Bewusst Alleinerziehend

Liebe Community,

ich habe wohl eine etwas andere Einstellung und lebe auch ein wenig in einer Bubble in welcher meine Entscheidung bewusst eine Ein-Eltern-Familie zu werden getragen wird. Deshalb stelle ich hier die Frage: Wieso ist es für viele Menschen so schlimm alleinerziehend zu sein?

Ich will mir nichts vormachen, ich weiß wie hart das wird. Natürlich nicht en detail, denn erlebt habe ich es noch nicht. Aber für andere scheint allein die Vorstellung alleinerziehend zu sein schon so schlimm, dass sie lieber in dysfunktionalen, manchmal höchst toxischen, Beziehungen bleiben. Und das wäre es mir einfach nicht wert.

Danke für eure Antworten
Maja

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Wieso es für viele Menschen so schlimm ist? Ist die Frage ernst gemeint? Das kommt wirklich etwas arrogant rüber... Aber für den Fall, dass du wirklich keine Ahnung hast, hier die Antwort auf deine Frage:
Alleinerziehend zu sein ist wirtschaftlich meist eine Katastrophe. Ein Gehalt ist eben ein Gehalt. Insofern man nicht zu den Top-Verdienern gehört, sorgt das in vielen Fällen für Geldsorgen, oft für Existenzängste. Alleinerziehende haben unter allen Gruppen das höchste Armutsrisiko.

Alleinerziehend bedeutet oft auch Alleinbetreuend. In Verbindung mit einer 40-Stunden-Woche ist das sowohl für das Elternteil als auch für das Kind ein Kraftakt. Denn es bedeutet meist, dass das Kind überall hin mit muss. Nach einem 9-Stunden-Arbeitstag/Tag in der Kita das Kind zum Supermarkt/zur Autowerkstatt/zum Frisör/wohin auch immer mitnehmen zu müssen, ist oft kein Spaß. Leider kann man sich nicht aufteilen, da man sowohl für das Kind als auch für allen anderen Kram allein verantwortlich ist.

Auch zu Hause muss das Kind/die Kinder oft warten. Denn man ist nicht nur allein für die Erziehung und Betreuung verantwortlich, sondern auch für den Haushalt und alles andere, was so ein Kind mit sich bringt: Faschingskostüm basteln, Abendessen kochen, Zimmer streichen, Brotdose auswaschen, Wäsche waschen, falten, einsortieren, Geburtstagskuchen backen, Geburtstagsgeschenke einpacken, Spielzeug aufräumen, Spülmaschine ausräumen, Bad putzen, zu klein gewordene Kleidung aussortieren, das neue Bett zusammenbauen (nachdem man mit dem Kind im Schlepptau zum Möbelhaus gefahren ist, das Paket die Treppe hochgeschleppt, das alte Bett abgebaut, in den Keller gebracht und bei Ebay reingestellt hat... das alles nach 9 Stunden Arbeit mit einem müden Vierjährigen an der Hand).
Der so entstehende Zeitmangel sorgt nicht nur für permanenten Stress, sondern auch für ein schlechtes Gewissen dem Kind gegenüber.

Dazu kommt, quasi alles in einer Person vereinen zu müssen: Sportbeauftragte (Fahrradfahren und schwimmen lernen, zum Eltern-Kind-Turnen gehen, den Spielplatz besuchen etc.) Kulturbeauftragte sein (vorlesen, ins Weihnachtsmärchen gehen, mal ein Museum besuchen usw.), Freizeitbeauftragte für Sonstiges (Laternelaufen, Sommerfest in der Kita, Basteln im Advent, Gehilfin des Weihnachtsmannes und Osterhasen...) und selbstverständlich auch Lehrkraft (lesen und Kopfrechnen üben, Hausaufgaben kontrollieren, zu Hausaufgaben motivieren, Hausaufgabenhilfe anbieten, wegen Hausaufgaben streiten, Fernsehverbot bei Hausaufgabenverweigerung androhen- alles dein Job) Gesundheitsbeauftragte (Kinderarzt, Zahnarzt, Augenarzt evtl. Hautarzt, Kieferorthopäde, Physiotherapie, Ergotherapie usw.)

Klar ist auch, dass man eigentlich nie krankheitsbedingt ausfallen darf. Denn wer übernimmt dann den Job der Alleinverdienerin, Alleinbetreuerin, Alleinerziehenden, Allein-den-Haushalt-bewältigerin, Kulturbeauftragten, Sportbeauftragten, Gesundheitsbeauftragten...?

