Wir sind seit mehr als 20 Jahren verheiratet.
Seit etwa einem halben Jahr vermeide ich, Sex mit meiner Frau zu haben.
Die Gründe dafür sind einerseits sehr einfach, andererseits unendlich kompliziert.
Schon kurz nach unserem Kennenlernen hatte meine Frau mir erzählt, dass sie als Kind sexuell missbraucht worden war.
Es war für sie sehr schwer, mir das zu sagen und ich muss aus heutiger Sicht zugeben, dass ich darauf wohl nicht angemessen reagiert habe - vor allem, weil mir die Tragweite dieser Tatsache nicht annähernd bewusst war. Meine Reaktion beschränkte sich also, kurz gesagt, erstmal auf "Ich bin für dich da, gemeinsam schaffen wir das schon". Ich habe erst viel später erfahren, dass sie mir diese Reaktion verständlicherweise übel nahm.
Ebenfalls bereits kurz nach unserem Kennenlernen passierte etwas, das mir bis heute zu schaffen macht.
Meine Frau begann damals, scheinbar beiläufig einen anderen Mann zu erwähnen, mit dem sie, kurz, bevor wir zusammenkamen, einen One-Night-Stand hatte.
Merkwürdig war für mich, dass sie nicht aufhörte, diesen Mann zu erwähnen. Vielmehr hob sie auch in meiner Anwesenheit ab, wenn er sie anrief - was er über Monate hinweg tat.
Ich sagte ihr damals, dass ich all das für sehr unpassend hielt, um das Mindeste zu sagen - und auch, dass es mich störte. Sie gab mir daraufhin zu verstehen, dass all das nichts zu bedeuten habe und ich ihr Vorleben akzeptieren müsse.
Monate später, als wir bereits zusammen wohnten, fand ich heraus, dass meine Frau auch Fotos dieses Mannes auf dem Computer gespeichert hatte, den wir gemeinsam benutzten. Und auch, dass sie diesen anderen Mann auch mehrmals getroffen hatte, während wir bereits zusammen waren. Darauf angesprochen wiederholte sie, was sie in diesem Zusammenhang immer sagte: Es sei nichts passiert, es wäre nicht wichtig. Der Sex mit diesem Mann sei einfach sehr schön gewesen und sie hätten sich gut verstanden, ohne dass sie sich in ihn verliebt hätte.
Dennoch erwähnte sie ihn auch weiterhin sehr wohlwollend, während sie gleichzeitig an mir immer mehr auszusetzen hatte.
Während der folgenden Jahre unserer Ehe bemerkte ich, dass ich mich für meine Frau immer mehr zum Feindbild entwickelte, ohne dass es einen offensichtlichen Grund dafür gab. Wir hielten zusammen, unterstützten uns, liebten uns. Dennoch passierte es scheinbar ohne Vorwarnung, dass ihre Stimmung umschlug, sie mich als Feind sah und mich dabei auch demütigte. Heute weiß ich, dass das mit dem Missbrauch zusammenhängt, der in ihrer Kindheit passiert war. Etwas scheinbar Bedeutungsloses triggert ihre Erinnerung, sie geht in einen Verteidigungsmodus und kanalisiert ihren Hass auf mich.
Es war (und ist) aus meiner Sicht nicht möglich, mit meiner Frau darüber zu reden. Sie blockt ab, sobald es zu persönlich wird, sobald es um unseren konkreten Probleme geht. So entstand die untypische Situation, dass ich als Mann derjenige war, der Probleme besprechen wollte, während sie das vehement ablehnte.
Daraus wiederum entstanden viele Auseinandersetzungen, in denen wir uns Dinge sagten, die wir wohl beide besser nicht gesagt hätten. Ich fühlte mich von meiner Frau im Stich gelassen, weil sie unsere Probleme nicht bereden, nicht "angehen" wollte. Sie fühlte sich andererseits bedrängt, sobald ich mit ihr darüber reden wollte.
So ging es über viele Jahre, schöne Zeiten und hässliche Streite wechselten sich ab.
Vor einigen Jahren, meine Frau und ich kannten uns zu diesem Zeitpunkt ziemlich genau 20 Jahre, gab sie mir ihr Handy und bat mich, auf ihrem Handy etwas in der Facebook-App zu suchen, weil sie selbst gerade Auto fuhr und ich Beifahrer war. Beim Klicken auf das Suchfeld erschien die Historie ihrer letzten Suchanfragen, der Name ihres One-Night-Stands von damals stand ganz oben in der Liste.
