„Mit jungen Müttern ist das immer so schwierig...!“

Hallo,
Heute Bewerbungsgespräch auf eine gut passende Stelle, ganz positiv gelaufen. Und dann die Sätze „mit jungen Müttern ist das immer schwierig mit dem Dienstplan, die haben immer so viele Einschränkungen“ und „drei Kinder sind ja ne Hausnummer“. Ja, das stimmt, beides. Aber bekommen Väter das eigentlich auch im Bewerbungsgespräch zu hören?
Wir haben es bislang wirklich gut, flexibel und notfalls recht spontan hinbekommen, auch dank der halbwegs freien Arbeitszeiten meines Mannes und grosselterlicher Hilfe vor Ort - aber trotzdem (oder auch deswegen?) war ich in der Situation erst einmal perplex. Wie kann es sein, dass uns Müttern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie quasi automatisch als alleinige Last aufgebürdet wird? Dass ich als dreifache Mutter auf dem Arbeitsmarkt trotz exzellenter Ausbildung, Leistungen und Zeugnissen den Stempel „B-Ware“ zu tragen scheine, im Gegensatz zu meinem Mann, bei dem das keine Rolle spielt? Im Umkehrschluss leider auch nicht spielen darf, denn in seinem Arbeitsumfeld wäre eine reduzierte Arbeitszeit für einen Vater nicht akzeptabel (halbwegs freie Zeiteinteilung geht noch). Mütter bekommen da eher noch einen Bonus, aber die „müssen ja auch beides vereinbaren“.
Diese Ungleichbehandlung nervt nicht nur, sie schränkt ein, sie ist demotivierend, unfair und diskriminierend, führt zu Armut bei Trennung und im Alter.
Wie erlebt Ihr das?
Liebe Grüße!

1

Jap, genau so empfinde ich das hier in unserer Gesellschaft auch.

Kein Mann muss sich im Vorstellungsgespräch die Frage gefallen lassen, wie er das mit den Kindern organisiert. Das wird den Frauen aufgebürdet. Da wird automatisch von ausgegangen, dass sie dafür zuständig sind.

19

Ich finde, dass das der Umkehrschluss auch wieder gilt. Also Männern werden beruflich keine Steine in den Weg gelegt, wenn sie Kinder haben. Aber es nimmt auch keiner iin einem Maße Rücksicht darauf, wenn sie Kinder haben, was bei Frauen dann schon geschieht. Der Mann lässt sich das dann gefallen und lässt die Frau die Kinder betreuen und schon sind wir in einem Teufelskreis, der Frauen beruflich und wirtschaftlich benachteiligt und Männer familiär und wirklich frei ist dann einfach niemand. Auch möchte ich die Diskriminierung von Frauen hier nicht heruntespielen, nur weil Männer anderweitig benachteiligt sind, denn von Geld alleine wird man zwar auch nicht glücklich, aber in Altersarmut wird das glücklich werden doch auch schwer.

39

Ich denke auch. Da muss man sich als arbeitende Mutter bei den Frauen bedanken, die eben zuhause hocken. Das Mann und Frau gleichberechtigt sich um Kita und Krankheit und Küche kümmern während beide arbeiten gehen mag eine schöne Vorstellung sein - in den meisten Fällen aber auch nur das. Und wenn für mich als AG klar ist, dass die Frau nach der Geburt eh zuhause bleibt für mindestens 1 Jahr, meistens wegen Geschwistern aber noch länger oder - besonders beliebt - zwischendurch für 6 Monate reinschneien um dann wieder in den nächsten Mutterschutz zu verschwinden ist das ärgerlich. Die arbeitenden Mütter müssen im Regelfall, egal wie viel sie arbeiten, sich dennoch um die rechtzeitige Kitaabholung und die Krankheiten kümmern. Solange es nicht gesellschaftliche Realität ist sondern es gesellschaftlich konform ist, dass die Mutter zuhause bleibt oder nur noch TZ arbeitet sobald ein Kind da ist während der Vater selbstverständlich weiterarbeitet schaden diese Hausfrauen damit eben nicht nur sich selbst sondern auch allen anderen Frauen. Schade.

weitere Kommentare laden
2

Ichhabezum Glück eine chef der sehr gerne Mütter einstellt, da er sagt sie sind oft besonders organisiert, effektiv, zuverlässig und belastbar.
Aberir ist auch schon aufgefallen, dasserda wohl eine Ausnahme ist. Leider.

3

Hallo,

Sowas ist echt frustrierend. Wäre ich allerdings Arbeitgeber würde ich vorzugsweise ebenfalls freuen im mittleren Alter bevorzugen.

Aber... Gibt es einen Betriebsrat oder eine Frauenbeauftragte? Die Aussagen sind mehr als diskriminierend und man kann dagegen vorgehen.

Liebe Grüße

4

Hallo!

