Schlechter Umgangston in der Partnerschaft

Hallo zusammen,
es geht um folgendes Problem: mein Mann und ich sind seit 12 Jahren zusammen, seit 7 verheiratet und haben 2 Kinder. Nun hatten wir in den letzten Jahren häufig Streit oder stundenlange Diskussionen bis tief in die Nacht. Wir beiden haben uns da wirklich oft im Ton vergriffen und waren absolut nicht mehr respektvoll. Seitdem zieht sich das durch die gesamte Kommunikation. Ich habe das Gefühl, dass wir mal eine Grenze überschritten haben und nun keiner mehr Respekt vor dem anderen hat. Er ist mir gegenüber meistens auch sehr kühl und abweisend und kann auch wirklich eklig sein. Wenns mir schlecht geht, aufgrund von Krankheit oder Stress, nimmt er mich nie tröstend in den Arm, sondern haut erst recht noch drauf. Ich selbst bin auch oft sehr schnell in einem sehr genervten oder angreifenden Ton drin, obwohl ich das gar nicht möchte. Ich frage mich, ob man das überhaupt nochmal ändern kann, wenn es sich schon so festgesetzt hat :-( ich habe das Gefühl, wir entfernen uns auch weiter voneinander und normale Gespräche sind nur zu neutralen Themen möglich. Geht es um uns und die Beziehung, wird es direkt wieder laut. Kennt das noch jemand? Kommt man da wieder raus, kann man das üben?!

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Das ist der Tribut, den man an Überforderung durch Kinder und, Partnerschaft zahlt.
Du hast eure Situation sehr gut beschrieben.
Setzt euch zusammen: retten oder aufgeben!
So kann es nicht bleiben!

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Danke dir.
Ja du hast Recht. Es ist auch erst so, seit das erste Kind auf der Welt ist. Mit Geburt des Zweiten wurde es dann noch schlimmer. Mein Stresslevel ging in den letzten Jahren enorm nach oben :-( die Partnerschaft leidet sehr, das kann bestimmt jeder mit kleinen Kindern nachempfinden

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Also, dass man zwingend abwertend und beleidigend kommunizieren muss, wenn man mit den eigenen Aufgaben überfordert ist, stimmt ganz sicher nicht. Man kann immer noch selbst entscheiden, ob man den Partner anschreit. Ich bin punktuell durchaus auch einmal überfordert und überlastet, habe meinen Partner aber in 9 Jahren noch nie angeschrien oder gar beleidigt.

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Hallo,

ja, an der Streitkultur kann man arbeiten - wenn beide das wollen und umsetzen. Denn nicht das Streiten an sich ist ein Problem, es kann sogar sehr produktiv sein, wenn am Ende gute Kompromisse oder Lösungen rauskommen - es kommt auf das Wie an.

Für den Streitfall sollten immer Regeln gelten, die man im Idealfall mit einer professionellen dritten Person (Coach/Therapeut/im Rahmen von Paartherapien oder Seminaren) ausgearbeitet hat. Das können unter anderem sein:
- Sprechen in Ich-Botschaften
- Rational und logisch argumentieren
- Vermeiden von Vorwürfen mit Wörtern wie "nie", "immer" "jedes Mal"
- Aktives Zuhören
- Lösungsorientierung statt Problemorientierung, konstruktiv statt destruktiv (Was ist das Ziel, was soll erreicht werden?)
- Bei einem Thema bleiben und nicht noch Nebenschauplätze aufmachen.
- Akzeptieren können, wenn man nicht immer auf einen Nenner kommt, und Kompromisse suchen
- Wenn es zu viel wird für eine Seite oder es wieder in eine unschöne Richtung geht, wird der Streit unterbrochen und es gibt eine Auszeit
- Und ganz wichtig: Wertschätzung und Augenhöhe.

So zu streiten ist anstrengend, weil man sich ständig selbst reflektieren muss: halte ich die Regeln noch ein oder wird es wieder unsachlich? Unter die Gürtellinie gehen ist sicher einfacher, aber wie du sagst und selber merkst: ist die Grenze einmal überschritten, wird es schwierig. Aber nicht unlösbar.

Ich gehe mal davon aus, dass du bereit wärst, an eurer Streitkultur zu arbeiten, sonst hättest du hier ja nicht gefragt. Meinst du, dein Mann wäre dazu auch bereit?

