Besonderes Kind wird ausgegrenzt, wie reagieren?

Hallo in die Runde,
mich beschäftigt unser kleiner Neffe schon länger, da er aus bisher noch unbekanntem Grund nicht altersgemäß entwickelt ist und auch kein Wort spricht. Er ist fünf. Ansonsten ein ganz liebes Kind, sehr freundlich und verschmust, aber eben nicht wie ein Fünfjähriger entwickelt.

Nun haben wir die Situation, dass er leider mehr und mehr von den anderen Kindern in der Familie aussen vor gelassen wird oder regelrecht weggeschickt, wenn er mitspielen möchte. Sie sehen ihn als Störfaktor und verstehen nicht, dass er nicht aus Bosheit tollpatschig ist, sondern es einfach noch nicht besser kann und weiss.

Es ist frustrierend für ihn und tut uns Erwachsenen in der Seele weh, wenn sie ihn mal wieder alleine stehenlassen. Sein großer Bruder ist leider ganz vorn mit dabei, gegen ihn zu stänkern, wenn seine Eltern nichts mitkriegen. Die anderen ziehen mit. Selbst unser Kind, was sonst recht emphatisch für sein Alter ist, verhält sich null loyal und hat ihn sogar beschimpft.

Da hab ich sofort eingegriffen und ihm auch erklärt, warum der Cousin besonders ist und dass sie auf ihn aufpassen sollten, weil er sich nicht gut ausdrücken kann und ihn mitspielen lassen sollen usw, aber es hat bis auf einen kurzen Moment grübeln nichts gebracht.

Manchmal schreiten dann die Erwachsenen kurz ein, aber meistens suchen sich die anderen Kids (3-7 Jahre) dann eine neue Ecke und wieder ist der Kleine aussen vor. Man sieht, dass es ihn öfter frustriert, auch wenn er die Zusammenhänge nicht zu verstehen scheint (schwierig zu wissen). Er ist kognitiv nicht so weit wie es dem Alter entspricht, aber einfache Aufforderungen versteht er und setzt sie manchmal um (zB Leg mal die Birnen in den Eimer und bring sie dem Opa). Dann legt er sie rein, aber sie landen nicht unbedingt beim Ooa.

Ich würde gerne wissen, ob ihr ähnliche Erfahrungen im Umfeld gemacht habt. Ich bin fast am meisten von meinem Kind „geschockt“, weil es so selbstverständlich mit gegen den Kleinen agiert, wenn es jemand vormacht. Konnte allerdings nie so gut mit ihm, weil der Junge öfter andere umarmen möchte und das hasst unserer. Unserer ist jünger und mobbt quasi schon, das ist ganz gegen meine Philosophie. Wahrscheinlich ist es auch irgendwie menschlich, Kinder können fies sein, aber sie können auch toll und hilfsbereit sein. Wie kann ich da besser einwirken?

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Wie gehen die Erwachsenen mit ihm um?

Meine macht vieles, wie es Erwachsene machen.
a) sie macht es nach, weil es da ja funktioniert
b) sie kann es nicht nachmachen, dann braucht sie aber konkrete Hilfestellungen WIE sie es machen kann
c) sie macht es den Erwachsenen nach, bekommt dafür Ärger. Dann fragt sie - zurecht - warum sie es anders machen soll und vor allem WIE

Wenn Kinder (oder Erwachsene) andere Bedürfnisse haben, frage ich die jeweiligen Eltern / Erwachsenen direkt. Ich möchte nicht experimentieren oder aus Versehen was falsch machen. Daher frage ich.

Dass die Kinder ihn ausgrenzen ist gemein - aber ein Stück weit verständlich. Zumindest soweit, wie sie selbst nicht wissen, WIE sie mit ihm spielen können. Manche Kinder finden intuitiv einen Weg. Andere brauchen Hilfe von Erwachsenen. Ihre eigenen Erfahrungen klappen dann nicht. Nach einigen Frustversuchen und sich nicht verständigen können, gehen sie dann.

Eingreifen ist in dem Fall nicht nur: was sie (nicht) tun sollen, sondern aktiv anleiten. Möglichkeiten geben, WIE sie mit ihm spielen können, WIE sie sich verständigen können.

Beim großen Bruder finde ich es gemein, aber auch schwierig für ihn.
Wie ist da die Konstellation? Bekommt er Aufmerksamkeit? Heißt es oft "nimm Rücksicht auf deinen Bruder"? Bekommt er auch Hilfe? Z.B. Gruppen wo er sich mit anderen Geschwistern austauschen kann, wie es ihnen damit geht? Muss er oft zurück stecken? Wird er selbst als Individuum gesehen? Ist er sonst empathisch (und erfüllt die Erwartungsrolle) und schlägt dann um z.B. aus Überforderung? Hat der Große Freiräume?

