Hallo zusammen,
gibt es jemanden, der sich auskennt?
Es geht um meinen 75-jährigen Vater. Seine Veränderung ist sowohl meinen Geschwistern als auch meiner Mutter bereits aufgefallen.
Er nörgelt ohne Ende, schwurbelt. Harmonische Treffen sind nicht mehr möglich und gehen ohne sein Dauermeckern nicht vonstatten. Er sitzt am Tisch und fängt an, sich in Rage zu reden. Wenn ich sage, dass ich in Ruhe mit den Kindern die Zeit verbringen möchte, macht er weiter. So groß ist die Wut oder Aggression über alles mögliche: die Politik, seine Bekannten, die ich nicht kenne, ihm unbekannte Autofahrer, die mit Schnee auf dem Dach fahren oder Hundehalter, deren Tiere das Geschäft auf einer Wiese verrichten.
Manche meiner Geschwister meiden mittlerweile den Besuch, meine Mutter jammert ständig, dass das Zusammenleben mit ihm unerträglich geworden sei. Auch an ihr krittelt er rum: falsche Kleidung, falsche Gesprächsbeiträge, Belangloses falsch gemacht.
Er war schon immer sehr impulsiv und hat sich an Kleinigkeiten hochgezogen. Aber in den letzten Jahren ist es sehr unangenehm geworden.
Ich habe nun mal gegooglet und bin darauf gestoßen, dass es Demenzsymptome sein könnten. Kennt sich jemand damit aus, ob dies auch durch ADHS im Erwachsenenalter kommen kann? Ich gehe stark davon aus, dass er ADHS hat, zudem war er ein Frühchen.
Vielleicht hat jemand etwas Input.
Liebe Grüße
Schoko
Veränderungen meines Vaters
Hallo
So fing bei einem engen Verwandten von mir die Demenz an.
Was ich aber schon oft erlebt habe ist, dass Menschen die schon immer etwas motzig waren, im Alter leider eher nicht angenehmer werden, sondern sich das Ganze verschlimmert.
Ich wünsche dir gute Nerven.
LG
Dankeschön!
Hallo, bevor wir wussten, dass sich bei meiner Mutter eine Demenz entwickelt, war sie auch so. Ich glaube, es lag daran, dass sie selbst gemerkt hat, dass irgendwas nicht stimmt und die Fehler im Aussen gesucht hat. Veränderungen hat sie überhaupt nicht mehr ertragen.
Im Umgang war es das beste, immer zuzustimmen und zu denken: Sie ist eben krank.
Wart ihr schon beim Arzt?
Beim Arzt waren wir nicht. "Er ist krank" wiederhole ich auch schon gebetsmühlenartig.
Ich muss mal mit meiner Mutter sprechen. Beide sind gerade dabei, mich mit Vollmachten auszustatten- vielleicht ist es ein guter Zeitpunkt.
Nur aus deiner Erzählung kann das natürlich nicht diagnostiziert werden. Mitspielen kann alles Mögliche an biologischen, psychischen, lebensgeschichtlichen und gesellschaftlichen Faktoren.
Am wahrscheinlichsten sind eine beginnende Demenz oder eine Depression (Altersdepressionen sind von Demenzsymptomen differentialdiagnostisch schwierig zu unterscheiden, da braucht es schon Spezialisten dafür… mit aggressiven Tendenzen geht beides oft einher, bei Männern umso mehr). Auf ADHS hätte ich jetzt nicht als erstes getippt, auch wenn das derzeit eine Modediagnose zu sein scheint, die durch alle sozialen Medien geistert. Demenz oder Depression oder beides sind deutlich wahrscheinlicher.
Ich würde eine gute klinische Diagnostik empfehlen, bei Fachleuten, falls er dazu zu bewegen ist (wird wahrscheinlich schwierig, wenn er zu der Szene gehört, die mittlerweile ein tiefes Misstrauen gegenüber dem ganzen medizinischen System hat).
