"Jetzt gib der Oma doch endlich mal einen Kuss"

Hallo,

Ich würde gerne wissen wie ihr zu folgenden Thema und zu folgender Situation steht :

Meine Schwiegereltern besuchen uns 1x in der Woche um unseren 1,5 Jährigen Sohn zu sehen. Manchmal ist mein Mann dann dabei und manchmal ist er aber auch arbeiten.
Mein Sohn reagiert teilweise noch sehr schüchtern und zurückhaltend auf meine Schwiegereltern und braucht Zeit zum warm werden und auftauen.
Das wird leider nicht Respektiert und auf biegen und brechen wird die Nähe dann eingefordert und fast schon erzwungen.
Mein Sohn wird zb einfach auf den Arm genommen und er zeigt deutlich das er nicht will und sich rauswinden will und wird dann mit Flugzeug fliegen oder hochwerfen abgelenkt. Sobald er runter gelassen wird, läuft er immer direkt zu mir und will auf meinen Arm. Er sucht dann bei mir Schutz.
Trotz Aufforderung meiner Schwiegermutter gegenüber es bitte sein zu lassen und seine Grenze zu akzeptieren hört sie nicht und nimmt sich einfach was sie will.

Der Höhepunkt an der Sache ist, dass sie meinen Sohn zwingt sie zu küssen.
Sie knutscht ihn ständig ab, er will es nicht.
So fordert ihn auf das er ihr einen Kuss geben soll, er will es nicht!
Sowohl mein Mann, als auch ich sagen immer, wenn er das nicht will soll sie ihn lassen und wir sprechen auch direkt meinen Sohn an, dass er Oma nicht küssen muss wenn er nicht will
Trotzdem diskutiert sie "die Oma geht erst, wenn du mir einen Kuss gibst".
Für mich ist das einfach eine Überschreitung einer Grenze und Übergriffig.

Ich würde gerne nochmal das Gespräch mit ihr suchen, aber ich bin mir ziemlich sicher sie wird sich angegriffen fühlen und es nicht verstehen.
Mein Mann sieht es eher harmlos, klar ist ja auch seine Mutter gegen die er sich dann stellen müsste.

Übertreibe Ich?
Wie findet ihr das Verhalten, habt ihr ähnliches erlebt?
Habt ihr Ideen wie ich ihr das beim Gespräch deutlich machen kann, dass ihr Verhalten nicht in Ordnung ist?

Liebe Grüße

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Hallo,

ich kenne das teilweise auch von meinen Schwiegereltern.

Dein Sohn ist noch sehr klein und kann seine Interessen und Bedürfnisse noch nicht klar und deutlich mitteilen oder gar durchsetzen. Solange er das nicht kann, musst Du das für ihn erledigen. Du bist quasi sein Anwalt.
Greife sofort in der Situation ein, wenn du merkst, dass Grenzen überschritten werden.

Bei Sätzen wie " Die Oma geht erst, wenn du mir einen Kuss gibst.", sagst du am Besten direkt zu deinem Sohn: "Die Oma geht auch, wenn du ihr keinen Kuss gibst. Du darfst sie küssen, wenn du möchtest, du musst aber nicht!"

Erfahrungsgemäß wird es besser, sobald dein Sohn richtig sprechen kann. So war es zumindest bei uns. Unsere Tochter ist jetzt 3 J. alt und sagt SEHR deutlich, wenn sie etwas nicht möchte!;-)
Ich bestärke sie immer darin, dass sie keine Körpernähe zulassen muss, wenn sie das nicht möchte. Erst recht nicht, wenn sie emotional erpresst wird a la : "Die Oma ist aber ganz traurig, wenn sie kein Küsschen bekommt!" In solchen Momenten greife ich sofort ein, denn das geht gar nicht!

Ich musste als Kind selbst immer die nassen Küsse und Liebesbekundungen einer entfernten Tante über mich ergehen lassen. Ich hatte regelrecht Panik vor ihren Besuchen bei uns. Jedes Mal bat ich vorher meine Eltern, dass sie mich vor dieser Tante beschützen sollen und ihr bitte vorher sagen, dass ich das nicht möchte...aber dann hieß es immer: "Die Tante hat sich doch so auf dich gefreut, sie ist doch sonst ganz traurig. Lass dich doch mal drücken usw."

Und auch sonst wurde ich oft gewungen, mich auf den Schoß von Verwandten zu setzen, obwohl mir das widerstrebte. Ich erinnere mich, dass meine Eltern mir dann noch sagten, ich solle doch nicht so ernst gucken, sondern lachen, wenn ich einer "fremden" Person auf den Schoß gesetzt wurde. (Ich war da im Kindergartenalter und leider viel zu schüchtern um selbst etwas zu sagen.)