Wird von den Kindern erwartet, dass sie zusammen spielen? Z.B. klärt das unter euch und die Erwachsenen machen ihr Ding. So lange nichts passiert, können die das unter sich?
Gibt es die Möglichkeit, dass Kinder einzeln mit ihm spielen? Ihn kennen lernen? Ihn verstehen lernen? Kommunikation mit ihm lernen (non verbal)? Vielleicht fällt es ihnen dann auch leichter eine Beziehung zu ihm aufzubauen oder ihn in die Gruppe zu integrieren.

Wie gehen Erwachsene mit ihm um? Verstehen sie ihn? Kommen sie mit ihm klar?
Oder sind da auch welche, die ihn im Zweifel ignorieren, weil sie selbst überfordert sind?
Von den Erwachsenen, die gut mit ihm können - kann da jemand ein bisschen die Spielbegleitung übernehmen un die Kinder ein bisschen anleiten oder an Spiele heranführen bei denen er mitmachen kann?
Es muss ja nicht die ganze Zeit sein. Aber so, dass die Kinder mal die Chance haben Beziehung zu ihm aufbauen zu können und er die Chance hat mitzumachen.

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Ich, als Heilerziehungspflegerin, finde das ist eine grandiose Antwort. 🥰

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Danke für Deine reflektierte Antwort, da stecken viele gute Tipps und Vorgehensweisen drin. Wenn ich gebaute darüber nachdenke, ist der Junge zwar oberflächlich betrachtet immer dabei und wird, so gut es geht, normal behandelt, aber dann gibt es doch viele viele kleine Situationen, in denen ihn die Eltern direkt zur Seite nehmen und ihn gar nicht erst mitmachen lassen, weil es ihnen wahrscheinlich zu anstrengend ist, doppel und dreifach aufpassen und erklären zu müssen, was sie sowieso schon tun. Es war ja auch die ersten Jahre nicht so offensichtlich, dass der Junge nicht nur sprachliche Defizite hat. Seit zwei Jahren wird aber nun der Entwicklungsrückstand immer deutlicher und ich denke, die Familie muss das auch für sich noch verdauen.
Mittlerweile bekommt er Logopädie und Förderung und lauter Tests und Untersuchungen werden gemacht, auch die Genetik (da fehlen noch detailliertere Proben). Bisher alles ohne Ergebnis.
Der ältere Bruder bekommt tatsächlich schon immer viel Aufmerksamkeit und ist eher so ein bisschen der, der von Anfang an bewundert wurde. Er war schon immer fit und schnell im Kopf, ist ein hübsches Kerlchen, kräftig und aktiv und ist sehr beliebt bei allen. Er wirkt älter, als er ist.
Manchmal kommt dann aber doch der kleine Bub durch, der schmollt, weil sein Bruder mal wieder was auseinandergenommen hat, was er gebaut hatte und keinen Ärger bekommt (nur weggezogen wird).
Er ist wahrscheinlich manchmal überfordert, obwohl er so cool wirkt.
Ich werde mich mal mit meiner Schwägerin hinsetzen und überlegen, wie wir die Kinder besser zueinander führen können. Mir ist schon klar, dass sie wohl nie wie andere spielen werden, aber mehr Toleranz und vor allem Akzeptanz muss her.

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Hi,
meine Jungs waren immer anders als die anderen Kinder................

Hat es funktioniert, hat es funktioniert.............wurden sie geärgert, Schritt ich als Mutter ein, und holte sie da weg.

Ich ging zum Rucksack und holte ein Spiel heraus, was funktioniert. Ging auf den Spielplatz, getrennt von den anderen. Hatte den Roller, oder das Bobby Quad dabei. Kreide, Norweger Schach, Kegel-Spiel für daheim.

Ich mußte immer, meine 3, 5 Jahre jüngere Schwester mitnehmen. Ob ich wollte oder nicht, und ich hasste es. Ich hasste es, mit ihr in einem Zimmer zu schlafen, bis ich fast 16 Jahre alt war...........und sie ist gesund.

Man kann die Kinder nicht zwingen, das alle miteinander "schön" spielen. Auch die Geschwister und die Cousins und Cousinen nicht.

Erklären, er kann nicht reden, aber er kann toll mit "Kreide malen und dann mit dem Roller, durch die gemalte Straßen fahren". Er kann aber ganz toll "Obstgarten" spielen etc.

Vor den anderen schützen, die anderen aber nicht "zwingen" ihn mitspielen zu lassen. Spielt was eigenes, wenn eines der anderen Kinder mitspielen will, direkt sagen, das ihre "Eigene Regeln habt" und das das eben so gespielt wird !

