Soll man oder soll man nicht - unsozialen Hund zu Hundekontakten zwingen?

Hallo,

angeregt durch den Thread weiter unten "Hundeschule ... soziale Kontakte" habe ich mich gefragt - eigentlich frage ich mich das schon länger - ob ich meinen sozial unverträglichen Leinenrambow (geschätzt 11-jähriger Jagdterriermix aus dem Tierschutz) eigentlich mit meiner derzeitigen Hundetrainerin zwingen soll, absolut gegen seinen Willen nah an anderen Hunden vorbeizugehen (er rastet an der Leine aus bei Rüden) bzw. sogar Hundekontakt zu haben.
Zu Menschen/anderen Tieren ist er absolut verträglich und lieb. Ein Traumhund eigentlich, nur scheint irgendwann in seinem Leben etwas schief gelaufen zu sein, was man aber jetzt nicht mehr nachvollziehen kann, da er als Fundhund ins Tierheim kam. Dazu kommt, dass er dort von einem großen schwarzen Mischling schlimm gebissen wurde.

Ausgelöst wurden diese Gedanken bei mir, als wir vor mehreren Wochen einen runden Geburtstag im Freundes- unb Bekanntenkreis feierten und mir einige der Leute in der Diskussion genau um dieses Thema sagten, dass sie meinen Fritzi mit "dem Mist" in Ruhe lassen würden. Er wäre doch lieb und schmusig und einen "Fehler" hätte schließlich jeder. Wir waren zwar jetzt einige Zeit bei einer Hundetrainerin, der Erfolg ist aber eher mäßig und tagesformabhängig. Lt. ihrer Meinung hat mein Fritzi eine Angstaggression, d. h. er versucht durch lautes Bellen und auf dicke Hose machen dem anderen Hund zu sagen: "komm gar nicht erst her". Wenn sich ein nahes aneinander vorbeigehen nicht verhindern lässt, springt er laut bellend auf den anderen Hund zu.

Mich würde die Meinung von anderen Hundehaltern interessieren, die vielleicht ein ähnliches Problem haben. Bleibt ihr dran oder findet ihr euch damit ab? Gibt es jemanden, der dieses Problem komplett in den Griff bekommen hat? Also so nach dem Motto: "andere Hunde interessieren meinen Hund nicht mehr". Im Hundekurs ist ein weiteres Paar mit einem leinenaggessiven Hund aus dem Tierheim. Auch sie berichten mir, dass ihre Hündin nicht wirklich Fortschritte macht. Komischerweise verstehen sich mein Fritzi und diese Hündin.

Bin auf eure Meinungen gespannt.

LG

Nici

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Ich würde trainieren, damit standartsituationen besser laufen - Ggenverkehr mit Hund auf einem schmalen weg wo du nicht ausweichen kannst etwa im Wald. oder Wartezimmen beim Tierarzt. da muss es einfach klappen. wenn er nicht spieln will kein Problem, aber Tierarzt muss funktionieren.

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Hallo,

ich musste zwar noch nicht oft zum TA, aber dort gab es keine Probleme. Er hat zwar geguckt nach den anderen Hunden, saß aber wie bedröpelt an meinem Bein und hat sich nicht gerührt.
Vielleicht liegt es einerseits daran, dass er dort einfach Schiss hat und ihm das Territorium sozuagen nicht gehört.
Dazu bemerken wollte ich eigentlich noch, dass er bei uns im Ort und Umgebung trotz Kastration unheimlich viel markiert.

Danke für deine Antwort.

Nici

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Hallo!

Das Problem kommt dann, wenn Du in einer Phase öfter zum Tierarzt musst. Meiner hatte mal ein echt doofes Hautekzem, da mussten wir eben mal 8 Wochen lang zwei mal die Woche zum Tierarzt - und damit war es dann auch nicht mehr fremd und beängstigend, sondern ein besuch bei Freunden, die sich alle nur um ihn kümmern. Party! damit war es dann aber auch im Wartezimmer echt anstrengend.

Bei Jack hat der Umzug in die Stadt sehr geholfen. Am Land kam es öfter vor, dass wir eine ganze Woche keine anderen Hunde getroffen haben, so dass Begegnungen was besonderes waren und er sehr angespannt war. Jack hatte immer auch einige Freunde, aber eben nicht alle.