"auch wenn das derzeit eine Modediagnose zu sein scheint, die durch alle sozialen Medien geistert."
Ich habe ADHS, ordentlich diagnostiziert. Ein Bruder ist auch betroffen. Ich bin ein Abklatsch meines Vaters- unpünktlich, schlecht organisiert, kann schlecht priorisieren, vergesslich, impulsiv, unkonzentriert. Daher gehen wir davon aus, dass er ebenso betroffen ist.
Allerdings begrüße ich, dass vor allem über die sozialen Medien Aufklärungsarbeit geleistet wird in der Hoffnung, dass diese Erkrankung irgendwann nicht mehr bloß mit dem "bockigen Kevin" assoziiert wird und sich Betroffene eher Hilfe suchen.
Er misstraut dem System nicht, würde aber nie deshalb zum Arzt gehen, weil er die Diagnose nicht erhalten möchte. Er gehört zur Fraktion "Kopf in den Sand".
Danke für deine Meinung. Es ist erleichternd, dass eine Demenz nicht die einzige Erklärung ist.
Wenn es ordentlich diagnostiziert wurde, ist das was anderes. Und ja, wenn ihr beide betroffen seid, gibt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass zumindest einer eurer Elternteile auch in diese Richtung geht.
Eine Symptomatik ist trotzdem meistens die Summe verschiedener Faktoren, Stichwort biopsychosoziales Modell. Das heißt, wenn dein Vater ADHS hat, hat er es vermutlich schon sein ganzes Leben lang.
Und dann würde mich aus psychologischer Sicht interessieren: was sind die Faktoren, die dazu geführt haben, dass er früher vielleicht besser damit und mit seinem Leben zurechtkommen konnte und jetzt weniger? Also was spielt alles zusammen, vielleicht eben das ADHS, vielleicht eine Depression, vielleicht abnehmende kognitive Fähigkeiten (kann der normale altersbedingte Abbau sein, kann eine Demenz sein, kann etwas anderes sein)? Vielleicht hat sich auch in seinem Lebensalltag, seinem sozialen Umfeld und seiner Umgebung etwas geändert?
Welchen Belastungen war dein Vater in den letzten Jahren ausgesetzt (die Coronazeit und die damit verbundenen Maßnahmen waren für viele Menschen in vielerlei Hinsicht extrem belastend, manche haben in dieser Zeit auch viele Freunde/Bekannte verloren oder einen komplett neuen Freundeskreis gefunden, sind oft online auf diverse Kanälen, wo man sich gegenseitig in bestimmten Meinungen und Ängsten bestärkt usw.)?
Und ich verstehe, dass du dich freust, dass über die sozialen Medien Aufklärungsarbeit geleistet wird. Ja, es ist wichtig, hinzuschauen, wenn tatsächlich eine Symptomatik besteht, und dann - wie du es ja getan hast - es ordentlich diagnostisch abklären zu lassen. In den sozialen Medien gibt es halt ganz unterschiedliche Qualität, wenn es um ein bestimmtes Thema geht, und ich beobachte da seit Jahren (ich arbeite im psychosozialen Bereich), dass es halt immer irgendein Modethema gibt, das sehr "gehypt" wird und viele Menschen sich dann damit selbst diagnostizieren, ohne es jemals professionell abklären zu lassen.
Das heißt nicht, dass es kein ADHS gibt... aber nicht jeder, der ein Video dazu sieht und sich in irgendeinem minikleinen Teil davon zu erkennen meint, hat ADHS. Und vor ADHS waren das eben andere Themen, mit denen dann auch gefühlt jeder 2. Klient mit einer Selbstdiagnose in die Beratungspraxis gekommen ist. Ich beobachte auch, wie stark identitätsbildend jegliche dieser (oft Selbst-)Diagnosen sind, es baut bei vielen dann das gesamte Selbstbild darauf auf, inklusive diverser manchmal sehr limitierender Glaubenssätze, und ohne eine differenzierte Betrachtung des gesamten Menschen samt all seiner Merkmale, seiner Entwicklung und seiner Umgebung.
