Der neue Teil der Familie…

Hallo,
Ich versuche es kurz zu halten aber ich weiß nicht ob mir das gelingt also schonmal sorry, falls es länger wird

Mein Mann (45) und ich 43) lernten uns vor 20 Jahren kennen. Ich habe als kinderkrankenschwester gearbeitet und mein Mann war Architektur Student. Von Hause aus, komme ich eher aus einer zerrütteten Familie. Wechselnde Partner beider Eltern, Alkoholkonsum und auch anderer Konsum waren fast ihr täglich Brot, dazu wirklich kein schöner Umgang zuhause. Ich bin mit 17 ausgezogen, habe mein Abitur dennoch beendet und die Ausbildung begonnen. Ich habe zwei Schwestern zu denen ich bewusst vor 10 Jahren den Kontakt abgebrochen habe und auch zu meinen Eltern besteht so gut wie kein Kontakt. Mein Vater ist sogar immer wieder ohne Wohnsitz und ich musste ds für mich einen Schlussstrich ziehen. Mein Mann ist adoptiert in einer sehr gut situierten Familie aufgewachsen und hat mir wirklich gezeigt, wie es auch anders geht. Wir führen eine liebevolle, ausgeglichene und harmonische Ehe ( in großen und ganzen), haben uns viel aufgebaut. Haben ein Haus gekauft und umgebaut, mein Mann ist selbstständig und ich habe arbeite seit 1,5 Jahren auch endlich wieder in meinem Beruf ( musste einige Fortbildungen und Weiterbildungen absolvieren und musste viel Energie investieren um überhaupt eine Chance zu haben )..
wir haben 3 Kinder (10,7,5).

Das zur Vorgeschichte.
Vor einem Jahr in etwa nahmen die leiblichen Geschwister von meinen Mann Kontakt zu uns auf.
Es tut mir leid, verurteilt mich für meine denkensweise aber schon beim ersten Treffen war mir klar: die sind so wie meine Familie.
Mein Mann war perplex, fast gelähmt. Natürlich hatte er sich immer gefragt „woher komme ich eigentlich?“ und ob es Geschwister gibt oder ob seine leiblichen Eltern überhaupt noch lebten.
Ja, das tun sie und wie! Mein Mann war natürlich neugierig und offen und aufgeregt und irgendwie hat er sich auch ein bisschen gefreut. Von Woche zu Woche lernten wir jemand neuen aus der Familie kennen. ( sie ist riesig!) tja und jetzt sind wir da irgendwie drin.
Wir waren nun auf zwei Geburtstage und es war wirklich der Wahnsinn. Wie früher. Nach dem zweiten Geburtstag habe ich einen weinanfall bekommen und habe gesagt, dass ich damit abgeschlossen habe.
Natürlich ist auf diesem Geburtstag nichts schlimmes in dem Sinne passiert. Aber das Niveau was dort herrscht, die Umgangsformen, ständig wird über Ausländer hergezogen, politischer Schwachsinn verbreitet und alles schlecht geredet. Es gibt keinen Klimawandel, keine Wasserknappheit… ach ich könnte ewig so weitermachen, der Konsum von harten Alkohol und Rauchen in der Wohnung, obwohl Kinder anwesend sind. Ich habe das ganze nach zwei Stunden abgebrochen und war echt völlig fertig. Mein Mann findet das ganze bisher noch recht interessant und lässt das ganze überhaupt nicht so an sich ran. Mich macht es allerdings ganz kirre. Einige Cousinen von unseren Kindern sind in dem Alter und etwas älter als meine große Tochter. Meine große Tochter findet die natürlich total cool. ( das sind halt so Mädchen wie ich es war , haben alle Freiheiten der Welt, weil sie zuhause einfach keine Aufmerksamkeit bekommen..) Kinder laufen in dieser Familie natürlich auch völlig nebenbei. Fernseher den ganzen Tag ( aber im eigenen Zimmer natürlich) Hauptsache Ruhe! Das sagen sie auch genau so. Ich ertrage das einfach nicht. Allerdings will ich meinem Mann das irgendwie auch nicht nehmen. Irgendwie möchte er sie kennenlernen und irgendwo ganz tief in mir drin, verstehe ich es sogar.