Das frag ich mich ehrlich gesagt auch. Ich verstehe auch nicht, warum man es immer von den Müttern erwartet, dass sie sich für die Kinder einschränken, und warum immer nur den Müttern unterstellt wird, sie wären durch die Kinder unflexibel und eingeschränkt. Dabei ist das bei Weitem nicht immer der Fall.
Meine Kinder sind fast 8 und 10. Ich bin selbstständig, mein Mann arbeitet in leitender Position. Ich bin zwischen 30 und 35 Std./Wo an der Arbeit, mein Mann hat einen normalen 40 Stunden Vertrag. Bei uns funktioniert das problemlos. Allerdings habe ich vor einer Weile bei einer Fortbildung, bei der es auch um politische Themen ging, gehört, dass Männer in meinem Beruf im Durchschnitt 50% mehr Umsätze generieren - meine Fallzahlen entsprechen dem Durchschnitt der Männer bei geringerer Arbeitszeit. Und bei uns in der Praxis erwirtschafte ich den größten Anteil. Wir sind zu Dritt - 2 Männer, und ich als Frau. Ich arbeite 3,5 Tage, meine Kollegen 2 bzw. 3 Tage. An meinen 3,5 Tagen mache ich ca. 50% des Umsatzes, und das in ca. 40% der Arbeitszeit...

Oder ein anderes Beispiel: Der Neffe meines Mannes ist Polizeibeamter, die Frau Ärztin in Weiterbildung. Als der Sohn auf die Welt kam, hat der Papa Elternzeit genommen, während die Mutter gleich nach dem Mutterschutz wieder gearbeitet hat. Beim Wiedereinstieg in den Beruf hat er wirklich lange gebraucht, seinen Vorgesetzten klarzumachen, dass er bitte an einem Arbeitsplatz mit geregelten Arbeitszeiten eingesetzt werden möchte. Das war für die Herrschaften undenkbar, dass ein Vater so "unflexibel" ist. Eine Kollegini hätte es da vermutlich viel einfacher gehabt. Aber Männer müssen doch nicht pünktlich Feierabend machen, um ihre Kinder aus der Kita zu holen.... Tja, der Neffe meines Sohnes schon - wie viele seiner weiblichen Kolleginnen auch.

LG

5

Hi, ich verstehe dich und finde die Aussage einfach unmöglich.

Aber ich frage mich, was das für unqualifizierte Personaler sind, die solche Aussagen treffen, für die sie eigentlich belangt werden könnten aufgrund des AGG??? Vielleicht solltest Du da mit dem Schmidt reden und nicht mit Schmittchen.
Ich führe wöchentliche Vorstellungsgespräche, und SO eine Aussage würde ich nie treffen. Die Frage, die legitim ist, wäre: wie organisieren Sie sich mit den Kindern? Hierbei ist es egal, wieviele Kinder du hast,und das sollte es einem gut qualifiziertem Personaler auch sein.

Scheint also recht ungelernt zu sein dein Gesprächspartner oder Partnerin. Und ja, ich würde dagegen vor gehen. Alleine ums Prinzip. Und übrigens: es gibt kununu... Dort werden AGs bewertet.

43

Hallo,
Ja das ist ein sehr kleiner Betrieb. daher sind die Chefs dort keine „Profis“ als Personaler. War auch überhaupt nicht böse gemeint, mehr wie bei „Kaisers neue Kleider“ eben das „Offensichtliche“ ausgesprochen. Hilft ja auch nix, wenn das statt dessen hinter verschlossenen Türen so besprochen wird - offen kommuniziert kann man immerhin drauf reagieren und auf eventuelle Bedenken eingehen. Aber einen wunden Punkt trifft es dann eben doch, denn natürlich fragt man sich mit drei Kindern wie man alles gut unter einen Hut bekommen wird, auch wenn man alles dafür tut.
Viele Grüße!

100

Aber jetzt mal rein aus Interesse: geht es dich als Personaler etwas an, wie ich mich mit meinem Mann und den Kindern organisiere? Meine Standard-Antwort auf solche Fragen ist immer „Ich bin hier, weil ich diesen Job gerne machen möchte, dazu werde ich alles drumherum entsprechend organisieren“ oder „Das ist gut organisiert, denn sonst würde ich mich nicht um diese Stelle bewerben“.

6

Hallo, ich arbeite selbst in leitender Position und habe 3 Kinder davon 2 unter 4 Jahren. In meinem Mitarbeiterstamm habe ich auch Mütter mit zum Teil noch kleinen Kindern. Meine Erfahrung nach tragen die Mütter einfach die Hauptlast in der Familie. Letzte Woche habe ich eine Kollegin heim geschickt weil der kleine krank war. Eigentlich war Papa Kind krank und der kleine hat nur nach der Mama geschrien. Weil ich weiß wie es ist, hab ich sie dann heim geschickt. Oft ist es auch so das der Mann mehr verdient und um den Job nicht zu gefährden, nehmen es die Mütter auf sich. Oft sind sie es auch die Teilzeit arbeiten. Ich versuche die Waage zu halten zwischen jungen Müttern und denen mit älteren Kindern und das nicht weil ich sie als B Ware betrachte sondern weil ich ein Unternehmen führen muss an dem Arbeitsplätze hängen.