Das hat mich unmittelbar getroffen. Wenn sie auch nach 20 Jahren noch nach diesem Mann im Internet sucht, dann wird das wohl nie aufhören - dessen war und bin ich mir sicher.
Und dass all das "nichts zu bedeuten" hätte, war spätestens jetzt auch absolut unhaltbar.
Darauf angesprochen, behauptete meine Frau allerdings genau das. Es hätte nichts zu bedeuten. Sie würde schließlich nach vielen Leuten und Freunden aus ihrer Vergangenheit im Internet suchen. Der Sex damals war gut, das sei alles.
Seither ging es mit unserer Ehe langsam, aber stetig bergab.
Wir hatten weiterhin Sex, aber ich fühlte mich absolut nicht gut dabei. Mir wurde klar, dass ich nicht mehr mit ihrer Erinnerung an einen anderen Mann konkurrieren wollte.
Meine Frau räumte zwar ein, dass es ein Fehler gewesen war, mich über Jahre mit diesem anderen Mann zu provozieren - für mich aber kam ihre Einsicht 20 Jahre zu spät. Ein funktionierendes Liebesleben war so für mich nicht mehr möglich, ohne dafür den letzten Rest meiner Würde aufzugeben.
Seit einem halben Jahr haben wir nun keinen Sex mehr, wir leben mehr oder weniger wie Bruder und Schwester.
Ich hätte nie gedacht, dass es soweit kommen würde und dass ich es sein würde, der diese Entscheidung treffen würde.
Meine Frau meint, sie hätte zwar gern Sex, müsste meine Entscheidung aber akzeptieren. Mich ärgert, dass sie das als "meine Entscheidung" bezeichnet und sich damit aus jeder Verantwortung stiehlt. Wenn ich darauf entgegne, dass ich diese Entscheidung nicht freiwillig gtroffen habe, sondern aufgrund ihres Verhaltens treffen musste, dann entwickelt sich daraus unweigerlich ein Streit.
Ich finde aus dieser Situation keinen sinnvollen Ausweg.
Mir ist klar, dass unsere Ehe unter den Folgen dessen leidet, was meiner Frau als Kind angetan wurde.
Mich interessiert sehr, ob jemand hier in einer ähnlichen Situation ist und wie ihr damit umgeht.
Ich will keinen Sex mehr mit meiner Frau
Das ist wirklich eine extrem schwierige Situation.
Letztendlich sind es sind es ja 2 Hauptprobleme die ihr habt.
Zum einen die Kindheit deiner Frau die die sie verständlicherweise immer belasten wird und dann dieser Mann aus ihrer Vergangenheit.
Ich hatte vor sehr langer Zeit mal ein sexuelles Abenteuer mit einer deutlich älteren Frau, die einmal während unser gemeinsamen Zeit eine Nachricht von der Polizei bekam das ihr Vater tot aufgefunden wurde.
Als ich sie daraufhin fragte ob sie denn keinen Kontakt hatte zu ihm, sagte sie mir ziemlich nüchtern und trocken dass sie von ihm über viele Jahre als Kind vergewaltigt wurde. Ihre Mutter ist dann irgendwann mit ihr "abgehauen" und seit dem hatte sie nie wieder was von ihm gehört.
Da wusste ich mit Anfang 20 auch nicht wie ich auf so etwas reagieren sollte. Ich kann mich zwar nicht mehr genau daran erinnern, aber das "Richtige" habe ich da bestimmt auch nicht geantwortet. Wie sollte ich auch..
Auch wenn es für mich damals nicht der Lebenspartner war , so ist es mit Sicherheit für jeden Mann extrem schwierig bei so einer Offenbarung das Richtige zu sagen oder zu tun. Es ist natürlich auch immer davon abhängig wie die Frau das "verarbeitet" hat oder auch verdrängt hat.
Für dich sollte es aber egal sein wie du es formuliert hast , du hast sie weder sitzen lassen noch hast du mit Entsetzen und Unverständnis reagiert. Du hast das getan was du in dem Moment für richtig hieltest.
Hat sie dir denn gesagt was sie von dir erwartet hatte / hätte ?