Und wenn man dann am Samstagabend um 21.30 Uhr all die Wäsche gewaschen, alle Einkäufe eingeräumt, alle Hausaufgaben kontrolliert, alle Legosteine eingeräumt hat... UND noch die Kraft hätte, mal ins Kino zu gehen...- dann fehlt leider oft das Geld für den Babysitter. Den muss man sich zusätzlich zum Kinobesuch ja leider auch leisten können, als Alleinbetreuerin. Von einem Gehalt als Frisörin.

Tja, beantwortet das deine Frage ansatzweise?

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Kurze Ergänzung; Auch, wenn man in der glücklichen Lage ist, sehr gut zu verdienen und Teilzeit arbeiten zu können, kommt man oft an seine Grenzen. Auch mit gutem sozialem Netz.

Das merkst du, wenn dein zweijähriges Kind sich mal morgens um 04.00 in deinem Bett erbrochen hat. Wenn du (allein natürlich) das komplette Bett neu bezogen, dich und das Kind geduscht, die Bettwäsche gewaschen und das weinende Kind in den Schlaf getröstet hast. Und du dich völlig übermüdet fragst, wie du am nächsten Tag arbeiten, Lebensmittel kaufen, das ältere Kind zur Schule bringen und abholen sollst. Mit einer sich übergebenden Zweijährigen.

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Zunächst einmal war meine Frage nicht von oben herab gemeint. Wie geschrieben, lebe ich in einer eigenen kleinen Welt und bekomme sehr wenig Gegenwind weshalb Ausführungen wie deine hier natürlich hilfreich sind.

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Das gibt ja leider dann oft Ärger mit dem ex-partner was die ganze Sache nicht leichter sondern schwerer macht.
Wenn man keinen ex-partner hat stelle ich mir das deutlich leichter vor.
Oder man kommt so gut mit einander aus , das die Verabredungen und Absprachen gut einzuhalten sind und es somit einfach ist.

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Oh, das stimmt. Das stelle ich mir auch äußerst schwierig vor. Man trennt sich ja nicht ohne Grund und muss aber zwangsläufig kooperieren.

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Hallo Maja,

Ich bin bewusst allein erziehend.

Ich wurde ungeplant schwanger und wusste, ich kann mit dem Vater meines Kindes nicht "zusammen" bleiben, weshalb ich das ganze kurz nachdem ich von der SS erfahren habe, beendet habe.

Der Vater war nie eine große Hilfe, seit über einem Jahr besteht auch kein Kontakt, was aber vor allem an meinem Kind (3) liegt.

Zu erst:
Ich glaube, ich habe ziemlich Glück, weil ich 1. Einen tollen AG habe. Ich bin sehr flexibel in meinen Arbeitszeiten, kann zur Not auch mein Kind mitnehmen.ich arbeite Halbtags.
und ich habe 2. Ganz tolle Eltern, die, wenns wirklich brennt, sofort 400km zu mir fahren, um mir zu helfen.
3. Ich habe meine Fixkosten enorm reduziert, diese sind jetzt die Hälfte dessen, was ich früher hatte.


Ich mache oft die Erfahrung, dass andere Mütter mir sagen, hätten sie nicht x Kinder, sie wären von ihrem Mann längst getrennt.
Ich erlebe auch oft eine mitleidige Reaktion, sobald ich sage, dass ich alleinerziehend bin.

Ich sehe das aber tatsächlich ganz anders.
Mein Kind und ich leben in einer super tollen Gemeinschaft (nicht als Symbiose, das fände ich schwierig..)
Schon als es ein Baby war, fiel es mir leicht, mich komplett auf es einzulassen und seinen Bedürfnissen nachzukommen. Ich habe keinen Stress, weil das Abendessen nicht pünktlich auf dem Tisch steht, ich bin selbst dafür verantwortlich, wie die Whg. Ausschaut.

Und ich bereue keinen Tag, diese Entscheidung getroffen zu haben.

Allerdings war ich schon immer ziemlich autonom, habe früher schon gesagt, ich hätte gerne ein Kind, aber keinen Mann.

Das muss vermutlich jede für sich selbst entscheiden, aber ja, es funktioniert (bisher) zumindest wirklich gut. Ich weiß aber nicht, wie es wäre, hatteich nicht so ein tolles Umfeld, meine Familie und die Arbeit betreffend. Dank meiner Familie habe ich auch keine Zukunftsängste, weil ich weiß, dass sie mir in der Not helfen würden. Das ist denke ich auch echt super wichtig und für mich sicherlich auch sehr entlastend, so dass ich das alles relativ locker sehen kann. Ich weiß nicht, wie es sonst wäre.

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Leni, ich sehe es sehr ähnlich wie du: Man muss flexibel sein und sich das Leben einrichten, sich Hilfe suchen und dann empfinde ich es auch nicht als Problem alleinerziehend zu sein. Was für eine Stärke und Lebensfreude du anscheinend hast, beeindruckend. So wünsche ich mir das auch #freu

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Das ist so nett, was du schreibst.

