Witwe(r) und sofort eine neue Frau/Mann?

Guten Abend, ihr Lieben,

mir ist es nun in letzter Zeit mehrmals aufgefallen, dass sehr viele Leute, deren Mann oder Frau gestorben ist, ruckzuck einen neuen Partner haben. Egal, ob jung oder alt.
Und auch Leute, wo der Tod nach extrem langer Ehe und/oder plötzlichem Tod kam oder auch trotz kleiner Kinder.
Jedes Mal bin ich baff.
Ich weiß, was jetzt kommt: was geht es dich an, kann jeder machen, wie er will blabla.
Aber ich sage immer, dass ich das total befremdlich finde.
Während man in einem endlosen Papierkrieg steckt und die Klamotten des Verstorbenen noch überall hängen, man gerade das Grab anlegt... Sofort ein neuer Partner?
Im Internet hab ich kürzlich auch so einen Fall gelesen. Zwei ganz kleine Kinder. Mann jung und plötzlich tot und wenige Monate später öffentlich ein neuer Mann und dann auch noch ungenierte Schilderungen. Von wegen, ganzen Tag nicht aus dem Bett kommen usw.
Und zu 90 % beipflichtende Kommentare, dass das toll ist und "der Mann das ja auch so gewollt hätte".
Bitte unterstellt jetzt nicht, dass ich nicht in der Situation wäre. Ich wäre um Haaresbreite in die Situation gekommen und ich bin mir 100 % sicher, dass ich neben der Beantragung von Witwen- und Waisenrente, mit Haus und Kindern ganz sicher an EINS nicht gedacht hätte: an einen anderen Mann. Und ich bin sicher, mein Mann würde es NICHT toll finden, würde 4 oder 6 Monate nach seinem Ableben ein anderer Mann bei mir einziehen...
Ich sage gewiss nicht, dass man für immer alleine bleiben soll.
Aber angesichts der zahlreichen Fälle, die ich jetzt mitbekommen habe, gruselt es mich.
Wenn ich mir vorstelle, ich sterbe und wenige Wochen oder Monate später lebt in MEINEM Haus eine andere Frau.
Liegt in meinem Bett, benutzt meine Sachen/Möbel usw.
Wie seht ihr das?

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Ich finde eher deine Gedanken sehr befremdlich.

Kleine Geschichte dazu: Meine Mutter ist an Krebs gestorben, meine Eltern waren da 45 Jahre verheiratet. Wie auch immer hat mein Vater direkt danach wieder Kontakt zu seiner Jugendliebe (auch verwitwet) aufgebaut, sie hat ihn aus seinem Loch geholt. Keiner von uns hätte das geschafft. Ihn wieder Lachen zu hören, das hat uns ALLE glücklich gemacht. Er war glücklich und trotzdem hat er die gemeinsame Zeit mit unserer Mutter nie abgehakt oder weggeschoben, sie war auch weiterhin anwesend...im Herzen, in Erinnerungen, in uns Kindern. Genauso wie die Vergangenheit seiner neuen Partnerin in ihrem Herzen einen festen Platz hatte. Sie hatten sich sehr lieb, mit Ü70 das noch einmal erleben zu dürfen hat uns "Kinder" (und auch ihre "Kinder") sehr berührt.
Leider haben sie einen Fehler gemacht, sie wollten das "Trauerjahr" abwarten, bevor sie in die Öffentlichkeit wollten, wir konnten es ihnen nicht ausreden..."es gehörte sich so", im Grunde haben sie wegen Leuten wie dir, auf einen Teil ihres Glückes verzichtet. Hätten sie doch nur gewußt, wie wenig Zeit sie noch zusammen haben werden. Ein Jahr nach meiner Mutter ist mein Vater plötzlich verstorben, anstatt auf seiner großen, geplanten Geburtstagsfeier seine neue Partnerin vorstellen zu können, begleitete diese uns auf seine Beerdigung. Sie ging in unserer Mitte, beschützt vor den Blicken der engstirnigen Trauergäste. Sie war uns so viel lieber auf der Trauerfeier, als das argwöhnische Pack, das nun was zum Tratschen hatte.
Wen interessieren denn Gebrauchsgegenstände? Mein Bett, meine Sachen, mein Haus....Himmel, wenn ich Tod bin, dann habe ich da auch nichts mehr von.

Das was ich meinem Vater zugestanden habe, das hat auch jeder andere Zurückgebliebene verdient, ohne Wertung von Außen. Möchte jemand den Rest seines Lebens alleine bleiben, dann steht ihm das genauso zu, wie die andere Variante.

Ja, ich mache mir da keine Gedanken drum, wie schnell oder ob mein Mann oder ich danach wieder glücklich werden. Wir haben alle nur ein Leben und niemand hat zu werten, wie wir es verbringen. Leider geschieht das viel zu häufig, egal in welche Richtung ein/e Witwe/r geht.

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Puh, eine Geschichte, die sehr nahe geht.

