Kind 4,5 und Spielbesuche eskalieren

Hallo zusammen,

vorab möchte ich sagen, dass sich unser Sohn, wenn er irgendwo anders ist gut benimmt. Er ist höflich, sagt Bitte und Danke, hält sich an Regeln, tröstet seine Freunde wenn sie traurig sind etc. ( falls hier gleich irgendwas kommt von wegen das Kind ist unterzogen) und wird auch gerne von Freunden/ Eltern zum Spielen eingeladen. Auch bei den Großeltern oder sonst wo gibt es keine Klagen.

Wir haben aber folgendes Problem, was mich immer wieder verzweifeln lässt und ich nicht mehr weiß, wie wir damit umgehen soll.

Wenn wir Spielbesuch ( außerhalb des Lockdowns) bekommen, dann freut sich unser Sohn sehr. Wenn dann der Besuch da ist, eskaliert es völlig. Er streitet sich in einer Tour, der Freund darf mit nichts spielen, er möchte alles bestimmen und wenn das nicht klappt schreit er nur noch rum Draußen ist es besser aber auch nur wenn ich interviniere.
Oft zeigt er das auch wenn wir zusammen zu Besuch sind aber nicht in dem Ausmaß, dennoch sehr anstrengend.

Ich habe folgendes Versucht:

-Besuchszeit einkürzen ( klappt)

- Spielbesuch abbrechen wenn er nicht mehr hört ( wenn wir wo anders sind)
( Er weint bitterlich und sagt, dass er nichts dafür kann, sich nicht beruhigt kriegt).

- Struktur einführen z.B kurz bevor es eskaliert ein Angebot zum Basteln, Raus gehen, Pause machen anbieten ( klappt)

Wir haben schon immer das Problem gehabt, dass er sich damit schwer tut, wenn viel los ist. Dann kann er das nicht gut ausgehalten ( laut, viele Menschen, viele Reize). Dann wurde er auch unruhig, hat geschrien oder auch gehauen. Mit dem Alter und dem Fortschritt im Sprechen, wurde das Verhalten auch besser.
Im Kindergarten ist es kein Problem und die Erzieher sehen dort keine Probleme, die beobachtet oder behandelt werden sollten.

Wächst sich das raus?Habt ihr Ideen für den künftigen Umgang mit Besuchskindern?

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Zu Hause ist es eben doch anders als woanders.
Mit Mama auch, als ohne Mama.

Zu Hause freut er sich riesig.
Und doch ist es ein anderer Ablauf. Zu Hause ist zu Hause; aber doch anders mit Besuch.

Woanders ist er automatisch zu Besuch. Anders als zu Hause. Automatischer "draußen Modus".

Zu Hause ist dann auch , wie soll ich sagen , eine Art Revier. Nicht ganz so krass wie bei Tieren, aber irgendwie doch.

Meiner hat damals geholfen: Lieblingsspielsachen durften in meinem Schlafzimmer schlafen, so lange der Besuch da war.
Was für alle da ist, wurde vorher besprochen.
Da noch einige Sachen von mir früher da waren, konnte ich auch immer eine Kiste bereit stellen, über die ich das Sagen habe. Meine Sachen, ich lasse das Kind damit spielen.
Dieses "neutrale" Spielzeug hat ihr denke ich gut geholfen.

Vor dem Besuch noch mal wichige Regeln ansprechen. Als Übergang von: wir zu Hause zu wir mit Besuch.

Wenn wir wo zu Besuch waren, war es wichtig, dass sie die Hierarchie kapierte.
Einmal sagte sie zu mir, dass ich es ja nicht entscheiden könnte, das müsste die Gastmutter tun.
Als diese das gleiche sagte, war die Regelung klar und wurde sofort akzeptiert.

Wir Erwachsenen haben uns dann abgesprochen und den Kindern auch klar signalisiert: wir sind alle zuständig. Das STRENGERE gilt.
Sage ich nein, die Gastmutter erlaubt es, dann gilt das nein.
Wäre es zu Hause ok, der Gastgeber sagt nein, dann gilt das nein.

Auch: wer näher dran steht, reagiert. Das galt für alle Kinder.
Meinte ein Gastgeberkind auf dem Sofa zu hüpfen, weil dessen Mutter gerade die Gläser holte und nicht reagieren konnte, dann habe ich (Gast) das Kind (dessen zu Hause) vom Sofa gepflückt.
Umgekehrt genauso.

Das hat allen Kindern Sicherheit gegeben.

Voll aufgedreht ist meine dann, wenn Erwachsene unsicher waren. Wenn darauf gewartet wurde, dass Mutter immer alles regelt, selbst aber alles erlaubten.
Interessanterweise ging meine dort dann auch gar nicht gerne hin!

