Positiver Geburtsbericht (Lang)

Ich hatte eine unkomplizierte Schwangerschaft und wir freuten uns unglaublich auf unser Baby. Allerdings habe ich schon immer Angst vor einer Geburt. In meiner Vorstellung war das schon immer ein sehr schmerzhaftes, blutiges und schlimmes Erlebnis.

Als ich dann selbst schwanger war und wusste, dass ich nun nicht mehr um dieses Erlebnis herumkommen würde, fing ich an mich mit dem Thema zu beschäftigen. Ich wollte nicht die ganzen Monate Angst vor der Geburt haben. Ich beschäftige mich mit verschiedenen Ansätzen und wählte einen Hypnobirthing / Flowbirthing Kurs. Der Kurs fand bei uns Zuhause statt.
Unsere Doula versprach mir nie eine schmerzfreie oder einfache Geburt.
Das Wichtigste was ich für mich aus dem Kurs zog war die Gewissheit, dass ich zu einem großen Teil selbstbestimmt handeln kann und eine Geburt etwas ist, dass Frauen seit tausenden Jahren erfolgreich meistern. Ich weiß, was mir während der Geburt wichtig ist und das lässt mich gestärkt in diese Erfahrung gehen. Falls ich diese Wünsche nicht mehr äußern kann, ist mein Partner auch gut vorbereitet und weiß genau, was mir wichtig ist. Ich wählte zwei Affirmationen, die für mich sehr passend waren. „Geburt ist ein Erfolgsmodell der Evolution“ „Ich bin für jede Wendung bereit, die meine Geburt auch nehmen mag“
Mein Körper schafft das!
Wir hatten uns für die Beleghebammen in Speyer entschieden. Das Hebammenhaus ist an das Krankenhaus vor Ort angeschlossen und somit war auch eine Notfallversorgung gegeben. Entbinden wollte ich aber am liebsten nur mit Hebammen, ohne Ärzte.

In der Woche 38+3 wurde ich dann plötzlich krank. Ich hatte eine starke Erkältung mit Fieber, Halsweh und allem, was dazu gehört. Es verunsicherte mich, frustrierte mich und machte mir Angst. So geschwächt würde ich die Geburt nie überstehen. Freunde und Familie machten mir Mut. Das Baby macht sich erst auf den Weg, wenn du auch bereit bist.
Das gab mir wieder das Urvertrauen zurück. Er wird schon warten, bis wir beide stark genug sind.
Bei 39+4 ging es mir zum ersten Mal wieder gut. Ich fühlte mich stark und bereit. Abends spazierte ich im Garten auf und ab und sagte zu meinem Mann, dass ich mich irgendwie bewegen muss. Ich konnte kaum stillsitzen. Ich hatte keine Schmerzen, aber ein leichtes Ziehen im Bauch und das Gefühl, dass sich eine Anspannung bereit macht.

