Gedankenverloren nach Kaiserschnitt

Hallo ihr Lieben,

im Moment weiß ich gar nicht wohin mit mir.

Ich kann meine Gedanken nicht sortieren und weiß selbst nicht so wirklich,  was ich erwarte... .

Ich habe Ende April per ungeplanten Kaiserschnitt nach 10 Tagen Übertragung,  3 Tagen Einleitung und 20h Wehen entbunden.

Ich habe es in diesen 4 Monaten nicht geschafft die Geburt für mich anschließen zu können. #heul

Ich denke immer wieder daran, und frage mich nach dem "Warum ist es ein Kaiserschnitt geworden?!"

Ich bin wütend, auf mich selbst,  enttäuscht und sooo unendlich verletzt,  ohne das ich wirklich weiß warum.

Jedes Mal wenn ich mein Kind anschaue,  kommt es wieder hoch,  ich muss weinen, weil ich ihn nicht nackt auf meine Brust bekommen habe, weil ich ihn nicht in Empfang nehmen konnte... .

Ich habe mehrfach mit meinem Partner darüber zu reden, aber er versteht den Ernst der Lage irgendwie nicht.

Seine Worte waren "Hauptsache dem Kleinen geht es gut und Andere trifft es noch schlimmer"... .

Natürlich ist es mit das Wichtigste,  dass es dem Baby gut geht, auch wenn ich weiß,  was er von der Geburt "davon getragen" hat, aber was bedeutet,  dass es andere schlimmer trifft?

Seitdem ich das 3x zuhören bekommen habe, kann ich mich meinem Partner nicht mehr anvertrauen, ich habe das Gefühl,  dass er es sowieso nicht verstehen will.

Habt ihr einen Tip, wie ich es ihm näher bringen könnte?

LG

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Hallo Muschelsee,

zuerst zur Frage, wie du es deinem Mann näher bringen kannst warum dich das so beschäftigt. Du kannst versuchen, ihm deine Gefühle zu schildern, leider ist es für einen Mann nicht immer einfach solche Gedanken nachzuvollziehen. Mit dem Satz "dem Kleinen geht es gut und andere trifft es viel schlimmer" will er dich sicher nicht verletzen. Ich denke, das ist einfach das, was für IHN wichtig ist. Ein Mann erlebt Schwangerschaft und Geburt aus einer ganz anderen Perspektive. Versuche, ihm das nicht übel zu nehmen.

Ich möchte dir gern erzählen was ich erlebt habe, denn mir ging es ähnlich wie dir.

Meine erste Schwangerschaft was lang ersehnt und ich stellte mir die Geburt wirklich detailliert vor: Geburtshaus oder ambulante Geburt, selbstredend ohne Kaiserschnitt, alles so natürlich wie möglich! In der 25. Ssw bekam ich Blutungen und ging ins Kh. Meine Kleine wurde nur 3 Stunden später per Kaiserschnitt geholt, wog nur 760 Gramm und wir warteten 6 Monate auf den Entlassungstag.

Immer wenn ich eine Frau mit einem Neugeborenen sah, oder eine Schwangere mit riesengroßer Babykugel, überkam mich tiefer Hass auf mich selbst, all das fehlte. Gleichzeitig war ich unendlich traurig. Warum ich? Warum nicht die Schwangere die ich letztens ketterauchend vor der Kinderklinik gesehen habe? Ich konnte einfach keine Verbindung herstellen zwischen dem Baby das in meinem Bauch gewesen ist und dem Baby, das da so klein und hilflos im Inkubator lag. Mein Freund hat übrigens dasselbe gesagt wie dein Mann. Ich hab es nicht verstanden.

Meine zweite Schwangerschaft war auch nicht besser, sie endete in der 20. Ssw mit einer stillen Geburt. Diesmal hatte ich meine natürliche Geburt, aber kein lebendes Baby.

Durch die stille Geburt habe ich eine Sache sehr schmerzlich gelernt: es ist egal, wie ein Mensch zur Welt kommt, Hauptsache er lebt. Und wenn auch noch so klein mit Beatmung und allem Trara.

Jede Lebenssituation ist natürlich anders, was dem einen hilft, muss für den anderen nicht zwingend funktionieren. Ich habe meine Erlebnisse aufgeschrieben, tausendfach dasselbe, aber es hat mir geholfen. Und ich hatte eine nette Familienbegleiterin bei der Diakonie, bei ihr konnte ich mich nach Herzenslust auskotzen und das tat richtig gut. Denn Freunde und Familie verstehen einen nicht immer zwangsläufig am besten.

