Nervliches Wrack, was tun?

Ich möchte bitte anonym bleiben - danke.

Meine Mum hat ihren Mann verloren und ist mittlerweile neu liiert. Sie behauptet, er wäre das Beste, was ihr je passiert ist - ich bin der Meinung, er ist ein Depp, der ihr nicht gut tut, behalte aber meine Meinung für mich.

Fakt ist: sie war schon in der Ehe depressiv und hatte suizidale Tendenzen. Nach dem Tod meines Vaters brauchte sie quasi rund-um-die-Uhr-Betreuung, die sie auch von mir und meiner Schwester bekommen hat. Nach viel gutem zureden ist sie dann endlich auch mal zu einem Psychater, der ihr Antidepressiva verschrieben hat und zu einer Psychologin - dort hat sie aber nur die 5 probatorischen Sitzungen wahrgenommen, weil sie der Dame erzählt hat, alles wäre tutti. Die AD hat sie auch nur ein Jahr genommen und dem Doc danach erklärt, dass alles wieder gut ist und deshalb durfte sie ausschleichen.

Aber es ist nichts gut. SIe ist verbittert, sie ist mir gegenüber bösartig, feindselig und ich hab im letzten dreiviertel Jahr nicht ein nettes Wort gehört. Wenn sie über sich selbst spricht, dann jammert sie stark und droht immer wieder damit, dass sie so am Ende sei, dass sie sich am liebsten was antun würde - immer in so einem wagen Konjunktiv verwurschtelt. "wenn ich den Hund nicht hätte, hätte ich schon längst Tabletten genommen." - ihr nervliche Belastung ist bei null. Sie ist 60, nicht berufstätig und sie bekommt nichts mehr auf die Reihe, was über den normalen Haushalt und Bürokram hinaus geht - selbst wenn im Garten ein Grashalm umknickt kriegt sie Heulkrämpfe, sie stapft zu jeder Dorfbeerdigung und hat meiner Auffassung nach keine Freude mehr im Leben - selbst ihr neuer Partner (den ich für einen Teil des Problems halte) wird immer nur als Suizid-Hindernis hervorgehoben.
Und ihre Hirnleistung lässt immer weiter nach... ihre Sätze wirken wie auswendig gelernt und sie kann mir in mehreren Telefonaten immer wieder wortwörtlich das selbe erzählen, gute Hinweise nimmt sie überhaupt nicht mehr an, selbst bei Alltagssachen. Neulich wollte ihr die Werkstatt unerhört viel Geld (sie hat wirklich wenig) für Radzierblenden berechnen und ich hab ihr erklärt, dass ihr Neuer oder meine Schwester oder ich ihr andere, billige, einfach bestellen können... "jaja" - und nichts passierte, selbstverständlich hat sie die aus der Werkstatt zum 10fachen Preis genommen.

Sie wohnt am anderen Ende Deutschlands, ich bin vor einem guten Jahr weggezogen.... meint ihr es gibt irgendwas, was ich tun kann? Was würdet ihr an meiner Stelle machen?

Meine Schwester hält ihr Händchen, würde aber niemals etwas anderes als genau das tun, selbst wenn sie daneben sitzen müsste, wenn sie Tabletten schluckt - auf sie darf ich also nicht zählen.

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... das klingt nach Depression mit anfangender Demenz (oder so ähnlich...)
Ich würde in dem Fall immer Fachleute hinzuziehen, weil ich als Laie da so und so überfordert bin, und da nachfragen, wie weit Unterstützung Sinn macht.

Gibt es eine Vorsorgevollmacht? Wer wäre für sie zuständig, wenn es ihr schlechter gehen würde?

In einem ähnlichen Fall hier kann man nur akzeptieren, dass sie ihren Weg so gehen möchte. Wenn Unterstützung verweigert und als unnötig angesehen wird, kann man nicht wirklich helfen. Aufklären, ja - aber wenn sie es gar nicht hören möchte?
Und das Geld, das sie ausgibt, kannst du nicht regulieren, solange sie geschäftsfähig ist...