Lebenfreude, immer wieder, ein Auf und Ab.Aber das ist ja normal?
In jedem Fall bereichert mich die Existenz meines Kindes. In so vielen Dingen.

Wie weiter unten geschrieben :mir fehlen aber auch diese Gespräche nicht. Vielleicht, weil ich es nicht anders kenne. Ich ziehe ggfs. gerne meine Eltern zu Rate, oder aber auch Freundinnen, aber bisher kam ich damit auch gut zurecht.

Vielleicht auch, weil ich allgemein positive Resonanzen erhalte. Das tut natürlich gut und wahrscheinlich ziehe ich daraus auch recht viel Kraft.

Minus den alltagstress mit Partner- sehe ich es dann als ziemlich großes Plus.
(wobei ich mich immer freue, wenn wir Familien treffen, bei denen es einfach passt. Ich persönlich habe nur einfach keine Lust auf Kompromisse. Und sollte ich mal jemanden treffen, mit dem es wirklich passt, dann bin ich mir sicher, ich fände auch das toll :))

Beide Systeme sind sicher gut, soweit man sich nicht selbst aufgibt und auch dem Kind gegenüber ab einem gewissen Alter seine Grenzen setzen kann.

Alles Liebe dir!!

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Ich war 6 Jahre mit meinem Partner zusammen. Wir haben in dieser Zeit 2 Kinder miteinander bekommen. Es war eine ganze Zeit lang wirklich schön bis wir von unserem Alltag eingeholt wurden und, wie es eben so oft ist, bleibt das Liebesleben auf der Spur. Heute würde ich nochmal mehr dafür kämpfen aber damals war das einfach ein Gefühl von „Es passt einfach nicht mehr“.
Trotzdem habe ich noch etwa zwei Jahre gebraucht bis ich den Schritt Trennung gewagt habe.

Auch wenn wir uns im guten getrennt haben und wir uns viel Unterhalten (wohnen 200m Luftlinie voneinander entfernt) fehlt mir der Austausch im Alltag sehr. Mir fehlt der Papa der abends nach Hause kommt, dem ich erzählen kann was die Kinder heute getrieben haben.
Mir fehlt es bei Kleinigkeiten einen gewissen Rückhalt zu haben, jemanden den ich fragen kann wenn ich mir nicht sicher bin oder einfach einen Tag habe an welchem ich mich nicht danach fühle eine (kleine) Entscheidung zu treffen wenn z.B die Kinder krank sind “Meinst du wir sollen ihm nochmal Hustensaft geben oder nicht?“. Ich bin keineswegs unselbstständig und komme alleine auch sehr gut zurecht. Mir fehlt es allerdings sehr. Es sind die Kleinigkeiten für mich. Es sind auch leider teilweise die bemitleidenden Blicke oder sogar Kommentare anderer Frauen die in ihrer „perfekten“ Familie leben.

Ich würde mich aus freien Stücken nicht (mehr) dafür entscheiden.

Alles Gute dir!

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#liebdrueck
ich glaube grad wenn man die andere Seite schon erlebt hat, dann weiß man was man vermissen kann. Und wenn man müde ist und sich einfach jemanden wünscht, bei dem man sich kurz anlehnen und krafttanken möchte..dann vermisst man das sehr, dass da jemand ist. Und ich finde es ist was anderes mit Freunden oder Familie über Entscheidungen oder Sorgen die Kinder betreffend zu reden. Ich habe manchmal das Bedüfnis mit jemandem zu reden, der in der gleichen verantwortungs- und emotionalen Beziehung zum Kind steht wie ich. Sonst bleibt es immer "mein Problem" "meine Entscheidung" und manchmal würde ich gere Sorgen/Schwierigkeiten oder eben Entscheidungen gemeinsam bearbeiten/treffen.

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Ich verstehe dich, nur für mich persönlich hält es sich sehr die Waage ob Menschen Energie ziehen oder geben. (Wie gesagt, meine persönliche Lebenserfahrung) Zum Glück hast du an manchen Tagen nicht auch noch den Partner der irgendetwas von dir will, genervt nach Hause kommt, dir sowieso nicht zuhört wenn du ihm erzählst was die Kids getrieben haben etc.

Es bleibt ja dennoch ein Wunsch von dir, der schwer abschaltbar ist. Aber perfekte Familien gibt es ohnehin nicht, das weißt du sicher. Die Damen mit den mitleidigen Blicken sollten vor ihren Türen kehren und dann Hilfe anbieten statt bemitleiden.

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Hallo Maja,

Ich denke es kommt sehr auf die Umstände an ob man es als Belastung empfindet alleinerziehend zu sein. Hat man ein gutes Einkommen und ein Umfeld dass sich mit kümmert ist es sicher nicht so belastend wie wenn man ganz alleine ist und jeden Cent dreimal umdrehen muss.