Du könntest dir zB ein paar Tage oder eine Woche nehmen und jeden Tag 15-30 Minuten Zeit um deine düsteren Gedanken aufzuschreiben, deine Gefühle zu der Geburt, deine Ängste, einfach alles. Wenn du spürst, dass du dich gedanklich langsam damit anfreunden kannst, dann setz einen bewussten Schlusspunkt indem du die Notitzen wegräumst, verbrennst, einen Luftballon steigen lässt, was auch immer.

Sicherlich wird die Geburt immer wieder in dir hochsteigen, aber dann schau dir dein Baby an, oder drück es fest an dich und sei dankbar, dass es lebt und gesund ist. :-)

Solltest du gar nicht loslassen können, es ist keine Schande zu einem Psychologen zu gehen!

Ich wünsche Dir und deiner Familie eine gute Zeit. <3

"Die Kunst im Lebens besteht darin, zu lernen, im Regen zu tanzen, statt auf die Sonne zu warten."

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"Durch die stille Geburt habe ich eine Sache sehr schmerzlich gelernt: es ist egal, wie ein Mensch zur Welt kommt, Hauptsache er lebt. Und wenn auch noch so klein mit Beatmung und allem Trara."

Wahre Worte, danke.

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Kannst Du nicht mit Deiner Hebamme darüber sprechen? Oder wende Dich mal an Profamilia...nicht dass das noch zu Depressionen kommt.

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Hallo,
Hast du eine Hebamme der du dich anvertrauen kannst? Die Frau meines Cousins ging es glaub ähnlich. Sie hat mit ihrer Hebamme die Geburt und Situation noch mal aufgearbeitet.

Dein Mann ist froh das es dir und eurem kleinen Wunder gut geht. Es gibt ja auch Geburten wo es Dramen wie Tod und lebenslange Folgen ende eines eigentlich schönen Ereignisses sind.

Ihr seid gesund und fit. Also genießt eure Zeit! #liebdrueck

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Hallo,

ich kann dir gut nachfühlen, so lief meine erste Geburt auch. Die zweite sogar noch schlimmer ...
Bei 3. Kind war es dann ein geplanter Kaiserschnitt, das war dann schon etwas besser, auch wenn ich es nie so wollte, ging aber nicht anders.

Erst mein 4. Kaiserschnitt hat mir auf sehr traurige Weise gezeigt, dass er auch Rettung in letzter Sekunde sein kann, denn wenn die Ärzte damals nicht minutenschnell gehandelt hätten, wäre ich heute nicht mehr hier. Meinem kleinen Engel konnten sie nicht mehr helfen ... So komisch es klingt, danach konnte ich meinen Frieden mit den ersten schlimm empfundenen Kaiserschnitten machen, denn ich war einfach nur dankbar überlebt zu haben und bei meinen Kindern bleiben zu können, auch wenn ich mein geliebtes Baby verloren hatte ...

Der 5. Kaiserschnitt war dann eine ganz andere Erfahrung. Den machte meine Freundin und es war wirklich schön, weil das ganze Team der gyn. Station mich noch von dem schrecklichen Erlebnis davor kannte und alle sich bemühten dass ich einmal eine wirklich schöne Erinnerung an eine Geburt haben konnte.

Ich denke über dein schlechtes Gefühl mit dem Kaiserschnitt solltest du mit einer Hebamme, Ärztin oder Therapeutin sprechen. Männer, auch wenn sie noch so besorgt und verständnisvoll sind, können glaube ich wirklich nicht diese Ohnmacht und diese Traurigkeit und auch Wut nachempfinden, die man als Frau nach so einem Erlebnis evtl. hat. Für sie ist ja das wichtigste dass alles gut ging. Was da bei uns innerlich noch mitschwingt können sie glaube ich nicht mal erahnen. Vielleicht überlegst du auch mal was die Alternative zu dem KS gewesen wäre ... Vermutlich konnten die Ärzte ja nicht anders ...

Wende dich an deine Hebamme, evtl. ist es auch eine postnatale Depression bei dir, dann empfindet man das auch nochmal schlimmer.

Alles Liebe, Tina

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Dein Partner ist der falsche Ansprechpartner. Du hast ein - übrigens sehr typisches und weit verbreitetes - Trauma erlitten und dabei kann er Dir nicht helfen. Das ist keine böse Absicht, aber Du merkst ja, er reagiert nicht "angemessen".

Du kannst hier http://www.kaiserschnitt-netzwerk.de erst einmal reinlesen und wirst merken: Du kannst auch Hilfe bekommen UND sie steht Dir zu. Wenn Lesen Dir im ersten Schritt hilft, gibt es hier auch eine Bücherliste, vielleicht spricht Dich da auch etwas an.
Und sicherlich wird dort auch die Paarsituation besprochen.

Reicht Dir das dann immer noch nicht, weil es Dich zu sehr beschäftigt, dann kannst Du weitere Hilfe über Hebammen (einfach anrufen und nachfragen) oder Deinen Frauenarzt bekommen.

