Erziehung zur Selbstverantwortung - kann man da speziell was machen?

Hallo,
meine Frage klingt vielleicht etwas merkwürdig... Mir geht es um folgendes: Ich möchte meinem Sohn frühzeitig klarmachen, daß "jeder seines Glückes Schmied" ist.
Der Grund ist, daß mein Mann bis heute immer darauf wartet, daß jemand anderes seine Probleme löst. Er ist das Opfer der Umstände und wenn er unglücklich ist, liegt es nie an ihm. Da diese Haltung viele Probleme mit sich bringt, möchte ich meine Kinder davor bewahren, sich als Opfer der Umstände zu betrachten und ihnen zeigen, daß man sich am Besten selbst helfen kann. Natürlich mit Unterstützung, aber eben die Initiative ergreifen sollte.
Mein Sohn ist oft verträumt und vertraut auch blind darauf, daß wir jedes Problem für ihn lösen. Einerseits ist dieses innige Urvertrauen ja schön. Andererseits kann ich ihm auch nicht sagen, was er als Hausaufgabe aufhat, wenn er nicht zugehört hat. Und ich weiß auch nicht, wo er seinen 2. Turnschuh hat, wenn der in der Umkleide "spurlos" verschwunden ist.

Wie finde ich das richtige Mittelmaß zwischen Unterstützung und Fördern der Selbständigkeit?
Mein Sohn ist recht sensibel und macht nicht gerne Fehler. Ich sage ihm immer, daß es völlig okay ist, sich auch mal "falsch" zu entscheiden und sich darüber hinterher zu ärgern. Und das mir das genauso passiert.
Ich will ihm ja nicht alles abschlagen, so daß er sich allein gelassen fühlt...
Beispiele: Er möchte gerne morgens bis zum Klassenzimmer gebracht werden und beim Schwimmkurs soll ich ihn in die Umkleide begleiten. Vor Ort macht er dann alles selber (sprich Umziehen, Jacke aufhängen etc.), sagt mir dann Tschüss, wenn er fertig ist. Sowas ist für mich okay.
Wo ich z.B. "hart" bin und er selber fragen muß, ist, wenn er im Fahrradladen einen Bonbon aus der Schale auf dem Tresen möchte. Da sage ich dann ganz klar, wenn er nicht selber fragen kann, gibts eben nix.
Ich hoffe, ihr versteht mein Anliegen und könnt mir was dazu sagen.
Danke und Grüße!

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Hallo, das machst du doch schon ganz gut. Wenn er nicht weiß was er aufhat, kann er bei einem Klassenkameraden selbst anrufen. (Wenn er das nicht tun will, muss er am nächsten Tag dem Lehrer erklären, warum er die Hausis nicht hat.) Wenn er seinen Schuh nicht findet, muss er zur FUndstelle bei der Schulsekretärin. Solche Konsequenzen kann man einem Schulkind schon zumuten, finde ich.
Und als weitere Trainingsmöglichkeit: Ab und zu mal gedanklich durchspielen lassen: was machst du, wenn du aus der Schule kommst und keiner ist zu Hause? Was machst du, wenn du im Bus den Ausstieg verpasst hast? So können Kinder üben Lösungen zu finden, bevor sie in eine unangenehme Situation geraten und gewöhnen sich daran selbst Lösugnen zu finden.
LG doremi

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ich glaube, daß wir menschen grundsätzlich darauf aus sind, selsbtädig zu werden und verantwortung für uns selsbt zu übernehmen

ich habe versucht meine kinder entscheiden zu lassen ,wann es für welchen bereich so weit ist.
ich habe also gewartet, bis sie sich selsbt alleien anziehen/ ausziehen/ brot schmieren,... wollten
in aller regel kommt das von ganz alleien und ist dann wirklich auch selbstbestimmt und kein zwang von außen, den man (eben gerade nicht in selsbtverantwortung) erfüllt

ansonsten versuche ich von anfang an meine kinder dahingehend zu erziehen, daß sie für ihre taten die verantwortung übernehmen müssen.
d.h. machen sie etwas kaputt, verletzen sie jemanden,... müssen sie eine Wiedergutmachung leisten und die schaden in ordnung bringen (natürlich alters- und entwicklungsgemäß und mit hilfe).
Strafen gibt es bei uns eigentlich gar keine, denn die sind bei eienr erziehung zur eigenverantwortung eher kontraproduktiv.

verantwortung für sich selsbt heißt aber auch, die eigenen grenzen kennen, die eigenen ängste und sich dann holfe zu holen, wenn man denkt, man kann es nicht alleine.
bei deinem bonbon-beispiel hätte ich mein kind ermutigt, alleine zu fragen (ich habe keine schüchternen kinder- die hätten es dann sicehr gemacht), aber ich würde es auch als verantwortung für sich seöbst betrachten, wenn sie mir sage, würde, sie trauen sich nicht/ hätten angst und bräuchten meine hilfe dazu.
dann könnte mal schauen ,wie die hilfe aussieht (ich gehe mit rein, ich spreche den verkäufer an und sie fragen...).
beim bonbon allerdings würde ich das wohl nur bei einem kind machen, das grundsötzlich sehr schüchtern ist und dem ich dabei helfen möchte, diese schüchternheit zu überwinden- meine kinder würde ich nicht ermutigen nach bonbons zu fragen:)

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Hallo,

ich denke, ich verstehe Dein Anliegen ganz gut. Mein Partner und ich ticken da zum Glück synchron. Wir sind uns einig, dass jeder Mensch für seine Erfolge und Misserfolge in erster Linie selbst verantwortlich ist. Und auch uns ist es sehr wichtig, das an unsere Kinder weiterzugeben.