Seit wir in der Stadt wohnen und täglich andere Hunde sehen reagiert Jack kaum noch, einfach weil es nichts besonderes mehr ist. Kannst Du vielleicht öfter wo laufen, wo ihr zwangsläufig zahlreiche Hunde trefft?

Bei jack war es nie ein echtes Problem, aber schon nervig, wenn er da einen auf dicke Hose gemacht hat. Heute mit lockerer Leine einfach vorbei laufen ohne dass er groß schaut ist eben schon angenehmer.

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Hallo,

meine Jack-Russell-Hündin war vor drei Jahren auch so, dass sie jeden anderen Hund angegiftet hat, sie ist richtig ausgerastet und hat ganz dem Klischee dieser Rasse entsprochen. Sie war von klein an nicht an Artgenossen gewöhnt, da sie der Vorbesitzer immer im LKW mit dabei hatte und sie ansonsten zuhause im Hof "Gassi gegangen" ist.

Mit ein bisschen Training wurde das dann deutlich besser.

Zum einen sind wir viel mit zwei, drei anderen Hunden zusammen gelaufen und gleichzeitig habe ich mit ihr geübt, dass Frauchen viel interessanter ist als andere Hunde, denn sie hat die Leckerlis und den Ball, somit war sie abgelenkt von anderen Hunden, die entgegen kamen.

Nach einiger Zeit ging es dann wie von selbst, vor allem wenn sie im Rudel mit den anderen Hunden unterwegs war hat sie sich getraut, andere Hunde mal zu beschnuppern und hat sich abgeschaut, wie die anderen das machen und dieses Verhalten dann auch auf die "Einzelspaziergänge" übertragen.

Heute giftet sie zwar noch manchmal, wenn sie einen anderen Hund nicht mag, aber sie lässt sich dann auch von mir zurückpfeifen.

Ich denke, ihr solltet auf jeden Fall weiter üben, vielleicht auch noch auf eine andere Art, denn dann sind die Spaziergänge deutlich entspannter.

LG
Kira

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Hi,

für mich ist es ein Unterschied, ob ich meinen Hund, der ein Problem mit anderen Hunden hat, dazu zwinge mit anderen Hunden zu schnüffeln und zu spielen oder ob ich daran arbeite, dass er andere Hunde schlicht ignoriert.

Ich würde keine Sozialkontakte erzwingen, wenn es wirklich nicht geht, aber ich finde es für Hund und Herrchen/Frauchen angenehmer, wenn der leinenagressive Hund (egal warum) zumindest lernt, andere Hunde zu ignorieren.

Meine Hündin z.B. hasst eine Boder Collie Hündin in unserem Verein. Würden die beiden schnuppern dürfen oder gar gemeinsam freilaufen, dann gäbe das mind. Schwerverletzte - es beruht auf Gegenseitigkeit. Ich erwarte aber, wenn wir auf dem Platz arbeiten, Stadttraining machen, am Wandertag teilnehmen, dass sie diesen Hund ignoriert - auch in 1m Entfernung.

Ja, ich würde soweit daran arbeiten, dass er zumindest ruhig an anderen Hunden auch in geringem Abstand (muss / soll ja nicht Körper an Körper sein!) vorbeigehen kann oder diese vorbeigehen lassen kann.

Gruß
Kim

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Hallo,

ich würde mit deinem leinenaggressiven Hund das ordentliche Vorbeilaufen an anderen Hunden trainieren und sonst nichts!

Ich verstehe nicht, warum rudelfremde Hunde immer miteinander vergesellschaftet werden müssen!
Tu dich mit der Frau des anderen leinenaggressiven Hundes zusammen und geht gemeinsam Gassi, wenn sich eure Hunde verstehen! Zwinge ihn nicht zu Kontakt zu fremden Hunden, sondern förder den Kontakt zu Hunden die er kennt und mag!
Mehr braucht der nicht und wenn es nur 1 Hund ist, mit dem er sich verträgt, dann ist es halt nur 1 Hund!
Und übt das richtige Leinengehen

LG Pechawa

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Hallo,

genau, das Vorbeilaufen an anderen Hunden trainieren wir schon ziemlich lang auf dem Hundeplatz.