Deshalb sehe ich das auch kritisch, auch infolge meiner beruflichen Erfahrung damit.
Liebe Schoko,
Mein erster Gedanke war ebenfalls, dass es nach Demenzerkrankung/Alzheimer klingt.
Ich habe vor einiger Zeit mal gelesen, dass AD(H)S wohl zusätzlich zu verschärften sympotome wie Verstehensveränderung führen kann. Sprich, dass patienten, die an Demenz erkranken und eben auch und ADHS etc leiden nochmal verstärkt aggressiv, impulsiv reagieren.
Letztendlich wird euch nur ein Arzt helfen können. Die Frage ist, wer von euch/seinem Umfeld den möglichen Einfluss auf ihn hat, dass er sich untersuchen und ggf eben auch behandeln lässt.
Vielleicht bekommt ihr hier nochmal genauere und fachliche Unterstützung und Beratung https://www.deutsche-alzheimer.de/
Alles Gute für euch
Vielen Dank für dein Feedback. Zum einen können sich die Symptome verschlimmern, zum anderen sind sie aber auch deckungsgleich. Ich werde mich auf der Homepage informieren. Danke!
Es könnte Demenz sein, muss aber nicht. Letztlich wird euch nur eine Diagnostik beim Arzt weiterhelfen können 😊
Das stimmt wohl.
Hey Schoko,
zu deiner ADHS-Frage kann ich nichts sagen, allerdings bestätigen, dass bei beiden meinen Großeltern so die Demenz angefangen hat. Über die Jahre potenzieren sich Verhaltensmuster, die meist schon vorher da waren. Mittlerweile ist es echt schlimm. Beide sind nur noch unzufrieden, nur noch negativ. Leider kann man da nicht viel machen...
Die Betroffenen selbst nehmen das auch gar nicht so wahr, die Angehörigen dafür umso mehr...ich wünsche euch alles Gute 🍀
So hat beim Freund meiner Schwiegermutter das Alzheimer angefangen. Es wurde wüst über alles geschimpft und mit Sachen geworfen. Ein Jahr später wurde er dehydriert und verwirrt mit dem Auto von der Polizei am Straßenrand ohne Benzin und Wasser aufgefunden, es ging dann sehr sehr schnell bergab. Ich glaube, dass man mit frühzeitiger Medikation noch etwas retten kann, weiß es aber nicht genau. LG
Hey du! Puh eine Ferndiagnose kann und möchte ich nicht machen. Tatsächlich habe ich ähnliche Dinge gehört wenn es um beginnende Demenz ging. Wie ist denn sein Gesundheitlicher Zustand im Allgemeinen? Mein schwiegerpapa ist deinen Beschreibungen sehr ähnlich & hat Leber Probleme. Uns haben Ärzte mal erklärt das seine Launen daher kommen würden. Warum habe ich nicht ganz verstanden wenn ich ehrlich bin aber es kam mir gerade in den Kopf.
Der allgemeine Zustand ist tatsächlich gut. Er hatte schonmal körperlich sehr stark abgebaut, weshalb wir ihn damals zum Arzt schickten. Das war vor knapp 7 Jahren. Damals wurde festgestellt, dass er eine Blutarmut hatte, die durch Darmkrebs ausgelöst wurde. Das Karzinom wurde weggeschnitten, angrenzende Lymphknoten biopsiert. Danach galt er als krebsfrei und geht nun noch regelmäßig zur Kontrolle. Da ist alles unauffällig.
Ich war einfach vom letzten Besuch bei meinen Eltern total erschrocken- wie er sich vor den Kindern benahm. Er hat meine Mutter völlig rundgemacht. Als ich das Baby wickelte, hat er in Anwesenheit des großen Kindes auf meine Mutter eingeschrien. Das waren Zustände, in denen ich nicht mehr alleine mit meinen Kindern hinfahren kann.
So kenne ich meinen Vater nicht.
Irgendwas stimmt da nicht.