Als Alleinerziehende auf's Land ziehen?

Hallo erstmal!
Das wird hier etwas länger.

Die Vorgeschichte:
Ich bin eine Frau Anfang 30 und wohne in Berlin.
Seit meiner frühen Jugend hatte ich immer einen ausgeprägten Kinderwunsch und einen Wunsch nach der "klassischen" Familie. Wie das so ist aber natürlich erstmal das Studium beenden, sich "ausleben", auf eigenen Beinen stehen etc. Viele junge Berliner*innen können das vielleicht nachvollziehen, zumindest viele Freundinnen in meinem Umkreis können das. Mit den ganzen Möglichkeiten die diese Stadt und das Leben bietet ist es gefühlt v.A. in Studenten und jungen Erwachsenenkreisen sehr schwierig einen Partner für etwas Festes zu finden. Wenn man dann mal doch eine Beziehung hat, wollen die Partner aber auf gar keinen Fall Kinder oder wenn dann erst so spät wie möglich. Die Horrorvorstellung der Männer (und auch vieler Frauen) hier scheint Familie/Kinder, Routine und "Spießigkeit" zu sein. Bloß keine Routine. Reisen, die Welt entdecken, hier und dort Leben, sich alle Möglichkeiten offen halten und das solange wie möglich. Versteht mich nicht falsch, ich war nicht anders. Aber irgendwann hatte ich mich "ausgelebt". Ich reise immernoch sehr gerne und mag Abwechslung im Leben. Aber es muss einfach nicht mehr, höher, schneller, weiter sein. Die meisten Menschen hier scheinen sich aber nicht "ausleben" zu wollen. Ist ja auch deren gutes Recht nur hat mich das mit Ende Zwanwig irgendwann frustriert. Ein knappes Jahr nachdem meine letzte (dreijährige) Beziehung gescheitert war (er wollte mich heiraten, aber Kinder wollte er auf gar keinen Fall) und viel Selbstreflexion wurde mir klar, dass ich tatsächlich als Single immer sogar noch glücklicher war als in einer Beziehung. Und das obwohl ich tolle Partner hatte. Und ich mich sonst auch in anderen Lebenslagen nicht von anderen abhängig machen ließ. Ich nahm meinen Kinderwunsch selbst in die Hand und wurde Mutter.

Nachdem ich einige Hürden überwinden musste (meine Familie war kurz davor mich zu verstoßen. Sie hatten wenig Verständnis für meinen Weg) bin ich glückliche Mutter und wirklich absolut zufrieden und glücklich mit meinem Leben. Mein Lebensmodell wird akzeptiert, ich habe tolle Freunde, unternehme viel. Aktuell möchte ich keine Männer für etwas Festes kennenlernen, sollte ich zufällig auf den Richtigen treffen, wäre das aber so.
Langsam wächst bei mir das Bedürfnis mit meiner Kleinen in ein ländlich gelegenes Eigenheim zu ziehen. Vor einigen Jahren erbte ich Immobilien im Münchner Umkreis, die ich wieder verkauft habe. Finanzierung fällt also weg. Meine Angst ist aber (und davor warnen mich auch mehrere ehemalige Dorfkinder) : das mein Lebensmodell nicht akzeptiert werden wird. Die Menschen auf dem Dorf oder der Kleinstadt sind ja eher konservativer. Ich habe Angst, dass meine Tochter und ich nicht akzeptiert werden, dass wir als Außenseiter behandelt werden und uns nicht in die Gemeinschaft integrieren können. An die Menschen unter euch die auf dem Land Leben: Sind meine Sorgen berechtigt? Wie würdet ihr auf eine junge Frau die dieses Lebensmodell lebt reagieren?

Freue mich über Rückmeldungen!

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Lebensmodell?
Denkst du, Allereinerziehende gibt's nur in der Stadt?
Das ist doch überall völlig normal.

Wie gut oder schlecht du dich in eine Gemeinschaft einfügst (sofern du das willst), liegt an deinem Engagement, nicht daran, ob du einen Mann hast oder nicht.

LG Claudi

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Ich glaube mit dem Begriff "Lebensmodell" spielt die TE darauf an, dass sie ja nicht bloß alleinerziehend ist, sondern sich ganz bewusst dafür entschieden hat, ein Kind ohne einen Partner an ihrer Seite zu bekommen und aufzuziehen. Das ist schon ein Unterschied finde ich.

