremden irgendwann fertig gemacht werden

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Es kommt nicht nur auf Talent und Übung an,
sondern auch auf den Zweck, die Freude und die richtige Übung.

Ich singe sehr gern. Aber nur unter der Dusche.
Für Auftritte fehlt mir das Talent und die Motivation zu üben und ich bin nicht bereit Geld für die richtige Übung auszugeben. Für die Dusche reicht es.


Wenn jemand Freude an etwas hat, muss man nicht automatisch Talent haben.
Möchte sie öffentlich Solo auftreten und es hört sich noch nicht gut an, dann würde ich als Elternteil eher in gescheiten Unterricht investieren.
Alleine 10 Stunden täglich üben, ist zwar viel.
10 Minuten die richtige Technik gezeigt bekommen, kann das Ergebnis aber deutlich verbessern.

Natürlich sollte richtiger Unterricht länger dauern.

Manchmal braucht es einfach nur "den einen Trick" um bei etwas weiter zu kommen.
Manchmal braucht es kontinuierliche Übung und Rückmeldung von Fachleuten.

Zu urteilen, ob oder ob nicht, bringt sie nicht weiter.
Zu behaupten sie sei gut auch nicht. Dann kommt das Erwachen beim Vorsingen.

Ist es ihr wichtig, würde ich mit ihr die Möglichkeiten durchgehen, die sie hat. Sinnvolle Übung, wer kann sie unterrichten, möchte sie Unterrricht.
Findet sie es zwar nett, möchte aber eigentlich keine Arbeit investieren, dann ist das auch ok.
Hier kommt es auf die jeweiligen Ziele an.

Eine Freundin hat super Talent im Malen und Zeichnen. Trotzdem oder gerade deswegen hat sie sich Unterricht genommen. Sie wollte ihre Freude weiter ausbauen. Sie wollte dazu lernen.
Eine Bekannte hatte zwar kein Naturtalent dafür, hat sich aber viele Techniken angeeignet. Sowohl im Malen/Zeichnen, als auch in der Musik. Die Ergebnisse können sich sehen und hören lassen. Sie hat Spaß dabei und mit viel Arbeit, gezielter Arbeit, mit guten Lehrern hart daran gearbeitet. Musikalische Auftritte macht sie ganz gerne.
Eine andere hat super Talent, möchte keine Auftritte. Sie spielt zwar ein Instrument und weiß auch welche Fehler sie seit der Kindheit immer die gleichen macht. Für Profiohren klingt es wohl schräg. Mir als Laien fällt es nicht auf. Ihr reicht es, dass sie Freude daran hat. Sie weiß, dass sie für Auftritte und co. echt üben müsste, Technik zum Talent dazu lernen müsste.

Auch ohne Talent kann man viel erreichen.
Harte Arbeit kann zielführend sein. Man kann aber auch hart arbeiten ohne Ergebnis.

Meinem Kind sage ich: wenn sie Spaß daran hat, probier es aus.
Für Ziel x: kann ich dir helfen
Für Ziel y: kann ich mich umhören, wer das unterrichtet
Für Ziel "es reicht unter der Dusche" : freu dich an dem was du tust.

Meine Lieblingssprüche "jeder hat mal klein angefangen"
"wenn du Meister in einer Sache bist, fang etwas Neues an"
"Talent ist nicht alles" / "die Frage ist, was man daraus macht"
"Das beste Talent bringt wenig, wenn einem das Werkzeug fehlt"

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Das ist echt ein sehr schwieriges Thema. Vor allem bei einer 14jährigen.

Eigentlich bin ich auch dafür die Wahrheit zu sagen. Sie hat ja auch nichts davon, wenn in der Familie sie alle für ihr unvergleichliches Talent loben, sie singt vor und alle lachen. Das tut dann richtig weh.
Da musste ich auch gleich an die Leute bei DSDS denken, die sich so sehr blamieren und denen evtl zuhause auch alle sagen wie gut sie sind. Vor so einer massiven Fehleinschätzung muss man sein Kind ja auch schützen.

Dennoch finde ich es immer schwierig, wenn die Kritik vor großer Runde geäußert wird. Dem Bruder kann man da mit 10 Jahren bestimmt keinen Vorwurf machen. Wenn das so ist wie mit meinem Bruder, hätte er nämlich auch so einen Spruch gelassen, wenn der Gesang eigentlich gut gewesen wäre 😉😂

Ein wirkliches richtig und falsch gibt es hier wahrscheinlich nicht. Aber vielleicht wäre es eine Möglichkeit gewesen nicht allzu überschwänglich zu loben und dann die Mutter oder den Vater im Nachhinein mit ihr sprechen zu lassen.
Gerade Gesang kann man ja wirklich auch ein großes Stück weit erlernen. Vielleicht könnte man ihr Gesangsunterricht anbieten um herauszufinden, ob das was werden kann.

