Gewalt in der Beziehung

Liebes Forum,
ich benötige mal andere Meinungen und eventuell auch mal den Kopf gewaschen zu kriegen.

Mein Partner und ich sind/waren 8 Jahre ein Paar, sind schnell zusammengezogen und haben 2 Kinder bekommen. Bei Themen wie Zukunftsvorstellungen, politische Ansichten, Finanzen, Freizeitgestaltung etc. haben wir gut harmoniert. Von Anfang an aber hatten wir große Schwierigkeiten, auf einer Ebene zu kommunizieren und haben/hatten eine unterirdische Streitkultur. Bei Streitigkeiten sind wir regelmäßig laut geworden, es gab gezielte Beleidigungen und auch "bösartige" Handlungen (aus der Wohnung ausgesperrt, WLAN-Passwort geändert, Tagebuch zerstört). Letztere in meiner Erinnerung eher von Seiten meines Partners, was Beleidigungen/verbale Gewalt angeht, war ich ebenso beteiligt.
In den letzten Jahren hat mein Partner im Streit allerdings auch mehrfach körperliche Grenzen überschritten. Mal fest am Arm gepackt, mal unsanft weggeschoben, einmal mit Wasser übergossen. Außerdem gab es mehrere Situationen, in denen er sich drohend aufgebaut hat, Gegenstände an die Wand geworden hat und einmal hat er eine Tür eingetreten, als ich mich eingeschlossen hatte. In diesen Situationen hatte ich Angst vor ihm, zumal von seiner Seite aus dann häufig (viel) Alkohol im Spiel war und ich das Gefühl hatte, dass es ihm schwerfällt, sich zu kontrollieren.
Etwa letztes Jahr kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung, bei der er versuchte, mich aus der Wohnung zu werfen, ich mich wehrte und er mich letztendlich derart über den Boden schleifte, dass ich anschließend einen großen blauen Fleck am Oberschenkel hatte. Ab diesem Moment hatte ich eigentlich innerlich mit der Beziehung abgeschlossen, habe mich aber unter der Bedingung, dass er zu Hause keinen Alkohol mehr trinkt, darauf eingelassen, weiter zu machen.
Alkohol hat er dann seltener zwar, aber trotzdem weiter konsumiert, mit der Folge, dass ich dann immer innerlich angespannt war. Große körperliche Vorfälle gab es seither nicht mehr, aber zweimal die explizite Drohung, er würde mich schlagen, wenn ich ihn nicht in Ruhe ließe, auch in Kombination mit einer drohend erhobenen Hand (ich habe ihn in diesen Situationen tatsächlich verbal stark bedrängt). Gestern Abend/heute Morgen gab es wieder eine Streitsituation, in der er mich am Arm festhielt und mit der anderen Hand auf den Rücken "klappste". Weh hat es nicht getan, aber in mir hat sich alles zusammengezogen und irgendwie habe ich das Gefühl, dass jetzt - endlich- die Grenze erreicht ist, dass ich mich trennen kann.
Als ich es ihm gesagt habe, ist er zusammengebrochen und hat geschworen, er wollte und würde mir nicht wehtun, er würde keinen Alkohol mehr trinken etc.
Ich glaube ihm auch, dass das im ruhigen Zustand so ist, aber habe bei Streitigkeiten kein sicheres Gefühl mehr.
Er will jetzt eine Paartherapie machen.

Meine Frage an euch: Ging es mal jemandem genauso und ihr habt es geschafft, diese (Gewalt)dynamik zu überwinden und eine gesunde Beziehung zu führen?
Und wenn nicht: was kann ich tun, um standhaft zu bleiben? Ich merke, dass ich seinen Versprechungen nur zu gern glauben würde, um das bequeme Bild der "glücklichen Familie" weiter leben zu können.

1

1. Koffer packen und weg.
Da wird sich nichts ändern.

2. Seinen Worten glauben und wie bisher weiter machen.

Ich empfehle dringend das erste!

6

Danke für deine Meinung.

2

Hey du!

Ich habe auch Gewalt in meiner Ehe erlebt. Verbal und körperlich. Aber ohne Alkohol. Den kenn ich aber aus meiner Kindheit, meine Mutter hat viele Jahre getrunken.

Ihr braucht keine Paartherapie! Darauf würde ich mich nicht einlassen. Er soll einen Entzug machen und im Anschluss eine Therapie, danach könnt ihr schauen wie euer Leben, mindestens ja als Eltern weiter geht.

Wie du bei deiner Entscheidung bleiben kannst? Stell dir ein friedliches Leben ohne ihn als Partner vor. Mal es dir aus, wie du deine Kinder und dich glücklich und entspannt siehst.
Und such dir eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Alkoholikern, die können dich sehr gut unterstützen.

Kannst du vielleicht bei Freunden oder Familie unter kommen? Abstand solltest du dir erlauben, um nicht wieder rückfällig zu werden und wieder auf sein Hilfsbedürftigkeit reinzufallen.

Wie euer Leben weiter geht, kann dir niemand sagen. Aber ein besseres als das aktuelle hast du und deine Kinder sicher verdient!
Alles Gute dir!

