Besuch in der ländlichen Türkei überfordert Kinder; wegen Anfassen und Scherzen

Eine Frage gerne an die User mit türkischen Wurzeln aber gerne auch an alle anderen.

Wir waren mit den Kindern (Grundschul- + KiGa-Alter) schon häufiger in der Türkei. Allerdings in Antalya, Touristen-Hotels.

Da wir wollten, dass die Kinder diesen Teil ihrer Wurzeln kennenlernen, sind wir diesmal in der Provinz Sivas auf dem Land gewesen. Wir haben entfernte Verwandte besucht.

Es war für die Kinder ein Kulturschock, weil sie von einer großen Anzahl Leuten, die ihnen fremd waren, geküsst und angefasst wurden. Nicht nur Verwandte, sondern auch die Nachbarn.
Unserer Tochter (rot-blondes Haar) wurde in die Haare gefasst und daran gezogen. Zwar freundlich gemeint, aber störend für sie.

Auch wurden Witze über ihr Haar gemacht. Sie machten Witze über unsere Aussprache und Kleidung.

Nichts davon war böse gemeint und dennoch doch war es ein Kulturschock für die Kinder und auch für uns.

Die Kinder haben sich in Antalya immer sehr wohl gefühlt und mögen die Lebensart dort gerne.

Jetzt freilich baten sie uns, nicht mehr in die Provinz Sivas reisen zu müssen und wir hätten doch so gerne, dass sie auch diesen Teil ihrer Wurzeln zu schätzen wissen.

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Bedank dich bei deiner komischen Verwandschaft, die es ok findet sich über ein Kind lustig zu machen. Das würde ich meinen Kindern sicher nicht ein weiteres Mal antun. Ich hoffe du bist eingeschritten als du das mitbekommen hast.

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Sie haben sich nicht in schlimmer Weise lustig gemacht, sondern Scherze gemacht. Ich glaube, dass das dort normal ist. Sie sind halt keine Deutschen. Die Deutschen haben in der Türkei den Ruf, dass sie ein wenig humorlos sind.

Ich war bei anderen Verwandtenbesuchen in der Türkei, nicht in Sivas und noch ohne Kinder, Zielscheibe für viele Scherze der anderen Frauen. Man antwortet mit einem Scherz und alle lachen.

Dennoch habe ich ihnen natürlich gesagt, dass meine Kinder das nicht möchten.

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"Die Deutschen haben in der Türkei den Ruf, dass sie ein wenig humorlos sind."
Wirklich, Witze auf Kosten anderer laufen unter "Humor"?

Wenn deine Kinder nicht mehr hinmöchten, würde ich das akzeptieren und weiterhin Antalya vorziehen. Es ist sicher auch schön dort.

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Die Kinder können auch im jungen Erwachsenenalter oder später die Wurzeln der Familie kennen lernen wenn sie es den wollen.

Macht doch einfach wieder nur dort Urlaub wo es auch allen gefallen hat.

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Unsere Kinder hatten viele Fragen. „Die anderen Kinder sagen, dass wir nicht von hier sind. Jemand hat uns gefragt, wo wir wirklich herkommen. Wo kommen wir wirklich her? Wie ist es da? Können wir dort hin fahren?“

Daher entschlossen wir uns zu diesem Schritt.

Außerdem nehmen wir an, dass für Teenager der Kulturschock noch größer ist. Sie sind schon stärker durch die Kultur, die sie umgibt, geprägt.

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Aber grade mit Teenagern kann man doch über die Herkunft sprechen. Unterschiede in der Kultur und Gesellschaft vorher erklären. Und auch,WEIL sie türkische Wurzeln haben, sollten sie toleranter und offener für ihre andere Familienkultur und das Land sein.

Noch eine Frage, verstehen eure Kinder türkisch, wachsen sie mit der 2. Sprache eines Elternteils auf?

Das Verhalten eurer Verwandten finde ich aber auch seltsam. Da sie sich über die helleren? Haare deiner Kinder wunderten, gehe ich davon aus, dass nur 1 Elternteil türkisch ist? doch das wußte die Verwandtschaft dann auch, das hätte denen doch klar sein müssen, dass sie nicht typisch türkisch aussehen. Schon seltsamer "Humor", vor allem auch in den Haaren zu ziehen. Fühlen ok, aber ziehen und wohlmöglich wehtun dabei ist für mich kein Spaß, sondern bewußtes Ärgern.

