Hallo in die Runde,
ich brauche euren Rat.
Mein Opa ist vor ein paar Tagen verstorben.
In den letzten Jahren hatten wir kaum Kontakt.
Ich habe ihn in meiner Kindheit zum Geburtstag, Weihnachten usw gesehen, aber das Verhältnis war immer eher kühl, ein richtiger Opa war er mir nie.
Seit ich daheim ausgezogen bin habe ich ihn nur noch wenige Male gesehen.
Meine Mutter hatte sich mit ihren Eltern vor einigen Jahren überworfen und vor 2 Jahren wieder versöhnt.
Allgemein ist das Verhältnis in der Familie eher kühl, distanziert, höflich. Keine Wärme oder Herzlichkeit, ich habe zu niemandem ein engeren Verhältnis. Ich hätte es mir anders gewünscht..
Meine Mutter und ihre Geschwister (Tante, Onkel) trauern dennoch um ihren Vater und gehen natürlich zur Beerdigung, ebenso meine Cousins/Cousinen. Diese hatten all die Jahre aber auch mehr Kontakt, wurden zu Geburtstagen und Weihnachten eingeladen, ich nicht. Meine Kinder kennen die beiden auch nicht wirklich, ihre anderen Urenkel schon.
Mit meiner Oma ist das Verhältnis ähnlich, allerdings steht sie mir innerlich näher und ich habe die Hoffnung, dass wir uns annähern können.
Nun stellt sich mir die Frage was ich mache.
Gehe ich zur Beisetzung fühle ich mich heuchlerisch, gehe ich nicht führt das zur weiteren Abspaltung zum Rest der Familie und Gerede über die böse Enkelin?
Geht man auch zur Beisetzung um die Lebenden zu unterstützen wenn man selbst nicht wirklich trauert?
Ich bin schon auch traurig, aber ich trauere nicht um den Menschen, eher um verpasste Chancen, den Opa den ich eigentlich nie hatte und mir tut es Leid für ihn wie er leiden musste zum Schluss sowie für meine Oma und seine Kinder.
Was würdet ihr tun?
Als Enkelin zur Beerdigung gehen obwohl kaum Kontakt bestand?
Hi,
Ich selbst würde schon auch gehen, um Angehörige zu trösten. Auch finde ich es ok, um die verpasste.Chance zu trauern.
Du kannst dich vor Ort ja im Hintergrund halten.
Deine Kinder würde ich in der Konstellation nicht mitnehmen.
Aber wenn du nicht möchtest, finde ich das auch legitim.
Am Ende musst du entscheiden, wie es für dich am besten ist.
Lg
Ich würde hingehen. Das kostet maximal ein paar Stunden Zeit - die Uhr wirst du nie zurückdrehen können.
Und JA - man geht auch als Anteilnahme für die weiteren Hinterbliebenen zur Beerdigung.
Natürlich geht man auch zu einer Beerdigung, um die Lebenden zu unterstützen. Und wenn du sagst, du hoffst auf eine Annäherung mit der Oma, dann würde sich mir die Frage auch gar nicht stellen.
Ich finde das auch nicht heuchlerisch. Du musst ja nicht am Grab stehen und dir die Augen ausweinen. Aber wenn dir dein Opa nie Unrecht getan hat und es einfach generell in eurer Familie distanzierter abläuft, dann ist es für mich trotzdem eine Sache des Respekts und des Anstands zur Beisetzung des Opas zu gehen. Obendrein, wenn dann auch noch nichts anderes dagegen spricht - also bezüglich Arbeit, Entfernung, Anreise etc.
Geh Deiner Oma zuliebe hin und nimm sie in den Arm.
Wenn meine Schwester mal stirbt, nachdem ich sie 40 Jahre nicht mehr sah, gehe ich meinen Nichten zuliebe hin, wenn diese es wünschen.
LG Moni
Geh hin. Zum einen für dich, auch wenn der Kontakt nicht eng war, aber er gehörte dennoch zur Familie und auch für die anderen.
Alleine als Beistand für deine Mama wäre es doch schön, wenn du zur Beisetzung gehen würdest. War vor kurzem auch auf der Beerdigung einer lieben Tante, zu der ich auch nicht mehr viel Kontakt hatte. Aber es ist ja auch ein Zeichen der Anteilnahme der Verwnadten gegenüber. In meinem Fall war es mein Papa, der um seine Schwester trauerte.
Meine Oma ist vor ein paar Jahren gestorben. In Kurzfassung: Sie war eine sehr, sehr schwierige Person, hatte in meiner Kindheit kaum Interesse an ihren Enkeln. Wir wohnten in ihrer Nähe, haben sie aber kaum gesehen. Als wir dann erwachsen waren, hat sie sich beschwert, dass wir uns ja nie melden... Das Verhältnis war also nicht ganz unbeschwert.