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Oh, du hast einen Link zu mehr, super.

Dann weiss ich jetzt auch, wo ich mal nachsehen kann, danke!

#danke

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Hallo,

Vielen lieben Dank für den Link, da werde ich sicher mal reinschauen.

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Hi,

ich kann dich verstehen, aber ich kann auch deinen Partner verstehen.

Versuche einfach mit jemand anderem, fachkundigen oder Gleichgesinnten darüber zu sprechen.

Für deinen Partner ist es in Ordnung so wie es ist, er sieht es nicht als dein Versagen an... du wohl eher schon. Aber du solltest froh und dankbar sein, daß dein Partner es nicht so sieht.

Ich denke, du sollst davon ablassen ihm dies "näher bringen zu wollen."

Ich hatte auch eine Kaiserschnittgeburt und weiß noch heute, wie mir mein Kind anfangs fast ein bißchen "fremd" vorkam im Gegensatz zu meinen beiden anderen.

Aber glaub mir: er hat dadurch keine "bleibenden Einbußen" davongetragen.

Du kannst diese ersten Stunden nach der Geburt nicht rückgängig machen, aber d. h. nicht, daß du deswegen nicht ein genauso inniges Verhältnis zu deinem Kind aufbauen kannst.

LG

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Hallo,

Lies dir unbedingt mal deine Krankenakte durch. Am besten mit jemanden Fachkundigen, Frauenarzt oder besser Hebamme. Damit du verstehst, dass es nicht anders ging. Sicher wird es deinem Kind zwischenzeitlich schlecht gegangen sein, wenn du den ernst der Lage begreifst, hast du bestimmt ein besseres Gefühl. Ihm/dir, EUCH wurde geholfen, du hast nicht versagt!

Ein Mann, ja, der ist in der Situation wohl selbst überfordert. Schließlich hatte er die 10 Montage Bindung zum Baby gar nicht. Er sieht nur den Säugling und ist froh, dass er endlich gesund und munter auf der Welt ist.

MfG

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"Habt ihr einen Tip, wie ich es ihm näher bringen könnte?"
nö. ist es denn wichtig, dass ER es versteht? ich verstehe es auch nicht. ich hatte nie einen kaiserschnitt, aber bei der zwillingsschwangerschaft hätte es fast einen gegeben und ich hätte das vom prinzip her auch nicht schlimm gefunden (habe halb damit gerechnet).

wichtig ist doch vor allem, dass DU damit deine frieden machen kannst. dass DU zufrieden in die zukunft mit einem kind schauen kannst. und da bist du glaube ich mit einer fachperson oder einem forum mit menschen, die ähnliches erlebt haben und einen ausweg gefunden haben, besser bedient.
ich wünsche alles gute!
ks

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Hi!

Ich fürchte, wirklich näher bringen bzw verständlich machen wirst du ihm das nicht können! Manche Dinge kann man nur dann verstehen, wenn man sie selbst erlebt hat!

Nimm mich als Beispiel: ich hatte auch einen Kaiserschnitt, wegen Komplikationen bei der Geburt. Die Schwangerschaft lief perfekt, Kaiserschnitt habe ich zwar nicht per se abgelehnt, aber nie darüber Gedanken gemacht, sowas passiert ja nur den anderen! Ich war völlig überrascht.

Da saß ich dann also da nach der Geburt....

Was bei mir aber dazu kam: wir haben einen Fall in der sehr nahen Familie, wo es bei der Geburt genau die gleichen Komplikationen gab. Der Unterschied: der Kaiserschnitt wurde zu spät gesetzt, das Baby ist gestorben :-(

Wenn ich also nach meinem Kaiserschnitt dagesessen bin und an eine natürliche Geburt gedacht habe sind mir die Tränen gekommen und weißt du welches Gefühl ich bekommen habe? Nacktes Grauen! Nacktes Grauen bei dem Gedanken an eine vaginale Geburt, und Dankbarkeit für den Kaiserschnitt.

So, warum erzähle ich dir das?

Ich glaube nicht, dass du das wirklich 100% nach f ü h l e n kannst wie ich damals (in einer ähnlichen Situation mit doch anderen Umständen) gefühlt habe (so wie ich bei dir nicht!). Mit-gefühl kann man sicher entwickeln! Aber in die Haut des anderen kann man nicht!

Und das wird auch dein Mann nicht können, ich würde ihm aber durchaus sagen, dass du eine Schulter zum anlehnen brauchst, auch wenn er nicht alles versteht! Und dass er das einfach bitte akzeptieren möge! Und zuhören soll...

für dich such dir bitte darüber hinaus einen guten Beistand der Erfahrung auf dem Gebiet.

Dir alles, alles Gute! Und fühl dich gedrückt!

LG