Jung und dumm? Leben ohne Eltern.

Hallo ihr Lieben!
Zurzeit geht es mir psychisch sehr schlecht. Der Todestag meiner Mutter rückt näher und ich kann es kaum glauben, dass ich jetzt ein Jahr ohne sie verbracht habe. Ich vermisse sie immer noch sehr. Mittlerweile bin ich seit knapp einem halben Jahr in psychologischer Behandlung, was mir eigentlich sehr hilft meine Probleme und die Trauer aufzuarbeiten. Jedoch gibt es noch immer viele aktuelle Probleme (welche ich auch in der Therapie erwähne) die mich zurzeit sehr fertig machen. Letzten fragte mich meine Psychologin was es mit mir gemacht hat, von einem Mann miterzogen worden zu sein, der so frauenfeindlich ist. Mein Opa. Er lebt mit meiner Oma gleich neben mir und hat es sich zur Aufgabe gemacht mich fertig zu machen. Ich habe eine. 7 Jahre älteren Bruder der an sich unglaublich schlau ist, aber überhaupt nicht selbstständig. Er braucht immer eine extra Beratung (früher von meiner Mama, jetzt von mir) für ALLES (ja auch Kleidung kaufen oder Steuern machen). Er ist 27, hat weder ein fertiges Studium noch eine Ausbildung gemacht. Er arbeitet derzeit für eine Leihfirma. Er liebt es andere zu manipulieren, sie zu erpressen und ist extrem egoistisch. Soziale Kontakte hat er gleich null (nur mich und halt in der Arbeit). Dazu kommt noch, dass er sich vorgenommen hat (ja er hat es sich tatsächlich vorgenommen!!!) Alkoholiker zu werden. Somit ist er alles andere als vorbildlich. Er ist entweder brav wie ein Lamm (dann kann er besser manipulieren) oder er ist aggressiv (da kann er besser erpressen). Mein Opa liebt meinen Bruder. Auch wenn dieser 200 Kilometer weiter weg wohnt und nur alle paar Monate zu uns fährt. Trotzdem strotzt mein Opa nur so vor Stolz, weil er so einen tollen Enkel hat. Ich dagegen mache eine Ausbildung und ein Studium, habe mich damals als einzige um meine todkranke Mutter gekümmert und um alles andere nach ihrem Tod. Ein Danke von ihren Eltern (Oma und Opa) habe ich nie bekommen. Ich kümmere mich zuhause um alles, mache den Haushalt und bin selbstständig. Und trotzdem werde ich jeden Tag kritisiert, beleidigt, angemotzt, darauf reduziert, dass ich erst 20 bin und eine Frau bin. Ich bin es satt mich immer rechtfertigen zu müssen. Ich weine mittlerweile fast jeden Tag, weil ich kaum noch Kraft habe. Ich würde mir einmal einen Tag wünschen, wo meine Mühe und mein Schmerz den ich in mir trage , eine Art von Wertschätzung erhalten würden. Je mehr ich mich gegen die heruntergelassenen Anmerkungen wehre, umso schlimmer wird es. Mir fällt im Alltag immer mehr Dinge auf, wo ich von Männern nur darauf reduziert werde, dass ich jung und weiblich bin. Manchmal kommt es mir so vor, als würde das mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung verglichen. Ich bin müde von solchen Dingen und fühle mich einfach nur wertlos.
Es war ein langer Text und ich bin jedem dankbar der sich das durchgelesen hat!
Meine Frage: Was würdet ihr an meiner Stelle machen? Wie geht ihr mit frauenfeindlichen Bemerkungen um und hat jemand von euch schonmal etwas ähnliches erlebt?
Vielen Dank 🙏🏼

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Hast Du die Möglichkeit, Dich auf eigene Beine zu stellen und Dein eigenes Leben zu leben? Alt genug wärest Du ja. Mach Dein Wohlbefinden nicht ständig von Bemerkungen anderer abhängig, das wird nichts.Ich war in Deinem Alter schon 2 Jahre selbstständig und hatte ein 2jähriges Kind.....und das 1974. Glaub mir, da gab es noch ganz andere Bemerkungen. Kopf hoch und weitergehen und nicht so viel nach anderen schauen, das klappt. Klingt jetzt kurz und knapp, aber es ist sehr hilfreich für Dich, wenn Du das schaffst.
LG Moni

