Beziehung zur Mutter

Als erstes möchte ich sagen, dass ich meine Mutter liebe, auch wenn der folgende Text vermutlich nicht so klingt.
Vor ca. 2,5 Jahren ist mein Vater verstorben. Seit dem klammert meine Mutter an mir. Mir ist auch erst nach dem Tod meines Papas aufgefallen, wie unselbstständig sie ist, nicht aus mangelden Fähigkeiten sondern eher aus mangeldem Selbstbewusstsein. So hat sie zwar den Führerschein und ein Auto, aber fahren tut sie nicht, sie wüsste auch, wie man Handwerker ins Haus holt, aber anrufen tut sie nicht ("Ich kenne mich ja nicht aus, kenne keinen, was ist, wenn der mich betrügt")
Gerade am Anfang der Trauerphase habe ich sie auch gerne unterstützt und habe ihr in vielen Belangen unter die Arme gegriffen. Dabei ist mir aber nicht aufgefallen, dass ich nun fester Teil ihres Tagesablaufs geworden bin. Einen Tag nicht melden ist eine Tragödie und wenn ich mal keine Zeit habe ist sie unendlich traurig. Mittlerweile fällt mir auf, dass ich Sachen nicht mehr mache um sie nicht zu beunruhigen bzw. nicht allzu lange allein zu lassen.
Ich hätte gern mein "altes" Leben zurück, eins in dem ich unabhängig war und meine Familie mich nicht ständig brauchte. Ich weiß allerdings auch, dass meine Mama sonst niemanden mehr hat und möchte sie ungern "verstoßen". Ich weiß, ich sollte mich abgrenzen, aber ich weiß nicht wie.

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Ich würde das Gespräch mit ihr suchen und ihr liebevoll, aber bestimmt, nahelegen, etwas selbständiger zu werden.
Sag ihr, dass du sie dabei gerne unterstützt, sie sich aber gewisse Dinge selber aneignen muss.
Vielleicht wäre es ein guter Anfang, wenn sie ein paar "Auffrischungs-Fahrstunden" machen würde.

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Guten Abend Unentschlossene,

beim Lesen deines Beitrags konnte ich dir einiges Nachempfinden und verstehe dich total.

Bis vor kurzem ging es mir ähnlich, jedoch wegen Trennung der Eltern. Als einziges Kind und Tochter war ich für den jeweiligen Elternteil "Helferin", "Seelenmülleimer", "Betreuerin" usw.

Nenn es wie du willst, ich habe mich gefühlt, als hätten wir die Rollen getauscht.
Und schlimmer.

Denn, obwohl ich erwachsen bin und mein eigenes Leben lebe, wurde ich auch wie die "beste Freundin" behandelt und bekam Sachen zu Ohren, die ich als TOCHTER nicht hören und wissen will!

Mir wurde diese Belastung irgendwann zu viel und anstatt früh genug Grenzen zu setzen und das Gespräch zu suchen, explodiert ich und es sprudelte nur so aus mir heraus.

Meine Mutter war schockiert und auch verletzt.Ich habe mich zurück gezogen.
In der Zeit passierte aber auch folgendes:

Sie dachte wohl über vieles nach, besorgte sich ein eigenes Konto, nahm Kontakt zu einer früheren Freundin auf (trifft sich bis heute regelmäßig zum Kaffee und Quatschen) und wurde selbständiger.
Ich stand ihr mit Hilfe zur Seite, wenn sie sie tatsächlich brauchte. Aber ich habe meine Hilfe verweigert, wenn ich der Meinung war, sie schafft das selbst (z.B. ein Telefonat mit einer "offiziellen" Stelle führen).

Und deshalb möchte ich dir einfach raten, das Gespräch zu suchen und klar aufzuzeigen, wie du dein Leben lebst willst und wo deine Grenzen sind.
Es ist wirklich nicht einfach, seine eigenes schlechtes Gewissen zu unterdrücken wenn man "nein" sagt obwohl die Mutter um Hilfe frag. Bleib trotzdem stark.... im Gespräch und auch später!

Viel Glück!!!

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Liebe TE,

darf ich mal fragen wie alt deine Mutter ist? Arbeitet sie noch? Hat sie Hobbies oder Freunde? Ich denke deine Mutter brauch eventuell psychologische Hilfe. Vielleicht besteht die Möglichkeit sich einer Trauergruppe anzuschließen.

An deiner Stelle würde ich mit deiner Mutter liebevoll aber bestimmt reden. Zeige ihr die Möglichkeiten auf. Falls sie nicht arbeiten sollte, wäre eine ehrenamtliche Tätigkeit vielleicht etwas für sie.

