Depression - falsch reagiert und nun schlechtes Gewissen

Mein Mann leidet offensichtlich unter Depressionen. Ich fühle mich dabei so hilflos, weil er sich nicht helfen lassen kann oder auch will. Ich habe ihn schon mehrmals gebeten, endlich zum Arzt zu gehen, auch um sich eine Überweisung zum Psychologen geben zu lassen und eine Therapie zu beginnen.
Hat er bis jetzt nicht gemacht.

Gestern hatte er wieder einen Depressiven Schub (?), es war nicht auszuhalten. Völlig in sich gekehrt, maulig wenn er mal sprach, hat mich und die Kinder ignoriert, Schwarzmalerei - alles.
Ich war völlig überfordert und dann ist mir der Kragen geplatzt und ich habe ihm gesagt, "dass er endlich seine Depressionen oder was auch immer in den Griff kriegen soll! Das hält ja kein Mensch aus! Geh zum Arzt, mach irgendwas, aber kümmer dich endlich drum!"
Ich weiß, ich habe falsch reagiert. Völlig falsch. Er hat mich dann auch nur ganz geschockt angeschaut. Aber ich war so überfordert und dann selber auch gereizt - trotzdem, war es nicht richtig.

Ich würde heute nochmals gerne das Gespräch mit ihm suchen, weiß aber absolut nicht wie.
Wie kann ich am besten angehen, ihm zu sagen, dass ich mir Sorgen mache und doch nur will, dass er endlich Hilfe bekommt, bevor es noch schlimmer wird?

Bitte keine Vorwürfe, die mache ich mir selber zu genüge.

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Ich bin Psychotherapeutin und ich finde überhaupt nicht, dass du falsch reagiert hast. Depression Hin oder Her, du bist nicht sein emotionaler Mülleimer und die Kinder auch nicht. Wenn er von sich aus nicht bereit ist, Hilfe zu suchen und deshalb die ganze Familie darunter leidet, darfst du ihm ruhig kommunizieren, dass das nicht okay ist.

Falls er gesetzlich versichert ist, kann er sich über die 116117 zu einer psychotherapeutischen Sprechstunde anmelden (das ist noch kein Therapieplatz). Dort bekommt er eine Rückmeldung, ob eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt oder nicht und welche Möglichkeiten er hat, sich helfen zu lassen. Wenn es ihm dort nicht gefällt, muss er den/die Therapeut/in nie wieder sehen.

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Sehe ich auch so.
Manchmal braucht es ehrliche und direkte Ansagen.

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Zustimmung von einer Kollegin 😉

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Hallo!
Vielleicht war dein Tritt in den Hintern gar nicht so schlecht und er schafft es dadurch wirklich sich Hilfe zu suchen.
Einen depressiven Menschen bemitleiden oder ihn einfach
(nicht) machen lassen, hilft ja nicht wirklich. Womöglich könnte/ sollte der Arschtritt ein bisschen einfühlsamer sein, aber ich verstehe dich - es ist nicht leicht Angehöriger zu sein.
lg und alles Gute, minitouch

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Du hast super reagiert. Jemanden mit nem Knoten in der Brust würdest du auch nicht wochenlang bedauern, sondern ihn zum Arzt schicken.

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Du hast absolut richtig reagiert. Bisher hast du es nett und freundlich gesagt und es ist nichts passiert. Mit diesem tritt in den Ar**** holt er sich hoffentlich die Hilfe die er braucht.

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Also ganz ehrlich ich finde auch nicht das du falsch reagiert hast. Sicherlich er kann nichts für seine Depressionen aber er kann was dafür das er sich nicht helfen läßt. Gut, ich verstehe auch das es manchmal schwer fällt den Schritt zu gehen sich helfen zu lassen. Aber er zieht euch immer tiefer mit rein und es belastet dich. Du bist auch nur ein Mensch. Wenn er dich geschockt angeschaut hat, dann wird er jetzt vielleicht mal ein wenig wacher! Ausitzen geht bei dem Problem schließlich auch nicht.

Ela

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Schließe mich den Anderen an: gut das du was gesagt hast! Er muss etwas tun. Habe selbst einen burn out/Depression gehabt und ja, es ist schwer Energie aufzubringen um zum Arzt zu gehen und vor allem sich seinen Problemen zu stellen und 'aufzuräumen'...aber es muss sein!
Entschuldige dich blos nicht. Sag ihm besser das du ihm noch 2 Wochen Zeit lässt, wenn er bis dahin nicht aktiv geworden ist (sich Hilfe gesucht hat, nicht verwechseln mit abgeschlossener Heilung) dann darf er ausziehen (oder du ziehst aus). Er braucht anscheinend ein deutlicheres Zeichen, das nicht nur ER leidet.
Alles Gute!