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Hallo,
ich finde, dass man schon seine Meinung auf höfliche Weise sagen kann, aber sie kann es doch trotzdem versuchen, wenn das ihr Traum ist.
In meinen Augen ist ein Chor etwas ganz anderes als die Castingshows im TV. Die anderen Chormitglieder wissen doch um ihr Können und dementsprechend wird sich die Blamage wohl in Grenzen halten und nicht im Fernsehen ausgeschlachtet.

Entweder ihr Talent reicht oder es reicht eben nicht. Das Herauszufinden gehört auch zum Leben und man lernt damit umzugehen.
Es von vorneherein sein zu lassen, weil man scheitern könnte, halte ich für falsch.

Abgesehen davon wird sie es vermutlich trotzdem probieren, egal was andere sagen. Schöner ist es allerdings, wenn man dabei nicht das Gefühl hat, dass einen die halbe Familie auslacht oder dämlich grinst.

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Schwer wird es aber, wenn sie wie oben erwähnt "Soloparts" singen möchte, dass sollten nur jene, die wirklich das Talent dazu haben, da es bei Auftritten (die es unweigerlich geben wird) eine Blamage für alle Chorkinder wäre. Es zu beschönigen hilft meiner Ansicht nach nicht. Sie hat nun mal vor ihrer gesamten Familie gesungen, hätten die gar nicht geantwortet, wäre sie ebenso beleidigt gewesen und lügen finde ich schäbiger als ehrlich zu sein, besonders wenn es von Menschen kommt, bei denen sie weiß, dass sie sie lieben.

Die Hauptsache, in dem Alter, sollte der Spaß sein, selbst wenn man zu etwas wenig bis kein Talent hat. Meine Kinder machen Leichtathletik und Volleyball, mit Begeisterung aber ohne einen Blumentopf zu gewinnen. Ist auch ok. Schwer ist es nur, wenn Eltern ihre nicht ausgelebten Wünsche oder Träumereien auf ihren Nachwuchs übertragen und jede Kritik als persönliche Beleidigung auffassen.

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Darf denn in dem Chor jeder singen, wie er möchte? Ich dachte, da wird von der Chorleitung oder gemeinschaftlich entschieden, ob es für die Soloparts reicht.

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Oh, das erinnert mich an eine Schulfreundin 😄 Wir waren auch etwa 14 und sie meinte, sie könne super singen und Gitarre spielen. Ihre Familie förderte das Ganze und alle redeten ihr ein, wie viel Talent sie doch hätte und mit etwas Übung würde es bestimmt was tolles werden! Ende vom Lied: sie ging auch mal zu einem Casting und bekam ihr Fett weg 🙉 Sie war bitter enttäuscht und fühlte sich wahnsinnig schlecht, weil sie sich so blamiert hatte!
Selbst danach versuchte ihre Mutter noch alles schön zu reden, und meinte die Leuten hätten einfach keine Ahnung! Ihr Vater fing dann doch mal an, ehrlicher zu sein, und am Ende wurde die angestrebte Gesangskarriere recht zügig an den Nagel gehängt.

Ich selber war damals noch zu jung, habe ihr natürlich nicht gesagt, das ich sie eher talentfrei finde... Heutzutage wäre es anders, da würde ich versuchen auf liebe Art und Weise zu erklären, das (Solo)Gesang vielleicht nicht unbedingt ihre Stärke ist!
Hat deine Nichte sich denn schon mal selber gehört? Sprich, hat sie eine Video- oder Tonaufnahme gesehen/gehört? Vielleicht fällt dann ja auch von ganz alleine der Groschen 😬

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Ich finde auch, dass man ehrlich sein sollte, damit es nicht zu einem Hirngespinst und einer Vollblamage wird.
Es ist natürlich die Frage, WIE man es sagt.

Der kleine Bruder kann es sich in seinem Alter leisten, so direkt seine Meinung zu sagen, Erwachsene nicht.

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Wenn es ihr so wichtig ist, dann würde ich dafür sorgen, dass das Kind Gesangsunterricht bekommt. Mit der richtigen Technik kann fast jeder gut singen, und dann bekommt sie echtes Lob!
Ansonsten ist konstruktive Kritik hilfreich. Also : "versuche, durch die Wand zu singen, versuche, beim Singen gedanklich in einen Apfel zu beißen... damit die Stimme weniger hauchig klingt" oder "hör mal genau hin, an dieser und jener Stelle nimmst du den Ton von unten, da wird er zu tief..."
Nur einfach "gut" oder "schlecht" zu sagen, hilft nicht weiter.