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Hallo,

Das tut mir wirklich sehr leid, dass ihr so etwas erleben müsst und ich erinnere mich sehr an meine Situation vor ein paar Jahren. In der Tat gibt es wahrscheinlich nichts schlimmeres was einer Frau passieren kann.

Ich als betroffene kann deine Frau in vielen Punkten sehr gut verstehen. Allerdings wurde ich damals in meiner Wohnung überfallen und vergewaltigt, die Kripo etc. Sind sofort nach der Tat vor Ort gewesen, somit wurden die Beweise rechtzeitig sichergestellt etc.
Selbst nach ein paar Tagen ist es eigentlich unmöglich noch an verwertbare Spuren zu kommen.

Das deine Frau darüber geredet hat und sich damit an dich gewandt hat, ist schon mal ein erster großer Erfolg. Ich wollte nicht reden und war sehr wütend als am nächsten Tag zwei Beamte vor meinem Krankenhausbett standen für die Vernehmung. Geschweige denn, von der Prozedur die anschließend stattfand. Als Opfer wird man sehr „rangenommen“ und jedes kleine Detail deiner Aussage wird analysiert. Das fühlt sich oft an, als würde man einem nicht glauben was aber daher rührt, dass viele Frauen Falschaussagen. Wie auch immer, es ist ein harter Weg den man danach geht, der oft nicht sichtbar ist für Außenstehende. Drei Wochen lief bei mir eigentlich alles gut, ich bin zu meinen Eltern gegangen vorübergehend und eigentlich hat sich jeder eher gewundert wie es mir so „gut“ gehen kann. Dann bin ich zurück in die Wohnung und habe das Ausmaß gesehen, ich habe mein eigenes Blut an den Türrahmen gesehen, meine weiße Tür und Möbel waren plötzlich schwarz durch das Pulver. Der Föhn mit dem ich mich verteidigen versuchte lag noch immer so auf dem Boden. In diesem Moment ist die ganze Scheinwelt zusammengekracht, mit voller Wucht ist mir alles weggebrochen. Es war wie als hätte man mir die VR Brille abgenommen und plötzlich wurde ich mit der Realität und der Tat konfrontiert. Kurze Zeit später danach wurde der Täter auch gefasst und verurteilt, Keiner wusste aber wie er mir helfen kann, jeder war überfordert. Das Problem ist, je mehr du Betroffene in die Ecke drängst, desto mehr entfernt sie sich. Du erreicht also das Gegenteil. Man kann einer Person anbieten eine Therapie zu machen und eine Aussage bei der Polizei aber die Person muss diese Einsicht selber erlangen. Man hat mir monatelang Druck gemacht und am Ende bin ich erst in eine Therapie gegangen als ich es selber verstanden und realisiert habe, was mir eigentlich passiert ist und das ich Hilfe brauche und das ist der Punkt - man verdrängt es. Es ist ein extrem steiniger Weg für alle Beteiligten aber besonders für das Opfer. Letztendlich muss man der Betroffenen aber ihren Freiraum lassen, das ist sehr wichtig. Wenn sie reden möchte, ist das gut und wenn nicht, dann muss das ebenfalls akzeptiert werden.

Ich habe danach drei Jahre gebraucht, um wieder ein normalen Alltag zu erlangen. Ich habe im ersten Jahr überall das Gesicht des Täters gesehen.
Es schneidet ins Leben ein und es ist wichtig damit leben und umgehen zu können. Ich würde allen Beteiligten raten eine Therapie zu machen. Mein Partner und ich hatten auch nach einer Zeit gemeinsame Stunden, damit er besser versteht was in mir vorging und vorgeht, was diese Tat mit einem macht und vorallem wie er nun mit mir umzugehen hat. Das ist nämlich individuell. Bestimmte Berührungen waren für mich unerträglich etc. Man erarbeitet sich Stück für Stück gemeinsame Erfolge. Es gab Tage an denen ich still war und das war okay, es gab Tage da wollte ich darüber reden. Wichtig ist, dass man zusammen „arbeitet“ und die Bedürfnisse wahrnimmt. Ich bin ehrlich, ich hatte einen langen Weg mit vielen Therapiestunden und Klinikaufenthalten, Panikattacken, Zwangsstörungen und Ängsten. Ich habe es aber geschafft und darauf bin ich sehr stolz, wieder in mein Leben zurückgefunden zu haben. Alleine hätte ich es wahrscheinlich nicht geschafft aber es gibt tolle Psychiater/Psychologen und Organisationen an die man sich wenden kann und sollte.

