Liebe weg

Seit Jahren leide ich immer wieder an Depressionen. In den letzten Monaten habe ich mich endlich den Ursachen gestellt und sehr an mir gearbeitet. Ich habe versucht mich selbst wieder zu finden und einiges in meinem Leben hinterfragt. Dabei bin ich leider im Bezug auf meine Ehe auf etwas gestoßen, das mich sehr erschrocken hat... Ich glaube ich liebe meinen Mann nicht mehr. Klar fühle ich mich ihm verbunden - wir funktionieren toll als Eltern und sind seit über 10 Jahren ein Paar - und da ist eine gewisse Vertrautheit, aber ich freue mich nicht mehr über seine kleinen Eigenheiten die ich mal so mochte, ich will kaum Sex mehr mit ihm obwohl ich eigentlich ein sehr sexueller Mensch bin, ich verbringe meist ungern Zeit mit ihm und was er sagt nervt mich oft. Wir haben absolut nichts mehr gemeinsam. Irgendwie ist er für mich eine Art Anhängsel geworden - das hat er nicht verdient und ich fühle mich schrecklich. Ich habe mit ihm darüber gesprochen. Er war schon erstaunt, meinte aber es wäre normal, dass die Liebe manchmal verschwindet nach so vielen Jahren und sie würde schon wieder auftauchen.

Also meine Frage an alle die schon lange im einer Beziehung sind: Ist das wirklich normal?!

Ich hab mir das so nicht vorgestellt, dass ich in einer Ehe bin ohne meinen Mann zu lieben... Ich hab ihm die Trennung angeboten, da ich ihm seine Lebenszeit nicht stehlen will. Er hat es verdient geliebt zu werden. Er will mindestens 6 Monate warten ob die Liebe wieder auftaucht und dann reden wir weiter falls es sich nicht normalisiert. Das sind wir unserer Beziehung und unserem Kind auch schuldig finden wir beide. Ich will daran arbeiten, weiß aber nicht wie. Eine Therapie kommt für ihn nicht in Frage.

20

Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass Gefühle wie Liebe von den meisten Menschen wie eine Naturgewalt gesehen wird, die einen erfassen und Hals über Kopf in Beziehungen und Ehen wirbeln kann, bis sie dann plötzlich sang- und klanglos wieder verschwindet und nur einen Scherbenhaufen hinterlässt. Für mich ist das ein falsches, ja sogar ungesundes Bild und ich glaube nicht, dass Liebe so etwas ist. Dafür sind wir viel zu bewusste Wesen, die nicht wie Tiere ihren Instinkten ausgeliefert sind.

Vielmehr sehe ich Liebe als ein Verb, also lieben. Man muss es tun, um es zu fühlen. Liebevolle Dinge über Menschen denken, sagen, dann folgen auch die Empfindungen. Da spielen auch die Gedanken eine große Rolle. Wer hat sich nicht schon in einen völlig fremden Menschen verliebt, einfach nur, weil man gedanklich so viel tolles in ihn projiziert hat, ohne dass man wusste, ob diese Vorstellungen tatsächlich zutreffen? Alles nur auf Basis der verliebten Grundhaltung und der damit verbundenen Gedanken, die zu Gefühlen wurden.

Man kann Liebe auch als einen Garten betrachten, den man nicht einfach sich selbst überlassen sollte. Stattdessen muss dort hin und wieder Unkraut gejätet werden: Streitpunkte, Meinungsverschiedenheiten, Ungereimtheiten im Alltag kommunikativ geklärt werden. Hindernisse und ungesunde Gewohnheiten für die Beziehung benannt und geändert werden usw. Die Pflanzen, die wachsen sollen, müssen regelmäßig gegossen werden: in Form von Zärtlichkeiten, nicht nur im Bett, freundliche Worte, tatkräftige oder emotionale Hilfe, eine kleine Überraschung, ein gemeinsamer Ausflug.. es gibt so viele Möglichkeiten den Garten schön zu machen. Auch gehören da Grenzen nach außen dazu. Dass nicht jeder in die Beziehung reingrätschen kann, sei es in Form von Kommentaren, Avancen oder bestimmendes Verhalten. Es muss Schattenplätze und Sonnenplätze geben. Jeder kann in seine Beziehung in dieser Form investieren und sie schön machen, anstatt nur darauf zu warten, dass irgendwelche ominösen Gefühle einfach wiederkehren.

