Wahrnehmung Eltern und erwachsene Kinder

Sagt mal, kennt ihr das Problem, dass Eltern und Kinder sich total anders erinnern? Ich wurde neulich Zeuge eines Gesprächs zwischen einer Mutter, 80, und dem Sohn, 51. Es ging da um Schläge mit dem Teppichklopfer. Laut Mutter waren diese ganz
Leicht, aber sie habe das Teil benutzt, weil die Hand zum Streicheln da sei. Der Sohn hingegen wurde in seiner Erinnerung fast täglich halbtot geprügelt.

Eine ähnliche Diskussion hatte ich auch schon mit meiner Mutter. Oder oft so Banalitäten. Wurde das Kartoffelpüree früh aus Pulver angerührt oder aus Kartoffeln frisch hergestellt? Wurde das Gemüse aus der Dose samt Flüssigkeit im Topf erhitzt oder normal zubereitet? Wer in der Familie hat mir als frischgebackene Pferdebesitzerin damals diesen Sauerbraten untergejubelt? Wer von uns Schwestern hatte Probleme, nichts trocken zu werden, und wie wurde damit umgegangen? Wer hatte den roten Schlafanzug und wer nie einen blauen getragen?

Meine Erinnerung deckt sich oft mit der meiner Schwester, auch wenn natürlich manchmal Eibe etwas noch weiss, was die andere längst vergessen hat. Meine Mutter hst mur manches von früher mehrmals erzählt, und es war immer gleich, aber vieles war in ihrer Erinnerung anders oder gar nicht existent.

Und jetzt habe ich erstmals erfahren, dass es woanders auch so war (bei meiner Mutter und Oma meines Wissens nie). Kennt ihr das auch, als Eltern oder als Kinder?

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Vieles geschieht meiner Ansicht aus Selbstschutz.
Negative Geschehnisse werden verdrängt, das ist Selbstschutz. Manchen bewusst und vieles unbewusst.

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Nunja, es ist immer ne Wahrnehmungssache. Schläge gehen natürlich nicht, aber wenn du grade meine 4jährige fragst, habe ich ihr vorhin vermutlich eine Chilipaste aus die gerötete Stelle neben der Nase geschmiert. Die hat 10 Minuten gebrüllt dass ich es wegmachen soll und „auaaaaa“. Dabei wars ne stinknormale Wund- und Heilsalbe.

Dass man bei mehreren Kinder mal die Eigenheiten, Besitztümer und Co durcheinander bringt finde ich auch normal. Als meine große Baby war dachte ich ich werde mich an jedes bisschen erinnern. 🤣

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Also bei uns war es schon als wir Kinder waren ganz normal dass die Eltern immer das falsche Kind mit Sachen verbunden haben. Lieblingsessen wurde vertauscht. Der eine hat nen Termin mehrmals erzählt bekommen, der andere dafür garnicht. Kinderstorys wurden dem falschen Kind zugeordnet. Solche Sachen halt.

Drei Kinder in 4 Jahren, ich frage mich wie meine Eltern das damals mit uns überhaupt geschafft haben. Da waren solche Kleinigkeiten nicht wichtig. Meine Oma hat sowieso nur in 50% der Fälle den richtigen Namen zugeordnet. Also noch weit bevor sie dement wurde. Ist also vielleicht auch ne genetische Komponente.

Wir sind daher bei uns in der Familie sehr entspannt. Einzige wichtige Regel: Niemanden mit dem Namen vom Hund der UrUrOma (oder so) ansprechen. Da ist meine Tante mal ausgezuckt. Alles andere ist nicht so schlimm. 😉😅 Und wir Geschwister tauschen uns regelmäßig aus was gerade bei meinen Eltern läuft und wer welche Einladung nicht bekommen hat.

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Hallo,

meiner Erfahrung nach hängt das nicht mit einer unterschiedlichen Wahrnehmung zusammen, sondern mit dem Verdrängen oder auch Schönreden von Fehlern, die man in der Vergangenheit begangen hat. Meine Mutter z.B. verdreht die Wahrheit, um besser dazustehen.

LG

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Ich glaube das ist oft so das die Wahrnehmung die man aus der Kindperspektive eine andere wie aus der erwachsenen Perspektive ist . Manche Erinnerungen verschwimmen mit Zeit auch oder geraten in den Hintergrund . Als Kind und Jugendliche habe ich manches auch anders wahrgenommen / teilweise nicht verstanden was ich heute insbesondere seid ich selber Kinder habe verstehe . Ich verstehe jetzt z. B. viel besser warum meine Eltern damals von uns Kindern teilweise genervt waren wenn wir von draußen nach drinnen und von drinnen nach draußen gelaufen sind aus ihrer Perspektive fühlte sich das so an als hätten wir dies alle paar Minuten getan aus unserer Kinderpespektive fühlte es sich das anders an wir haben das gar nicht bzw. ganz anders war genommen . Oder Streitereien unter uns Kindern aus unserer Wahrnehmung war das gar nicht so schlimm unsere Eltern dagegen erinnern sich noch gut wie oft wir Kinder uns gezankt haben.

Bearbeitet von forentante
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Die Wahrheit verdrängen Gewalt- oder Missbrauchsopfer üblicherweise im Rahmen einer Traumatisierung.

An halbtot prügeln mit dem Teppichklopfer kann ich aber nicht glauben, das tut kaum weh.

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Ich kenne das Phänomen und glaube, dass das durchaus was mit der unterschiedlichen Verknüpfung von Emotionen zu tun hat. Wenn mich eine Sache stark emotional mitgenommen hat, dann ist sie mir sehr präsent im Kopf. Meine Mutter neigt dazu, ihrer Meinung nach Banalitäten gerne Mal anders abzuspeichern als ich. Wir bekommen uns da auch regelmäßig in die Haare.

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Natürlich spielt die Wahrnehmung eine große Rolle, was auch eine Rolle spielt, wie emotional manche Ereignisse für einen selbst waren. Für Eltern sind andere Dinge emotionaler als für die Kinder, allein dadurch können unterschiedliche Sichtweisen entstehen.
Ich weiß, dass ich früher oft solche Gespräche mit meinen Eltern hatte, vorallem mit meiner Mutter, und ich empfand es als sehr frustrierend, wenn sie Ereignisse völlig anders erzählten, als ich sie in meiner Erinnerung habe. Jetzt allerdings wo ich selbst Mutter bin, komme ich in gleiche Situationen mit meinem Kind und bin plötzlich in der Rolle meiner Mutter. Wenn mein 15-jähriger Sohn eine Situation beschreibt, die er als 5-jähriger erlebt hat und felsenfest darauf besteht, es war so und ich genau weiß, dass es eben komplett anders war, muss ich dann vor mich hin schmunzeln. ;-) Der einzige Unterschied zu meiner Mutter ist, dass ich nicht so darauf beharre, dass ich im Recht bin, weil ich genau weiß, dass mein Sohn mir nicht glauben wird. ;-)