Der andere Mann - das ist genauso schwierig. Meine Frau hatte auch vor kurzem Kontakt mit einem Mann mit dem sie "mutmaßlich" in unserer Anfangszeit körperlich etwas hatte. Zugegeben hat sie das aber nie. Ich weiß nicht wie viel Kontakt sie in den letzten Jahr(zehnten) hatten, aber ich weiß dass es für unsere Beziehung eigentlich keine Rolle spielt. Sie ist von allem , räumlich gesehen, weit weg und unsere Ehe stimmt in allen Bereichen.
Aber bei euch ist solche Eifersucht natürlich extrem schädlich, vor allem wenn die Wahrheit nicht immer offen ausgesprochen wird.
Letztlich kennst du die ganze Wahrheit nicht und bist verständlicherweise verärgert und verletzt. Ja auch Männer dürfen das genauso wie Frauen ! Was wirklich stimmt und was nicht weißt du einfach nicht.
Es ist natürlich alles umso schwieriger wenn deine Frau keine wirkliche Klärung möchte. Unterm Strich ist ein extrem offenes und ehrliches Gespräch euer einziger Ausweg aus dem Chaos.
Ich kann dir aus persönlicher Erfahrung nur empfehlen einen ausführlichen , langen, offenen und ehrlichen Brief zu schreiben.
Dort schreibst du alles rein was dich bewegt und beschäftigt. Aber ganz wichtig ist dass der Brief keine "Anklageschrift" wird. Versuche es manchmal auch emotionslos , fast wie von einer dritten Person, zu formulieren. Wichtig ist es auch zu schreiben was du hättest anders, besser, machen können. Denn die "Fehler" sind meist 50:50 verteilt.
Beende den Brief mit deinen ehrlichen Gefühlen und mit deinen Wünschen für die (gemeinsame) Zukunft.
Lies dir deine Zeilen aber vorher mehrfach durch, schlafe immer mal wieder eine Nacht drüber und formuliere es ggf. dann um. Ein Brief im Affekt und mit Verärgerung zu schreiben ist meist nicht sehr hilfreich.
Ich sehe es ähnlich wie du, es gibt zwei Probleme.
Erstens: ihre Angst nach den Ereignissen in ihrer Kindheit und ihr daraus folgender Männerhass, wie sie es selbst nennt.
Zweitens: die Sache mit dem anderen Typen.
Meine Frau sieht das anders. Sie meint, beide Dinge wären verbunden. Sie würde die Sache mit dem anderen Mann benutzen, um mich von sich fernzuhalten, wenn ich ihr emotional zu nahe komme.
Das mag für sich zwar stimmen, ist für mich aber bestenfalls die halbe Wahrheit.
Vor allem aber zeigt es mir, was sie bereit ist mir zuzumuten, um ihre eigenen seelischen Schutz zu gewährleisten.
Viel mehr Egoismus geht eigentlich nicht.
Wirklich verletzend ist eigentlich eine andere, dritte Sache:
Ich habe den Eindruck, dass sie eher unsere Beziehung aufgeben würde, als mit voller Kraft an unseren Problemen zu arbeiten.
Ich könnte mir nun sagen, dass ihre Angst einfach so groß ist, dass es alles andere überstrahlt. Ich könnte mir sagen, dass sie die nötige Kraft nicht aufbringen kann.
All das stimmt in gewisser Weise wohl auch.
Andererseits schlägt sie damit bewusst mein Angebot aus, gemeinsam an unseren Problemen zu arbeiten und das Ergebnis dieser Arbeit dann auch gemeinsam zu genießen.
In den Momenten, in denen meine Frau Angst hat, mich zu verlieren, dann macht sie solche Zusagen auch. Nach einiger Zeit ist aber alles wieder beim Alten.
Der Rat mit dem Brief ist ein guter.
Es wäre nicht der erste, den ich in all den Jahren schreiben würde.
Vielleicht mache ich es dennoch - es mag gut sein, dass mein Ton in den vergangenen Versuchen zu anklagend war.
Ich empfinde dich als sehr reflektiert und totzt allem, was passierte, versuchst du, eine Lösung zu finden.
Ich denke, du durchschaust hier schon einiges sehr gut, was in ihr vorgeht.
Die Angst vor der Aufarbeitung ist einfach enorm riesig bei ihr, das kann ich nachvollziehen. Aber solange du das mitmachst und sie so "durchkommt", muss sie daran nichts ändern, denkt sie vielleicht.