Ich lernte also, dass die Wünsche und Gefühle anderer (erwachsener) Personen (die ich teilweise nicht kannte) wichtiger waren, als meine eingenen.

Die Konsequenz:

Als ich 7 Jahre alt war, sprach mich ein fremder Mann auf der Straße an, ich solle mit ihm in einen Hauseingang kommen, um ihm etwas zu helfen. Ich wollte nicht mit und der Mann redete unentwegt auf mich ein... Er sagte, dass er sehr traurig wäre, wenn ich nicht mitkommen würde.
Also ging ich mit, denn meine Eltern hatten mich ja ursprünglich darauf konditioniert, fremden Erwachsenen nichts abzusprechen, was sie traurig machen könnte.
....daraufhin wurde von diesem Mann sexuell missbraucht.

Ich kann dich also nur darin bestärken, deinem Sohn weiterhin beizubringen, dass er keinen ungewollten Körperkontakt zulassen muss. (Es gibt auch Kinderbücher mit diesem Thema.) Und immer, wenn jemand (egal wer) die Grenzen deines Sohnes überschreitet, musst du eingreifen. Das ist sehr wichtig für die Prägung deines Kindes.

Alles Gute

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Nein, ich finde nicht, dass du übertreibst und ich würde das Gespräch suchen.
Dass es kleine Kinder sind, heißt ja nicht, dass ihr Wille und ihre Gefühle nicht zählen.
Unsere Kinder müssen bei niemandem auf den Schoß oder Arm, wenn sie es nicht wollen (Ausnahme wäre die eigene Sicherheit an der Straße o. ä.). Und Küsse aufzwingen finde ich ganz schlimm. Ich habe da selbst ein "Kindheitstrauma".

Ich würde auf die Schiene "Wie würde es dir gehen?" gehen:
Wie fändest du es, wenn Tante Jutta sagt, du darfst erst das Altenheimzimmer verlassen, wenn du ihr einen Kuss gegeben hast?
Wie fändest du es, wenn du der neuen Freundin deines Enkels (den du gar nicht richtig kennst, was ja sozusagen bei eurem Sohn der Fall ist) einen Abschiedskuss geben müsstest?
Wie fändest du es, wenn dir jemand Fremdes über die Straße hilft, weil du alt bist, obwohl du eigentlich gar nicht rüber möchtest?

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Du übertreibst nicht und musst dein Kind schützen vor diesem übergriffigen Verhalten.
Er zeigt klar, dass er das nicht möchte und das müssen sie akzeptieren, mach ihnen das klar.
Das mit dem Küssen geht gar nicht.

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Ich finde auch nicht, dass Du übertreibst. Ich finde es richtig, dass man Kindern beibringt, dass sie Niemanden küssen oder umarmen müssen, wenn sie nicht wollen. Das halte ich auch wichtig zur Prävention sexueller Gewalt. Ein Kind, dass früh lernt, dass seine Grenzen nicht wichtig genommen werden, ist ein leichteres Opfer als ein Kind, das das Gegenteil beigebracht bekommt.

Ich würde mit den SE ein nochmaliges Gespräch führen und ihnen vermitteln, dass nicht alles, was früher als normal galt, noch heute als normal angesehen wird. Ich würde auch deutlich machen, dass es Eurer Kind ist und Ihr über die Erziehung bestimmt und sie das akzeptieren müssen. Außerdem sollte doch jedem Erwachsenen klar sein, dass ein Kind niemals freiwillig ankommen wird, um der Oma einen Kuss zu geben, wenn er diese Situation mit Zwang verbindet.

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Hier schließe ich mich an.
Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass sie eurem Kind den Eindruck vermittelt, dass andere über seinen Körper verfügen und bestimmen dürfen und sein Nein nicht zählt.
"Nein" sagen können zu lernen fängt bei genau diesen Situationen an. Daher würde ich mit meinem Mann zusammen mit der Frau reden, ihr das erklären... und wenn sie weiterhin nicht einsichtig ist, ihr sagen, dass ihr nun fortan immer in Abwesenheit eures Kindes (anders geht es ja nicht) dazwischen geht und ihn aus der Situation werdet, wenn die Frau sich nicht an eure Bitte bzw Aufforderung hält.

