Tochter und Mutter

wie lernt man Gelassenheit?
Ich frage das als Mutter von mehreren Kindern.
Lange Zeit war die mittlere (18) mein Sorgenkind, aber mir auch wahnsinnig nah.
Sie ist ein tolles Mädchen, klug, hübsch.
Leider musste sie in den letzten zwei Jahren einige herbe zwischenmenschliche Enttäuschungen einstecken durch vermeintliche Freunde und hat vor ein paar Wochen endgültig mit ihrer vertrauten Clique gebrochen. Da ging es um Verliebtheit und dumme Gerüchte.
Mein Problem ist, sie hat ihr Strahlen verloren, ist so schnell aggressiv gegen alles und jeden. Ich denke, sie ist unglücklich und könnte das auch verstehen, aber das streitet sie vehement ab - die Freunde waren alles nur Idioten.
Mich macht ihr Verhalten uns gegenüber, ihre Aggressivität momentan in jeder Lebenslage total fertig und ich bräuchte dringend Gelassenheit und Gottvertrauen, dass das alles wieder besser wird. Das hab ich aber nicht.
Sie tut mir leid, ich würde ihr gern helfen und kann das nicht.
Sie weiß, dass sie zu mir kommen kann, tut das aber nicht. Ich denke, sie weiß selbst nicht was mit ihr los ist.
Ich will so gern immer ruhig und lieb reagieren auf sie, aber ich schaffe das nicht und so eskaliert es hier fast täglich.

Bearbeitet von AusdemTakt
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Ich denke, dass ihre Wut ganz normal in so einer Situation ist und auch das Leugnen von Problemen. Sie befindet sich auf die eine oder andere Art in Trauer und das sind zwei typische Trauerphasen.

Mein Bruder ist vor ein paar Monaten von seiner Frau verlassen worden und hat ähnlich reagiert in den ersten Wochen. Bei ihm setzt so langsam die Akzeptanz ein. Aber das hat gedauert.

Du kannst ihr nur beistehen und zuhören. Wenn sie darüber reden möchte, wird sie das tun. Und wenn sie die ganze Zeit über alles andere reden möchte, dann versuch nicht, dass Thema wieder auf den Tisch zu bringen. Auch ihre Wut solltest du ihr zugestehen. Das heißt natürlich nicht, dass sie die an dir auslassen darf, aber wütend darf sie sein. Meinem Bruder hat es ganz oft geholfen, wenn er seine Wut einfach äußern durfte und wir diese nicht bewertet haben.

Und ja ich weiß, dass das unglaublich schwer ist und wenn es das eigene Kind ist, ist es wahrscheinlich noch viel schwerer. Dafür ist die Beziehung zu meinem Bruder jetzt so eng wie zuletzt in unserer Kindheit.

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Hallo du Liebe,
ja, schwierige Frage. Wir Muttertiere möchten unsere Kinder so gerne glücklich sehen, Wege ebnen, trösten, heile machen... Die schwere Herausforderung: Loslassen.
Deine Tochter ist den Jahren nach erwachsen und hat vielleicht ihre erste richtig schwere Entscheidung getroffen mit dem Kontaktabbruch zur alten Clique. Ich finde das bemerkenswert, es zeigt Kraft und Selbständigkeit. Natürlich ist so ein Bruch nicht einfach wegzustecken. Es ist aus meiner Sicht aber auch ziemlich normal, dass deine Tochter sich nicht in deine tröstenden Arme flüchet, sondern ihren eigenen Weg finden will. Dass du ihre Trauer und Wut abbekommst zeigt, dass sie sich bei dir so sicher fühlt, dass diese Gefühle raus dürfen. Schön ist was anderes, ich weiß. Du mußt keine Übergriffigkeiten aushalten.
Vielleicht könnt ihr in einem ruhigen Moment Regeln verabreden wie stop-Signal oder Raum verlassen?
Ich weiß nicht, was bei euch eskaliert, ob es um Diskussionen geht oder Geheimnisse oder praktische Dinge, wahtever. Vielleicht kannst du etwas Gelassenheit finden, wenn du dich wieder mehr auf dich selbst fokussierst. Ein altes oder neues Hobby aktivieren, gut für dich sorgen. Deiner Tochter Zeichen geben, vielleicht das Lieblingsessen kochen oder ab und zu den Lieblings-Smoothie vom einkaufen mitbringen...
Nicht zuletzt: Wir alle wachsen an Herausforderungen. Gerade die schwersten Zeiten machen uns zu wachsamen, empathischen und doch auch wieder strahlenden Menschen.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft, ganz viel Geduld und sende Herzgrüße!