Warum hat die "Fremdbetreuung" einen so schlechten Ruf?

Guten Abend,

Ich hatte gerade ein langes Telefon mit meiner besten Freundin aus Schultagen. Sie ist jetzt im dritten Elternzeitjahr und hat mir einen ewig langen Vortrag gehalten, warum die "Fremdbetreuung" (ich hasse dieses Wort, denn die Person, die mein Kind betreut, ist mir nicht fremd) so schlecht für die Persönlichkeitsentwicklung meines Kindes wäre.

Unsere Tochter ist seitdem sie 13 Monate alt ist in der Kita. In ihrer Gruppe sind 5 andere Kinder und zwei ErzieherInnen. Sie findet es super da, geht gerne hin. Und ich gehe völlig ohne schlechtes Gewissen zur Arbeit.

Denn Hand aufs Herz: Wie viel beschäftigt man sich wirklich mit dem eigenen Kind zuhause? Wie oft muss das Kind warten, weil man gerade den Haushalt erledigt, kocht, Wäsche wäscht oder oder oder. Meine Tochter darf in der Kita 6 Stunden täglich mit anderen Kindern spielen, lachen, lernen, streiten. Sie muss nicht auf die Mama warten, die schnell noch einkaufen gehen muss. Und wenn ich mein Kind dann von der Kita abhole, ist quality time. Wir verbringen die Zeit dann gemeinsam, ohne mit irgendwelchen Sachen abgelenkt zu werden.

Gerade jetzt zu Coronazeiten sehe ich, wie wichtig der Kontakt zu anderen Kindern ist. Die paar Stunden auf dem Spielplatz, umringt von Müttern sind nicht das gleiche wie in der Kita. Und wenn es regnet, hat man gar keinen Kontakt zu anderen Kindern.

Natürlich soll jede Familie das für sich entscheiden. Nur werden dann immer irgendwelche amerikanischen Studien aus den 70ern rausgekramt, die völlig falsch interpretiert wurden und Aussagen "Kinder in der Kita haben Stress" - Diese Studie wurde heutzutage schon mehrmals widerlegt und es kommen immer mehr Studien her, die zeigen, wie wichtig frühe Förderung ist.

Da jetzt wahrscheinlich gleich der Aufschrei kommt: Ja, natürlich ist es nicht schlimm, sein Kind zuhause zu betreuen. Darum geht es mir doch auch gar nicht. Mir gehen nur die Vorurteile von Kindern in Kitas auf den Keks.

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Hallo,

Nur kurz, weil bestimmt gleich die kurze Wachphase beginnt.

Ich arbeite als Erzieherin. Ich habe in der Ausbildung und in den letzten Jahren viel Mist in der Krippe gesehen und gehört.
6 Kinder auf 2 Erzieher. Das ist traumhaft

Hier ist es meist pro Gruppe: 12 Kinder auf 1 Erzieher/ in und 1 Assistent/in, evtl. Noch eine Praktikant/in. 1 Springer für alle Gruppen.
Offiziell dürfen die Assistenten nicht mal alleine sein.
Dann ist aus dem Team immer einer weg. Krank. Urlaub, Fortbildung...
Meine negativen Erfahrungen:
- Kinder werden strafversetzt
- brüllendes Kind aus dem Fenster gehalten
- Kinder angeschrieen
- Kinder ignoriert und in die Ecke verbannt
- zum Essen gezwungen
- grob durch die Gegend geschleift
- gebissen und an den Haaren gezogen (um zu verdeutlichen, was es gerade angestellt hat)
...
Deswegen geht unser Kind erst in die Betreuung, wenn es sprechen kann.

Man muss mit der Betreuung richtig Glück haben, es gibt bestimmt auch gute Gruppen, aber selbst die mit den guten Kollegen sind manchmal überfordert. Vor allem wegen dem Personalmanagement.
Viele Pädagogen geben sich bestimmt die größte Mühe um den Kindern gerecht zu werden. Aber eine Betreuung in einer Einrichtung kann nicht die selbe sein, die ich meinem Kind zu Hause in 1 zu 1 ermöglichen kann.
Kontakte gibt es auf dem Spielplatz und der Krabbelgruppe.

Meine Maus macht bei vielen Sachen einfach mit
Sie geht gern einkaufen oder hilft beim Kochen, aufräumen. Nur den Staubsauger mag sie nicht.

Ich richte neben der Hausarbeit auch mehrere exklusive Zeitfenster ein. Hier ist definitiv Telefon und Handy aaus.


Liebe Grüße

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Ich hoffe, dass du dieses Verhalten zur Anzeige gebracht hast und nicht stillschweigend deine Kolleg*innen gedeckt hast. Sonst bist du ein Teil des Problems.