Akzeptiere, dass es zwischen euch deutscher Familie und der türkischen Verwandtschaft nicht gut läuft und macht woanders Urlaub wie bisher.

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Ging mir als Kind genauso.. wir fuhren nach Frankreich zur Familie (natürlich nicht Touri-Ort) Auch wir wurden angefasst, geküsst, gekuschelt etc. von (für uns) wildfremden Menschen. Das war mein grösster Horror! Ich wollte da nie nie wieder hin und ich habe Frankreich lange Zeit gehasst wegen diesen Erfahrungen. Ich habe Frankreich mein ganzes "Kinder"-Leben lang mit diesen Erlebnissen assoziiert.. Tu das deinen Kindern nicht auch an!

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Wie ist dein Verhältnis zu Frankreich inzwischen?

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Inzwischen natürlich wieder gut, als Teenager und junge Erwachsene habe ich dann mitbekommen, dass das Land nicht nur "dieses Erlebnis" ist. Aber es mir als Kind viel verdorben und zu ewigen Diskussionen geführt, als meine Eltern wieder dorthin wollten mit uns. Sie sind auch schon alleine gefahren und haben uns dann bei Oma und Opa gelassen.

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Ich glaube, eure Kinder werden das gut überstehen. Das klingt wenig dramatisch.

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War früher hierzulande auch so, bei größeren Familientreffen. Da wurde man von irgendeiner Tante Martha, die man gar nicht kannte oder zuletzt als Baby gesehen hat, erstmal geküsst, geherzt und das Gesicht ab einer gewissen Körpergröße in den mit 4711 parfümierten Busen gedrückt. Peinliche Sprüche, Witze und Fragen kamen später von den angeheiterten Herren auch noch dazu, diese Überschwänglichkeit oder bei irgendjemandem auf dem Schoß sitzen zu müssen, empfand ich auch als unangenehm. Heute undenkbar.

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Ich erinnere mich 🥴😂

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Und schwups riecht es überall grad nach 4711 #rofl

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War hat denn die Wurzeln?
Du anscheinend nicht? Dein Mann?

Das ist 'leider' normal, dass man zur Begrüßung da umarmt und geküsst wird, egal ob fremd oder nicht.
Das ist da einfach die Mentalität. Gibt man nur die Hand, ist das schon beinahe unhöflich.
Diese angeblichen Witze finde ich auch nicht gut, sie meinen das nicht böse (in der Regel), aber die Formulierungen und Co sind einfach manchmal total daneben und auch taktlos und für die Betroffenen teils sehr verletzend, beleidigend oder sonst was, aber auch das gehört da irgendwie mit zu Kultur.
🤷‍♀️
Damit kommt aber eben nicht jeder zurecht.

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Wir beide haben sowohl deutsche als auch türkische Wurzeln.
Die türkischen Wurzeln unserer Kinder in den Provinzen Sivas und Tunceli.

Mein Vater, der starb als ich im Grundschulalter war, war Türke. Leider kann ich ihn so vieles nicht mehr fragen, das ich ihn gerne gefragt hätte.

Ich habe früher oft Verwandte besucht, die an der türkischen Riviera und in Istanbul leben. Sie sind dort Zugewanderte. Mit den Kindern waren wir bis dahin nur in Antalya, im Hotel. Meine Verwandten mahnten: „Vorsicht! Das ländliche Anatolien ist anders!“. Ich nahm diese Warnung nicht ganz ernst, aber sie sollten Recht behalten.

Ich mag gerne Körperkontakt, aber habe mich auch überfahren gefühlt.

Ich habe gehört, dass Tunceli sogar noch „ursprünglicher“ sein soll als Sivas.

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Ah ok, ging mir nämlich darum, dass sich jemand "vorgewarnt" hätte oder dir das nachher erklärt hätte.