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Ich lebe alleine in meinem Elternhaus, welches ich mit meinem Bruder geerbt habe. Haushalt, Job und Studium meistere ich alles selbstständig. Dafür brauche ich niemanden und dafür benötige ich auch keine Meinung anderer. Das Problem ist: meine Großeltern und mein Bruder brauchen mich. Zumindest meine Großeltern, mein Bruder sollte alt genug sein, sein Leben auf die Reihe zu bekommen. Von ihm versuche ich mich sowieso so stark zu distanzieren wie möglich. Leider kann ich auch nicht woanders hinziehen, da ich nicht die finanziellen Mittel habe mir eine eigene Wohnung zu leisten. Im Grunde werde ich von beiden Seiten massiv ausgenutzt. Auch wenn ich mich offen dagegen wehre und meine Meinung sage, ist es oft schwer aus der Konstellation auszubrechen. Das Problem liegt darin, dass die Arbeit, die ich für sie übernehme, die sie auch einfordern nicht, gewertschätzt wird. Eher bekommt man dafür dumme Kommentare zu hören. Das zermürbt mich.

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Wer mich braucht, macht mich nicht runter. Punkt.
Sprich, deine Grosseltern darfst du getrost ignorieren. Kontaktabbruch vermutlich das einzig Sinnvolle.

Durch die Wohnsituation (du im Präsentierteller, kannst nicht abtauchen) natürlich schwierig. Wäre es möglich, dein Elternhaus vorerst zu vermieten und woanders zu wohnen?

Oder könntest du mittels Therapie dieses Abgrenzen, allenfalls den Kontaktabbruch schaffen?

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Du bist noch jung und hast nicht die Lebenserfahrung, um zu wissen, dass witzigerweise meistens diejenigen die wichtiger in der Familie sind, auch die sind, die gern mal der Sündenbock sind oder so wie du, nicht gewertschätzt werden. Mit wem man eng und vertraut ist, ist man härter als mit jemandem der irgendwo in der Ferne schwebt. Sobald du das verstanden hast, kannst du besser damit umgehen und es fast als Kompliment sehen. Naja, echt nur fast, weil blöd ist diese Kombination schon.
Erfahrungsgemäß kannst du dir ein Bein ausreißen und dein Bruder kommt einmal kurz vorbei... ihm wird es hoch angerechnet und von dir wird es erwartet und ist selbstverständlich. Das sind Dynamiken in Familien die schwer zu verändern sind. Manchmal hilft sich rar zu machen, nur geht das bei dir nicht wenn die beiden nebenan wohnen. Ich möchte dir nur damit sagen: es ist normal, es geht vielen so, es ist unfair, schwer zu ändern... und wie mit vielen im Leben kannst du die anderen nicht zwingen zu sehen sondern nur selbst sehen und deine Einstellung dazu verändern bzw wie du damit umgehst. Viel Erfolg dabei!

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Huhu...ich befürchte, Deinen Opa wirst Du nicht mehr ändern können.

ICH würde definitiv auf Abstand gehen.
Ich würde ganz klar und deutlich meine Meinung sagen und dann definitiv auf Abstand gehen - zur Not würde ich mir eine eigene Wohnung suchen und neu starten.
Ich bin auch mit 18 Jahren ausgezogen (aber aus beruflichen Gründen).
So herunter putzen lassen muss sich niemand - auch nicht (oder erst recht nicht) von der Familie!!!
Und ich glaube nicht, dass es so einfach ist an einer „Scheiß-egal-Einstellung“ dazu zu arbeiten. Auch nicht mit psychologischer Hilfe.
Ich würde dem Opa ein Ultimatum setzen und dann jeglichen Kontakt verweigern. Vielleicht wacht er dann auf - wenn nicht, wird es Dir ohne die Diskreminierungen sicher besser gehen.
Liebe Grüße und alles Gute. 🍀

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Da liegst du vollkommen richtig!
Meinen Großvater kann ich niemals ändern!
Ich bin mehr am überlegen wie ich meine Einstellung dazu ändere.
Wie gesagt, ausziehen ist leider unmöglich. Ich hab eine Hohe Summe Schulden vom Haus geerbt, welche ich mit meinem Bruder abbezahlen muss. Trotzdem meistere ich soweit alles und steh auf eigenen Beinen. Bin gerade auf die Idee gekommen, ob es vielleicht nicht sinnvoll wäre einen Pflegedienst zweimal die Woche vorbei kommen zu lassen. Damit ich zusätzlich entlastet bin und mich mehr distanzieren kann...

