Im Auftrag: Wer kennt sich mit Unterhalt an volljährige aus?

Hallo zusammen!

Ich weiß, dass ich hier als Frau keinen Post eröffnen darf und würde dies auch nicht tun, aber mein Mann hat mich darum gebeten was zu fragen. Er will sich selber wegen nur dieser einen Frage nicht anmelden. Und alle anderen Foren erschienen mir irgendwie nicht passend.

Also, folgende Situation:
Mein Mann hat aus einer früheren Beziehung einen Sohn, zu dem er leider keinen Kontakt hat. Mitte des nächsten Jahres wird sein Sohn volljährig und da die Mutter des Kindes nicht (oder max. nur geringfügig Arbeit - genau weiß er das nicht) arbeitet, müßte er dann ja erheblich mehr Unterhalt bezahlen. Wir haben allerdings ebenfalls zwei kleine gemeinsame Kinder und ich gehe nächstes Jahr nur Teilzeit arbeiten und die KiTa kostet ja auch noch zusätzlich. Daher wäre es gut wenn die Unterhaltzahlungen nicht weiter steigen würden. Wir überlegen nun, ob es sinnvoller ist einen Teil unsere Immobilienfinanzierung zurück zuführen, um durch die Ratenersparniss monatlich mehr zur Verfügung haben. Oder aber ob wir die Darlehen unverändert bestehen lassen, damit wir höhere Ratenzahlungen anrechnen können.

Kann uns jemand weiterhelfen?
LG
littlesam

1

Hallo littlesam2007,

macht das 'Kind' noch eine Ausbildung?

Liegen dem Vater darüber Nachweise vor?

Wenn das 'Kind' volljährig ist, ist die Mutter ebenfalls unterhaltspflichtig.



Ansonsten gilt Folgendes:

Bei volljährigen Kindern sind immer beide Elternteile barunterhaltspflichtig, also auch der bisher betreuende Elternteil, bei dem das Kind weiterhin lebt. Grundlage: Bundesgerichtshof vom 09.01.2002, Az XII ZR 34/00. Kinder zwischen 18 und 21, die noch in eine allgemeine Schule gehen und zu Hause wohnen, sind sogenannte privilegierte Kinder und stehen in der Berechtigtenrangfolge den Kindern unter 18 gleich. Gegenüber diesen Kindern unterliegen beide Eltern einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit und dem niedrigen Selbsthalt der Düsseldorfer/Berliner Tabelle. Der Unterhaltsanspruch nicht privilegierter volljähriger Kinder ist nachrangig und steht hinter dem von früheren und aktuellen Ehegatten sowie weiteren minderjährigen bzw. privilegierten Kindern. Für deren Unterhalt besteht auch keine erhöhte Erwerbsobliegenheit der Eltern mehr. Das volljährige Kind hat nur einen Rechtsanspruch auf Unterhalt, sofern es eine Ausbildung oder ein Studium macht sowie für Überbrückungszeiten von allerhöchstens vier Monaten. Es muss in der Wartezeit bis zur Aufnahme in eine weiterführende Schule seinen notwendigen Lebensbedarf durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit selbst decken. Unbezahlte Praktika sind nur statthaft, sofern sie für die gewählte Berufsausbildung vorgeschrieben sind (OLG Zweibrücken, FamRZ 2007, S. 165) Das volljährige Kind trifft eine Erwerbsobliegenheit, d.h. es muss nachweisen können, dass es sich um eine Anstellung bemüht hat. Die Anforderungen an die Nachweisführung ist wie bei den unterhaltsverpflichteten Eltern zu bemessen (siehe OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.05.2005 - 5 UF 85/05). In wohlbegründeten Fällen darf das Kind auch ein Studium oder eine Ausbildung einmal wechseln, ohne den Unterhaltsanspruch zu verlieren. Hat das Kind eigenes Vermögen, ist dies erst aufzubrauchen.