Ich bin auf die Beerdigung gegangen, weil ich einfach trotzdem für mich meinen Frieden schließen wollte mit der doch recht belasteten Beziehung. Habe mich allerdings recht "schuldig" gefühlt, weil ich dabei recht wenige Emotionen hatte.
Mir ging es genauso wie dir: Ich habe nicht um den Menschen an sich getrauert (auch, wenn das jetzt hart klingt), sondern um, wie du schön geschrieben hast, "verpasste Chancen" und um das Oma-Enkel-Verhältnis, das wir - wie auch ihre anderen Enkel - nie hatten.
Für mich war es ganz gut, um damit für mich meinen Frieden zu finden. Vielleicht wäre das dir auch möglich? Heuchlerisch fände ich ein Erscheinen bei der Beerdigung nicht. Du musst nur wissen, ob du dich dort wohlfühlen würdest oder es dir selber wenigstens etwas "gibt" (eben zum Beispiel abschließen zu können). Ansonsten würde ich vielleicht tatsächlich nicht hingehen. Eine Erwartungshaltung der Familie sollte kein Grund ein, sowas ist ja dann doch auch eine sehr persönliche Sache.
>>Eine Erwartungshaltung der Familie sollte kein Grund ein, sowas ist ja dann doch auch eine sehr persönliche Sache.<<
Ich finde diese Aussage sehr schwierig. Es geht nicht nur darum heuchlerisch am Grab zu stehen und dicke Tränen zu vergießen, sondern auch um Familienzusammenhalt und einander beizustehen.
Der TE ist es mehr oder weniger egal, dass ihr Opa verstorben ist, dem Rest der Familie aber nicht. Kann man da nicht über seinen Schatten springen und für 1-2 Stunden für andere da sein?! Muss man sich mit seinen Bedürfnissen immer in Reihe 1 stellen und ausschließlich sich selbst sehen?!
Natürlich geht es auch um Familienzusammenhalt, aber ich finde dennoch, dass man hinterher selber entscheiden muss, ob es einem unangenehm ist, dort zu erscheinen.
Die Familie von sich aus unterstützen zu wollen, ist die eine Sache - das kommt ja dann von einem selber. Eine andere Sache ist es, wenn die Familie eine Erwartung hat, dass man kommen muss, obwohl man es eigentlich nicht möchte.
Für andere Angehörige kann man auch in der Folge da sein, nicht nur auf der Beerdigung selber. Die Beerdigung geht ein paar Stunden. Die Zeit danach empfinde ich als schwieriger als die Beerdigung an sich, vor allem sowas wie der erste Geburtstag ohne die verstorbene Person, das erste Weihnachten etc.
Wie schon geschrieben war ich selber trotz schwieriger Beziehung dennoch auf der Beerdigung meiner Oma. Ich weiß aber, dass meine Familie es verstanden hätte, wenn ich (und auch einige andere) nicht hätten teilnehmen wollen.
Also ich würde ehrlich gesagt nicht gehen, wenn kein Verhältnis bestand. Sicherlich sagt man immer der Anstand und es gehört sich. Aber ganz ehrlich, wieviele Leute sagen auch immer das bei Beerdigungen alle aus dem Löchern gekrochen kommen die man vorher jahrelang nicht gesehen hat. Da wird sich dann auch beschwert. Ich würde daher das machen, was du von deinem Gewissen her tätest. Wenn du schreibst du hast kein Verhältnis, dann schreibe einfach eine Beileidskarte und gut isses.
Auf der Beerdigung meiner letzten Oma ( ich hing sehr an ihr) war meine Mutter auch nicht da. Da regten sich einige auf. Sie hatte jedoch, aus mir unbekannten Gründen, kein gutes Verhältnis zu ihrer Schwiegermutter. Ich hab auch schon sehr sehr lange kein Kontakt mehr zu meinen Eltern, aber ich fand es in diesem Fall auch ehrlich eben nicht zur Beerdigung zu gehen.
Was hätte sie hier auch Trauer heucheln sollen.
Auch war ich vor einigen Jahren auf der Beerdigung meines Opas, der zum Schluß nichts mehr von mir wissen wollte. Da war meine Mutter schuld, weil sie ihm sonst was erzählt hatte. Traurig aber nicht zu ändern. Hier bin ich dennoch zur Beerdigung weil wir früher viel Kontakt hatten, dieser ehrlich und herzlich war und ich auch an ihm gehangen hatte. Da war er mir eine Herzensangelegenheit zu kommen und eine besondere Grabbeigabe bekam er auch.
Überleg selbst was am ehrlichsten ist.
Liebe Grüße Ela