Hallo Liebes,
Nachdem ich deine Story gelesen habe, muss ich mich einfach mal zu Wort melden. Du beschreibst nämlich genau meinen Mann! Bei uns war es vor einigen Monaten genauso. Bevor unsere Tochter geboren wurde, war ich eine unabhängige Frau, habe studiert, war viel allein unterwegs und wir haben eine harmonische, gleichberechtigte Beziehung geführt. Für die Zeit nach der Geburt haben wir uns dazu entschieden, dass ich mindestens 2 Jahre, besser 3 Jahre, zuhause bleibe. Einfach deswegen, weil mein Mann wesentlich mehr verdient und ich gerade erst meinen Abschluss hatte. Tja, nach der Geburt war er wie ausgewechselt. Ein paar Wochen vor der Geburt war er schon etwas „anders“, sexistischer, hat sich verstärkt Pornos angeschaut und öfter mal dumme Kommentare gemacht. Nach der Geburt ging der ganze Terror dann los (du kannst dir meinen Thread dazu durchlesen, das schildere ich hier nicht nochmal). Aber kurzum: er behandelte mich respektlos, drohte mir Schläge, machte auch Androhungen, dass ich ja finanziell von ihm abhängig bin, dass ich ja nicht arbeiten gehen soll, er hielt sich nicht an Vereinbarungen mir Bescheid zu geben wo er hingeht oder wann er Nachhause kommt usw. EXAKT das selbe Bild wie bei dir und ein genauso großer Schock. So kannte ich meinen Mann nicht. Nie war er so. Und wir sind seit über 10 Jahren befreundet, fast 6 Jahre zusammen, über 1 Jahr verheiratet.
Auf urbia wurde mir auch geraten, mich zu trennen. Ich hätte es auch fast gemacht, weil ich das ganze 4 Monate mitgemacht habe und nicht mehr aushalten konnte. Aber so einfach wollte ich nicht aufgeben, wir haben doch eine gemeinsame Tochter. Ich habe viel gelesen, recherchiert („Wochenbett“-Depressionen gibt es auch bei Männern), und bin zu dem Entschluss gekommen, dass sich VIEL ändern muss. Und weißt du was? Wir sind heute wieder ein gleichberechtigtes Paar, leben auf Augenhöhe und lieben uns wieder sehr. Der Weg war sehr lang, ich kann nicht garantieren, dass es bei dir auch klappt, aber ein Versuch ist es wert, für eure Familie, euer gemeinsames Kind. So bin ich es angegangen:
- anstatt einzuducken, wenn er dir respektlos begegnet, oder zu diskutieren: einfach selbstbewusst sagen „Das finde ich echt respektlos von dir und extrem verletzend.“ Das musste ich erst mal lernen, da ich mich in den Monaten so klein gehalten habe, abhängig von ihm, finanziell und emotional. Du glaubst nicht wie er geguckt hat, als ich das gesagt hab. Er hat es noch ein paar mal probiert, vielleicht um mich zu testen, aber ich habe mich nicht klein halten lassen und bin manchmal wenn es mir zu respektlos wurde einfach aus dem Raum gegangen und habe gesagt „So lass ich mich nicht behandeln“. Dass er mich schlagen will, hat er seitdem nie wieder gesagt
-bezüglich der Finanzen: Er hat mich immer als „Nutznießer“ dargestellt, ich bin ja nur daheim und lass mich von ihm versorgen. Ich soll mich nicht so anstellen, hat er erst immer gesagt, wenn ich ihm abends todfertig die Haustür öffne, nach wochenlangen wachen Nächten, kaum Schlaf, einem permanent schreiendem Kind, ohne Zeit zum duschen und essen gehabt zu haben. Es ging einfach nicht in seinen Kopf rein. Wir haben viel diskutiert, weil ich wieder arbeiten wollte. Er war strikt dagegen und drohte mir, zu gehen, wenn ich Vollzeit arbeiten würde. Erst war ich eingeschüchtert, aber dann hab ich mein Leben selbst in die Hand genommen und mir eine Vollzeit Stelle gesucht (und hatte sogar Glück: 100% Home Office) und einen Kita Platz. Mit 1,5 geht die Kleine Halbtags zur Kita und ich arbeite von Zuhause aus, um wieder unabhängig zu sein. Erst seitdem ich den Job in Aussicht habe, und auch wieder zeige, wie unabhängig und stark ich bin, wagt es mein Mann nicht mehr, mich respektlos zu behandeln
-Spiegel sein respektloses Verhalten. Mein Mann hat es nie verstanden wenn ich gemeint habe, dass es doch respektlos war. Kurz darauf oder am nächsten Tag habe ich mich in einer ähnlichen Situation genauso verhalten wie er. Er ist dann ausgerastet. Als ich gemeint hab, dass er gestern genauso zu mir war und ich ihm das nur damit zeigen möchte wie unmöglich das ist, war er ruhig. Und hat es nie wieder gemacht.
Also zusammengefasst: Dein Mann sieht dich momentan nur als Mutter, Hausfrau, Putzfrau, Geliebte, aber unter seinem „Niveau“. Deswegen erlaubt er sich sowas. Du hast wahrscheinlich auch von Anfang an, so wie ich, zu viel zugelassen. Deine weibliche Stärken verloren, keine Grenzen aufgezeigt. Das musst du aber, wenn er dich wieder auf Augenhöhe behandeln soll!
Glaub mir, es ist schwer und er wird vermutlich erst irritiert sein, und du musst es oft genug versuchen bis er sich ändert. Aber es KANN funktionieren. Tu es vor allem für dein Selbstbewusstsein, das eh schon ziemlich untergraben wurde! Du schaffst das! Bei mir hat es mehrere Monate gedauert, aber wir können uns wieder auf Augenhöhe anschauen und kennen die Grenzen. Viel Glück! 🍀👍🏻
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