LG Hinzwife

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Wir haben eine ähnliche Situation. Mein Schwiegervater verstarb völlig überraschend. Seine Frau (nicht die Mutter meines Mannes, aber die 2 sind halt auch schon 20 Jahre zusammen/verheiratet gewesen) ist null selbstständig.

Das war für mich jetzt machbar, da schwanger und im BV, ich konnte ihr viel helfen. Das geht erst seit 6 Monaten so und natürlich ist es nicht meine Mutter, aber ich hab gemerkt, ich muss mich langsam abgrenzen. Sonst wird das alles „selbstverständlich“.

Sie kann z.B. keine Mails schreiben. Ich helfe ihr gerne, aber es soll dann just genau jetzt sein! 🙄 inzwischen sage ich dann „probiere es doch mal, schaffst du es nicht, gucke ich morgen nach!“ oder so.

Ich glaube auch, dass ihr psychologische Hilfe gut tun würde, sie hat auch schon paar mal überlegt, aber macht es doch nicht… aber ich kann (und will) das nicht „ausbaden“/ersetzen.

Mein Rat ist daher auch: schlag ihr mal ne Trauer-Selbsthilfegruppe vor oder sowas. Vllt hilft ihr das! :) und ansonsten Grenzen setzen. Das geht ja behutsam und trotzdem deutlich! ;)

Alles Gute euch!

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Das kommt mir nur allzu bekannt vor.. Mit 40 musste ich lernen wie ich mich von meiner Mutter abkapsle.

Sie hat mehrmals am Tag angerufen, ich bekam regelrecht Aggressionen und schmiss das Handy öfters durch die Gegend. Sie ist eine gute Mutter gewesen, aber ich blieb immer ihr kleines Mädchen und hat sich auch über Gebühr in privates eingemischt.

Darüber reden konnte ich mit ihr nicht. Sie ist absolut Harmonie süchtig, offenen Streit gibt es bei uns nicht.

Höhepunkt war dass sie eines Tages 5-6x anrief weil sie merkte dass ich noch innerlich von ihr entfernte.

Ich ging auf Distanz und sie lernte mit den Jahren das zu akzeptieren. Mittlerweile verstehen wir uns wieder sehr gut.

Du wirst nicht umhin kommen sie auf Distanz zu bringen, wenn du dein Leben zurück haben willst. Heb nicht ab wenn sie anruft, halte die Gespräche kurz. Wenn sie rumjammert beende das Gespräch.. Du bist nicht ihr seelischer Müllkübel. Du verstößt sie nicht, aber das klammern kann einen innerlich kaputt machen und extrem auf die Nerven gehen.

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Hallo,
oh ich kenne das nur zu gut....und weiß leider auch nicht wirklich, wie ich mich angrenzen kann.Etwas versuche ich es gerade ,sonst gehe ich kaputt.
Mein Vater ist im Mai diesen Jahres gestorben....nach 57 Jahren Ehe .
Meine Mutter fast 78 Jahre ist in den letzten Jahren völlig unselbständige geworden.
Ich habe bis zu 10 Anrufe am Tag....mein Telefon ist jetzt lautlos gestellt und ich gehe nicht ran.Das kann ich mittlerweile...auf dem Handy darf sie nur bei Notfällen anrufen.Nachts stelle ich das Telefon wieder an....für den Notfall.
Ja ,dass ist hart aber wir telefonieren täglich 1x und das muss reichen.
Ich liebe meine Mutter ,wir hatten immer ein gutes Verhältnis aber rund um die Uhr erreichbar sein muss ich mit 50 Jahren wirklich nicht mehr. Ich kann auch nicht mehr....ich habe auch noch einen Bruder aber der kann sich besser abgrenzen.
Ich muss mich mit 50 Jahren auch nicht erklären,warum ich nicht zu Hause bin,wo ich bin und wann ich wieder nach Hause komme.Das habe ich ihr letztens in einem Streit versucht klar zu machen....danach war sie beleidigt.
Auch rufe ich sie in meinem Urlaub nicht täglich an....das muss sie akzeptieren.
Ich besuche sie jeden Sonntag und 1x unter der Woche,helfe ihr beim Staubsaugen, Betten beziehen und Haare waschen....wir trinken Kaffee und ich helfe beim Einkaufen.
Aber ich habe auch Mann,Kind ,Beruf und Hobbies.
Ich kann nicht ihr Leben leben.
Als es letztens ganz schlimm war habe ich sie gefragt was ich tun soll...ob ich wieder bei ihr einziehen und meinen Mann verlassen soll? Das hört sich hart an...aber die letzten Monate waren wirklich schwer für mich.... natürlich für sie auch aber sie ist gesund und ganz mobil.Sie muss sich ihr Leben alleine einrichten.Wir sind Familie und auch immer da für sie ....aber nicht 24/7.
Liebe Grüße