Ich bin überzeugt davon, dass sehr viele Beziehungen aufblühen würden, wenn sich die Beteiligten nicht immer einer Naturgewalt ausgesetzt fühlen, sondern eigenverantwortlich in Beziehungen handeln würden.

Vielleicht probiert ihr das auch mal ganz bewusst. Eine Trennung läuft euch nicht davon und so wie du schreibst, scheinst du einen sehr verständnisvollen und offenen Partner zu haben. Manche hätten nach deinem Geständnis sicher beleidigt die Koffer gepackt..

Alles Liebe.

28

Das ist sehr schön geschrieben!!!!!

Ich denk nur, in diesem Fall wäre es besser, erstmal mit sich selbst klarzukommen und auch ich gehe davon aus, dass das nicht ohne Hilfe geht. Zumal die TE schreibt, vor einem halben Jahr ging es ihr noch überhaupt nicht gut, also im Februar. Jetzt haben wir Sommer, wie wird es in der dunklen Jahreszeit...?

1

Es ist unwahrscheinlich, dass die Liebe einfach so, von nichts, wiederkommt. Ihr müsst euch beide aktiv wieder entdecken und finden. Da er sich einer Paartherapie verweigert, die euch wieder zusammenbringen könnte, indem ihr über Probleme, mögliche Auslöser und eure Gefühle sprecht, wird es natürlich schwieriger.

Andererseits finde ich es vernünftig, nicht erst einmal alles wegzuschmeissen, sondern 6 Monate zu warten. Das macht allerdings nur Sinn, wenn ihr die Zeit nutzt, indem ihr redet, versucht, dem Grund für deine veränderten Gefühle auf die Spur zu kommen, gleichzeitig versucht, Nähe herzustellen, schöne neue Erinnerungen bereitet, ein entspanntes Umfeld für euch gemeinsam schafft, z.B. bei gemeinsamen schönen Spaziergängen, Urlauben, Candlelight-Dinners etc.

Einfach nur abwarten wird gar nichts bringen, ihr müsst schon an eurer Ehe/Liebe arbeiten.

2

Nachtrag:
Zu deiner Frage: ja, es ist häufig so, dass die Liebe im Alltag untergeht. ABER: man kann sie auch wieder finden. Siehe mein Beitrag oben.

3

Hallo, kannst du denn sagen, dass du zwecks deiner Depressionen auf einen guten Weg bist? Aus Erfahrung weiß ich, dass eine solche, Gefühle der Art in den Hintergrund rücken kann und denkt das die Gefühle weg sind. Bei mir kamen sie wieder als ich wieder stabil war und es mir gut ging.
Ebenfalls ist es auch in einer längeren Beziehung der Fall, dass die Gefühle zum Partner mal weniger werden bzw. nicht so sehr präsent sind. Jedoch, da kann ich natürlich nur für mich sprechen, waren sie nie ganz weg.
Ich finde die Einstellung zwecks dem halben Jahr von deinem Mann ehrlich gesagt gar nicht so schlecht. Arbeitet in der Zeit an eurer Beziehung und schaut was daraus wird. Falls die Gefühle nicht zurück kommen sollten in der Zeit bzw. nicht wieder mehr werden, könnt ihr wie von deinem Mann vorgeschlagen, immer noch über eine Trennung sprechen. Alles Gute!

11

Tut gut einen Bericht von jemandem zu lesen der auch so etwas durchgemacht hat. Ich fühle mich was die Depression betrifft aktuell stabil - ich hab wieder Selbstwert, die Welt ist wieder schön für mich und ich habe Freude an meinem Leben. Ob es überstanden ist weiß ich aber nicht. Wie lange hat es bei dir gedauert bis die Liebe wieder mehr zu Tage kam nachdem die Depression besser war?

32

Die Liebe kam zurück als ich meinen Selbstwert wiedergefunden habe. Sie war aber unterschwellig immer da. Anschließend habe ich für meine Beziehung gekämpft und ihm gezeigt, dass mir immer noch ganz viel an unserer Beziehung liegt. Das Miteinander in dieser Zeit hat uns das wieder gebracht, wo wir jetzt immer noch sind.