In der Nacht habe ich sehr gut geschlafen (was die ganze Schwangerschaft über eigentlich kaum der Fall war) und morgens, gegen halb 9 dann ein heftiges Ziehen im Rücken. Geht es etwas los?
Ich wollte einfach nur alleine sein und abwarten, wie es weiter geht. Ich blieb im Bett und versuchte mich noch etwas auszuruhen. Ich rief meine Hebamme und Doula an. Beide sagten mir, dass es dann bestimmt am nächsten Tag los gehen wird. Ich solle etwas spazieren gehen, baden und mich ausruhen. Ich war extrem unruhig! Ich ging ins Bad (ca. 10:30 Uhr) und stelle mich unter die heiße Dusche. Ich hatte aber auch hier keine Ruhe. Das Ziehen wurde stärker und ich ging in die Badewanne. Die Wellen kamen nun heftiger und auch schon alle 20 Minuten. Ich wusste, dass es jetzt los gehen wird und ich war bereit. Es war nun 11:30 und ich rief meinen Mann, dass es jetzt wirklich los geht. Er packte Essen und Trinken ein und informierte den engsten Kreis der Familie. Ich war weiterhin im Bad, mittlerweile schon mit starken Wellen, so alle 10 Minuten (ab ca. 12 Uhr). Ich tönte wie ich es im Hypnoborthing Kurs gelernt hatte und ging meine Affirmationen durch. Ich stelle mir vor, dass mein Muttermund wie eine Blume aufgeht. Diese Vorstellung fand ich immer sehr passend und es half mir, nach unten zu atmen. Ich entdeckte Blut und wusste, dass sich mein Muttermund nun öffnet. Ich wollte aber noch nicht losfahren. Mein Mann war mittlerweile bei mir, hielt sich aber im Hintergrund. Er wusste, dass ich konzentriert bleiben wollte. Gegen 14 Uhr kamen die Wellen bereits alle 5 Minuten und die Schmerzen stiegen extrem an. Während der Welle konzentrierte ich mich nur auf das Atmen und beschwor das Bild einer schönen Geburt immer wieder herauf. Mein Mann drängte nun zum losfahren, da wir ca. 30 Minuten unterwegs sein werden. Ich wollte in meiner Konzentration bleiben, wusste aber auch, dass es nicht einfacher werden wird.
Die Autofahrt war etwas wie im Film. Ich hatte alle 3 Minuten Wellen und stütze mich am Armaturenbrett ab. Mittlerweile war ich auch bei jeder Welle sehr laut. Ich tönte und versuchte mich wirklich nur auf mich zu konzentrieren. Ich hatte dann bereits das Gefühl, dass ich pressen musste, hielt es aber zurück da ich dachte, es können noch keine Presswehen sein. Im Krankenhaus angekommen musste ich im Rollstuhl in das Hebammenhaus gefahren werden, da ich kaum noch laufen konnte. Ich hatte immer noch stark das Gefühl, dass ich pressen musste. Es war ein Druck als müsste man extrem auf die Toilette. Die Kraft die durch den Körper geht ist unheimlich stark und es war schwer, dem nicht nachzugehen. Ich dachte aber immer noch, dass es viel zu früh zum Pressen sei.
Im Hebammenhaus kam die Beleghebamme ganz ruhig auf mich zu uns sagte „Hallo, ich bin Petra und wir bringen heute euer Kind auf die Welt“. Ich schrie sie eigentlich direkt an „Petra bei mir geht’s los! Ich habe das Gefühl ich muss pressen“ Sie war immer noch die Ruhe selbst und meinte, dass sie erst einmal nachschaut. Ich soll mich kurz hinlegen. Sie tastete und sagte dann selbst „ok, es geht wirklich los. 10 cm offen, jetzt wird gepresst“
Ich war plötzlich total durcheinander. Wirklich? Hatte ich es echt geschafft mit 10 cm anzukommen? Mein Ziel waren 5 – 6 cm. Ich wollte aber nicht enttäuscht sein, falls es doch weniger waren.
Die Info jetzt brachte mich total aus dem Konzept und ich hatte ein Blackout. Ich saß in der Hocke auf dem Bett und mein Mann war neben meinem Kopf und erinnert mich daran, dass ich das schaffen würde und ich jetzt das Baby rausschieben werde. Ich presste, aber ich hatte Angst, wirklich alles zu geben. Plötzlich kam die Panik, dass der Kopf nicht durchpasst, dass ich große Verletzungen haben werde, dass die Schmerzen zu stark werden. Die Herztöne des Babys wurden schlechter. Petra animierte mich und sagte, dass wir jetzt vorankommen müssen und ich mich trauen muss zu pressen. Ich gab alles, aber auch nach 45 Minuten waren wir noch nicht weiter. Die Oberärztin wurde aus dem Krankenhaus dazu gerufen. Mir wurde gesagt, dass die Saugglocke zum Einsatz kommen muss, wenn jetzt nichts passiert. Nein, nein, nein. Das war alles, was ich nicht wollte. Ich versuchte ruhig zu bleiben. Plötzlich waren 2 Hebammen und 2 Ärzte um mich herum. Mein Mann schaute mich an und sagte, dass ich das jetzt hier zu Ende bringen werde. Er erinnert mich daran, dass ich die Kontrolle hatte und in eine andere Position wechseln kann, wenn ich das möchte. Und ich veränderte meine Haltung und nahm nochmal alle Kraft zusammen und presste nach unten. Ich stellte mir vor, dass ich in Teamarbeit mit meinem Baby arbeite und es bewegte sich wirklich endlich etwas. Der Kopf schaute nach über einer Stunde heraus. Ich saß in der Hocke auf dem Bett und tastete nach dem Köpfchen des Babys. Nun hatte ich wieder eine Vorstellung davon, wo das Baby hin muss und wo ich meine Kraft hinschieben musste. Leider wurden die Herztöne in dieser Position wieder schlechter und ich musste mich auf den Rücken legen. Ich wollte diese Position nie einnehmen, aber mein Baby wollte es wohl so und ich nahm es an. Nach weiteren 15 Minuten hatte ich es geschafft. Ich brachte einen gesunden Jungen zur Welt. 3430 gr. und 50 cm.

Ich hatte eine Dammriss Stufe 2, was ich aber während der Geburt nicht gemerkt habe. Das Nähen war bis auf die Betäubung nicht schmerzhaft. In diesem Stadium war mir aber irgendwie auch alles egal.
Die Nabelschnur pulsierte noch ca. eine Stunde aus, bevor mein Mann sie durchschnitt. Ich war k.o, aber auch beeindruckt, was ein Körper leisten kann und sehr stolz auf mich.

Wir blieben noch weitere 6 Stunden im Krankenhaus und gingen dann zu dritt nach Hause. Positives Denken und das Auseinandersetzen mit dem, was da auf mich zukommen wird / kann, hat mir persönlich sehr geholfen.
Ich wünsche jeder Frau eine positive Geburt und egal wie es kommt, wenn ihr euer Baby im Arm haltet war es jede Anstrengung wert.

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Oh wow, das ist wirklich toll geschrieben. Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank das du diesen Bericht mit uns teilst. Ich selber werde leider wieder ein KS haben. Aber ich lese mir trotzdem gerne schöne Spontan Geburten durch. LG