7

Danke für das Teilen deiner Erfahrungen.
Ich denke nicht, dass er körperlich abhängig ist, einmal angefangen, verliert er aber schnell das Maß. Kann ich in so einem Fall trotzdem zu einer Suchtberatungsstelle für Angehörige gehen?
Und darf ich dich fragen, inwieweit du gegenüber Familie und Freunden offen warst mit dem Gewaltthema? Ich schäme mich so sehr und habe bisher niemandem davon erzählt (zumal ich ja auch selbst nicht ganz unschuldig bin). Ich möchte auch nicht, dass der Vater meiner Kinder als Schläger angesehen wird.

9

Ich würde keinen Unterschied machen in Sachen körperlich oder psychischer Abhängigkeit.
Du kannst natürlich zu einer Selbsthilfe Gruppe!

Ich bin da nicht ganz offen. Nach der Trennung, die ist jetzt drei Jahre her, hab ich bisschen was erzählt. Und es fällt mir leichter. Ich habe und mache aber noch Therapie, das hilft.

Du darfst mich alles fragen!

Liebe Grüße

weiteren Kommentar laden
3

Inwiefern soll denn eine Paartherapie bei seinem Alkoholproblem helfen?
Das ist doch überhaupt nicht zielführend. Zieh die Trennung durch.

4

Moin,

zieh eine saubere Trennung durch, ohne Option auf Rückkehr. Und bevor Du eine neue Beziehung beginnst, arbeite an Deiner Streitkultur. Streit kann konstruktiv sein, bei Euch beiden (!) ist er zerstörerisch, respektlos und assig, sorry. Zu körperlicher Gewalt Deinerseits ist es vermutlich nur wegen Deiner körperlichen Unterlegenheit nicht gekommen; ansonsten schenkt Ihr einander wohl nichts. Ich entschuldige nie schlagende Männer, aber Dein Post lässt mich vermuten, dass Du übel zu provozieren verstehst.

Nein, nichts rechtfertigt körperliche Gewalt, aber manches erklärt sie immerhin. Ihr beide seid einander pures Gift. Schade, dass Ihr den Kindern so einen Sch*** geliefert habt. Kratz jetzt wenigstens ein bisschen Würde zusammen und beende den Alptraum, der Euren Kindern hoffentlich noch nicht zum Trauma geworden ist.

Entschuldige die harten Worte, ich habe so geschrieben, wie ich es sehe Ich denke an das, was die Kinder erleben mussten, und es macht mich fassungslos. Und Du wolltest den Kopf gewaschen bekommen; daher gehe ich davon aus, dass Du es ähnlich siehst wie ich.

Alles Gute, Mollie

8

Liebe Molli,
ja, du hast recht, ich habe auf jeden Fall meinen Anteil an der Streitdynamik. Ich möchte gerne meinen Kopf durchsetzen und lasse dann auch nicht locker. In der Wut (die ich so noch nie mit einem anderen Partner erlebt habe) habe ich meinen Partner schon übel beleidigt. Das war allerdings eher am Anfang unserer Beziehung der Fall. Ich habe (mit Geburt der Kinder) versucht, die Streitigkeiten zu deeskalieren, habe versucht, Gesprächstechniken der gewaltfreien Kommunikation anzuwenden und habe mich, wenn es hitziger wurde, zurückgezogen, um später mit mehr Ruhe nochmal zu sprechen. In so einer Situation kam es zum Eintreten der Tür.
Meine eigene Wut muss ich definitiv besser in den Griff bekommen und ich habe mich auch schon manches Mal gefragt, ob ich diejenige wäre, die sich körperlich durchsetzten würde, wenn ich es könnte. Wie gesagt, habe ich diesen Abgrund in mir erst in dieser Beziehung kennengelernt und ich wäre dankbar, wenn jemand einen Buchtipp zu dieser Thematik hätte.

10

Danke für diese reflektierte Rückmeldung und dafür, dass Du mir meine Härte nicht übel nimmst. Das neue Modewort "toxisch" dürfte Deine Beziehung ziemlich gut beschreiben. Ich war nie in einer solchen Beziehung, darum habe ich leider keine Buchtipps. Aber wäre nicht eine Verhaltenstherapie für Dich gegen die Wut und Dickköpfigkeit überlegenswert? Dort könntest Du sicher gute Empfehlungen für begleitende Literatur bekommen.

Alkohol scheint ein Riesenthema bei Deinem (hoffentlich Ex-) Partner zu sein; an der Stelle braucht man ja weder Bücher noch Gesprächstechniken (mit einem Besoffenen ist ein Gespräch unmöglich und manchmal, wie Du lernen musstest, gefährlich), sondern eine Haltung zum Thema. Meine ist, dass generell seeeehr maßvoll getrunken wird, und wer unter Alkohol die Kontrolle verliert, hat das Trinken zu lassen oder sieht mich nicht wieder. Ich befürchte, Dein Ex wird eine üble Karriere als Trinker hinlegen. Also renn schnell und weit.

LG, Mollie

Bearbeitet von molliebolly
5

Und deshalb sollten sich Leute mit ihren eigenen Baustellen auseinandersetzen, bevor sie Kinder in die Welt setzen. Arbeiten kannst du lediglich an dir selbst (solltest du auch), über das Verhalten anderer hast du keine Kontrolle. Aus eurer Beziehung wird nichts Gesundes mehr, das war es auch nie. Zieh die Trennung durch.