Berechnung der Unterhaltshöhe:
Das Einkommen beider Eltern wird addiert, berufsbedingte Kosten und der eventuelle Unterhaltsbedarf von Ehegattinnen/-gatten und weiterer minderjähriger Kinder abgezogen. Der Bedarf des Kindes wird mit Hilfe der Düsseldorfer/Berliner Tabelle, Altersstufe 4 über das summierte Elterneinkommen ermittelt. Kinder mit eigenem Hausstand haben einen festen Bedarf von 640 EUR plus eventuelle Krankenversicherung, bei Studenten kommen noch die Studiengebühren hinzu.
Der Bedarf des Kindes wird um das Kindergeld und eventuelle eigene Einkünfte (z.B. Ausbildungsvergütung minus eines pauschalen ausbildungsbedingten Mehrbedarfs von 90.-) vermindert.
Ermittlung der Einsatzbeträge der Eltern. Dafür wird vom unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen der entsprechende Selbstbehalt abgezogen, oft 900,- EUR (in den alten Bundesländern), da das Kind privilegiert ist - bei nicht privilegierten Kindern werden in den alten Bundesländern 1100,- Selbsthalt für die Eltern berücksichtigt.
Unterhalt von Vater = Bedarf Kind / Einsatzbetrag(Vater + Mutter) * Einsatzbetrag Vater
Unterhalt von Mutter = Bedarf Kind / Einsatzbetrag(Vater + Mutter) * Einsatzbetrag Mutter
Kontrolle: Kein Elternteil muss mehr Unterhalt bezahlen, als wenn er allein unterhaltspflichtig nach Düsseldorfer Tabelle, vierte Altersstufe wäre.

Unterhaltsansprüche hat das volljährige Kind gegenüber beiden Elternteile selbst geltend machen, ausserdem hat es regelmässig Auskunft über seine schulische oder berufliche Entwicklung zu erteilen. Es muss von beiden Eltern Auskunft über ihre Einkommensverhältnisse einfordern und dem jeweils anderen Elternteil zugänglich machen. Tut es das nicht oder wird nur ein Elternteil um Unterhalt angegangen, sollte der Vater auf Abänderung des Unterhaltstitels klagen, aber vorsichtshalber den strittigen Betrag entweder bei der Gerichtskasse bis zur endgültigen Klärung hinterlegen oder aber mit der Klage zusammen vorläufigen Vollstreckungsschutz beantragen. Existiert kein Titel, kann die Zahlung sofort eingestellt werden. Volljährige Kinder, die auf stumm schalten verdienen manchmal längst eigenes Geld und sind gar nicht mehr unterhaltsberechtigt. Beistandschaften des Jugendamtes enden mit dem 18. Geburtstag, das Jugendamt darf noch bis zum 21. Lebensjahr ausschliesslich beraten.

Das volljährige Kind bekommt den Unterhalt immer auf das eigene Konto, denn falls die Mutter den Unterhalt nicht weiterleitet, bleibt der Vater nach wie vor der Unterhaltsschuldner dem Kind gegenüber. Er kann bei vorliegendem Titel leicht durch das Kind gepfändet werden. Das Kind braucht die Doppelzahlung nicht zu interessieren. Eine Rückerstattung durch die Mutter müsste der Vater durch eine Klage einfordern. Vollmachten, die das Kind der Mutter ausstellt, kann man ignorieren - woher soll man wissen, wann das Kind die Vollmacht wieder entzieht? Spätestens, wenn das Kind auf Unterhalt klagt, entsteht ein Interessenkonflikt und damit die Gefahr, dass ein Elternteil übervorteilt wird. Der Elternteil, in dessen Haushalt das volljährige Kind lebt ist berechtigt, seinen Anteil am Unterhalt mit Naturalien zu verrechnen.