Vielleicht könntest du mir ihr noch besprechen, dass es einen Topf gibt, der angelegt wird und den ihr dann verwenden dürft, wenn sie mehr Unterstützung benötigen sollte. Aber auf solch einen Deal wird sie sich vermutlich nicht einlassen...

in erster Linie gilt für Helfende immer: Grenzen wahrnehmen und akzeptieren. Du hilfst ihr nicht, wenn es dir deswegen schlecht geht. Sie macht eh ihr Ding. Im Zweifelsfalle würde ich mir selbst Unterstützung holen, bei jemanden, der da einen guten Durchblick hat, was machbar ist und wo Grenzen sind...

es ist nicht schön... aber ich befürchte, wirklich viel kannst du nicht tun. Und wenn sich jemand umbringen will, macht er das. Und wenn jemand viel darüber spricht, fehlt meistens der Mut, etwas an der Situation zu ändern oder es durchzuziehen... es bleibt beim Gerede.

Achte mehr auf dich... es ist nicht nur dein Recht, sondern auch deine Pflicht, dir selbst gegenüber!

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Wie ich das sehe, hat sie einen Partner an der Seite, Deine Schwester betüddelt sie und Du wohnst weit weg. Was Du tun kannst? Nichts, garnichts. Wenn man der Frau überhaupt helfen kann (offenbar bricht sie ja alles wieder ab) dann sind die in der Verantwortung, die um sie sind. Kleinigkeiten wie ihre Einkäufe wären mir sowieso egal. Soll sie machen. Allerdings würde ich mir sicher auch keine Jammertiraden mehr anhören, da hab ich bei meiner Mutter nach x Jahren der Geduld dann auch aufgegeben, weil sinnlos. Ich sehe leider garnichts, was Du im Moment tun kannst. Wenn Suizidandrohungen laufend kommen, würde ich ihr wohl sagen, dass ich das nun nicht mehr verantworten kann und dafür sorge, dass sie eingewiesen wird. Dann evtl. dem Hausarzt den entsprechenden Hinweis geben. Wenn der auch untätig bleibt, tja dann......LG Moni

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Du hast jetzt eine lange Abhandlung über deine Mutter geschrieben. Du hast von ihr ein Dreivierteljahr kein gutes Wort mehr gehört. Aber in deinem Text steht auch kein einziges gutes Wort von dir über sie. Demnach ist die Beziehung wohl eher beidseitig schlecht. Nur dass du eine Generation jünger bist als sie.

Es geht deiner Mutter offensichtlich nicht gut. Wie wäre es, wenn du deinen Blick auf das Positive an ihr richtest und anfängst sie und ihre Entscheidungen zu akzeptieren und dankbar zu sein für das Gute, das es auch gibt, das sie dir vielleicht früher mal zukommen lassen hat?

Du schreibst über sie, als wäre sie nicht ganz zurechnungsfähig, eine dumme leicht demente vorzeitig gealterte Frau die beinahme schon einen Vormund braucht. Einige Wort in deinem Text sind sehr abwertend. Wenn meine Kinder das eines Tages über mich schreiben würden, würde mich das wirklich sehr treffen.

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vermutlich lebst du jetzt aber schon eine ganz andere Beziehung zu deinen Kindern, bist reflektierter und mehr in deiner Mitte als es die Mutter der TE in ihren jüngeren Jahren sein konnte...

ich kenne leider genau solche Fälle wie die TE beschreibt, wo man mit den eigenen Möglichkeiten nichts erreichen kann
und das akzeptieren zu können, ist verdammt schwer...
... und mir hilft dann genau dieses Bewusstsein, dass die Frau schon früher sich für ein besseres Leben hätte entscheiden können und alle Unterstützung abgeblockt hat. Und solch ein Verhalten wird im Alter oft intensiver...

Wenn ich deine Worte lese, vermute ich sehr, dass du nicht in solch eine Situation kommen würdest...

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Es ist immer schlecht, wenn die "Unterstützung" (gute Ratschläge) von denen kommt, die ein Teil des Problems sind.

Die Mutter lebt, nachdem sie Witwe geworden war, in einer neuen Beziehung und die sollte von den Kindern genauso akzeptiert werden, wie die Kinder von der Mutter erwarten, dass sie die Parter der Kinder akzeptiert. Und bitte nicht denken, sie hätte einen Deppen ausgesucht. Das Denken (die Ablehnung, die Abwertung) kommt zu allen Knopflöchern heraus, auch wenn man mit Worten "nichts gesagt hat".

Die TE fragt was sie tun kann: nicht besserwissen wollen, nicht Ratschläge erteilen, nicht abwerten, nicht verurteilen, sondern akzeptieren und wertschätzen.

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