Liebe Grüße,
DieKati

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Ich stimme dir zu, gewaltfreie Kommunikation ist das Stichwort. Ist zu Beginn wirklich anstrengend, bringt aber enorm viel.

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Ich hab kürzlich noch mal einen Tipp gelesen, der mir als sehr visuellem Menschen sehr umsetzbar erschien:
Man stelle sich Streits als faire Boxkämpfe vor in einem Boxring vor. Alle Mittel, die nicht zum Boxkampf gehören, bleiben draußen. --> Also, wenn ich mich um das Einräumen der Spülmaschine streite, geht es argumentativ nur darum, nicht um alle anderen Vergehen oder das Vermischen von Sach- und Beziehungsebene.
Ich hab vor, dass mal auszuprobieren, mir bei Konflikten den Boxring vorzustellen und nur mit "fairen" Argumenten zu "kämpfen"...

Wollte ich der sehr guten Liste noch zufügen!

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Ja, das kann man üben. Wie schon über mir beschrieben, gibt es Regeln. Aber ich weiß nicht, ob ihr da allein rauskommt. Wahrscheinlich ist zu viel vorgefallen. Ihr solltet zur Paartherapie gehen und euch helfen lassen.

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Es ist ja immer schwieriger, wenn sich das erst mal einbegürgert hat, aber ich sehe da zwei Möglichkeiten. 1. Mit Hilfe eines Therapeuten. Oder 2. ihr versucht erst mal mit HIlfe von genauen Regeln, die ihr zusammen beschliesst, das zu verändern. Da müsst ihr aber dann sehr konsequent sein. Eigentlich wäre es schon gut, wenn ihr da eine Art Anleitung hättet, und da ist eine Person, die euch anleitet eigentlich besser als ein Buch oder so.

Es gibt ja ein paar relativ einfache Kommunikationsregeln:

- Nur Ich-Botschaften, nie Du-Botschaften. Also keine Vorwürfe und keine Interpretationen (z.B. der Absichten des Anderen) Sondern nur vermitteln, wie man sich selbst dabei fühlt, was einen daran stört, welche Probleme man damit hat. Natürlich
auch nicht abwerten, oder die Bedürfnisse des Anderen bagatellisieren.

- Nie sagen "du machst immer...." oder "du machst nie...", also Übertreibungen vermeiden. Und natürlich auch nicht sagen, dass der Andere lügt, verrückt ist, oder ähnliches. Das mit dem nicht-Interpretieren ist auch sehr wichtig. Mein Ex hat mir
damals alle möglichen negativen Absichten hineininterpretiert, anstatt mich zu fragen, wie ich das gemeint habe, oder was
die Absicht war.

Bearbeitet von tia64
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Und sachlich bleiben! Und beim Thema bleiben!

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Hallo,
Da kannst du an 1. Stelle erst mal nur an dir arbeiten. Wenn du auf 180 gehst, gehe aus der Situation. Sage, dass du kurz Pause brauchst und schnaufe durch. Das ist wichtig und kann man immer machen! Sammle dich und finde dein Bedürfnis und das sagst du dann in ruhigen Ton. Es gilt immer noch: so wie es in den Wald schallt… Sei du einfach nett und bemüht und dann sollte sich das Niveau auch bessern. So redet man ja auch mit den Kindern. Man versucht sie zu verstehen, einen Kompromiss zu finden. Klappt bei Klein und bei Groß.
Wenn er nun ausfällig wird, sagst du „Stopp! So reden wir nicht miteinander. Bitte mache/sage/rede …!“
Wenn du in den Arm genommen werden willst, dann sage das oder tue es einfach von dir aus.
Und dann beobachte.
Ihr lebt den Kindern ja auch ganz ganz schlechte Umgangsformen vor.
Und setzt euch auch mal zusammen, ob und wie ihr euren Umgang noch verbessern könnt. Jeder legt seine Wünsche auf den Tusch und dann werden Vereinbarungen und Regeln getroffen. Und dann entschuldigt man sich auch mal, wenn es nicht gleich gelingt.
Wenn das alles nicht klappt, dann sollte man tatsächlich eine Trennung in Betracht ziehen. So ein Umgang macht euch alle vier auf Dauer kaputt.