4

Findest du nicht, dass du erst mal deine Therapie beenden solltest, bevor du deinen Mann zu einer Therapie "schleifst"?
Wenn du deine Depressionen überwunden hast, oder besser damit umgehen kannst, hast du vielleicht einen klareren Blick für euer Verhältnis und für deine Gefühle.
Toll finde ich, dass du darüber mit deinem Mann sprechen konntest und ihr zu einem konstruktiven Ergebnis gekommen seid.

6

Ich hab mich unklar ausgedrückt. Für meinen Mann kommt generell keine Therapie in Frage, auch nicht für mich. Ich war vor etlichen Jahren einmal bei einem Psychologen, aber der wollte gar nicht hören was ich eigentlich sagen wollte. Ich habe sehr belastende familiäre Hintergründe, die ich aufarbeiten wollte (habe ich letztlich ohne psychologische Begleitung in den letzten Monaten in Angriff genommen) und er wollte nur über meine Beziehung reden und empfahl aufgrund meines depressiven Zustandes mich sofort zu trennen, obwohl wir zu dem Zeitpunkt keinerlei Probleme miteinander hatten. Das war für meinen Mann sehr schlimm als ich ihm das erzählt hab, weshalb er danach generell gegen eine Therapie war.

8

Mittlerweile bin ich sehr skeptisch, was angeblich Psychologen alles gesagt oder geraten haben sollen, da liest man hier die tollsten Sachen.

Was sind denn für dich "etliche Jahre"? Ist das Wort "einmal" wörtlich zu verstehen?
Wenn du an einen Frauenarzt gerätst, der dir nicht zusagt, gehst du danach auch nie wieder in eine gynäkologische Praxis?

Du solltest dir von deinem Mann nicht vorschreiben lassen, ob du eine Therapie brauchst oder nicht. Falls du es in Angriff nehmen willst, such dir einen Psychotherapeuten, Psychologen therapieren nicht.

Ansonsten kocht euer Süppchen weiter, ist nur die Frage, ob sich in einem halben Jahr plötzlich alles von allein zum Guten wendet.

weitere Kommentare laden
5

Ich bin mit meinem Mann seit 20 Jahren verheiratet. Klar gab es in dieser Zeit Phasen, in denen die Liebe weniger war. Vielleicht werfen die Meisten dann hin und gehen da nicht gemeinsam durch. Vielleicht gibt es deswegen so viele Trennungen?

Ich denke, die Liebe kann wieder kommen. Aber man braucht nicht darauf zu hoffen, dass sie einfach so wieder entfacht. Tut etwas dafür, schafft Euch gemeinsame, schöne Momente. Das verbindet dann wieder.

7

Hallo

Ich würde jetzt deine Depressionen versus die Gefühle deinem Mann ggb. schön auseinanderhalten. Das heisst, du schaust, dass die Therapie und Medis dich in einen gewissen stabilen gesundheitlichen Zustand bringen und du DANN die Liebe zu deinem Mann frisch reflektierst. Dann kommt noch, die Liebe / Beziehung zu definieren, die du dir wünschen würdest.
Ich finde, dein Mann hat auf jeden Fall sehr reflektiert reagiert. Wahrscheinlich kennt er dich schon gut.

LG

10

Therapie und Medikamente gibt es keine, wie gesagt ist mein Mann gegen eine Therapie. (Gründe siehe ein paar Beiträge weiter oben) Ich fühle mich aktuell eigentlich recht stabil, aber woher soll man wissen ob die fehlende Liebe an den Depressionen liegt oder das wirklich so ist, dass ich ihn nicht mehr liebe? Ja er kennt mich sehr gut und hat mich all die Jahre unterstützt, deshalb hat er wohl auch so besonnen reagieren können.

13

"Ja er kennt mich sehr gut und hat mich all die Jahre unterstützt,"

Er hat dir Zeit eurer Ehe eine Therapie verwehrt, DAS nennst du Unterstützung?

weitere Kommentare laden
22

Naja und wie erhofft er Sich, dass die Liebe wieder kommt?

Ich denke schon, dass man die wieder aufleben lassen kann. Aber sicher nicht durch „abwarten“. Da wird nix passieren. Man muss aktiv und dauerhaft was ändern.