Sie liebt es auch heute noch Gastgeber zu besuchen, wo klare, (strenge), verlässliche !! Regeln gelten. Dort fühlt sie sich wohl.
Dort wo sie weiß, dass die Erwachsenen sich absprechen und den Kindern das Ergebnis präsentieren. Dort fühlt sie sich wohl. Das gibt ihr Sicherheit.

Zu Hause brauchte sie Besucherregelungen.
- meine Spielsachen, über die ich entscheide
- was haben wir vor (mit Snack oder ohne; welche Zimmer sind ok, rausgehen ja/nein/vielleicht)
- welcher Erwachsene hat das Sagen. Gasterwachsene dürfen auch Regeln durchsetzen: sie versuchte es gar nicht erst.

- Überraschungsbesuch: ich hole sie von der Haustüre ab, sage ihr a) dass wir Besuch haben b) wer da ist. c) Da das dann logischerweise mein Besuch ist, muss sie nicht Hallo sagen. Sie darf erst mal zu Hause ankommen in ihr Zimmer gehen, durchatmen. Dann kommt sie meist von selbst und sagt Hallo.
Den Übergang braucht sie aber.

Wenn ich vorher weiß, dass Besuch kommt, sage ich das natürlich vorher. Dann kann sie sich schon auf dem Schulweg darauf einstellen.

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Danke für deine ausführliche Antwort.

Das mit den Spielsachen, mache ich auch so. Das Lieblingsspielzeug wird gesichert. Es werden sämtliche Absprachen getroffen, wo gespielt werden darf und mit was. Ich habe im Keller ein " neutrales" Spielzimmer mit ausrangierten Spielsachen, die seit langen uninteressant sind. Das klappt auch relativ gut.

Ich glaube, dass wir schon viel richtig machen aber auch viel falsch, habe ich das Gefühl.
Ich besprechen mit ihm die Regeln für Besuch und was wir machen wenn mein Sohn anfängt zu eskalieren bzw. davor schon. Er kann ganz deutlich sagen, dass er eine Pause braucht und sagt, dass er dann in sein Zimmer geht und wieder kommt, wenn es wieder geht. Das klappt, wenn er denn dann auch in Ruhe gelassen wird. Ich habe das Gefühl immer einschreiten zu müssen wenn er laut und grob wird oder bestimmerisch.
Ich habe das Gefühl, dass das von den anderen Eltern erwartet wird. Das ewige deckeln führt aber zu noch mehr Druck und Frust und automatisch zu Eskalation bei meinem Sohn.

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Hi,
ich kenne dieses Verhalten von einem Sohn meiner Freundin und dem Cousin meiner Töchter. Bei beiden hat sich das zum positiven verändert, ich glaube spätestens zum Schuleinstieg.
Ich denke dass es wichtig ist dran zu bleiben mit den klaren Grenzen und durchzuhalten.
Alles Gute :)
Ps: ich habe meiner Tochter früher gerne Dinge durch Bücher oder Rollenspiele mit Kuscheltieren näher gebracht.

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Danke für deine Antwort. Ich kann mit meinem Sohn schon gut darüber sprechen und er kann sich gut reflektieren. Die Umsetzung ist bei uns beiden ein Problem. Ich gerate in Stress besonders wenn andere Mütter dabei sind, die mir dann erzählen, dass es so ein Verhalten bei ihnen nicht geben würde...naja dann sage mir bitte was ich machen soll. Schlagen?Wegsperren? Er ist ja selber unglücklich und überfordert. Wenn ich zu hohen Druck aufbaue, fliegt mir alles um die Ohren.
Er ist nach dem Besuch oft völlig fertig.

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Hallo, mir fällt auf, dass du schreibst, dass es im Kindergarten kein Problem ist, er aber in Gruppensituationen mit vielen Menschen Schwierigkeiten hat, sich zu regulieren und auch haut. Im Kindergarten ist er ja dauerhaft einer Gruppensituation ausgesetzt und es scheint gut zu klappen. Welche anderen Gruppensituationen meinst du denn?
Es liest sich, als wäre es immer dann okay, wenn andere ihn beaufsichtigen (Kindergarten, Großeltern, andere Eltern). Ich würde da schon stärker mein eigenes Erziehungsverhalten hinterfragen. Vielleicht merkt euer Sohn auch, dass ihr unsicher seid und das bestätigt ihn in seinem Verhalten und bringt ihn dazu, aufzudrehen.