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- Kinder werden strafversetzt
=Mit dem Elternbeirat besprochen, Abmahnung

- brüllendes Kind aus dem Fenster gehalten
= Ist in meiner Elternzeit passiert, von einer Kollegin (der ich vertraue) erzählt worden

- Kinder angeschrieen
= Kollege darauf angesprochen, zur Leitung gegangen

- Kinder ignoriert und in die Ecke verbannt
= Kollegin angesprochen, Gruppenleiter informiert

- zum Essen gezwungen
= In meiner Praktikumszeit: Anleitung informiert

- grob durch die Gegend geschleift
= In meiner Praktikumszeit, Eltern informiert, Schülerpraktikum auf Anraten der Leitung abgebrochen

- gebissen und an den Haaren gezogen (um zu verdeutlichen, was es gerade angestellt hat)
= In meiner Praktikumszeit, Eltern informiert, Schülerpraktikum auf Anraten der Leitung abgebrochen

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Hängt vielleicht auch einfach vom Umfeld ab?

Ich kenne ehrlich gesagt niemanden, der länger als maximal 1.5 Jahre zuhause geblieben ist (gröstenteils spannende Jobs mit Verantwortung nach teils langen Studiengängen...). Sind alles super Kinder ohne Bindungsstörung und zufriedene Eltern. ;)

Hier wird man eher schräg angeschaut, wenn man 3 Jahre daheim bleibt. ;)

Mein Kind kam mit 11 Monaten in die Krippe, es geht ihm dort super und ich bin auch viiiel ausgeglichene, seitdem ich wieder (Teilzeit) arbeite.

Wie man es macht, man macht es falsch, hehe.

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Oh man, was ne Rechtschreibung... Sorry. Ignorieren. :D

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Ich weiß es auch nicht🤷‍♀️ Mein Großer war quasi am 1. Tag der Eingewöhnung schon in der Krippengruppe integriert und hat uns am WE energisch den Krippenrucksack auf's Bett gelegt😂

Ich weiß mein Kind auch lieber in den kompetenten Händen einer Fachkraft, umringt von Kindern, als alleine bei einer Blutsverwandten, die noch mit Schlägen erzogen hat.

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Das ist nur in Deutschland so, in Frankreich ist Vorschule ab 3 Pflicht. Es gibt 4 Monate bezahlten Urlaub und dann gehen die Kinder von arbeitenden Eltern in die Krippe. Und noch was ganz, für deutsche Eltern, Unmögliches : es gibt keine Eingewöhnung. Ja und Millionen dieser "frembetreuten" Kinder sind ganz normale Erwachsene. Schönen Gruß

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Jupp, dass denke ich mir auch jedes Mal. Ich habe auch den direkten Vergleich mit Frankreich und da geht es ab drei ja wirklich für ganztags ins die Schule und es ist auch ganz anderes als der spiel-orientierte Kindergarten hier. Auch in der eigentlichen Schule sind die Kinder den ganzen Tag ab der ersten Klasse und nicht nur bis mittags wie in Deutschland. Und zudem gibt es in Frankreich dann noch eine Impfpflicht für alle Schüler 😱
Hier würde ein Bürgerkrieg ausbrechen, wenn das in Betracht gezogen werden sollte 😂

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Bin ich froh, dass wir nicht in Frankreich leben 🤗

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Liebe TE,

ich hoffe, dass das Wort "Fremdbetreuung" mal Unwort des Jahres wird. Ich finde den sozialen Kontakt zu Kinder so lebensnotwendig (alleine schon wegen der Psyche).

Meine Kinder waren immer so glücklich als sie in der Kita waren. Mein Großer verabredete sich danach und alles war gut. Ansonsten verbrachten wir sehr viel gemeinsame Zeit miteinander. Kinder brauchen zwar die Eltern, aber Kontakt zur Kindern ist auch sehr wichtig.

LG Hinzwife

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Weil diese dauergeförderten und superentertainten Kinder nicht mehr fähig sind selber die Welt zu entdecken und sich selbst zu beschäftigen! Weil es zu dem was Kinder fürs Leben lernen müssen unbedingt auch dazugehört mal Langeweile auszuhalten. Weil nur Langeweile wirklich kreativ macht! Spätestens wenn dann Eltern von dauerbetreuten und bespassten Kindern mir dann die Ohren in den Ferien vollheulen warum sich ihre Kinder so langweilen und so anstrengend sind während wir entspannte Ferien haben bin ich mir immer sicher dass meinem Kind die Langeweile während ich Haushalt machte verdammt gut getan hat. Und wenn ein Kind nicht von Behinderung bedroht ist braucht es auch kein Übermaß an früher Förderung.

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Und wie ersetzt du die Sozialkontakte?