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Achherje… da möchte man seinen Kindern zeigen, wo die Wurzeln liegen, und dann werden sie mit der Mentalität komplett überrumpelt. Vorerst würde ich den Wunsch, dort nicht mehr hinzufahren, akzeptieren. Wenn das Interesse da ist, werden sie es sicher sagen.

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Hi,

ich bin in einem Land aufgewachsen, wo es sehr ähnlich ist. In der Großstadt relativ gemäßigt, aber bei Besuchen aufs Land relativ intensiv. Mittlerweile denke ich mir da muss man einfach durch und ich bin eben nicht der Typ, der die ganze Zeit angefasst werden will, das war ich nie. Ich weiß auch, dass meine Eltern mich immer wieder gerettet haben (das erste Mädchen nach einer großen Schar von Jungs war immer was besonderes..) und ich denke durch Körpersprache haben auch die Verwandten auch oft gemerkt, dass ich das nicht so wollte.

Das wichtigste ist den Kindern zu vermitteln warum das auf dem Land so ist. Dass man klar sagt, andere Kultur, andere Sitten. Dass die Leute durch Küssen und Streicheln Ihre Liebe ausdrücken wollen und dass es ok ist, wenn man das nicht mag und das auch ruhig (aber bitte nett) sagen kann. Die Witze sind natürlich blöd, aber auch bei sowas weiß ich z.B. wie meine Eltern immer gesagt haben, lass die reden, das ist alles nur Blödsinn.. Das ist für mich einfach eine klasische Situation, in der man die Kinder stärken soll und nicht weglaufen sollte

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Kenne ich aus meiner Kindheit 😅. Bin von ganz in der Nähe von Sivas, am Schwarzen Meer. Ich weiss wie du das meinst, mit dem „sich lustig machen“ und muss dazu sagen, du hast das entweder in den nicht ganz richtigen Worten geschrieben oder falsch aufgefasst. Die Menschen dort freuen sich einfach auf andersfarbige, einfach andere Menschen, die für sie erfreulicherweise zur Familie gehören dürfen, und lieben ihre Enkel, Neffen/Nichten innig. Da wird auch in die Wange geknufft usw. Als Kind nervte es mich ab und zu. Heute denke ich etwas melancholisch an meine Kindheit dort zurück. Sie meinen es null böse, aber Kulturschock, ja definitiv! Anders eben.

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Bist du ganz dort aufgewachsen? Lebst du nun in Deutschland?
Ich fände schön, wenn sie mit ihren Wurzeln in Kontakt blieben, aber die Kinder sind jetzt erst mal geschockt. Vielleicht werden wir beim nächsten mal in der nächsten Stadt ins Hotel einchecken, wenn dann die Verwandten nicht beleidigt sind. So könnten sie die Kinder zurück ziehen.


Anscheinend finden sie rot-blondes Haar sehr schön und zugleich auch sehr lustig. Zuerst riefen sie „Maşallah, bist du schön“. Dann griffen ein paar jugendliche Mädels aus der Nachbarschaft ihr in die Haare, zogen daran und verglichen die Farbe der Haare kichernd mit Gegenständen und Früchten, die sie daneben hielten. Tochter empfand das als störend und ich scheuchte die Mädels weg.

Verwandte fassten ihr wieder und wieder in die Haare, zogen daran, riefen „Maşallah“ und lachten sich gleichzeitig tot.

Wir hätten niemals mit so vielen Leuten gerechnet, die Interesse an uns haben. Es schien sich das ganze Dorf für uns zu interessieren. Wir haben uns etwas „überfahren“ gefühlt.

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Ja gut, da habt ihr etwas übergriffigere Verwandte gepaart mit der Tatsache, dass die Haarfarbe für sie wohl wirklich speziell ist. Masallah ist jedoch definitiv eine Anerkennung. Das sagt man doch mit Bewunderung in der Stimme. Da lastete wohl viel ungewohnte Aufmerksamkeit auf einmal auf euch - verstehe, wenn euch das überrumpelte.

Ich lebte ein Jahr dort, und wir waren jeweils jedes Jahr den ganzen Sommer in der Heimat. Die ersten Tage gab es viel Aufmerksamkeit, aber irgendwann hatten die Leute natürlich wieder anderes zu tun.

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