Lichtchen

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Vielen Dank für die berührende Geschichte.
Ja - wenn die Leute nur was zum Tratschen und Verschreien haben - schlimm.
LG Moni

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In meinen Augen spricht nichts dagegen wenn sich verwitwete relativ schnell neu binden. Es entscheidet jeder für sich wie er/sie leben. Ein neuer Partner/in sagt nicht das man seinen verstorbenen Partner/in vergessen hat.

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Er: "Liebling, wirst du wieder heiraten, wenn ich sterbe?"
Sie: "Das nehme ich wohl an, Liebster."
Er: "Würdest du im selben Bett mit ihm schlafen?"
Sie: "Er wäre ja schließlich mein Ehemann."
Er: "Würdest du ihm dann auch meine Golfschläger geben?"
Sie: "Nein, er ist Linkshänder."

Wer sagt denn, das der Partner plötzlich verstorben ist....oder eine langjährige Krankheit hatte und der Partner sich bereits anders umgeschaut hat, oder die Beziehung nicht mehr perfekt war, etc. etc.

Gehst du jetz von einer glücklichen Rama-Familien-Beziehung aus, wo ein Partner urplötzlich verstirbt?

Ich habe es 2x innerhalb der nahen Familie erlebt und nur eine Art vom Typ war total dagegen "Frauen (auch jüngere) die auf alte Werte stehen".... die waren total dagegen.

lg
lisa

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Hallo,
ich verstehe schon, was du meinst. Ich versuche schon, bei anderen Fällen das Ganze wertfrei zu betrachten- ich stecke schließlich nicht in der Haut der anderen und jeder macht aus seinem Leben das, was er kann. Und natürlich steht es mir auch nicht zu, zu urteilen, wie jemand nach einem Trauerfall weiterlebt. Man kann ja auch nicht einfach unterstellen, dass die betreffende Person nicht mehr um den verlorenen Partner trauert, weil es einen neuen Partner gibt- vielleicht wird so nur versucht, mit dem Schmerz irgendwie weiterzuleben?
Ich kann mir für mich selbst aber überhaupt nicht vorstellen, mich schnell neu zu binden, wenn ich meinen Mann verlieren würde. So wie ich mich bisher kenne, würde ich erst mal viel (sehr viel!) Zeit brauchen, um in Ruhe Abschied zu nehmen, da hätte (glaube ich) eine neue Liebe eine ganze Zeit lang überhaupt keinen Platz. Das sage ich aber in dem Wissen, dass niemand genau wissen kann, wie es sein würde, wenn er es nicht selbst erlebt. Ich spreche also rein theoretisch.
Wenn ich mir vorstelle, ich würde plötzlich sterben... schwierig. Einerseits möchte ich meinen Mann nicht unglücklich wissen, aber ich fände andererseits auch die Vorstellung nicht schön, direkt "ersetzt" zu werden. Vielleicht würde ich mir auch wünschen, dass er sich die Zeit nehmen würde, Abschied zu nehmen, aber ich würde auch wollen, dass er nach nicht zu langer Zeit wieder eine Partnerin findet...
Ich hoffe aber, dass wir diese Erfahrung nicht vor der Zeit machen müssen!!!

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Oh Gott, wenn ich mir das selbst durchlese... so viel hätte, würde, wenn...!! Ich hoffe, man versteht mich trotzdem.

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Hi
Weißt du ich denke jeder trauert anders. Ich glaube auch nicht dass irgendwer am Tag 2 plant einen neuen Partner zu suchen. Aber vielleicht will man auch einfach Ablenkung, wieder was positives, schöne Gefühle erleben als in der Trauer feststecken. Denn auch Freunde und Familie trauern ja mit dir.
Ich finde es persönlich ganz ganz schlimm wenn jemand in der Trauerphase stecken bleibt, den Lebensmut verliert, nur noch ein Schatten seiner selbst ist und das oft über viele Jahre.
Der tot schmerzt fürchterlich Vorallem all die Dinge die man noch gerne zusammen erleben hätte wollen.
Ich finde es gut wenn man positiv nach vorne sieht ob jetzt nach 6 Monaten oder 3 Jahren,... ist denk ich vom Charakter und vom Schicksal abhängig aber wichtig!
Ersetzen kann man sowieso niemand und traurig dass man den Menschen verloren hat ist man ja auch trotzdem weiterhin....nur dass man einen neuen Partner hat, der einen wieder schöne Dinge im Leben zeigen kann.
Ich denke aber viele würden sofort zurücktauschen wenn sie nur könnten.
Das ist mein Umgang mit deinem Thema. Ich denke da kann sich jeder selbst dazu seine Gedanken machen.
Lg faxl

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...meinst du etwas „mamamulle“ in deinem konkreten Beispiel?

Ich finde es befremdlich, sich über solche Schicksale im Internet das maul zu zerreißen ohne direkt in der gleichen Situation zu stecken.