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Sie wird ja nicht jedem sagen "Hallo, ich bin maria und übrigens ich habe mich entschieden ein Kind ohne Partner aufzuziehen weil das mein lebensmodell ist." sie ist ja keine veganerin die das jedem auf die Nase binden muss. Sie ist alleinerziehend. Basta. Mehr geht keinen was an. Und wenn sich dann Freundschaften gebildet haben und es mal Gesprächsthema ist, kann man es ja erwähnen wenn es ihr so wichtig erscheint. Aber so auf das vermeintliche "lebensmodell" zu pochen find ich auch ziemlich affig. Als würde man rechtfertigen warum man alleinerziehend ist.

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Ich lebe auf dem Dorf und kann dir sagen dass du garantiert nicht ausgegrenzt wirst nur weil du alleinerziehend bist. Ja, es ist schwierig auf dem Land und es gibt immer Familien die nicht so gern gesehen sind. Aber der Grund ist nicht dass man alleinerziehend ist. Der Hauptgrund weswegen die Leute keine kontakte haben und keiner mit ihnen was zu tun haben will ist, weil sie selbst nicht wollen oder den Anschein machen. Wenn jemand jeden Sonntag in die Kirche geht, dann sind ganz schnell Kontakte in der Gemeinde geknüpft. Wenn jemand in den sportverein geht, hat er gleich viele Kontakte beim Sport. Das selbe mit dem Musikverein. Wenn das Kind beim Fußball ist, dann auch Arbeitseinsatz zeigen, trikots waschen oder einen Kuchen backen für den kuchen Verkauf. Wer sich im dorfleben einbringt hat sehr schnell viele Kontakte. Wer sich aber zuhause einigelt und den Eindruck macht mit keinem was zu tun haben zu wollen, mit dem will hier auch keiner was zu tun haben. Ganz einfach eigentlich.

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Ich würde dir davon abraten.
Ich bin in der Vorstadt aufgewachsen und jetzt 22. Hier war eine Scheidung schon etwas ganz Außergewöhnliches und es wurde getratscht ohne Ende. Die Menschen sind wenig offen für alles was von der klassischen Familie abweicht. Ich war froh in die Stadt zu ziehen. Zieh vielleicht an den Stadtrand. Da ist es auch deutlich familiärer aber die Menschen nicht so konservativ.

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Oh Mann, wo kommst DU denn her? 😳
Hier in der tiefsten niederbayerischen Provinz ist man bei sowas sowas von tiefenentspannt. 😅 Klar wird z.b. mal kurz über eine Scheidung gesprochen- aber in der Stadt würde man ja eine Scheidung im Bekanntenkreis auch zumindest kurz thematisieren.

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Das gleiche hier! Ich komme aus einem Dorf in Niederbayern und da spielt es keine Rolle. Solange man zu allen höflich ist und mit Respekt begegnet. Ist es egal ob heile Familie oder Alleinerziehend. So ein Quatsch wirklich

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Ich bin ehenfalls eine SMBC und lebe mit meinem Sohn auf dem Land (300 Seelen Dorf). Ich habe jetzt nie die Entstehungsgeschichte meines Sohnes heraus posaunt, es wurde auch nie konkret danach gefragt. Einmal wurde nach dem Papa gefragt, da habe ich nur gesagt dass es keinen Kontakt gibt und fertig. Freunde und Familie wissen natürlich Bescheid. Bisher gab es null Probleme. Wir sind in der Spielplatz WhatsApp Gruppe, treffen uns mit anderen gleichaltrigen Kindern, machen zusammen Ausflüge und sind ganz normal im Dorf integriert. Ich genieße das Leben mit Kind auf dem Land und kann es nur empfehlen.

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Hallo,
Vielleicht kommt es darauf an, wohin man ziehen möchte.
Ich wohne im schönen Schwabenland in einem Dorf. Das Dorf ist recht groß, aber mein Mann kommt aus einem 300-Seelen-Dorf ein paar Minuten entfernt, und dort ist oft die Zeit stehen geblieben 😅 Dorfleben pur, jeder kennt jeden, jeder tratscht über jeden, aber jeder hilft jedem!