Mein Mann versteht auch mich- er weiß, wo ich herkomme aber er denkt so schlimm wären sie nicht. Doch ich glaube ziemlich sicher, dass sie sich bisher immer noch zusammenreißen vor uns und es irgendwann eskalieren wird. Tut es nämlich sehr häufig in solchen Gesellschaften.

Wäre die Idee: das er weiter ohne uns hingeht, wenn er denn unbedingt möchte, ein no Go? Meine große Tochter wird sicher rebellieren, die anderen beiden nicht.

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Diese Frage kann dir eigentlich nur dein Mann beantworten. Wie geht es ihm damit, wenn du dich rausziehst, wie geht es dir damit, wenn du es nicht tust, was sind deine Ängste, braucht er euch dabei oder geht es gut ohne.... Das alles müsst ihr offen miteinander besprechen.

Aus meiner Sicht bist du der neuen "Familie" zu nichts verpflichtet. Das einzige, was zählt, ist in meinen Augen, dass du für deinen Mann da bist, wenn er dich bei der Aufarbeitung braucht, jedoch ohne dich selbst dabei in schlechten Gefühlen zu verlieren. Es hat ja niemand etwas davon, wenn du dich psychisch daran aufreibst.

Dein Mann sollte für sich selbst entscheiden, wieviel Kontakt er braucht.

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Ich verstehe total, dass es dir sämtliche Nackenhaare aufstellt.
Du bist in einem ähnlichen Umfeld groß geworden und hast unter der Situation wahrscheinlich brutal gelitten.

Dein Mann jedoch kennt sowas zu seinem Glück nicht.
Zudem hat er nun endlich seine Familie kennen gelernt, wonach er sich wahrscheinlich auch sein Leben lang schon sehnte.

Ich denke, die Familie kann sein wie sie will - er ist geflasht und hat die rosa Brille auf.

Er weiß nicht, wie es ist, wenn man sie täglich ertragen müsste und kann (zumindest derzeitig noch) komplett drüberstehen.

Es würde wahrscheinlich nichts nutzen, ihn von ihnen distanzieren zu wollen. Zumindest nicht, ohne dass es den Anschein machen würde, du möchtest ihm was "vermiesen". Auch deine Tochter würde womöglich so denken.

Ich würde es tatsächlich so machen, dass ich ihn alleine zu Besuch schicken würde und mich selber etwas zurück nehmen würde. Wenn er seine Familie etwas näher kennen gelernt hat, wird er deine Meinung vermutlich eher teilen. Gib ihm die Chance, sich seine eigene Meinung zu bilden.

LG

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Dein Mann findet es "interessant". Er will wissen, wo seine Wurzeln herkommen. Auch ich fand das interessant, als ich meine leibliche Familie kennenlernte. Zum Glück war ich aber erwachsen und habe relativ schnell differenzieren können. Gib deinem Mann Zeit und drängen ihn zu nichts. Wenn du irgendwo nicht hinmöchtestest, ist das legitimin, aber unterstützen deinen Mann 😊

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Ui, schwierig. Ich würde deinen Kindern das nicht antun. Dein Mann hat ein Bedürnis, diese Leute näher kennenzulernen. Das muss er wohl befriedigen. Hängt deine ältere Tochter sehr an diesen Mädchen? Vielleicht kann man die Cousinen ja auch zu euch einladen.

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Ich, als adoptiertes Kind, sage mal ganz nüchtern, laut Gesetz ist das nicht der neue Teil der Familie, in keiner Weise. Durch die (Kinds)Adoption wurde jegliches varwandtschafliche Verhältnis zu deinem Mann gekappt. Das sind keine Onkel, Tanten oder Cousinen deiner Kinder, das wäre sie, wenn die biologischen Eltern nicht vor über 40 Jahren diese Entscheidung getroffen hätten.
Natürlich könnte deinem Mann die emotionale Komponente einen Strich durch die Rechnung machen oder aber er merkt, wie sein Leben hätte sein können, wenn er dort geblieben wäre.

Lass ihn das ganze beobachten, vielleicht merkt er schnell, dass es nicht seins ist, aber du musst mit diesen Fremden nicht Familie spielen.

Für adoptierte Kinder mag es interessant sein, (definitiv nicht für alle) wo die biologische ist, aber Blut ist zum Glück nicht alles. Wenn er intelligent ist, wird er die Segnungen erkennen, die ihm Dank seiner Adoptivfamilie zu Teil wurden. Jetzt ist es noch vieles neu, lass ihm Zeit alles zu verarbeiten. Du betrachte es von außen, ohne diese Menschen als Familie zu sehen, das hilft.