Ich bin seit 4 Jahren alleinerziehend und möchte aktuell keinen Partner haben, einfach aus Zeitgründen. Ich wüsste echt nicht wann ich mich noch um nen Kerl kümmern sollte. Nicht falsch verstehen, ich liebe mein Leben wie es ist. Ich arbeite 35h Woche, habe eine autistische Tochter die viel zu Therapien muss und einen Freundeskreis. Meine Familie wohnt leider weit weg und kann mir nicht helfen, der KV macht auch nur was er muss. Es ist anstrengend, aber wir kommen gut zurecht. Ich liege allerdings abends um halb 9 im Bett, Zeit für Zweisamkeit wäre da einfach keine. Das wird sich sicherlich ändern wenn meine Tochter größer ist.

LG
Sunny

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Hallo Maya,

Ich habe mich ganz bewusst dazu entschlossen, als Single Mama zu werden. Ich habe nie den richtigen Partner gefunden und man wird ja auch nicht jünger! Also habe ich das Mama werden mit Hilfe einer Kiwu Klinik in Angriff genommen und bereue es keine einzige Sekunde. Ich habe ein wundervolles liebes Baby, bin gerade in Elternzeit und freue mich auf die Zukunft. Klar, es ist nicht immer einfach, aber das kann einem in einer Beziehung ja genauso ergehen.

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irgendwann kommt dein Kind in ein Alter , in dem es nach seinem Vater fragt,
ich habe eine Freudin, die hat genau dieses Lebensmodell gelebt,damals durfte man auch einfach noch irgedwohin ziehen. Sie liess den Vater in Italien zurück.
ab 12 begann ihr Sohn Fragen zu stellen und wollte den Vater unbedingt kennenlernen.
hat sie erlaubt, was hätte sie machen sollen. mit 16 zog der Sohn zum Vater, verurteilte die Mutter, dass sie ihm den Vater vorenthalten hat und hatte über 20 Jahre keinen Kontakt, erst als er vor kurzen selbst Vater wurde, nahm er wieder Kontkt zu ihr auf. Man muus immer alles, von allen Seiten sehen, es geht nicht nur um dich.

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Hallo, also bewusst alleinerziehend ist bestimmt selten jemand, der einen vernünftigen KV hat und mit dem auch bei einer Trennung, vieles geteilt wird. Ich bin gerade dabei mich von meinem Mann zu trennen. Wir haben eine 1 jährige Tochter. Sie war ungeplant entstanden, obwohl wir immer Kinder wollten. Leider bleibt sie Einzelkind. Die Ehe verlief schrecklich. Kurz nach der Trennung habe ich die Ehe bereut. Vieles wurde mir erst klar, als wir plötzlich das Gemeinsame leben führten. Es ist eine schrecklich einsame Zeit gewesen. Viele Tränen, leere Versprechungen, Gewalt und keinerlei Respekt. Ich kann jedoch von mit sagen, ich habe mein bestes gegeben. War auch seiner Familie manchmal mehr Kind als er es war. Ich bin sehr traurig darüber, dass mein Kind alleine mit Mama groß wird. Ich sehe die Fragen aufkommen, wenn sie älter wird. Ich sehe sie schon weinend im Bett, wie sie über ihren Vater spricht, der vermutlich auch sie so behandeln wird wie mich. Nie da. Wird sich nicht um sie kümmern. Das alles bricht mein Herz. Auch, dass ich ganz bewusst nie wieder einen Mann bei mir einziehen lassen werde, da ich nicht möchte, dass mein Kind einen Stiefvater haben wird. Ich bin sehr traurig, dass ich ( die immer eine große Familie wollte) leider den Traum begraben muss. Ich habe Angst, vor der alleinigen Arbeit. Arbeiten, so viel, dass ich meiner davon auch was gönnen kann (Urlaube, Spielzeuge, Unternehmungen, saubere Kleidung für die kleine und mich, gesundes Essen). Dann alle anderen sozialen Aufgaben. Das Kind trösten, Hausaufgaben, zeit widmen. Dann beneide ich natürlich die Mütter, die zuhause bleiben können und der Mann genug verdient. Wo der Mann seinen Pflichten nachgeht und die Mutter ihren Pflichten. Ganz olfschool halt. Ich bin nicht mit ihm glücklich und werde vermutlich auch nicht 100% glücklich mit meinem kommenden leben sein. Aber ich mein, ich schaffe es schon. Genau wie alle anderen Alleinerziehenden Frauen. Ich hoffe nur, dass ich noch einen guten AG mit guten verdienst haben werde. Aber an erster Stelle GESUNDHEIT.