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Ich habe selbst oft Depressionen durch meine bipolare störung und ich finde deine Reaktion trotzdem nachvollziehbar. Wenn du ihm bereits mehrfach ganz in Ruhe gesagt hast er möge sich bitte endlich Hilfe holen und er das nicht getan hat (ja klar, die Depression macht es einem schwer, aber eben nicht unmöglich), und er euch immer wieder so mies behandelt, ist es verständlich, dass du auch irgendwann mal wütend wirst. Seine Erkrankung hat ja nicht grad wenig Auswirkungen auf die Familie.
Und feststeht: wenn er sich keine Hilfe sucht wird es niemals besser werden. Und umso länger er damit wartet desto schlechter wird eine Therapie fruchten. Er MUSS sich Hilfe holen. Und das würde ich ihm auch immer wieder so sagen.
Ansonsten läuft es darauf hinaus, dass alles so bescheiden bleibt wie es jetzt ist und irgendwann macht das dich und die Kinder auch kaputt. Seine schlechte Laune macht ja auch was mit euch.

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Wo hast du denn was falsch gemacht? Depressionen sind eine Krankheit, die sich behandeln lässt. Wenn er sich - offensichtlich bewusst- gegen eine Behandlung entscheidet, ist das sein Problem. Nicht deines und schon gar nicht das deiner Kinder! Das was du gesagt hast finde ich mehr als freundlich - da hätte ich beim maulen gegenüber unbeteiligten Kindern ganz andere Worte gefunden.

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„ Ich würde heute nochmals gerne das Gespräch mit ihm suchen, weiß aber absolut nicht wie.
Wie kann ich am besten angehen, ihm zu sagen, dass ich mir Sorgen mache und doch nur will, dass er endlich Hilfe bekommt, bevor es noch schlimmer wird?“

Sag ihm doch, dass du heute abend gerne etwas Zeit mit ihm hättest. Frag ihn dann, wie es ihm geht, ob ihn etwas belastet, zu Hause, auf der Arbeit, bei Freunden, zeig Interesse an ihm und seinem Problem. Das hast du ja auch, sonst würdest du dir nicht so viele Gedanken machen. Verleih dem ruhig Ausdruck, mir hilft das sehr, wenn ich merke, dass es jemanden wirklich interessiert, wie es mir geht. Alleine das hilft schon sehr. Zum anderen, sag ihm dann auch, wie es dir damit geht: „ich komme schlecht klar mit deinem Verhalten in solchen Phasen / ich mache mir Sorgen wegen …“. Versuch doch, deine Äusserung als „ich-botschaft“ weiterzugeben, nicht als „du müsstest / weil du so und so“ vielleicht machst du das ja eh schon 😉

Und dann mach ihm nochmals deutlich, was dir daran liegt, dass er bereit wird, sich bzw. ja auch euch Hilfe zu holen. Er tut das ja nicht nur für sich, sondern für die ganze Familie. Sag ihm, dass du hinter ihm stehst, auch wenn er eine Depression hat / dass du zu ihm hältst und nicht qegen dem nun das Gefühl hast, er sei dir nicht mehr würdig. Das gibt ihm bestimmt Mut, denn ich glaube, viele Depressive wollen es sich nicht eingestehen, dass sie das sind bzw. Hilfe brauchen, weil sie denken, Versagt zu haben. Weisst du, mir hat geholfen zu wissen, dass eine Depression wie eine andere Erkrankung ist. Hat man Grippe, sind alle da, kochen Tee, fragen nach wie es einem geht, es wird akzeptiert, dass man mal für paar Tage ausfällt. Bei einer Depression ist das nicht so, man bekommt schnell mal den Stempel „arm / nicht normal / selberschuld. Also ich mein jetzt nicht von dir, aber vom Umfeld. Daher: Wenn du ihm zeigst, das du bzw. ihr als Familie ihren Papa voll unterstützen und weiter genau gleich lieben, gibt das sowas von viel Kraft.
Und behandle ihn weiterhin, wie gewohnt, nicht wie ein hilfloser Patient. Er braucht hilfe ja, abet wr ist dennoch selbstständig und selbstwirksam.

Alles Gute!