An einem Tag klappt es halbwegs, an einem anderen wieder nicht. Und auf der Straße ist ja mal wieder eine ganz andere Situation...
Die Hündin des anderen Paares ist der einzige Hund, mit dem sich meiner verträgt, die sich gegenseitig beschnuppern und wo ich überhaupt kein Problem sehe. Im Tierheim hat er auch immer mit jeweils einer Hündin zusammen gelebt.
Die anderen Hunde auf dem Platz dürfen ihm nicht zu nahe kommen, irgenwann ist ihm dann alles zuviel und er bellt, bellt und bellt nur noch. Die Trainerin bekommt ihn in diesem Stadium auch nicht mehr zum Abbruch, so dass mir schon oft nur der Rückzug nach hinten geblieben ist (auch mit Rücksicht auf die anderen Teilnehmer, denen ich sonst hätte Oropax spendieren können).

Ich sehe es wie du, er muss von mir aus nicht auf Schmusekurs mit jedem Hund gehen. Allerdings würde ich das ruhige Vorbeigehen schon gern überhaupt in den Griff bekommen.
Momentan bezweifeln mein Mann und ich echt, ob diese Schule die richtige für uns ist.

Danke für deine Antwort.

LG

Nici

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"irgenwann ist ihm dann alles zuviel und er bellt, bellt und bellt nur noch. "

Dann ist die Trainingszeit zu lang! Beende das Training, solange er ruhig ist, damit Du einen positiven Abschluß hast. Es kann auch schon reichen, wenn Du einpaar Miunten einfach an den Rand des Platzes gehst und für Dich alleine arbeitest. Und sobald Dein Hund wieder "runter gekommen" ist, gehst Du wieder in die Nähe der Gruppe.

Nach und nach kann man das Training verlängern. Ich würde nämlich fast vermuten, dass Du auch irgendwann angespannt bist, weil Du erwartest, dass es bald wieder losgeht mit dem Gekläffe.

Dazu kannst Du immer mal wieder in die Stadt gehen oder Trainingspartner fragen, ob sie mit Dir (kurz) spazieren gehen.

Und versuche den Hund auf Dich zu konzentrieren - immer dann, wenn er nach anderen Hunden schaut. Das kann durch besondere Leckerchen sein, durch Spielzeug, Clickertraining etc.

Ganz wichtig ist eben auch, IMMER toll loben, wenn er ruhig an anderen Hunden vorbeigeht oder diese vorbeigehen lässt. Auch der Abstand sollte nicht direkt eng sein - sondern erst nach und nach verkleinert werden. Merkst Du, dass er wieder unruhig wird - Abstand vergrößern und loben, wenn er ruhig bleibt.

Bei einem 11jährigen Jagdterriermix (die Dt. Jagdterrier sind ja auch im Jagdeinsatz oft nur schlecht sozialverträglich) kann es auch sein, dass es nicht mehr dauerhaft erfolgreich sein wird. Manchmal muss man Grenzen akzeptieren - was aber nicht heisst, dass man aufgeben muss.

Gruß
Kim

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Hallo Nici,

unsere Hündin hat ein ziemlich beschissene Erfahrungen machen müssen, bevor sie zu uns kam. Leider war auch eine Beisserei im Tierheim darunter, mit Knochenbrüchen, Verletzungen an Augen, Nase und ziemlichen Fleischwunden.
Wir haben diese Hündin mit 10 Monaten übernommen, inzwischen ist sie 6 Jahre alt.

99% aller Hunde findet sie schrecklich. Wir arbeiten seit Jahren daran, ihr mehr Gelassenheit zu vermitteln, aber bei jedem neuen Hund, den sie nicht kennt stehen wir wieder bei Null, was diesen einen neuen unbekannten Hund betrifft.
Wenn sie einen Hund mehrfach gesehen und gerochen hat, kommt es manchmal vor, dass sie diese zukünftig ignoriert. 2 Hunde mag sie sogar und freut sich wenn wir sie treffen (Warum sie diese 2 mag, keine Ahnung!). Aber die allermeisten Hunde findet sie dauerhaft schrecklich und gefährlich.

Sie kann sich bei den täglichen Runden nicht entspannen und vermutet überall bösartige Hunde, sie ist also außerhalb unseres Grundstücks permanent unter Hochspannung.