Ich weiß, wo ich gelandet wäre, wenn meine leibliche Mutter und ihr Bruder nicht diese Entscheidung getroffen hätten. Dafür bin ich dankbar.

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"Wäre die Idee: das er weiter ohne uns hingeht, wenn er denn unbedingt möchte, ein no Go?"

Nein natürlich nicht, wieso auch? Das ist doch perfekt. ER kann seine Familie kennen lernen und du musst mit denen nichts zu tun haben und kannst dich rausnehmen. Wenn eure Tochter mit will, dann soll sie das. Wegen ein paar Besuchen wird sie nicht zum Zombie mutieren. Du machst dir viel zu viele Gedanken.

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Er soll alleine hingehen. Hoffentlich sieht er ein, dass es auch kein Umgang für deine Tochter ist. Das ist der Punkt wo es schwierig wird, weil das Mädel die tollen neuen Cousinen die alles dürfen cool findet.

Du hast aber gute Argumente zur Hand. Biete deiner Tochter Alternativen und lenke sie ab. Viel Erfolg..

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*eure Tochter..
Der Vater hat da ein Wörtchen mitzureden.

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Sry mein Fehler.. Bin jetzt von einer Patchwork Familie ausgegangen.. 🙈

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Die biologische Familie deines Mannes tut dir nicht gut. Daher würde ich zu den Treffen nicht mitgehen.

Allerdings denke ich, dass du zu sehr die Erfahrungen mit deiner eigenen Ursprungsfamilie auf die Familie deines Mannes projezierst. Ich kann mir schwer vorstellen, dass eine riesige Familie nur aus dir vermeintlich unterlegenen Personen besteht.

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Dich triggern die Parallelen zu deiner Familie.....aber es ist nicht deine Familie. Vielleicht das so als Denkanstoß.

Und ich finde nicht, das du deinem Mann da vollumfänglich zur Seite stehen musst, denn es ist ja sein Weg in seine Vergangenheit. Er kann auch niemals so empfinden wie du, denn er lebte dort nie. Ihr habt nicht dieselben Triggerpunkte....er hat nie diesen Alltag gelebt, an den du jetzt erinnert wirst.

Ich denke auch nicht, das man da jetzt auf Familie machen muß. Aber für deinen Mann ist diese Zeit jetzt wichtig um sein Leben rund zu bekommen. Sie haben ihn nicht ohne Grund zur Adoption freigegeben und eine Adoption hinterlässt nun mal tiefe Spuren im eigenen Leben.

Das du nach der zweiten Feier einen Weinanfall bekommen hast, das zeigt mir, das du zwar mit deiner Vergangenheit abgeschlossen hast (im Sinne von Tür zu und weg), aber sie noch nicht aufgearbeitet hast. Und deswegen kann es dich auch so runter ziehen. So gerne du das alles hinter dir lassen möchtest, deine Kindheit ist und bleibt nun mal ein fester Bestandteil deines Lebens und deines Werdegangs. Du hast aber deinen Frieden damit noch nicht gemacht.

Ich denke wirklich, das ihr den aktuellen Weg gar nicht gemeinsam gehen könnt und das ist vollkommen okay. Ihr könnt darüber im Gespräch bleiben, für den anderen ein offenes Ohr haben. Das reicht total aus.

Was eure älteste Tochter angeht, ihr würde ich den Kontakt nicht verbieten, damit machst du eine unnötige Baustelle auf. Ich denke sie weiß das ihr Vater adoptiert wurde, von daher darf auch sie dort ihre eigenen Erfahrungen (gemeinsam mit ihrem Vater) sammeln. Ob das für alle Kidner gelten sollte, da habe ich gerade keine Meinung zu, tendiere aber eher dazu, das du da deinem Mann vertrauen solltest.


Also für mich ist deine Idee überhaupt kein No Go. Nur du solltest dich mit deiner Vergangenheit wirklich noch mal intensiv befassen. Du musst lernen, beide Familien (deine und seine) emotional zu trennen....das du denkst, das es eskalieren wird, macht das eigentlich ganz deutlich. Solltest du recht behalten, dann ist das schade aber lehrreich für deinen Mann. Aber du kannst nicht pauschal seiner Herkunftsfamilie deine Erfahrungen überstülpen, auch wenn dich da einiges triggert.