Wie aber gibt man es weiter? Ich denke, Vorleben ist ein wichtiger Aspekt. Meiner Meinung nach bekommen die Kinder automatisch die Grundeinstellungen bzw. Werte der Eltern mit. Auch ohne gezielt darauf hinzuwirken. Ich glaube, diese Einstellung spiegelt sich auch in allem wieder. Ein Beispiel: man kommt zu spät, weil die Berliner S-Bahn mal wieder Verspätung hat. Klar, kann man sich (wohl auch berechtigt ;-)) über die S-Bahn aufregen. Unsere erste Reaktion ist aber in der Regel, dass wir uns in erster Linie über uns selbst ärgern, weil wir wieder mal zu knapp losgegangen sind und die Konsequenz ziehen, das nächste Mal von vornherein mehr Puffer einzuplanen.

Ansonsten bietet die Schule auch viel Raum Selbstverantwortung zu erlernen. Bei meinem Bruder und mir war es zB so, dass wir während unserer gesamten Schullaufbahn nicht ein mal erlebt hatten, dass unsere Eltern Hausaufgaben mit uns machen, diese kontrollieren oder mit uns lernen. Vom ersten Tag an, war die Schule allein "unser Ding". Unsere Eltern haben nur insoweit eingegriffen, als dass es Ärger gab, wenn wir mal irgendetwas vergeigt haben. Das mag jetzt hart klingen, das war es aber gar nicht. Wir kamen beide super damit zurecht und ich würde das bei meinen Kindern jederzeit genauso machen. Die Konsequenz war, dass wir von Anfang an nur auf uns stolz sein konnten, wenn wir etwas geleistet hatten, und keinen anderen Mitverantwortlichen hatten, wenn mal etwas in die Hose ging. Wir haben von Anfang an gelernt, dass nur wir es in der Hand haben, erfolgreich durch die Schule zu kommen. Klar habe ich manchmal versucht Misserfolge durch Ausreden auf andere zu schieben. Aber wenn ich beispielsweise versucht habe meine Eltern davon zu überzeugen, dass die Klassenarbeit deshalb ein Reinfall war, weil die Fragen zu schwer und die Zeit zu kurz war kam die Gegenfrage, wie denn die anderen abgeschnitten haben. Und wenn ich dann kleinlaut zugeben musste, dass es auch deutlich bessere Zensuren gab, ging meine vorherige Argumentation flöten. Wenn andere es auch hinbekommen haben, wäre das wohl für mich auch grundsätzlich möglich gewesen. Wichtig ist dabei natürlich, dass man die persönlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten vor Augen hat.

Liebe Grüße
Carstella

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Hi,

ist Dein Sohn jetzt 6 Jahre alt? Meine Tochter ist 6 Jahre alt und ich mache es ähnlich wie Du. Ich war als Kind eher schüchtern, zurückhaltend und abwartend. Wenn ich mal im Laden ein paar Strassen weiter etwas einkaufen sollte, war das für mich pure Überwindung. Heute ist das gar nicht mehr so. Ich stehe meinem "Mann" manchmal ist dies natürlich nicht immer ganz so einfach, aber ich habe keine Ängste mehr. Ich denke, dass dies ein Reifungsprozess ist.

Seine Kinder auf den richtigen Weg führen, dass wollen vermutlich alle Eltern und sollten dahingehend mit gutem Beispiel voran gehen. Ich denke, dass Du da schon den richtigen Weg einschlägst. Wichtig hierbei ist aber, dass man seine Kinder nicht überfordert und nur das von ihnen abverlangt, was ihren Neigungen und ihrer Person entspricht. Meine Tochter ist ganz das Gegenteil von dem wie ich früher war. Sie traut sich schon eine Menge, sie kauft sich selbstständig ein Eis, holt sich ein Brötchen beim Bäcker etc.. Das hätte ich damals nie gemacht - auch wenn mich meine Mutter dazu ermutigt hat.

Mach Dir nicht allzu viele Sorgen darüber, dass Dein Sohn den Weg Deines Mannes einschlägt und wenn doch - Gene lassen sich nicht wegreden ;-) - dann gib ihm das notwendige Selbstvertrauen in dem Du ihn immer wieder ermutigst und bestärkst durch gaaaaaaaaaaaaaaaaaaanz viel Lob.

Mit Strenge erreicht man nichts, sondern vermutlich eher das Gegenteil. Ein Kind muss auch lernen mit seinen Eigenschaften zurecht zu kommen und versuchen über sich hinauszuwachsen. Aber das hat auch etwas mit Reife und Erfahrung zu tun.

be cool.

LG Bessi

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Ich habe erst letzte Nacht über den Ausdruck: "Jeder ist seines Glückes Schmied" nachgedacht und befunden (und mich geärgert), dass das überhaupt nicht stimmt ;-) Ich meine, ich weiß schon, was du bezweckst, aber so stimmt das eigentlich überhaupt nicht....

Er wird es schon lernen, wenn er sich im Nachhinein beschwert und du dann drauf sagst: "Hättest du was gesagt!" Für mich klingt es so, als ob er ein wenig schüchtern wäre. Ich vermute auch, dass er für solche "bOnbon-Sachen" und so noch Zeit braucht =)