Ich weiß nicht, ob das in irgendeiner Weise hilfreich war aber ich wünsche euch ganz viel Kraft und Glück für den weiteren Weg!

Ganz liebe Grüße

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vielen Dank MG für deinen Post, ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Für mich persönlich hört sich das noch viel schlimmer an, was dir passiert ist - in den eigenen vier Wänden - das möchte ich mir nicht vorstellen wenn das bei uns so gewesen wäre.

Jedenfalls wünsche ich dir bzw. euch alles alles Gute :-)

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Hallo,
mir ist beim Lesen Deines Beitrags so richtig flau geworden.
Danke für Deine Offenheit; ich hoffe, daß Deinen post möglichst viele der Zweifler und Marginalisierer lesen, die sich überall herumdrücken.
Wunderbar, daß Du Dir Dein Leben zurückerobert hast - und gleichzeitig so erschütternd, wie sehr Du leiden mußtest.
Alles Liebe.

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Hast du dir die Sache genau schildern lassen, ist das plausibel?

Es könnte genauso gut eine im Nachhinein gesponnene Geschichte sein, um fremdgehen zu vertuschen.

Und nein, ich bin kein Mann und auch keine Frauenhasserin.
Aber es wird einfach so furchtbar viel gelogen auf der Welt. Und bei den geschilderten Umständen wäre ich ziemlich skeptisch.

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Es ist zum Heulen. Genau aus Angst vor solchen Vorwürfen werden so wenige sexuelle Übergriffe zur Anzeige gebracht. Wenn einem nicht mal der eigene Partner glaubt...

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Nur leider sind solche Vorwürfe halt auch oft berechtigt. Schwieriges Thema.

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Hallo auch von mir und lasst euch gesagt sein, es ist wirklich sehr schlimm die Save und tut mir sehr leid.
Auch du hast alles recht der Welt, dich verletzt zu fühlen und nicht zu wissen wohin mit dir.
Gleichzeitig willst du noch deiner Frau helfen, aber ihr braucht beide Hilfe.

Mir ist komischerweise sofort der deutsche Film „lautlose Tropfen“ in den Sinn gekommen, weiß nicht, ob er dir was sagt.

Eine extrem gute Darstellung aller Beteiligten, des Opfers, des Mannes und der Umwelt.
Letztendlich haben alle irgendwann nur halbwegs ihren Frieden finden können, als der Täter ermittelt war.
Das war nicht einfach und hat gedauert.

Euch würde ich tatsächlich dasselbe raten. Ich vermute, sonst geht die Angst nicht weg. Auch würd ich trotz der vergangenen Zeit dennoch zur Polizei gehen. Sie muss alles sagen was sie sich von ihm gemerkt hat.

Vielleicht kann es helfen, in erster Linie euch. Weil man einfach was getan hat und nicht mehr so hilflos ist. Eventuell geht auch eine Freundin mit ihr mit. Je nachdem, wie es ihr geht.

Bitte kümmert euch auch um eure Psyche.
Beide. Redet mit jemand der sich auskennt. Kehrt es nicht unter den Tisch. Sie muss das erlebte irgendwie verarbeiten, verdrängen wird sie immer wieder einholen.
Ein Geruch, eine Musik, ein Geräusch, eine sexstellung… was auch immer. Der Schmerz jetzt muss sein, um irgendwie weiterzumachen.

Alles Gute für euch. Und toll, dass sie dich hat.

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dankeschön :-)

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Zunächst mein aufrichtiges Mitgefühl für deine Frau.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, handelt es sich hier um einen der absoluten Ausnahmefälle, in denen kein Näheverhältnis zum Täter vorlag.

Du kannst sicher sein, dass du hier im Forum Opfer sexueller Gewalt durch Männer antriffst, aber keine davon kennt deine Frau und du schreibst hier auch wenig - vielleicht aus eigener Unkenntnis? - über die Umstände. Was das Beste für deine Frau ist, kann hier keiner beurteilen.

Eine Forengemeinschaft ist damit zwangsläufig überfordert.

Guter Rat ist daher teuer. Ich empfehle dir, die hier bereits genannten Opferverbände zu kontaktieren und/oder eine auf diesen Bereich spezialisierte Anwältin.