Bei allen anderen Sachen bin ich bei dir - das warten lernen ist wichtig. Müssen Kinder aber auch in der Kita, wenn sie nur ein Kind von vielen sind. Da können Kinder das warten auch eher verstehen als "ich muss jetzt warten, weil Mama kocht"

Kreatives spielen ist in der Kita ja auch gegeben, dort wird ja nicht zum Spiel angeleitet, sondern die Kinder entwickeln eigene Spiele, ob alleine oder gemeinsam. Der Job einer Erzieher*in ist ja nicht, dass Kind zum spielen zu bringen, sondern es zu begleiten.

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Sind denn Soziale Kontakt nie gegeben, wenn Kinder nicht fremdbetreut sind? Ich finde halt die Frage etwas... Finde gerade keinen Ausdruck dafür. Ich will damit sagen, dass es nicht nur im Kindergarten soziale Kontakte gibt. Nachbarn, Verwandte, Freunde. Nicht böse gemeint

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Übrigens muss sich ein Kind nicht langweilen wenn Eltern Haushalt machen. Es gibt sogar ein Buch darüber und einen Flyer hier vom Schulamt in dem eindrücklich beschrieben ist was Kinder alles für Fähigkeiten erlernen wenn sie nur im Haushalt zuschauen und helfen. Das ist die beste Ergotherapie die man seinem Kind selber bieten kann, ist übrigens auch die Aussage unseres SPZ. Nichts kann ein Kind so gut und individuell fördern wie ein engagiertes Elternhaus ist hier die Aussage der Fachärzte!

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Stell dir vor- Gibt auch engagierte Elternhäuser und Eltern, die ihre Kinder im Alltag zugucken und mitmachen lassen, deren Kinder in eine Betreuung gehen. ;)

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Meine Güte warum muss immer jeder alles auf sich münzen. Ich antworte der TE, und die schreibt dass Kinder sich zu Hause langweilen wenn Eltern in ihrer Anwesenheit Haushalt machen und sie der Meinung ist sie sollten besser 6 h in die Kita gehen und dann zu Hause nur Quality Time mit den Eltern verbringen sollten!
Und DAS schadet Kindern definitiv!

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Es gibt in jeder Situation Vor- und Nachteile. Es kommt auch auf das Kind an, ob eine Fremdbetreuung besser ist oder doch zu Hause bleiben. Und es macht schon einen Unterschied ob die Mama in der Nähe ist, in der Wohnung irgendwo und das Kind spielt nebenher oder ob das Kind und Mama getrennt voneinander sind (Kind in der Kita, Mama zu Hause/Arbeiten/egal wo), das ist ein riesen Unterschied. Das ist keine Wertung, sondern eine Tatsache.

Bei meiner Tochter merke ich, dass ihr der Kindergarten keinen Nachteil bringt, indem sie offener geworden ist und lernt mit Konflikten umzugehen. Andererseits tut es mir leid für sie, denn sie arbeitet, genau so viel wie ich, jeden Tag. Ein kleiner Körper und kleine Seele muss einiges einstecken und auch verarbeiten. Wenn ich sie abhole rennt sie immer in meine Arme, jeden Tag, wirklich jeden Tag. Sie ist überdreht und sehr sehr müde. Sie muss einfach mithalten, sich behaupten, spielen, nonstop, sich konzentrieren, sich anpassen und alles verstehen und dabei nicht untergehen. DAS sehe ich einfach bei MEINER TOCHTER. Und das ist viel. Sie ist ein selsibles Mädchen, sie spricht noch nicht so gut, aber sie kann es, nur nicht so deutlich und wie man es von 3jährigen kennt und das frustriert sie, unbewusst. Als Mama macht man sich Sorgen, ob mit oder ohne Grund. Ich bin alleinerziehend und arbeite 80%, daher muss sie jeden Tag in den Kindergarten. Ich nutze jeden freien Tag, an dem ich zu Hause bin und behalte sie auch bei mir, mit kleinen Ausnahmen. Auch wenn ich krank bin, lasse ich sie lieber bei mir. Hier kann sie zur Ruhe kommen und kann sie selbst sein.

Es gibt eben immer Vor- und Nachteile einer Fremdbetreuung oder auch einer langen Betreuung zu Hause. Das ist aber sehr Situationsabhängig.

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Meine Kinder waren die ersten 3 Jahre zu Hause.
Kinder Kontakte hatten sie täglich.

Ja, wir gingen zusammen einkaufen, sie kochten mit mir und und und...

Sie lernten also von Klein auf das Leben kennen.

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》Sie lernten also von Klein auf das Leben kennen.《

Das tun alle Kinder, egal welche Betreuung.

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Geht aber auch nur, wenn man andere Eltern hat die auch zu Hause sind. Das war bei meiner Tochter z. B. nicht der Fall