7

Das ist leider typisch deutsche Denke und ich erinnere mich gut dran. In meinem alten Job hieß es immer “vor Beförderung x nicht schwanger werden sonst kannst du es hier vergessen” Mütter sind nicht mehr befördert worden. Bekamen miese Projekte. Entweder sind sie vor der Familiengründung schon gegangen oder haben sich kaputt gemacht.
Hat mich lange davon abgehalten überhaupt eine Familie zu gründen. Ich lebe mittlerweile in der Schweiz als Deutsche. Hier ist es auf den ersten Blick sehr familienunfreundlich. Wenig Mutterschutz, jedes Familienmitglied kostet einen eigenen festen Satz in der Krankenkasse, ob es arbeitet oder nicht. Viele müssen die Kinder mit 4 Monaten in die Krippe geben damit das Geld reicht und die kostet auch immens.
Aber die Arbeitgeber sind drauf eingestellt. Ich kenne viele Familien wo beide 80% arbeiten. Mir ist als der Kleine 1 Jahr alt war eine Führungsposition auf 80% angeboten worden obwohl ich offen gesagt habe dass das Kind kein Einzelkind bleiben wird. Wäre in Deutschland undenkbar gewesen.
Ich bin sehr froh da raus zu sein für die Kinderphase. Hilft dir nicht aber, ja, ist so, leider keine Einbildung.

86

Ich bin Schweizer und lebe in der Schweiz, meine Frau ist Deutsche. Ich habe sie in Deutschland kennen gelernt, als sie und ihre Freundinnen gerade am Ende ihres Studiums waren oder ggf. einige Jahre Berufspraxis. Mir hat man damals vorgeschwärmt, wie toll das in Deutschland alles gehe. Tatsache ist dann: Kita im Prinzip verfügbar, mit unmöglichen Zeiten (nur bis 1430 Uhr o.ä.), weit weg, Anstellungsbedingungen mit Hilfsarbeiter-Fixlohn und der Rest nur als Bonus (der natürlich für Frauen mit Kindern wegfällt) etc., Praktika, Saisonverträge und andere Tricks zur Umgehung von Normalarbeitsverträgen usw.

In der Schweiz hat man keinen Anspruch auf einen Kitaplatz, ein reduziertes Pensum oder sonst was, aber tatsächlich sind welche vorhanden, die zwar aus deutscher Sicht teuer sind, aber eben das Problem tatsächlich abdecken, indem die Kitazeiten mit den üblichen Arbeitszeiten übereinstimmen und indem der Kitaplatz so liegt, dass man nicht noch 1h Wegzeit verliert.

Ich arbeite selbst in einem Grossbetrieb und bin dort Personalvertreter, Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eines meiner Kernthemen. Wo aus meiner Sicht in der Schweiz und übrigens auch in Deutschland Nachholbedarf besteht, ist beim stärkeren Einbezug der Männer. Beispielsweise sollte die Elternzeit geschlechtsunabhängig gleich gross sein, dann würde es aus Sicht des Arbeitgebers nicht mehr ökonomisch interessant sein, junge Frauen zu diskriminieren.

93

Danke, total spannend diese Perspektive!
Wir haben einige Jahre in Skandinavien gelebt, dort ist es auch gleichberechtigter, es wird sogar überlegt den „Pflichtteil“ (also nicht an die Mutter übertragbaren Anteil) der Elternzeit für Väter auf 6 Monate zu erhöhen um die Gleichberechtigung zu fördern. Die Kehrseite ist natürlich dass es die Wahlfreiheit der einzelnen Familien massiv einschränkt...

8

Hallo,
alles genau richtig, was du sagst: ABER
Wir sind selbstständig und haben ausschließlich weibliche Angestellte. Egal was im Bewerbungsgespräch gesagt wurde, wie die Betreuungssituation geklärt ist, am Ende sind es fast immer die Mütter, die zu Hause bleiben, wenn die Kinder krank sind. Da sind Oma und Opa überfordert und die Männer an der Arbeit unabkömmlich. So erleben wir das gerade jetzt in der Erkältungszeit immer und immer wieder. Auch wenn in Kindergarten oder Schule die Mitarbeit der Eltern gefragt ist, dann sind es halt fast immer die Mütter, die basteln und machen und tun.
Leider erleben wir das immer wieder so, seit 20 Jahren hat sich da kaum was geändert.
Wir haben selber drei Kinder und mein Mann unterstützt wo er kann..., aber ohne ihn steht der Betrieb still und dann bin auch ich es wieder als Mutter, die ran muss, egal, ob ich im Betrieb gebraucht werde oder nicht.

9

Ich bin Mann, nein, das kriegt man nie zu hören. Das ist auch der Kern, wo Diskriminierung stattfindet. Und darum sagen junge Frauen auch häufig voller Überzeugung, dass keine Diskriminierung stattfinde. Sie sind einfach noch nicht an diesem Punkt angelangt.