Ich habe keine Lösung für dich. Möchte dir aber mein vollstes Verständnis mitteilen.
Es ist schmerzlich, deine Geschichte zu lesen.
Ich kenne dieses Verhalten, wenn man einen lieben Mann unweigerlich als Täter sieht. Ich kenne die Trigger. Aber trotzdem habe ich daran arbeiten können und es ist viel besser geworden.
Sehr traurig, dass sie ihre Vergewaltigung nie in einer Therapie aufarbeiten wollte.
Ich wünsche dir alles gute.
Doch, das wollte sie. Wir waren in zwei Paartherapien - es hat allerdings einiger Überredung bedurft, dass sie diesen Therapien zustimmte.
Beide Therapien endeten nach einigen Sitzungen mit dem Vorschlag der jeweiligen Therapeutin, dass eine Einzeltherapie für meine Frau sinnvoller wäre als eine Paartherapie mit uns beiden.
Meine Frau hat das auch gemacht, die Einzeltherapien jedoch bald abgebrochen, weil sie zu aufwühlend waren und sie danach wochenlang Schlafprobleme hatte.
Am Ende hat es uns nicht weitergebracht. In schwachen Momenten kam der Vorwurf an mich, ich hätte sie zu diesen Therapien "gezwungen", obwohl sie vorab Bedenken geäußert hatte.
Gerade in eine langen Beziehung ist es wichtig, immer wieder über seinen sprichwörtlichen Schatten zu springen, ansonsten wird die ganze Sache sehr kompliziert und mit alten Themen belastet.
Wäre deine Frau eventuell zu einem stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik bereit?
Ihre Probleme sind offenbar recht schwerwiegend, und ganz sicher hat sie einen immensen Leidensdruck und sucht vielleicht auch deshalb nach kleinen Ablenkungen. Da muss meiner Meinung nach nicht unbedingt ein ernsthaftes Interesse für den anderen Mann vorliegen.
Ich würde sagen: Versuch es mit dem sprichwörtlichen Schwamm drüber und schafft Euch gemeinsam schöne Momente. Wichtig ist die Therapie für Deine Frau.
Hallo Maro,
ich lese ganz viele wohlwollende Worte von dir! Und überhaupt nicht stellst du deine Frau als böse dar.
Ich würde gerne wissen, was möchtest du?
Du bringst ganz viel Verständnis und Erklärung für deine Frau auf. Hast du auch so viel Verständnis für dich selbst?
Ich war 23 Jahre mit meinem Ex-Mann zusammen. Und in all den Jahren, die natürlich nicht nur schlecht waren, hab ich immer mal wieder an meinen aller ersten Freund gedacht. Immer mal hab ich nach ihm gegoogelt. Nix mehr. Keinen Kontakt.
Aber seit meiner Trennung von meinem Mann und nachdem ich den tollsten Typen der Welt kennen gelernt habe, interessiert mich mein erster Freund nicht mehr die Bohne.
Ich würde sagen, mir hat in meiner Ehe immer etwas gefehlt, deshalb habe ich an altem festgehalten.
Ich wünsche dir alles Gute!
Hat deine Frau ihre Vergangenheit therapeutisch aufgearbeitet?
Ich verstehe, dass sowas nachhaltig belastet. Dass man da behutsam sein muss. Aber ein Freifahrtsschein ist es trotzdem nicht!
Du leidest, du möchtest was ändern und sie blockt alles ab, das ist einfach unfair!
Ich würde zu einer Paartherapie raten. Vielleicht könnt ihr eure Probleme so lösen, denn alleine schafft ihr es bereits seit 20 Jahren (!) nicht! Also wird das alleine wohl eher nix mehr…
Möchte deine Frau weiterhin gar nichts tun, wäre es für mich das Ende der Beziehung. Denn so könnte ich nicht leben.
Liebe leute BITTE BITTE baut eine triggerwarnung in die Überschrift ein !!!!!!
Missbrauch ist das eine, das aufgearbeitet werden muss. Aber dass sie die ganze Zeit mit einem anderen Mann Kontakt pflegt und noch dazu - noch dazu DIR gegenüber - vom Sex mit ihm schwärmt, eine riesige Kränkung, und das würde ich nicht tolerieren. Der Missbrauch ist da kein Freifahrtschein. Entweder sie ändert was, und das erste wäre bedingungsloser und endgültiger Kontaktabbruch zu diesem Typen da, oder Trennung.