Möglichkeiten kürzer zu treten

Liebe Frau Behrens,

ich bin 38, zum 1. Mal schwanger (27. ssw) und arbeite Vollzeit. Leider merke ich, dass es langsam ncht mehr geht.

Schon wenn ich im büro ankomme, bin ich so erschöpft, dass ich am ganzen körper zittere. nach 4-5 stunden sitze ich eigentlich nur noch da und denke "nicht umkippen". nach der arbeit gehe ich sofort ins bett bis zum nächsten morgen.

es nagt furchtbar an mir, da ich sonst ein mensch bin, der immer 110%. Zudem liebe ich meinen Job sehr und würde lieber länger bleiben.

meinen frauenarzt interessiert das nicht. ich solle einen Kaffee trinken.

welche möglichkeiten habe ich, an der arbeit kürzer zu treten?

Verzweifelte Grüße

110Prozent

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Liebe Ratsuchende,

gerne möchte ich Ihre Frage aufgrund Ihrer Angaben wie folgt beantworten:

Erlauben Sie mir zunächst einen gut gemeinten persönlichen Ratschlag: Setzen Sie sich während Ihrer Schwangerschaft nicht zu sehr unter Druck und hören Sie auf Ihren Körper. Niemand erwartet von einer schwangeren Frau, dass Sie weiterhin 110 % gibt. Sprechen Sie mit Ihren Kolleg*innen, um ggf. Aufgaben arbeitsteilig gemeinsam zu erledigen.

Ob in Ihrem Fall ggf. ein ärztliches Beschäftigungsverbot nach § 16 MuSchG ausgesprochen werden kann, kann im Rahmen des Forums nicht pauschal beurteilt werden. Es liegt grundsätzlich im Ermessen des/r Arztes/Ärztin zu prüfen und zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für ein individuelles Beschäftigungsverbot vorliegen. Sofern ein ärztliches Beschäftigungsverbot ausgesprochen wird, darf ein Arbeitgeber eine schwangere Frau nicht beschäftigen, soweit nach einem ärztlichen Zeugnis ihre Gesundheit oder die ihres Kindes bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist.

Ich möchte Sie außerdem darauf hinweisen, dass Ihnen ein Recht auf freie Arztwahl zusteht (vgl. § 76 SGB V). Sollten Sie sich von Ihrem Frauenarzt also nicht verstanden oder richtig beraten fühlen, können Sie jederzeit auch ein/e andere/n Arzt/Ärztin aufsuchen.

Weiterhin gilt für Sie ab dem Tag, ab dem Sie Ihrem Arbeitgeber mitgeteilt haben, dass Sie schwanger sind, das Mutterschutzgesetz. Der Arbeitgeber muss dann die erforderlichen Schutzmaßnahmen nach Maßgabe einer Gefährdungsbeurteilung festlegen und einhalten (vgl. § 10 Abs. 1 und 2 MuSchG).

So hat der Arbeitgeber z.B. sicherzustellen, dass Sie die Tätigkeit am Arbeitsplatz, soweit es für Sie erforderlich ist, kurz unterbrechen können. Während der Pausen und Arbeitsunterbrechungen muss dann sichergestellt werden, dass Sie sich hinlegen, hinsetzen und ausruhen können (vgl. § 9 Abs. 3 MuSchG).

Für eine genaue Beurteilung kommt es entscheidend auf Ihren individuellen Arbeitsalltag an. Ihr Arbeitgeber hat Ihnen ein Gespräch über eine mögliche Anpassung Ihrer Arbeitsbedingungen anzubieten. Hier kann erörtert werden, wo ggf. Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen und welche Aufgaben Sie weiterhin gut übernehmen können.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und wünsche für die Zukunft alles Gute.

Liebe Grüße,
Alexandra