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Ich habe sowohl Artikel über das Thema gelesen als auch selbst erlebt.
Teils persönlich erlebt, teils erzählt bekommen.
Von der Mutter, die im Urlaub tot umfiel als das jüngste Kind drei Monate alt war und deren Mann nach ein paar Wochen eine andere Frau hatte, die im Jahr darauf von ihm ein Kind bekam...
Oder die Frau, 40 Jahre Ehe, deren Mann in ihrem Beisein auf der Straße starb, die vier Monate später öffentlich ihren Neuen präsentierte, nachdem sie sämtliche Fotos ihres Mannes gelöscht hatte, der Neue zog dann bei ihr auch direkt ein.
Der Mann, der nach dem schlimmen Krebstod seiner Frau zwei Wochen später eine Neue hatte. Und die Familie entzweite, da die Kinder glauben, dass er die schon vorher kannte.
Oder halt eine Frau mit, ich glaube, drei kleinen Kindern, wo Leute kommentierten, wie toll das ist.
Der Satz, der Verstorbene habe es gewollt, fällt immer und finde ich total merkwürdig. Wer würde das schon wollen, so sofort.

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"Wer würde das schon wollen, so sofort."

Ich. Ich fände es tröstlich, wenn mein Partner mit seinem Schmerz nicht alleine dastünde. Und sollte er vor meinem Tod bereits eine neue Liebe gefunden haben, würde das ja nacher auch nichts ändern. Ich komme sicher nicht als rachsüchtiger Geist zurück.

Ach und nein, ich würde mich nicht ersetzt fühlen. Ich bin bestimmt ein Unikat, die neue Partnerin auch, aber eben wieder anders.

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Sorry, aber ich kenne einige Frauen und Männer, die in den letzten Jahren ihre Partner/innen verloren haben, aber da hat noch keine(r) wieder eine(n) neue(n).
Mein Mann ist nun drei Jahre tot und ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass jemand seinen Platz hier einnimmt, im Gegenteil, er ist noch so präsent, als wäre er nur kurz weg und käme gleich wieder.
Sicher ist Einsamkeit nicht schön und alleine verreisen sowieso nicht - aber deswegen alleine auf Biegen und Brechen sich an jemanden binden - mit 100 schlechten Kompromissen? Ganz sicher nicht.
Genauso geht es meinen anderen Bekannten auch.
Im Gegenteil, ANDERE Leute fragen uns, "warum wir uns nicht wieder einen Mann suchen" - erlebte meine Nachbarin hier vom Haus erst letzte Woche am Markt. #klatsch ihr Mann ist nun bald 10 Jahre tot. Als ob wir alleine nicht lebensfähig wären - wir sind berufstätig und suchen sicher keine Versorgung. Wenn mich jemand fragt, frage ich ziemlich spöttisch grinsend zurück "ach - haben Sie mir einen besonderen Mann? Denn einen 08/15-Typen will ich nicht". Dann ist sofort Ruhe.
Eine so schnelle neue Beziehung, dass das Grab noch kaum angelegt ist vom verstorbenen Partner, ist mir noch nicht untergekommen.
LG Moni

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Ich glaube das ist wie Menschen die sich nach langen Beziehungen trennen, sie brauchen auch oft jemanden, der einfach da ist, auch wenn er nicht der/die richtige ist. Man ist erstmal nicht alleine.

Als ich klein war habe ich immer innerhalb einer Woche einen neuen Hamster bekommen, wenn der alte verstorben ist und der neue konnte den alten nie ersetzen aber er lenkte erstmal ab. Vielleicht ist auch das ein Mechanismus des Gehirns ohne das ich einen Hamster nun einem Menschen gleichstellen möchte.

Da sehe ich es wie in der Medizin oft zitiert: “wer heilt hat recht“

Klar ist es irgendwie befremdlich aber wenn es in dem Moment gut tut ist es doch in Ordnung.

Ich persönlich kenne dieses schnelle Neuverlieben gar nicht, allerdings kenne ich auch nur Paare, die schon sehr alt waren als ein Partner gehen musste. Davon blieben die meisten immer allein.

Wenn ich dich richtig verstanden habe ist dein Partner auch verstorben, hat es etwas damit zu tun, dass dich diese frage beschäftigt?

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Das ist doch ähnlich wie Menschen, die von einer Beziehung in die nächste hopsen.
Manche Menschen können oder wollen einfach nicht alleine sein. Manche Menschen brauchen vielleicht einen neuen Partner für die finanzielle Sicherheit.
Und das von außen zu beurteilen, halte ich für äußerst schwierig. Niemand von uns hat vorher in der Beziehung mit dem/der Verstorbenen gelebt. Vielleicht war diese Beziehung gar nicht so glücklich? Man war nur aus Pflichtgefühl noch zusammen?
Viele hätte, wäre, wenn's ....
Soll doch jeder machen wie er mag. Und wenn mich Postings nerven, schaue ich sie mir nicht an oder verkleinere meine Freundesliste