Autonomiephase at its best - Kind verweigert alles

Hallo zusammen,

ich bin nun wirklich so langsam am Ende mit den Kräften (und den Nerven). Meine Tochter wird im Juli 3 Jahre alt und wir haben vor 5 Wochen unseren Sohn bekommen. Bis zur Geburt hat man von der Autonomiephase noch nicht so super viel mitbekommen, außer, dass sie vieles selber machen wollte. Gemeckert hat sie tatsächlich schon immer seeehr, sehr viel, was auch wirklich super anstrengend war, aber da ging es mehr darum, dass sie stetig und ständig Aufmerksamkeit und Körperkontakt brauchte, was natürlich nicht durchgehend möglich war.
Mit der Geburt unseres Sohnes hat sie sich schlagartig verändert. Sie ist wahnsinnig aggressiv (nicht ihrem Bruder gegenüber - da ist sie sehr süß und lieb). Sie haut, tritt, kratzt und schmeißt Dinge nach uns, hauptsächlich mir. Sie provoziert DURCHGEHEND! Wirklich! Es gibt kaum noch schöne Momente mit ihr, was mich so wahnsinnig traurig macht. Sie sagt zu allem nein: wenn wir nach Hause kommen, schmeißt sie ihre Sachen mit Absicht mitten auf den Boden und schaut uns an und erwartet richtig eine Reaktion. Sie möchte nicht die Windel gewechselt bekommen, keine Schuhe anziehen, nicht mit abräumen - nichts. Egal worum man sie bittet, sie sagt nein. Sie hört auch nicht auf wenn man Stop sagt, sie haut weiter, wirft weiter das Kissen nach einem usw. Ich versuche immer geduldig zu sein, zu schauen warum sie sich so verhält und Verständnis zu zeigen. Aber es bringt nichts, jedes Mal eskalieren die Situationen am Ende. Egal, was ich sage oder wie ich mich verhalte, sie hört erst auf, wenn ich laut werde (was ich nicht möchte).
Ich weiß auch nicht mehr, was ich noch machen soll. Wie handhabt ihr beispielsweise folgende Situation: Kind hat Joghurt gegessen und ich bitte sie, den Becher in die Küche zu bringen. Sie sagt einfach: nö, mach ich nicht, keine Lust. Was nun? Ich hab’s probiert mit: verstehe ich, ich habe auch manchmal keine Lust aufzuräumen, aber es ist nunmal notwendig weil…
Ich bekomme es nicht hin, dass sie kooperiert. Wie also bitte soll man es am Ende schaffen, dass sie doch kooperiert und nicht ich am Ende doch alles machen muss? Bin mit meinem Latein am Ende und habe auch mittlerweile keine Geduld mehr für nichts.
Ich habe weniger Zeit für sie und verstehe deshalb, dass sie traurig und wütend ist. Aber so kann es doch nicht weitergehen. Gerade waren wir beispielsweise beim Turnen, nur sie und ich, und es war tatsächlich mal wieder richtig schön und wir beide scheinen das gebraucht zu haben. Kaum kommen wir zuhause an und gehen durch die Tür, hört es wieder auf mit der Kooperation - sie schmeißt alles wieder auf den Boden, versucht dem Papa wehzutun und möchte mir mehrfach ein Kissen ins Gesicht pfeffern.
Geht es jemandem ähnlich? Habt ihr Ideen oder Erfahrungen, wie es angenehmer für alle wurde? Vielleicht auch, wie man geduldiger werden kann 😅🫠?
Freue mich über den Austausch mit euch! ☺️

Bearbeitet von Inaktiv
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Du schreibst "dass sie stetig und ständig Aufmerksamkeit und Körperkontakt brauchte". Die Geburt des Babys muss dann ja besonders schlimm für sie sein. Sie leidet sehr, so wie wenn dein Partner eine neue Frau mit heim gebracht hätte und von dir erwarten würde, dass du dich zurückhaltst und ohne zu murren die Küche aufräumst. Sie braucht jetzt von dir ganz viel Zuwendung, Geduld und Verständnis. Sie ist enorm kooperativ, jedesmal wenn sie nicht schreit und weint, jedesmal wenn sie lieb zum Baby ist, das ist alles Kooperation. Ich verstehe nicht, warum sie dann auch noch den Joghurtbecher oder ihre Jacke wegräumen soll. Sie ist doch eh schon überfordert von der ganzen Kooperation, da würde ich bei so unwichtigen Sachen überhaupt nichts erwarten.
WENN du es schaffst, jetzt zugewandt und geduldig zu sein, dann pendelt sich das alles wieder ein und dann hat sie auch wieder Kapazitäten um ihre Sachen wegzuräumen.

