Wieso will ich nichts mehr von meinen Freunden wissen?

Hallo,

ich muss heute mal hier schreiben. Und zwar geht es mir schon seit einer Weile so, dass ich keinen Kontakt mehr zu Freunden/guten Bekannten haben möchte/kann.

Es fing vor ungefähr 2 Jahren an, dass ich „einfach so“ zwei Brieffreundschaften (ja, ich bin schon ein älteres Semester und hatte noch 2 Brieffreundinnen, mit denen ich mich schon seit fast 30 Jahren geschrieben habe) nicht mehr geantwortet habe. Das ging dann weiter im sozialen Netzwerk, wo ich auch einige wirklich nette Frauen „kennengelernt“ hatte, zu denen den Kontakt abgebrochen und dann mein Profil komplett gelöscht habe.
Ich dachte mir dann: Solange ich noch meine „echten Freunde“ habe, ist ja alles gut.

Nun mache ich mir aber schon seit einigen Wochen Gedanken, ob ich meine beste Freundin (sie hat am 6.12. Geburtstag) anrufen soll oder nicht. Schon der Gedanke allein erschreckt mich eigentlich, aber ich denke tatsächlich darüber nach, mich einfach nicht zu melden. Und das, obwohl absolut nichts zwischen uns vorgefallen ist.

Das Schlimme ist, dass ich mir noch nicht mal den Grund erklären haben kann, weshalb ich zu Men-schen, die mir eigentlich etwas bedeuten und die eigentlich sehr gern habe, keinen Kontakt mehr ha-ben möchte.
Bei den beiden Brieffreundinnen tat mir das auch total leid, da die sich sicherlich auch Sorgen ge-macht haben und ich wollte mich später nochmal melden, habe ich aber nie. Die Vorstellung, noch Kontakt zu haben, hat mir komplett widerstrebt und mich total überfordert. Irgendwie macht mich das selber total traurig.

Ich weiß, dass wenn man keine Freunde hat, dass das dann wohl richtig Sch… ist. Aber irgendwie komme ich gegen dieses Gefühl nicht an, ihnen nichts mehr mitzuteilen zu haben oder was auch immer.

Kennt das jemand von euch und hat so was Ähnliches schon mal erlebt?

LG Filo #klee

1

Ja, das kenne ich.

Bei einer Freundin war es die Vorstufe vom Burn Out und ging dann wirklich ins Burn Out über.

Bei mir war es zu Beginn der Krankheit. Es dauerte und brauchte jedes Mal neuen Mut, mich den wichtigsten Menschen mitzuteilen: mir geht es nicht gut, ihr seid mir wichtig. Ich kann keinen Kontakt halten.

Bei meinem Vater war es so, als er Wasser in der Lunge hatte und kurz vor dem Herzinfarkt stand. Beim Schlaganfall fand er es noch toll, Menschen um sich zu haben. Als dann Herzprobleme hinzukamen, war ihm alles zu viel. Alles sah nach Depression aus. Nach der Herz-Op, ging es ihm zwar noch nicht gut, aber er freute sich wieder, wenn er wenig Gesellschaft hatte.


Wie sieht sonst dein Alltag aus? Mehr Arbeit? Gleich viel Arbeit, aber schneller ausgepowert als sonst?
Ist die Schilddrüse in Ordnung und auch sonst körperlich alles ok?

Manchmal sind es auch organische Ursachen, die auf die "Fitness" schlagen, was ermüdend ist. Dann bleibt die Kraft nur noch für Essen, trinken, schlafen, das Nötigste. Schöne Dinge werden zur Belastung, weil "eigentlich ist ja nichts", nur müde, ausgelaugt etc.

2

Such Dir umgehend Hilfe. Du bist grade in einem Teufelkreis - alleine findest du da nicht raus und plötzlich bist du dann ganz allein.
Allein schon, dass du dir überhaupt wochenlang Gedanken machst, ob du deine beste Freundin anrufst, zeigt in welch einem Loch du steckst.
Burn out, Depressionen .. es kann viel Gründe haben. Aber gegen diese muss und kannst Du etwas tun. Denk dran es bleibt oft nicht bei diesem Gefühl, sondern der Körper leidet dann oft bald auch.
Sprich mit deinem Hausarzt sofort darüber.

3

Bei meiner Hausärztin war ich schon. Die konnte aber nichts feststellen. Und auf Therapien habe ich keine Lust mehr. Die haben nie wirklich was gebracht.

Mein Alltag ist eigentlich ganz normal. Ich gehe viel arbeiten, tue es aber sehr gern. Meine Arbeit macht mir sehr viel Freude.