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Oh je, das ist natürlich eine schwierige Situation.
Und Du pflegst Deine Großeltern auch noch nebenbei?
Mit dem Pflegedienst ist eine sehr gute Idee. Das würde ich versuchen.
Und besprich das mit dem Distanzieren doch nochmal mit Deiner Psychologin... Vielleicht hat sie noch einen besseren Rat.
Ich habe ein ähnlich kompliziertes Verhältnis zu meiner Mutter - allerdings muss ich sie nicht pflegen oder mich um sie kümmern.
Mir hat da auf Dauer nur die Distanz geholfen und die Akzeptanz, dass ich sie nicht mehr ändern kann. Seit dem ich eigene Kinder habe weiß ich, dass man für seine Kinder vom Prinzip nur das Beste will. Manche schaffen das einfach nur nicht im Alltag umzusetzen. Aber jeder kann nur sich selbst und seine Einstellung ändern, andere kann man nicht ändern. Ich versuche es nicht mehr so nah an mich heran zu lassen und mich auf mich selbst konzentrieren und meinen Weg zu gehen. Bei mir hat das allerdings auch viele Jahre gedauert.
Liebe Grüße

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Liebe Mary,

Ich war vor einigen Jahren in einer ähnlichen Situation. Meine Mutter verstarb nach schwerer Krankheit. Ich kümmerte mich um alles was anfiel und hatte danach noch meine Großeltern „an der Backe“ die alles andere als einfach und dankbar waren. Mein Opa hatte dann on top noch nen Schlaganfall, wurde plötzlich zum schweren Pflegefall. Meine Oma wurde dement. Wer war zuständig? Für Heimplatz, Finanzen, Arztbesuche, Wohnungsauflösung? Richtig, ich. Nebenbei war ich voll berufstätig und lebte eine gute Stunde entfernt. Geschwister oder Partner- gab es nicht. Ich war damals 29 Jahre.

Mein Rat wäre: kümmere dich gut um dich selbst. Hol dir Hilfe wo es geht. Meine Oma hatte am Schluss eine Betreuung vom Amt. Ich habe das angefordert, wurde gefragt ob ich es machen kann, habe aber abgelehnt. Es tat so gut endlich nicht mehr in der Pflicht zu sein!

Und- bedenke bitte das deine Grosseltern und dein Bruder etwas von DIR wollen. Nicht umgekehrt. Ich habe damals ganz klar gesagt: entweder bestimmte Dinge unterbleiben (in deinem Fall zB die frauenfeindlichen Kommentare etc) sofort und vollständig. Oder du stellst deine Hilfeleistung ein. Das darfst du und solltest du auch. Kontakt nur in dem Maße in dem es dir gut tut. Telefon kann man auflegen, Besuche abbrechen. Tu das wenn nötig.

Bei mir waren es zB ständige Kommentare über mein Gewicht. Ich hatte durch den Stress 10 kg zugenommen (von Kleidergröße 36 auf 40) und musste mir das ständig aufs Brot schmieren lassen. Ich habe irgendwann sehr nachdrücklich gesagt: noch einmal, und ich komme nicht mehr her. „Ja, aber so überrreagieren musst du doch nich, sei nicht so empfindlich!“ „Egal. Noch EINMAL, und ihr müsst ohne mich klarkommen.“

Ja, jung und weiblich und wenns geht noch hübsch......da wird man teilweise nicht ernst genommen. Leg dir ein paar passende (freche) Antworten zurecht. Ich habe auch einen entsprechenden Gesichtsausdruck drauf gehabt, da hat sich jeder überlegt ob und wie er mich ansprechen möchte. Und es wird besser, glaub mir. Mittlerweile bin ich 37 Jahre, mir kommt höchst selten noch einer dumm.

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Hallo,
verkauft das Haus, löst die Schulden ab und starte in eine tolle Zukunft.

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Ausziehen, Abstand schaffen
dich emotional lösen (mit Therapie)

dich emotional aus der Abhängigkeit befreien.

Noch bist du jung. In 50 Jahren wirst du zwar älter sein, aber immer noch jünger als dein Bruder.
Selbst wenn deine Großeltern dann nicht mehr leben werden, du wirst immer die Jüngere sein und ihre Worte nachhaltig greifen, so lange, du es zulässt.

Du bist nicht die Mutter deines Bruders. Somit bist du auch nicht verantwortlich für ihn.

Je mehr du kämpfst, desto mehr Angriffsfläche bietest du allen, weil sie sich bestärkt darin sehen, dass du deine Rolle ausfllst.

Der einzige mir bekannte Weg ist: raus aus der Spirale. Dich emotional UNabhängig von ihnen machen.
Die Fähigkeiten bringst du ja schon mit. Du stellst dich auf eigene Beine.

Was meinst du , wie befreiend das sein kann, wenn du das gleiche machst, wie jetzt auch, nur OHNE die Belastungen dazu ;-)