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"Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass sie eurem Kind den Eindruck vermittelt, dass andere über seinen Körper verfügen und bestimmen dürfen und sein Nein nicht zählt. "

Dem schließe ich mich an. Genauso mit Sprüchen wie "stell dich nicht so an" Usw.
Meine Mutter hat es bei mir und meiner schwester immer so gehandhabt, dass sie die Großeltern gefragt hat, was sie dem kind beibringen wollen damit? Was sie sich vorstellen was das für auswirkungen haben kann, wenn wir mal 15/16 sind und ein typ zu uns sagt "stell dich nicht so an", oder wenn wir zu Alkohol oder schlimmerem überredet werden mit den worten stellen dich nicht so an usw

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Überspitzt ausgedrückt seid ihr die "Anwälte" eures Kindes, so lange er für seine Interessen nicht selbst eintreten kann.
Er will nicht umarmt und geküsst werden, dass ist sein Recht.
Ein schönes Training für den Kindergarten, dort wurde immer kommuniziert "mein Körper gehört mir." Unsere Kinder hatten dazu einen ganzen Themenblock und es wurde explizit vermittelt, auch Opas und Omas (aber auch alle anderen)haben hier keinerlei Rechte.
Redet mit den Großeltern, akzeptieren sie es, sind sie willkommen. Wenn nicht, wird jeglicher Kontakt ausgesetzt bis sie es verstanden haben.

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Grundsätzlich bin ich bei Dir, zum Küssen zwingen oder trotz Ablehnung auf den Arm zu gehen ist nicht in Ordnung, das würde ich thematisieren. Bei mir ist es allerdings auch so, dass niemand das Kind auf den Mund zu küssen hat, außer uns Eltern oder wenn sie wollen meine Kinder untereinander. Ein 1,5 jähriger kann doch noch gar keine richtigen Küssis geben. 🤷🏼‍♀️

Allerdings möchte ich kurz den Hinweis geben, dass die Schwiegereltern genau so die Großeltern sind wie Deine Eltern.
Das vergisst man im Trubel schonmal, weil einen selbst die eigenen Eltern natürlich viel näher sind.
Es passiert also schnell (mir auch), dass die eigene Mutter beim Kind Dinge darf, die bei der Schwiegermutter kritisiert werden.
Ich hatte zum Beispiel eine Blockade beim: vom gleichen Löffel essen. (Sehe ich zwar ohnehin kritisch, aber wenn die Kinder es einfordern, sehe ich das nicht so eng)
Wenn meine Kinder vom Löffel meiner Mutter probieren wollten, fand ich das ganz normal, wenn sie vom Eis der anderen Oma kosten wollten, hatte ich eine Sperre im Kopf. Aber für die Kinder stehen beide Großeltern gleich nah. Das nur als Idee für zukünftige Konflikte 😅

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Ja hier wird mal wieder grundsätzlich Partei für die Schwiegereltern übernommen, die scheinen bei einigen ja heilig zu sein, egal was sie tun.

"Aber für die Kinder stehen beide Großeltern gleich nah."
Nein, einfach nur nein. Nur weil man blutsverwandt ist automatisiert das keine Gefühle und genau damit steigst Du auch in die Argumentation der Schwiegermutter ein.

Das Kind zeigt hier ganz klar auf was es will und was nicht und nur weil es die Oma ist, darf sie sich nicht alles erlauben.

@TE: setz dich für dein Kind ein und Rede unbedingt mit deinem Mann. Informier dich vielleicht mal vorher gut und zeige ihm die Folgen auf.
Es heißt ja nicht, dass sie dann generell sie Böse ist und es wäre doch schade, würde sich deswegen die Fronten so verhärten, dass man vielleicht nichts mehr miteinander zu tun haben will.
Alles Gute und bleib stark für dein Kind, denn das wird mit steigenden alter nicht besser.

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Bitte lies den ersten Teil meiner Antwort noch einmal.

Ich wollte lediglich darauf hinweisen, dass es schnell passieren kann, dass man die eigene Mutter bevorzugt. Unabhängig von der hier geschilderten Situation, weil mir genau das selbst passiert ist.
Ich ergreife überhaupt nicht Partei für die Schwiegermutter, aber ich finde schon, dass die Situation von allen Seiten beleuchtet werden muss.
Mit keinem Wort befürworte ich das Verhalten der Oma.

Ansonsten finde ich, dass es doch möglich sein sollte, unterschiedliche Meinungen und Antworten zuzulassen, ohne sie direkt zu kritisieren oder in Frage zu stellen…

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Meine Eltern haben ein paar mal ein riesen Donnerwetter von mir bekommen, nachdem sie unsere Tochter immer sofort bedrängt haben und mein Mann und ich uns anschließend um ein total verheultes Kind kümmern mussten.
Wären es deine Eltern würde ich das auch so machen, allerdings sehe ich das hier als Aufgabe deines Mannes.

