Dilemma Nr . 2 : Verlobter und Vater wurden einander noch nicht vorgestellt

Das mit der Trauzeuginnen Wahl ist nicht das einzige Dilemma, das ich habe.

Ich habe meinen Partner und meinen Vater noch nie einander vorgestellt. Wir leben seit 10 Jahren in wilder Ehe und haben zwei Kinder bekommen in der Zeit.
Ich fühle mich nicht gut dabei, aber ich weiß nicht wie ich am besten mit der Situation umgehen soll also meide ich es komplett.

Mein Vater ist nach der Trennung von meiner Mutter, vor ca. 12 Jahren ausgewandert und hat im Ausland dort neu geheiratet.
Die Trennung war sehr bitter und mein Vater hat meiner Mutter über die Jahre viel Leid angetan, weshalb ich dann auch Partei ergriffen habe, obwohl dies meine Mutter nie wollte.
Zu dem Zeitpunkt als ich meinen Partner kennengelernt habe, war der Kontakt zwischen mir und meinem Vater nicht so Regelmäßig und da er ja im Ausland lebte, fand ich es nicht so wichtig ihm von meinem Freund zu erzählen.
Mein Vater kommt aus einem Kulturkreis wo es sowas wie langjährige Partner nicht gibt. Man ist entweder verheiratet oder Single.
Trotz seinem starken Glauben und seiner strengen Erziehung die er erlebt hatte, ist er sehr liberal im Vergleich zu seinen Geschwistern. Meine Onkel und Tanten verpönnen es dass ich ohne Kopftuch "herumlaufe" und es wurde früher sehr starken Druck ausgeübt.

Zumindest ist es so, dass ich und mein Partner bald heiraten, und viele es komisch finden, dass die sich nicht kennen.

Ich meide die Situation bewusst, weil ich nicht weiß wie beide Parteien aufeinander reagieren werden. Mein Vater ist seit seinem Schlaganfall schwer religiös geworden und mahnt mich immer über das Leben nach dem Tod wenn ich nicht zu meinem Glauben zurück kehre( praktiziere) . Ich habe ihm nach dem Schlaganfall verziehen und wir näherten uns wieder an. Er versucht auch trotz der räumlichen Distanz, eine Beziehung zu seinen aufzubauen und deshalb drücke ich da ein Auge zu.

Zumindest ist mein Partner überhaupt nicht religiös und haltet nicht viel von den Religionen. Mein Partner respektiert gläubige Menschen und paar Bräuche hat er behalten, aber an sich empfindet er Religionen als reine Machtinstrumente der Menschen.

Meine Befürchtung ist, dass meinem Vater das überhaupt nicht passen wird, dass ich einen "ungläubigen" heirate.

Ich habe ihm erzählt dass mein Partner Moslem ist, um ihn zu beruhigen, aber er würde es sicher merken, dass mein Partner es zumindest nicht praktiziert.
Ich könnte wenigstens "So tun" also ob aber mein Partner verstellt sich nicht. Er würde es zb zugeben dass er Alkohol trinkt. Ich tue es zwar auch, aber ich gebe das nicht vor meinen schwer religiösen Verwandten zu.

Ich spüre schon wie sich manche Augen drehen, bei diesem Text, aber es ist in anderen Kulturkreisen etwas anders. Man möchte nicht von seiner Familie verbannt werden. Wenn Leute mir erzählen sie haben kaum Kontakt zu ihrer Familie dann schaudert es mir den Rücken herunter. Es ist schlimm genug dass ich zu meiner narzisstischer Schwester keinen Kontakt habe... ( Dilemma nr. 3 ) aber mehr Leute sollen das auch nicht werden.

Ich weiß, dass mein Vater es zeigen würde, dass er das nicht gut findet, dass mein Partner nicht religiös ist. Und das wäre mir echt super unangenehm.
Zudem schäme ich mich für die Frau meines Vaters. Meine Mutter ist eine gebildete, gestandene Frau und seine Frau ist nicht hell belichtet. Es fällt ihr schwer sich richtig auszudrücken und sie hat sich über die Jahre stark gehen lassen.