Das Kindergeld wird auf den Unterhaltsanspruch angerechnet. Bezahlt ein Elternteil keinen Unterhalt bekommt er auch kein Kindergeld angerechnet, egal wo das Kind wohnt und egal ob es privilegiert ist oder nicht (siehe BGH, Az XII ZR 34-03). Er muss das Kindergeld an das Kind weitergeben. Wenn das Kind nicht mehr beim bisher betreuenden Elternteil wohnt, erhält es sogar der Elternteil direkt ausbezahlt, der mehr Unterhalt bezahlt. Unterhaltsrechtlich ist nicht auf die Bezugsberechtigung, sondern auf den Zweck des Kindergeldes als Familienlastenausgleich abzustellen. Viele Mütter, die selbst keinen Barunterhalt an das Kind bezahlen lassen sich trotzdem weiter unberechtigterweise das Kindergeld auszahlen. Als Vater sollte man dann die Kindergeldkasse anschreiben, Meldebescheinigung des Kindes und Kopie der eigenen Unterhaltszahlungen beifügen und das Kindergeld für sich beantragen. Das kann sogar zu einer Nachzahlung des Kindergeldes an den Vater führen.



MfG krypa

6

Hallo krypa!

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

Der Sohn meines Mannes geht auf das Wirtschaftsgymnasium bis Sommer 2011. Eine Schulbescheinigung haben wir im Herbst 2008 bekommen.

Die Unterhaltsverpflichtung der Mutter bei Volljährigkeit ist uns bekannt, allerdings geht die Mutter unseres wissens nicht arbeiten, da sie noch vier weitere Kinder hat. Das jüngste Kind ist glaube ich drei / vier Jahre alt. Es könnte sein, dass sie ggf. einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht - das hatte sie früher schon mal gemacht. Da der Kontakt leider schon vor längere zeit von der Seite des Sohnes meines Mannes abgebrochen wurde, wissen wir aber nichts genaues über den Verdienst der Mutter. Das wird sich dann klären, wenn es im Sommer dann tatsächlich zu "Verhandlungen" wegen dem Unterhalt kommt. Bisher läuft das ja alles über das Jugendamt und das klinkt sich ja bei Volljährigkeit aus.

Uns hätte einfach nur interessiert, ob die Höhe der monatlichen Belastung aus Immobilienfinanzierung angerechnet wird oder ob nur relevant ist, dass wir nicht "kostenfrei" wohnen.

Grüße

2

Tag!

Ich frage mich immer wieder, wieso man mit solchen Fragen nicht zu einem Anwalt geht und sich beraten lässt?
Das kostet doch nicht die Welt.
Letztendlich läuft es doch sowieso darauf hinaus, dass rechtliche Unterstützung in Anspruch genommen werden muss.
Du bzw dein Mann kann kann sich doch nicht darauf berufen zu sagen: Die Leute in Urbia haben aber gesagt, dass ....

LG

H.

3

Hallo beluleleba,

dein Einwand ist schon berechtigt, andererseits ist sowas mit weiteren Kosten verbunden. PKH gibts da nicht.
Es fragt sich außerdem, wie groß denn die Motivation des KV sein wird, sich mit der Geldproblematik eines Phantomkindes zu befassen.
Auf Deutsch: man hat die Schnauze voll und will davon so wenig wie möglich wissen.


MfG krypa

4

Hallo krypa,

da ich nicht nachvollziehen kann, wie es ist, keinen Kontakt zum leiblichen Kind zu haben, kann ich dazu wenig sagen.
Ich weiß, was ich für meinen Sohn zahlen muss und ich weiß auch, wieviel ihm zustünde, wenn er 18 ist.
Der Kontakt zwischen Kindsmutter und mir ist perfekt und die Informationen fließen zwischen uns besser als sie jemals während unserer Ehe geflossen wären.
Von daher brauche ich weder einen Anwalt noch Informationen von Urbianern.
Nett, dass du stets hilfreich zur Seite stehst.

Grüße
H.

weitere Kommentare laden