Wir leben damit und passen uns an, z.B. haben wir uns vor ca 2-3 Jahren von einem Landwirt eine große Koppel gepachtet, diese ist umzäunt und sie kann sich täglich richtig auspowern, sei es alleine mit uns oder mit einem von ihren 2 "Freunden", ohne permanent auf der Hut sein zu müssen, ob ein fremder Hund auftaucht.
Inzwischen kontrolliert sie nicht mal mehr die gesamte Koppel, bevor sie los tobt und sich ihres Lebens freut.

Viele Grüße
Novalee

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Hallo Novalee,

ich glaube, du beschreibst meinen Fritzi. Er steht bei Spaziergängen sowas von unter Hochspannung, ist aufgedreht ohne Ende, weil er m. E. nur schaut, wo er einen anderen Hund erspähen könnte.
Dabei sind ihm z.B. andere Tiere/Menschen sowas von egal. Katzen könnten ihm sogar unter dem Bauch durchkriechen, es wäre ihm egal.

Wir wohnen sehr ländlich, es wäre vom Grundsatz her kein Problem, ihn weitestgehend von anderen Hunden fern zu halten.

Allerdings besuchen wir oft Freunde/Eltern/Verwandte in der Stadt, wollen im Sommer mit ihm in den Urlaub fahren. Da wäre es wirklich viel angenehmer, wenn er andere Hunde wenigstens ignorieren würde. Ich stelle mir gerade vor, wir sitzen draußen im Restaurant und müssen dieses fluchtartig verlassen, weil ein anderer HH mit Hund kommt. Nicht angenehm die Vorstellung, würde für alle Beteiligten sicherlich ein ziemlich unentspannter Urlaub.
Aber im Mmment sehe ich echt noch kein Licht am Ende des Tunnels...

LG

Nici

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Nein.

Ein ´11 jähriger Hund braucht nicht mehr mit alles Gewalt an fremden Hunden vorbeigeführt werden. Sein Verhaltensmuster ist schon so sehr ritualisiert, dass es enorm schwierig sein wird, ihm sein Terrorverhalten abzugewöhnen.

Lebe damit und ärgere Dich nicht. Macht weniger Sorgenfalten im Gesicht und macht die Sache enorm einfacher - wenn Du sie erst mal akzeptiert hast.

Natürlich kann auch ein alter Hund noch viel lernen... aber ich persönlich würde mir den Stress nicht geben. Man muss auch mal negative Eigenschaften einfach mal hinnehmen können - wir sind ja auch nicht alle perfekt.

LG

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#pro volle Zustimmung! Aber sowas von

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Sehe ich ähnlich!
Man kann versuchen, mit Ablenkung (z.B. Futterbeutel) den Hund in die gewünschte Richtung zu bringen, aber nichts erzwingen!

LG

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Unsere Hunde sind offensichtlich sozial miteinander - die leben bzw. arbeiten auch zusammen - und können gut mal alleine auf der eingezäunten Wiese sein.

Hunde, die in der Ausbildung sind, aber etwas grob oder tollpatschig spielen eher unter Aufsicht und üben das.

Hunde, die im Sozialverhalten wirklich unverträglich sind, kommen nicht freiwillig in Kontakt mit unseren Hunden, denn wenn es wirklich ein schlechtes Erlebnis ist, müssen wir das ausbaden und Zeit ist leider Gottes bei einem Nutztier Geld - FALLS man das Erlebnis aufarbeiten kann.

Das heisst, WENN ihr das Experiment machen wollt, dann muss der andere Hundehalter erstmal sein Einverständnis geben und ich glaube nicht, das jemand einen sozialverträglichen Hund als Versuchskanninchen hinhalten will.

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Hallo!

Also den Kontakt erzwingen würde nicht, aber.....ich würde wollen das der Hund andere Hunde ignorieren lernt.
Das heisst wenn ich an einem fremden Hund vorbeigehe, dann sollte mein Hund ohne Theater mit mir kommen. DAS würde ich üben, immer und immer wieder.
Aber bei einem 11 Jahre alten Hund finde ich das ein wenig zu spät. Da wird das schwerer sein ihm das abzugewöhnen, vielleicht unmöglich.

LG Sonja