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Danke für deine Antwort. Da hast du Recht, diese Dinge sollten nun erstmal nebensächlich sein, bis sich alles eingespielt hat. Danke für den Impuls!
Wie ist es mit Windel wechseln oder Anziehen weil wir raus möchten? Sie liebt es auf unserer Parzelle, sagt aber immer „nö, mach ich nicht“ wenn es ums Anziehen geht. Wir bieten unsere Hilfe an, bereiten sie schon lange vorher darauf vor, dass wir bald los wollen, sagen ihr, sie kann natürlich erstmal zu Ende spielen, damit sie nichts unterbrechen muss. Und doch ist es am Ende auch eine Situation, bei der wir nicht wissen, was wir noch anbieten sollen. Sie sagt einfach immer wieder „Nein“, obwohl sie total Lust hat, hinzufahren. Und ohne Schuhe und Jacke gehts bei Regen oder kaltem Wetter nunmal nicht raus. Wenn wir ihr dann erklären, dass wir so leider nicht zum Garten fahren können, fängt sie an zu schreien und zu weinen und sagt „doch!“.
Ich weiß wie sehr sie leidet. Mir ist selber in der ersten Woche nach der Geburt das Herz gebrochen, weil ich gesehen habe, wie tief traurig sie war und ist. Ich gebe mir wirklich Mühe, doch das Austesten der Grenzen kostet mich momentan alle meine restlichen Kräfte. Ich möchte es so gerne richtig machen, für sie da sein und sie begleiten. Aber ich habe auch das Gefühl, dass sie mich nicht an sich ran lässt.

Bearbeitet von Inaktiv
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Wenn sie eigentlich selbst raus möchte und trotzdem nicht mitmacht, könnte es sein, dass es ihr gar nicht ums anziehen geht, sondern dass sie ein Ventil für ihre Emotionen sucht? Vielleicht muss sie einfach gerade viel weinen und schreien?

Meine Strategie wäre: Möglichst wenig Erwartungen haben, möglichst wenig Zwang ausüben, aber da wo es nötig ist, klare Grenzen ziehen und den Emotionsausbruch begleiten - der musste wohl dann einfach sein.

Dass das mit Baby super anstrengend ist, ist mir absolut bewusst. Ich fürchte nur da gibt es keinen Weg drum herum, außer sich möglichst viel unterstützen zu lassen, sei es mit dem Baby oder dem Haushalt.

Was das wickeln angeht hat es bei uns tatsächlich immer Wunder gewirkt, wenn ich aufgegeben habe. Ich saß dann neben dem Wickelplatz und hab mir gedacht "dann läuft die Windel eben aus, hilft alles nichts" und als könnte mein Sohn Gedanken lesen, kam er plötzlich freiwillig an. Es ist wohl nur ein Machtkampf, wenn beide mitmachen. Keine Ahnung ob das bei euch auch funktioniert.

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Hallo,
Ihr seid auf jeden Fall nicht allein, ich habe mich in deiner Beschreibung eurer Situation sehr wiedergefunden. Nur dass unsere Tochter schon 3 Jahre und 8 Monate und unser Sohn bereits 6 Monate ist. Leider dauert das Spielchen damit auch schon 6 Monate an, mit bessernder Tendenz....Es ist verdammt anstrengend!! Zwar verhält sich unsere Tochter nicht so häufig aggressiv, aber alles andere passt. Sie provoziert extrem viel und eigentlich ist man den ganzen Tag nur am Schimpfen :(
Vor der Geburt unseres Sohnes war unsere Tochter sehr auf mich fixiert und wir hatten ein sehr enges und inniges Verhältnis. Sehr motzig, wie du von deiner Tochter schreibst, war sie auch schon immer. Schon immer relativ anstrengend, aber es gab auch viele schöne Momente (jetzt wie bei euch kaum noch). Unser inniges Verhältnis hat leider echt gelitten in den letzten Monaten, was auch mich sehr traurig macht. Wir haben hier leider auch noch das Problem, dass unser Sohn ein extrem herausforderndes Baby ist. Schreibaby in den ersten 3 Monaten, lässt sich jetzt noch immer so gut wie nicht ablegen, weder zum Schlafen noch zum Spielen und er schreit immer noch recht viel. Da er sich auch so gut wie gar nicht vom Papa nehmen lässt ohne hysterisch zu Schreien, habe ich quasi null Exklusivzeit für meine Tochter (für Zeit für ich mal ganz zu schweigen). Ich kann dementsprechend verstehen, dass die Zeit für sie sehr herausfordernd ist, leider ist es aber unter den momentanen Bedingungen schwierig hier Verbesserungen herbeizuführen....