Und irgendwann ist der nicht sprechende 5 jährige, 14 Jahre alt, konfirmiert und schreibt auf einer alten Schreibmaschine die Glückwunschkarten in eine Liste. Im 10 Finger System, und der 4 Jahre ältere Cousin wundert sich. Oder das er sich einen Gaming PC selbst zusammengebaut hat. Die Brocken einzeln bestellt, und zusammen gebaut. Das er immer wieder bei uns im Echo war, weil er in der Robotic AG, so tolle Ideen umsetzen konnte usw usw.

Wir hatten keine Diagnose, und waren im SPZ und KJP. Haben Telefonbuch dicke Fragebögen ausgefüllt. Kilometer geschrubbt, Zeit und Urlaub geopfert.

Wir sind 4 Jahre zur Tomatis Therapie nach Belgien gefahren, das war unser Durchbruch.

Alles Gute

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"Es ist frustrierend für ihn und tut uns Erwachsenen in der Seele weh, wenn sie ihn mal wieder alleine stehenlassen. Sein großer Bruder ist leider ganz vorn mit dabei, gegen ihn zu stänkern, wenn seine Eltern nichts mitkriegen."

Da müssen die Erwachsenen halt ran und mit ihm spielen! Solche Kinder sind halt keine Selbstläufer und es kann Kinder natürlich überfordert sich im Spiel ständig einschränken zu müssen und ständig Rücksicht nehmen zu müssen.

Kinder sind zwischen 3 und 7 noch nicht so empathisch wie Erwachsene, nur weil sie die Handlungen anderer (teilweise) nachvollziehen können. In dem Alter entwickelt sich Emptahie erst. Kinder sind da auch nicht einfach im vollen Bewusstsein "grausam", sie wirken grausam, weil Empathie sich noch entwickelt und sie die vollen Konsequenzen ihrer Handlung nicht überblicken können.

Man verlangt hier wahrscheinlich einfach zu viel vom Bruder. Dem Bruder wird wahrscheinlich ständig gesagt, er solle mit seinem Bruder spiele und nett zu ihm sein, während der Bruder auch noch mehr Aufmerksamkeit bekommt. Irgendwann nehmen die eigenen kindlichen Bedürfnisse und Wünsche überhand vor der Emapthie und man wird eifersüchtig und dadurch gleichgültiger.

Er versteht, dass sein Bruder krank/anders ist, dass ändert aber nichts an seinen Gefühlen. Er empfindet offensichtlich eine Abneigung und da sind größtenteils die Erwachsenen schuld.

Da muss man bedenken, Kinder sind auch von kleinen (gesunden) Geschwistern genervt, wenn die Eltern sie nötigen ständig mit diesen zu spielen und sie überallhin mitzunehmen. Auch in so einem Fall kann man die Geschwisterbeziehung negativ beeinflussen.

Ich selber hatte bzw. habe auch einen "besonderen" Halbbruder und ich wusste nicht was ich mit ihm anfangen soll, dennoch wurde ich ständig genötigt "mit ihm zu spielen", oder auf ihn aufzupassen (was aufs gleiche raukam) und war sehr genervt.
Wegen persönlicher Umstände (Scheidung, Aufmerksamkeit wegen der Behinderung usw.) habe ich ihn regelrecht gehasst. So habe ich es auch als Kind benannt, es ging so weit, dass ich nicht mehr zu meinem Vater wollte.

Nachträglich (als Erwachsene) tut es mir ja wirklich leid, dass ich so viel Abneigung empfunden habe, aber als Kind tickt man eben anders. Ich war egozentrischer und der Raum für die Gefühle anderer war kleiner.

Bindung ist heute keine da, wir leben über 1000 km auseinander.

In der Retrospektive war sicherlich ein großer Faktor, dass er so viel Aufmerksamkeit bekam und wenn er keine bekam, dann sollte ich ihn "beschäftigen". Man will aber als Kind auch Aufmerksamkeit und wahrgenommen werden - Eifersucht spielt da sicherlich eine große Rolle. Letztendlich wollten die Erwachsenen einfach selber "Ruhe" haben und sich nicht kümmern.

Ja! Man sollte das Kind schützen und den anderen Kindern zumindest sagen, dass sie es nicht aktiv mobben sollen. Man kann auch Spiele vorschlagen die Funktionieren, aber man sollte nicht zum spielen drängen. Es ist zu viel, von (kleinen) Kindern etwas zu verlangen, was vielen Erwachsenen schwer fällt.

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Ja, ich kenne das von einer Freundin, die ihre besondere Schwester auch gehasst hat, weil die viel mehr Aufmerksamkeit bekam als die Geschwister.
Bei meinem Neffen ist es gar nicht so extrem, da er bisher ganz viel alleine für sich gespielt hat. Man muss da zwar als Erwachsener immer ein Auge drauf haben, damit kein Unfall passiert (er hat kein Risikogefühl), aber es geht meistens nicht ums Spiel an sich.