Ich würde ja gerne meinen Vater , mit meinem zukünftigen Ehemann, wenigstens einmal besuchen gehen, aber die Frau von meinem Vater hat keine Ahnung wie ein Haushalt zu führen ist. Es ist dort nicht dreckig, aber chaotisch. Mein Vater ist körperlich stark eingeschränkt durch den schweren Schlaganfall den er hatte. Trotz allem, bin ich dankbar dass sie sich um ihn kümmert.

Ich befürchte dass sowohl mein Vater als auch mein Partner gegenseitig auf sich herabschauen werden.
Ich will das nicht "live" mitbekommen noch spüren. Und lebe lieber in der Lüge weiter:

Meinem Vater erzähle ich dass mein Partner aus geschäftlichen Gründen oft nicht zuhause ist ( mein Partner ist tatsächlich geschäftlich viel unterwegs, aber nicht so oft wie ich angebe).

Und meinem Partner erzähle ich, dass mein Vater wegen seiner Gesundheit, nicht in der Lage ist so oft Besuch zu empfangen. Tatsächlich ist mein Vater oft auf Reha etc. aber an sich sind das nur ausreden meinerseits.

Ich will einfach nicht dass sie sich treffen, aus Angst. Beiden will ich die Erfahrung ersparen.
Vlt male ich mir das alles viel schlimmer aus als es ist.
Was mache ich nun vor meiner Hochzeit? Stelle ich sie einander vor und wenn beide sich danach nicht leiden können, dann muss ich das wohl so akzeptieren? Wie springe ich über meinen Schatten?

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Tut mir leid wenn ich es mal so direkt ausdrücke wie ich es verstandne habe. Ich fasse zusammen: Der Großteil deiner Familie ist geprägt von religiösen Fundamentalismus und mittlelalterlichen Moralvorstellungen während dein Partner wohl schon im 21. Jhd. angekommen ist. Die Situation kommt mir bekannt vor, auch wenn meine Familie keine Moslems sind.

Natürlich verträgt sich das nicht. Deine Familie anzulügen ist aber wohl die schlechteste Methode. Ich finde es sogar moralisch verwerflich deine Familie anzulügen nur um deren religiösen Fundamentalismus zu bedienen. Sage ihnen schonungslos die Wahrheit. Entweder sie arrangieren sich damit, dann umso besser - oder halt nicht, dann bist du ohne sie besser dran.

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Hallo,

ich kann die ganzen Kultur/Religion/Familien-Verwicklungen im Ansatz nachvollziehen. Daher die Frage: muss es unbedingt eine große Hochzeit werden? Mit allem drum und dran? Ich meine, ein eher unkonventionelles Leben ohne Trauschein mit zwei Kindern ist ja auch bisher toleriert/akzeptiert/ignoriert worden. Dann heiratet doch nur mit den Kindern. Im Urlaub.

Löst natürlich nicht alle Probleme, v.a. das mit deinem Vater nicht, aber der Druck, dass sich alle an einem Tag besonders gut benehmen müssen, wäre raus.

Alles Gute!
mavikelebek

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Danke aber wir heiraten definitiv groß.
Um die Feier an sich gehts nicht sonder darum dass ich nicht weiß wie ich beide einander vorstelle.. #zitter

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Sorry für die ehrlichen Worte, aber das Problem hast Du Dir durch Deine Lügen größtenteils selber eingebrockt.

An eurer Stelle würde ich Deinen Vater und seine Frau vorher zumindest einmal besuchen und Reizthemen wie Religion, Alkohol etc. komplett vermeiden. Es wäre doch komisch wenn Dein Partner seinen Schwiegervater erst am Hochzeitstag das erste mal trifft. Wenn beide sich nicht leiden können, ist das eben so. Bisher hat es ja scheinbar auch geklappt, dass Ihr Eure Beziehung geführt habt ohne dass mit dem Opa mehr oder weniger regelmäßig Kontakt bestand. Warum solltet ihr das jetzt ändern nur weil Ihr verheiratet seid?

Ich würde allerdings von beiden Seiten Toleranz einfordern. Dein Vater muss akzeptieren, dass Dein Partner kein religiöser Mensch ist. Umgekehrt muss Dein Zukünftiger aber auch akzeptieren, dass sein Schwiegervater körperlich eingeschränkt ist und darunter auch der Haushalt leidet.