Ich kann es einfach nicht nachvollziehen, weshalb ich keine Kontakte mehr möchte. Was mir auch auffällt: Mein Chef z. B. ist ein ganz Netter und er erzählt auch gern und viel. Oft kommt er damit zu mir. Ich will aber eigentlich gar nicht zuhören und am liebsten weggehen. Was natürlich unhöflich wäre und was ich auch nicht mache. Aber ich habe irgendwie grundsätzlich in letzter Zeit ein Problem damit, wenn jemand sich mit mir unterhalten will. Ich will weder zuhören noch antworten.

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Hallo

du bist auf dem Weg dich komplett zurück zu ziehen.
Sogar Gespräche mit deinem Chef sind dir lästig.
Da dies früher nicht der Fall war, würde ich mir therapeutische Hilfe suchen.
Vielleicht findest mit Hilfe heraus, was wirklich dahinter steckt.

L.G.

5

Ich bin z.B. ein Mensch, der ganz viel Zeit für sich allein braucht. Nur wenn ich die habe, kann ich mich, so erholt, in soziale Interaktion stürzen. Als ich noch allein gewöhnt habe, habe ich regelmäßig Wochenenden eingebaut, an denen das Telefon angestöpselt wurde und die Klingel ausgeschaltet.
Mein heutiger Alltag mit Kind, Beruf und Mann macht mich manchmal fix und alle und wenn ich dann mal Zeit habe, will ich die für mich und auf keinen Fall für jemand anderen.
Mir geht es besser, seitdem ich mir bewusst Auszeiten im Alltag gönne. Pausen auf der Arbeit verbringe ich mittlerweile fast immer allein, abends, wenn das Kind im Bett ist, gehören 30 Minuten nur mir.
Danach geht es wieder.
Vielleicht bist du einfach auf, so auf, dass du es gar nicht mehr merkst. Wie wäre es mit einem Retreat statt mit einer Therapie? Ein Rückzug in die Stille ermöglicht dir vielleicht, dich wieder zu spüren. Vielleicht kommst du dann den Ursachen deiner A-Sozialität auf die Schliche.

6

Hallo,

die Zwischenmenschlichkeit ist ein sehr weites Feld!

Viele Freundschaften, Bekanntschaften haben eine Bestandsdauer von so 10-15 Jahren und sind dann quasi aufgebraucht, sie verlaufen dann irgendwie im Sande.

Es gibt aber auch viele andere Einstellungen, Wahrnehmungen.
Unter www.geistundgegenwart.de/2014/08/welcher-misanthrop-bin-ich.html las ich:
"Schopenhauer hat das mit seinem Gleichnis der Stachelschweine beschrieben:

"So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder voneinander ab." (Die Stachelschweine)

Jenseits der Bedürfnisse der Stachelschweine gibt es noch ganz handfeste und jeweils verschiedene Motivationen, die Menschheit zu verachten oder sie mindestens zu meiden."

Ich kenne einige dieser Menschen und sie sind nicht durchweg menschenfeindlich, sie lieben einige verlesene Menschen in ihrem Umfeld und sind auch sonst verträglich, gehen aber halt anderen Menschen aus dem Weg, wollen ihre Ruhe haben.

Vielleicht findest Du ja eine Antwort auf Deine Frage in diesem Umfeld.

Andererseits kenne ich Menschen die fühlen sich einfach unwohl in der heutigen Gesellschaft, sie empfinden dieses gesellschaftliche Leben als falsch, sie empfinden die menschliche Gesellschaft als falsch an.
Einige gingen zu einfacheren Lebensweisen über und fanden so wieder zu sich und zu den dortigen Menschen.

Viel Glück wünsch ich Dir für ein erfülltes Dasein.

Ragnar

7

hallo, ich erkenne mich zu 100% wieder in deinem Text.
ich habe auch sämtliche persönlichen Kontakte in den letzten 8 Jahren , nach dem Tod meines Mannes abgebrochen.
ausser meinen 2 Töchtern und den Enkelchen habe ich eigentlich zu niemandem privaten Kontakt.
ich arbeite Vollzeit und muss 9Std. ohne Pause reden.
da bin ich einfach nur froh , meine Ruhe zu haben , wenn ich zuhause bin.
machmal ruft noch jemand an , will mich zu einem Besuch oder einer Unternehmung überreden , aber es ist mir alles zu viel.
ich nehme schon seit 20 Jahren Antidepressiva und vermute mal , dass es mir ohne noch schlechter gehen würde.
am liebsten bin ich allein zuhause.

du bist also nicht allein damit
#winke