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Danke Flieder, aber was meinst du mit Unkenntnis? #gruebel

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Ich wollte damit nur sagen, dass deine Frau vielleicht noch nicht dazu in der Lage ist, sich völlig zu öffnen. Nach allem, was ich von dir gelesen habe, erweckt das bei mir den Eindruck, als wolle sie so eine Art Normalität spielen in der Hoffnung, durch Verdrängung irgendwie klarzukommen. Das ist ja auch deine Befürchtung, dass das Zusammenleben normal aussieht, aber es nicht ist.

Eine Vergewaltigung ist in der Regel ein Bruch im Leben.

Daher mein Rat, entsprechende Stellen aufzusuchen, die Erfahrung mit der Verarbeitung derart traumatischer Erfahrungen hat.

Ich wünsche dir und deiner Frau alles, alles Gute und hoffe, dass euch eine Verarbeitung gelingt. Dass du dich als verständnisvoller Partner zeigst, der ihr beisteht, kein Funktionieren erwartet und dazu bereit ist, sich mit den Folgen auseinanderzusetzen, ist eine gute Grundlage und weit mehr, als das, womit die meisten Frauen sonst zu rechnen haben.

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Hallo,
wie schrecklich :-(.
Mich beschleicht beim Lesen das Gefühl, daß Deine Frau noch gar nicht richtig begriffen hat, was passiert ist. Ich habe selbst keinerlei Erfahrung mit einem solchen Verbrechen, aber auf mich wirkt Deine Frau gerade, als ob sie sich die Ohren zuhält, laut „lalalalalalala“ singt und versucht, mit möglichst breitem Pinsel ihrem Leben den Anstrich von Normalität zu geben.
So nach dem Motto „wenn ich nicht hingucke, ist es vielleicht gar nicht wirklich passiert“.
Irgendein trigger wird aber sicher irgendwann kommen, sei es eine Stimme, eine Berührung, ein Geruch, der Tatort, im allerschlimmsten Fall eine zufällige Begegnung mit dem Täter.

Ihre Gefühle und die immense Verletzung verschwinden ja nicht, sondern ruhen nur in der Zeit, in der man sie nicht betrachtet. Ich hatte im Frühsommer den Fall, daß eine alte seelische große Verletzung (6 Jahre her) aufbrach, ausgelöst durch eine kurze E-Mail einer bestimmten Person.
Innerhalb von Sekunden kauerte ich mit einer feinsten Panikattacke in Embryonalhaltung in der Zimmerecke und wußte überhaupt nicht, was mit mir geschah. Alles war wieder da, mit ungeahnter Wucht - und hat mich endlich zur Therapie bewegt.

Mein Rat an Dich wäre: sei einfach da, dränge sie nicht. Informiere Dich bei den genannten Stellen und halte die Arme weit offen für den Moment, der irgendwann kommen wird.
Ich wünsche Euch alles Liebe. #blume

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Tatzel, du sprichst mir aus der Seele, mit dem nichtwahrhabenwollen liegst du vielleicht gar nicht so falsch? Das meinte ich am Vormittag mit den Spätfolgen... :-(

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Wenn man vergewaltigt worden ist, sollte man immer direkt zum Arzt oder Notarzt gehen damit er dies dokumentieren und untersuchen kann.

Gabs Zeugen zu dem Vorfall?

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Nein, keine Zeugen :-(

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Du meintest sie wäre ausgegangen...und dort gab's niemanden der die beiden gesehen hat?

Weisst du etwas über ihn? Wer er ist?
Kennt sie ihn?

Bist du dir sicher dass es eine Vergewaltigung war und sie nicht wollte?

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Hallo,
Einer Freundin damals erging es so: (sie war damals 18 und vergeben)
Wir waren auf einer Party, haben viel getrunken. Sie kam einem Mann näher und dann haben sie etwas gefummelt. Also sie wollte auch. Sie hat dann Gehirn eingeschaltet und wollte aufhören und der Typ hat weitergemacht, ist in sie eingedrungen. Sie war da wie erstarrt.
Es war ihr sehr lange, sehr peinlich. Diese Situation hat sie mir, als beste Freundin, Wochen später unter Tränen erzählt.
Es gab auch keine Zeugen, denn sie war mit dem Mann spazieren. Es kam nie zur Anzeige.
Wollte ich nur erzählen. So kann die Geschichte auch gewesen sein.