Es gibt dort natürlich auch Alleinerziehende.
Es gibt dort einen kleinen Jungen mit zwei Papas, die im Kinderturnen und beim AH-Fußball aktiv sind.
Meine Freundinnen sind lesbisch und wohnen im ebenfalls kleinen Nachbardorf und fühlen sich sehr wohl.
Die Tante meines Mannes hat 3 Kinder von 3 verschiedenen Männern, das erste Kind mit 16 bekommen. Und sie ist voll im Dorfleben integriert und aktiv in 2 Vereinen.

Man sagt von von Schwaben, dass sie sehr konservativ sind. Aber wie tolerant wir sind, sehe ich jeden Tag hier im Dorf.

Aus meiner Sicht sehe ich überhaupt kein Problem für dein "Lebensmodell", es ist eh deine Sache 😉
Davon mal abgesehen gibt es für mich nichts schöneres, als meine Kinder im Dorf aufwachsen zu sehen😊

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Ich komme auch aus einem oberschwäbischen Kaff und gebe dir Recht; hier ist die Mehrheit sehr tolerant.
Es gibt Schwule, Lesben, Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund, Behinderte, Patchworkfamilien, sehr reiche aber auch ärmere Menschen etc... keiner wird schräg angeschaut. Außer man hält die Kehrwoche nicht ein😉

Für Kinder gibt es doch nichts Schöneres als auf dem Land aufzuwachsen. Die Natur und Freiheit dort finde ich unbezahlbar. Ich liebe es ❤️

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Hier auch: komme aus einem oberschwäbischen Dorf.

Meine Mama (knapp 70 Jahre) erzählte mir neulich recht bestürzt, dass die Nachbarin ihr von der bevorstehenden OP ihrer Tochter erzählt hat. Sie lässt eine Geschlechtsumwandlung machen um als Mann zu leben.

Die Bestürzung meiner Mutter bezog sich aber darauf, dass sie (die Tochter) seelisch labil ist, die Situation für die Nachbarin schwierig ist, weil sie ihr (erwachsenes) Kind mental so unterstützen muss... und die Nachbarin ganz allgemein so viele Sorgen dadurch hat.

Dass es die Möglichkeit gibt, durch OP/ Medis das äußere dem gefühlten Geschlecht anzupassen findet meine Mutter ganz prima!


Traut den Dörflern mehr zu! 😁

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Ja in der Kleinstadt und Dorf kennt jeder jeden und es wird viel geredet. Aber es gibt hier auch einen Zusammenhalt durch Vereine, Dorf- oder Ortsgemeinschaften, die findest du in keiner Großstadt. Wenn die Finanzen sowieso kein Thema sind, dann ja, wage diesen Schritt. Zum Papa der Kleinen musst du ja nicht viel sagen. Leg dir einen passenden Satz parat, den du jedem gleichermaßen sagst. Die genauen Umstände gehen auch keinen etwas an.

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Ich wohne "in the middle of nüscht" und hier sind verschiedene Lebensmodelle kein Problem.

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Welches Lebensmodell meinst du genau?

Also ich bin alleinerziehend und lebe auch in einem Dorf. Ich mache mir da keine großen Gedanken. Ich kenn ekaum jemanden, Grüße jeden, dem ich begegne und das war's. Also mich interessiert nicht ihre Meinung, weil ich eben nicht bekannt oder verwandt mit den Nachbarn bin.

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Ich bin in einem Dorf groß geworden und lebe nun in einer Kleinstadt nahe einer Großstadt.
Ich arbeite in der Großstadt im Supermarkt.
Durch die Arbeit kenne ich in diesem Viertel viele. Für mich besteht eine Großstadt aus zig kleinen Dörfern. So anonym finde ich es also auch wieder nicht. Man bleibt nur anonym, wenn man es möchte.
Dorfbewohner sowie Stadtbewohner haben in der Regel einen Freundeskreis. Wenn du ein geselliger Mensch bist und das auch ausstrahlst, wirst du Anschluss finden. Egal wo.
Ich finde es stark, dass du dir den Wunsch von einem Kind selbst erfüllt hast. Nicht jeder traut sich diesen Weg zu.
Ich hätte mit deinem Weg überhaupt kein Problem. Solche Menschen wie mich findest du überall, aber auch solche, die es abwegig finden. Von daher kommt es nicht auf den Ort an, sondern auf die Menschen die dort Leben.
Sollte es für euch hinten und vorne nicht passen, dann steht einem weiteren Umzug nichts im Wege, oder?
Vielleicht mietest du erstmal eine Wohnung in deinem Wunschort bevor du kaufst.
So würde ich es machen.