Wie reagierst du denn konkret, wenn er Spielbesuch gängelt, das Besuchskind mit nichts spielen darf etc.? Da das Kind bereits 4,5 Jahre alt ist und sich die Situation bereits mehrmals wiederholt hat, wäre ich da ehrlich gesagt ziemlich sauer drüber und auch entsprechend konsequent... Mir täte das Gastkind extrem Leid, ohne Mama beim Spielbesuch und dann muss es so ein Verhalten aushalten...
Da hätte mein Kind eine extrem strenge Ansage und die Ankündigung erhalten, dass es gerne allein im Kinderzimmer spielen kann, während ich mit dem Gastkind im Esszimmer etwas bastele etc. Und dass es dann gerne wieder dazu kommen kann, wenn es sich beim Gastkind entschuldigt und in der Lage ist, friedlich mitzumachen.

Ich würde mich auch sehr schwer damit tun, mein Kind bei einem Kind spielen zu lassen, von dem ich wüsste, dass es mein Kind beim Spielen so gängelt, anschreit etc. und die Gastmutter dann nicht in der Lage ist, einzuschreiten, dieses Verhalten zu unterbinden und mein Kind davor zu schützen.

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Er ging mit gut einem Jahr zur Tagesmutter. Dort wurden Strategien mit und für ihn erarbeitet, besser mit diesen Situationen umzugehen. Die haben wir mit übernommen und im Kindergarten wurde diese dann ebenfalls umgesetzt, so dass es heute mit 4,5 keine Probleme mehr darstellt und sich stetig mit dem Sprechen auch das Verhalten besserte.

Ich bin hier bei Besuchskontakten ja nicht tatenlos und es gibt für mein Kind Ansagen und Auszeiten. Die Besuchskinder kommen trotzdem wieder oder laden meinen Sohn ein. Er wird deswegen nicht ausgegrenzt.
Ihm geht es selber ja auch nicht gut damit.

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Hallo,

sein Zuhause ist sein sicheres Reich...sein Zimmer...sein Spielzeug. Das verführt dann den Bestimmer zu spielen. Er wird dann aber lernen, dass der Spielbesucher dann schnell keine Lust auf so was hat und dein Sohn wird noch lernen, wie man sich richtig verhält. Deine Vorgehensweise ist doch gut durchdacht. Es braucht Zeit und Geduld.

LG, Maria

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Hallo,

ehrlich gesagt, finde ich das Verhalten Deines Sohnes für einen 4-jährigen nicht mehr normal.

Dass der Besuch kein Spielzeug anfassen darf, ist eigentlich ein normales Verhalten für einen 2-jährigen, aber nicht mehr für einen 4-jährigen.

Da Euer Sohn allgemein extrem reizempfindlich zu sein scheint, würde ich mich fragen, ob er da nicht mehr hinter steckt und ob man mit den gängigen Methoden überhaupt weiter kommt.
Euer Sohn hat sich offenbar nicht im Griff, obwohl er genau weiß, dass sein Verhalten falsch ist, und obwohl es ihm später leid tut.
Das heißt, er reflektiert die Sache schon, nur kann er seine Erkenntnis im richtigen Moment nicht umsetzen.

Ich glaube, unter diesen Umständen, würde ich Spielbesuch bei Euch erstmal bleiben lassen und es in einem halben Jahr oder so nochmal probieren.

LG

Heike

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Es gab hier nie geregelten Kinderkontakt als er klein war außer auf dem Spielplatz. Zu Hause konnte er es also nie lernen. Erst seit Mitte letzten Jahres hat er regelm. Spielkontakte.
Auf dem Spielplatz hat er als Kleinkind gelernt zu teilen und zu akzeptieren, dass er sich nicht überall bedienen darf und kann das bis heute dort umsetzen.

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Hallo Thea, das klingt sehr ähnlich wie mein Sohn, auch vier Jahre alt. Mit zwei Jahren hat uns der Kinderarzt aufgrund seiner „besonderen Art“ darauf aufmerksam gemacht das er wahrscheinlich hochsensibel ist. Ich habe ein Buch dazu gelesen, und das passt wie die Faust aufs Auge. Mein Sohn ist auch grundsätzlich umgänglich, hält sich im kindergarten an alle regeln (er liebt regeln eigentlich sogar sehr), ist auch im normalen Rahmen empathisch und spielt auch wirklich sehr gut mit seinen Geschwistern. Woanders spielen geht auch- aber wehe wir bekommen Besuch zuhause, da klappt nichts. er ist völlig reizüberfordert, dreht durch, kann nicht mehr normal spielen, es ist wirklich anstrengend. Wir hatten letztes Jahr eine große Feier mit vielen Kindern- alle Kinder haben draußen gespielt, nur mein Sohn lieber alleine drinnen. Das ist dann auch gut so, wenn er sich zurückzieht, so kommt er besser klar und ist auch nicht so aufgewühlt. Das klappt langsam immer besser, aber halt nicht immer. Zeitlich begrenzte Spieleverabredungen gehen, mit ruhigen Jungs besser als mit fordernden Mädchen, und immer gut im Blick behalten ob es kippen könnte. Desto älter die Kinder werden, desto besser können sie sich regulieren.