Ich bin seit 10 Jahren mit meinem Mann zusammen. Klar ist man nicht mehr mega verliebt und hat ständig Schmetterlinge im Bauch. Ich bin auch oft genervt von ihm 😅

Aber ich vermisse ihn total, wenn er mal weg ist (auf Montage, selbst wenn es nur eine Nacht ist), freue mich über seine Aufmerksamkeiten, rede gerne mit ihm oder verbringe meine Zeit mit ihm.

Würde ich ihn nur noch als störend empfinden, würde ich tatsächlich auch stark über eine Trennung nachdenken. Um als Eltern zu funktionieren, muss man kein Paar sein.

24

Hallo.
Mir bleiben ein paar Dinge vor Augen in deinen Beiträgen.
"Seit Jahren leide ich immer wieder an Depressionen."
"Fühle mich stabil und gut." wohl gemerkt, ohne professionelle Hilfe und Medikamente.
"Mein Mann verwehrt mir eine Psychotherapie." Aijaijaij.

Ich kann bei "echten" Depressionen nicht mitreden. Ich litt unter einer postportalen Wochenbettdepression. Aber ich war 3 Jahre später die Frau eines schwer depressiven Ehemanns und ich verstehe deinen 0,00!!! Wenn ich damals nicht darauf bestanden hätte, dass mein Mann sich PROFESSIONELLE Hilfe sucht (4 Wochen stationär + 3 Monate Tagesklinik) wären wir heute kein Paar mehr. Im Gegensatz zu dir, hat mein Mann nie seine Liebe für mich verloren. Er hatte 1000mal mehr Angst, dass ich ihn "fallen lasse".
Die Krankheit ist immer da. Er ist medikamentös eingestellt und stabil. Er sagt ganz klar "Lieber schluck ich mein Leben lang ein paar Pillen, als das nochmal durchleben zu müssen".

Da du keine professionelle Hilfe hast, weißt du vermutlich nicht welchen Grad deine Depressionen haben? Bist du auch im Herbst/Winter absolut stabil ohne Alles?!

Also ich würde dir ganz dringend und zügig zu professioneller Hilfe raten, allerdings kann das dauern. Psychiater und Neurologen (dürfen Medis verschreiben) sind völlig überlaufen (welch Wunder). Psychologen rate ich dir von ab. Nicht, wegen deiner schon negativen Erfahrung, sondern weil die nix mit Medis zutun haben und nicht dürfen.

Ansonsten, wenns schneller gehen soll, such eine LWL Tagesklinik in der Nähe. Oder eine neurologische Abteilung eines KH's. Die können dir, bis du einen Psychiater oder Neurologen hast, schonmal bei der medikamentösen Einstellung helfen.

Wenn du eingestellt bist, ändert sich recht sicher auch deine "Gefühlswelt". Ansonsten sag deinem Mann, wenn er dich ganz sicher verlieren will, soll er dir weiter professionelle Hilfe verwehren.

Alles Gute.

27

Bei einem Psychiater oder Neurologen wird sie aber keine Therapie machen können. Da wäre dann doch ein Therapeut anzuraten, denn nicht jeder Depressive gehört gleich in eine Tagesklinik.
Für deinen Mann war der Weg richtig, passt aber nicht auf jeden.
Psychotherapeuten dürfen keine Medikamente verschreiben, kennen sich aber damit aus und können Empfehlungen aussprechen, an den Hausarzt z.B. Oder die Medikamente werden von einem Psychiater verschrieben. Es ist häufig so, dass die Patienten alle paar Monate den Psychiater aufsuchen nur um ein neues Rezept zu bekommen.

30

"denn nicht jeder Depressive gehört gleich in eine Tagesklinik."
Ach, danke für den Hinweis 🤨.
Hab ich das irgendwo so geschrieben 🤔. Wüsste ich nicht.
Vorzugsweise habe ich wiederholt von professioneller Hilfe gesprochen. Wo man sich diese holt, ist jedem selbst überlassen.
Aber da der Mann der TE anscheinend ein Neandertaler ist, der die TE lieber verlässt, bevor sie sich Hilfe suchen kann.. Sagt schon alles..

weitere Kommentare laden