Das war bisher. In letzter Zeit sucht er doch oft den Kontakt zu den anderen, aber ist sehr unbeholfen und ja, sie bauen zB eine Höhle und er zieht das Dach weg oder nimmt ein Spielzeug, was aber der andere aufgebaut hatte. Klingt im Grunde ganz normal, es nervt die anderen aber. Auch verständlich.

Wir haben sie nie gezwungen, ihn mitspielen zu lassen, aber würden es eben gern fördern, dass er wenigstens selten mal was mitmachen darf. Er hat eine kurze Aufmerksamkeitsspanne und wechselt sowieso spätestens alle paar Minuten sein Spiel, aber momentan wollen sie ihn so gar nicht dabei haben.

Kann gut sein, dass der ältere Bruder einen gewissen Druck verspürt, sich kümmern zu müssen. Wenn andere Kinder dabei sind, macht er es allerdings gar nicht. Die Eltern sagen öfter was, aber lassen ihn auch sein Ding machen. Er ist wiederum sehr selbstständig für sein Alter und arbeitet oft mit seinem Vater (sie haben einen Hof).

@OmaLiesel, es wäre schön, wenn er wirklich eines Tages auf einer Schreibmaschine was schreiben könnte oder was programmieren. Aber am wichtigsten ist, dass er glücklich leben kann und die Familie auch. Er hat eine geistige Beeinträchtigung, aber noch weiss man nicht genau, bis zu welchem Grad.

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Dass ihr einschreitet ist gut.
Ich würde da zwei Ebenen fahren. Die erste ist, die anderen Kinder aufzufordern ihn zu inkludieren. Wenn gemobbt oder beschimpft wird wäre bei mir der Ofen aus. Da sässen alle 1/2 Stunde bei den grossen ohne spielen, also Sanktion.
Und wenn du einforderst, nicht nur fordern, denn ich vermute das „wie“, das können sie noch nicht umsetzen. Gib ihnen Anregungen wie er sich beteiligen und ins Spiel integriert werden kann sodass er einen Beitrag leisten kann. Mir fällt gerade kein besseres Beispiel an, aber als mein Kleiner auf einem Indoorspielplatz das Riesensteine-Legohaus eines anderen Kindes nicht „richtig“ bauen konnte hat die Mama des Grossen meinen Pimpf die Steine „fest klopfen“ lassen. Er konnte mitspielen und war hilfreich. Das fand ich so genial gelöst. Das habe ich mir gemerkt. (Danke Unbekannte Mami).

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Das ist jetzt nicht böse gemeint aber glaubst du das die anderen Kinder mit ihm spielen würden wenn sie wegen ihm bestraft werden? Ich glaube nicht das das förderlich ist 😬, im Gegenteil das verstärkt doch noch die Antipathie.
In meiner Kindheit hatten 2 meiner Freunde ständig ihre jüngeren Geschwister im Schlepptau und wir haben das gehasst und dann natürlich an denen ausgelassen, was wiederum dazu führte das die sich zu Hause beschwert haben und die Geschwister noch mehr Ärger bekommen haben. Es war ein Teufelskreis den keine Seite wirklich durchbrechen konnte.
Wenn sie nicht mit ihrem Cousin spielen wollen finde ich das legitim, man muss nicht jeden mögen und mit jedem auskommen. Allerdings sollten die Erwachsenen wirklich ein Auge darauf haben und den Jungen wegholen ehe es eskaliert.

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Dass die Kinder sich so verhalten, ist normal. Kinder sind keine von Natur aus guten Wesen, Mobbing gehört zum Gruppenverhalten des Menschen. Dagegen muss man anerziehen und sozialisieren, immer wieder. Ihr solltet allen Kindern in der Familie vermitteln, welche Besonderheiten xy hat und die Erwartung markieren, dass er mitspielen darf. Er kann bestimmt entsprechende Rollen einnehmen, muss halt anfangs evtl. begleitet werden. Wenn sie ausfällig werden oder ihn mobben, sind entsprechende Wiedergutmachungsmaßnahmen als Konsequenz dringend angemessen - Bild malen als Entschuldigung z.B., selbst Vorschläge notieren (malen), wie sie ihn besser einbinden können usw.
Der gesunde Bruder von xy ist eine andere Baustelle, da sollten die Eltern informiert werden und entsprechend gestützt. Geschwisterkinder von behinderten Kindern haben es nicht leicht, sie sind nie im Fokus und oft nur nebenher, zwangsläufig. Es gibt z.B. extra Freizeitgruppen und auch Gruppenfahrten für solche Kinder von den Sozialverbänden, z.B. von der Lebenshilfe.