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Hallo,

nein, du übertreibst absolut gar nicht und ich weiß auch nicht was es da noch abzuwägen gibt!
Dein Sohn ist 1,5 Jahre alt und hat noch nicht die sprachlichen Möglichkeiten der Oma deutlich zu sagen "Nein, Oma ich mag das nicht!" Er zeigt es seinem alter entsprechend aber dennoch ganz deutlich durch sein Verhalten und seine Körpersprache - eine andere Möglichkeit hat er einfach (noch) nicht.

Du als Mama (bzw. ihr als Eltern, gilt ja auch für den Papa) seid sein Sprachrohr und müsst für ihn kommunizieren. Ihm ist es unangenehm und er will es nicht und ihr als Eltern müsst ihn dann auch davor "schützen". Ansonsten lernt er gerade: Meine Meinung/mein Willen bzw. Nicht-Wollen wird übergangen, es ist nichts wert, die Erwachsenen bestimmen was sie machen wollen bzw. bestimmen was ich tun muss:-(. Langfristig gesehen fängt für mich hier schon eine Art Prävention für potenziellen Missbrauch statt. Nein, damit möchte ich deinen Schwiegereltern nicht unterstellen, dass sie ihn irgendwann mal missbrauchen! Es geht darum, wenn er mit o.g. Gedanken/Gefühlen aufwächst, könnte er dies ggf. auch in so einer Situation nicht unterscheiden schließlich sagen/machen die Erwachsenen eh was richtig ist bzw. was sie wollen.

Oma-Freuden in allen Ehren und ich kann ja verstehen, dass man sein süßes Enkelkind auf den Schoß nehmen möchte und seine Liebe mit einem Kuss ausdrücken möchte. Da ist auch ok - wenn es BEIDE Seiten möchten. Euer Sohn möchte es nicht also, hat die Oma ganz einfach PECH gehabt!

Mir wären die Befindlichkeiten der Oma und ob sie dann beleidigt ist, sich angegriffen fühlt oder sonst was so dermaßen egal. Ich bin die Mama, ich stehe zu meinem Kind, ich achte auf seine Bedürfnisse und ich stehe für diese ein, wenn er es nicht selbst kann.
Ich wüsste nicht warum die Befindlichkeiten der Oma und ihr beleidigt sein über dem Wunsch eures Sohnes stehen?

Ich würde ein Gespräch führen und ihr ganz deutlich sagen, was Sache ist. Als diplomatischen Einstieg meinetwegen noch "Uschi, ich weiß der Tom ist zuckersüß und ich weiß wie sehr du ihn lieb hast und ihm das gerne mit Umarmungen und Küsschen zeigen möchtest. Der Tom ist aber noch so klein und er mag das nicht. Es wird dir (euch) nicht gefallen aber es wird ab sofort zu 100% respektiert! Wenn er nicht auf euren Schoß möchte, lasst ihr ihn los/runter, er wird von euch nicht mehr geküsst und er wird auch nicht dazu aufgefordert euch Küsschen zu geben! Ich weiß, dass passt euch nicht aber unser Sohn ist kein Kuscheltier mit dem man machen kann was man möchte! Seine Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen werden akzeptiert und nicht überschritten.
Es gibt hier auch kein Wenn und Aber und nichts zu diskutieren. Es ist Fakt."
Je nach Reaktion würde ich dann noch die mögliche Konsequenz aufzeigen "Wenn das für euch nicht umsetzbar ist, dann muss ich euch etwas Zeit zum nachdenken geben und wir werden die Besuche für einen gewissen Zeitraum einstellen und bis es euch möglich ist euch entsprechen zu verhalten!"

Steh für deinen Sohn ein und lass es bitte nicht weiter zu! Auch mit 1,5 Jahren hat man Rechte und muss sich von niemanden - auch nicht von Oma gegen den eigenen Willen so behandeln lassen!

Alles Gute euch

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Hallo Hallo,
Nein du übertreibst nicht. Du und dein Mann habt es mehrfach angesprochen, aber es wurde nicht akzeptiert. Du willst das die Grenzen deines Kindes eingehalten werden, das ich richtig und wichtig. Dein Sohn kann diese Grenzen noch nicht verteidigen, deswegen seid ihr als Eltern gefragt. Ich würde da gar nicht mehr mit den Schwiegereltern drüber sprechen, sondern deinen Sohn beim nächsten Mal direkt aus der Situation nehmen und sowas sagen wie: "Er möchte nicht, fertig. Akzeptiert es." Wenn deine Schwiegereltern Theater machen, dann ist es eben so. Wäre mir an eurer Stelle egal.